Cover-Bild Der Schattenkönig
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25,00
inkl. MwSt
  • Verlag: dtv Verlagsgesellschaft
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 576
  • Ersterscheinung: 17.09.2021
  • ISBN: 9783423282925
Maaza Mengiste

Der Schattenkönig

Roman | Shortlist Booker Prize 2020
Brigitte Jakobeit (Übersetzer), Patricia Klobusiczky (Übersetzer)

»Mit Mengiste beginnt in der Literatur eine neue Zeitrechnung.« Zoë Beck

Als Mussolini 1935 in Äthiopien einfällt, trifft er auf einen unerwarteten Widerstand: Krankenpflegerinnen, Köchinnen, Dienstmägde. Bereit, sich mit ihren Brüdern und Vätern gegen die Faschisten zu behaupten. Die junge Hirut, eine Waise in den Diensten eines Offiziers von Kaiser Selassie, ist eine von ihnen. Als Selassie sich ins englische Exil flüchtet, droht Äthiopien mit seinem Anführer auch die Hoffnung zu verlieren. Und ausgerechnet Hirut findet einen Weg, das Land zu inspirieren. An der Seite des Schattenkönigs, einem armen Musikanten, der dem Kaiser zum Verwechseln ähnlich sieht, rettet sie ihre Heimat vor der Selbstaufgabe und wird kurz zur Herrin ihres Schicksals.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 23.09.2021

Starke Frauen und ihr Kampf

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Bei militärischen Konflikten aus den 1930-er und 40-er Jahren denken die meisten von uns vermutlich als erstes an den Zweiten Weltkrieg. Nicht so Maaza Mengiste, die Autorin des historischen Romans "Der ...

Bei militärischen Konflikten aus den 1930-er und 40-er Jahren denken die meisten von uns vermutlich als erstes an den Zweiten Weltkrieg. Nicht so Maaza Mengiste, die Autorin des historischen Romans "Der Schattenkönig". Kein Wunder - die Invasion von Truppen aus dem faschistischen Italien in Äthiopien, dem einzigen nicht von Kolonialismus betroffenen Landes in Afrika, stellte eine Zäsur in dem Land am Horn von Afrika dar.

Mengiste war noch ein Kind im Vorschulalter, als ihre Familie aus Äthiopien floh vor dem damaligen Regime, heute lebt sie in New York. Beim Lesen des Romans, an dem Mengiste zehn Jahre lang arbeitete, wird klar, dass die Geschichte ihres Heimatlandes sie auch im Exil beschäftigte. Doch "der Schattenkönig" ist mehr als ein Roman über einen Krieg, denn vor allem verdeutlicht er Sozialstrukturen und Genderrollen, eine Welt, in der Männer Herrscher sind und starke Frauen sich eine Nische erkämpfen müssen, wenn sie sich nicht mit der zugeschriebenen Rolle begnügen wollen.

Die beiden Protagonistinnen Aster und Hirut verkörpern das auf unterschiedliche Weise. Denn in der Feudalgesellschaft des alten Äthiopien steht Aster zur Aristokratie, hat Bildung genossen, ist stolz auf ihren sozialen Status. Doch die Geburt in eine sozial hoch stehende Familie hat sie nicht davor bewahrt, schon als junges Mädchen standesgemäß verheiratet zu werden, ihre Ehe begann mit einer Vergewaltigung in der Hochzeitsnacht. Doch Aster ist nicht mehr das verängstigte Mädchen von damals.

Das Dienstmädchen Hirut wiederum, früh verwaist, ist in die Armut hineingeboren, konnte nicht zur Schule gehen und wird von Aster wie eine Leibeigene behandelt. Dennoch zeigt Hirut Selbstbewusstsein, wenn sie immer wieder die Herausgabe des alten Gewehr fordert, dass das einzige Erbe ist, das sie von ihrem Vater hat, und das Asters Mann ihr weggenommen hat, um die äthiopischen Truppen zu bewaffnen.

Während der Kaiser Haile Selassie angesichts militärischer Erfolge der Italiener ins Exil geht, wird der Krieg für Aster zu einem Akt der Selbstbefreiung und der Selbstermächtigung. Denn Aster zieht Männerkleidung an und beginnt, Frauen für den Kampf zu rekrutieren - gegen den Widerstand der Männer. Auch Hirut will unter Beweis stellen, dass sie den Männern an Mut und Kampfgeist nicht nachsteht. Ironischerweise ist auch der wichtigste Spion der Äthiopier eine Frau. Doch es ist ausgerechnet Hirut, die den Mut der nach der Flucht Haile Selassies verzagten Äthiopier wieder anzufachen, indem sie einen einfachen Bauern überzeugt, angesichts seiner überraschenden Ähnlichkeit mit dem Kaiser den "Schattenkönig" zu mimen.

Als Gegenspieler der kämpfenden Äthiopier zeichnet Mengiste einen italienischen Offizier, der mit dem Beinamen "Schlächter von Bengasi" nach Äthiopien kommt und auch dort durch Gräueltaten und Kriegsverbrechen berüchtigt word. Verständnisvoll zeigt er sich nur im Umgang mit dem Offizier, der als Fotograf den Krieg dokumentieren soll. Seine Fotos sind für den Offizier Kriegstrophäen, die er mit den Statuen der alten Römer vergleicht.

Die Kriegsschilderungen sind nichts für zarte Gemüter. Als Aster und Hirut nach einem riskanten Einsatz in Gefangenschaft geraten, sind sie vor allem als Frauen und nicht als Kombattantinnen Misshandlungen ausgeliefert. Zugleich muss sich der Fotograf mit der Erkenntnis auseinandersetzen, dass seine Eltern, die nie über Religion oder Herkunft gesprochen haben, Juden sind - ein Umstand, der selbst im fernen Afrika seine Existenz bedroht. Der Übergang von Tätern und Opfern ist mitunter fließend.

Faschismus, Sexismus, Feudalismus - Mengiste vereint in ihrem Buch den großen historischen Wurf mit berührenden Geschichten über einfache Menschem und ihren Schicksalen. Es sind vor allem die Frauenfiguren, die ihr Buch nachhaltig prägen, aber auch die Bauern, die von ihren Feldern in den Krieg ziehen müssen. Eingebettet ist die während der italienischen Invasion spielende Kernhandlung in eine Rahmenhandlung während der "roten Revolution" in Äthiopien, in der die alt gewordene Hirut noch einmal die Begegnung mit einem einstigen Gegner hinter sich bringen muss, um endgültig mit der Vergangenheit abzuschließen.

Auch wenn "der Schattenkönig" für die meisten Leser viel Unbekanntes beinhalten mag, lohnt sich die Annäherung an ein schwieriges Thema. Denn Mengiste beeindruckt mit diesem Buch, das Fragen aufwirft nach denjenigen, die keinen Platz in den Geschichtsbüchern finden und die doch zu den Gestaltern des eigenen Schicksals werden wollen. Sie habe die Leerstellen des offiziellen Narrativs füllen wollen, sagte sie, als ich kürzlich Gelegenheit hatte, mit ihr über das Buch zu sprechen. Denn die Geschichten über den Krieg, den sie etwa aus den Erzählungen der Frauen ihrer Familie kannte, hatten in den offiziellen Darstellungen bisher keinen Platz. Mit ihrem Buch, das sich zu Recht auf der Shortlist des Booker-Preises befand, will sie das ändern.

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Veröffentlicht am 14.01.2022

Von tapferen Frauen und einem abwesenden Kaiser

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Was wissen wir über Äthiopien? Nicht viel. Binnenstaat am Horn von Afrika, gebeutelt von Bürgerkriegen, Vielvölkerstaat, dessen Geschicke über viele Jahrzehnte von dem im westlichen Ausland hochangesehenen ...

Was wissen wir über Äthiopien? Nicht viel. Binnenstaat am Horn von Afrika, gebeutelt von Bürgerkriegen, Vielvölkerstaat, dessen Geschicke über viele Jahrzehnte von dem im westlichen Ausland hochangesehenen absolutistischen Herrscher Haile Selassie (1892 -1975), dem Negus Negest, gelenkt wurden. Unterbrochen wurde seine Regierungszeit lediglich während des Abessinienkriegs, in dem er 1936 das Land verließ und ins Exil nach England floh und erst 1941 mit Hilfe der Briten zurückkehrte.

Und über den von 1935 bis 1941 dauernden Abessinienkrieg wissen wahrscheinlich die meisten von uns noch weniger. Im Oktober 1935 marschierten Mussolinis Truppen zur „Gewinnung neuen Lebensraums“ in Äthiopien ein und nahmen das Land völkerrechtswidrig in die Zange. Trotz des Einsatzes von chemischen Massenvernichtungswaffen gelang es ihnen jedoch nicht, weite Teile im Norden, die von abessinischen Patrioten gehalten wurden, unter ihre Kontrolle zu bringen.

Was noch weniger bekannt ist, in den Reihen der Widerständler kämpften auch Frauen an vorderster Front. Und davon erzählt die in Äthiopien geborene amerikanische Autorin Maaza Mengiste in ihrem Roman „Der Schattenkönig“ (2020 auf der Shortlist des Booker Prize) und möchte damit diesen Frauen ein Denkmal setzen.

Hundertprozentig gelungen ist dies allerdings nicht, auch wenn sie Hirut, eine junge Frau in Diensten eines kaiserlichen Offiziers, ins Zentrum rückt. Vielmehr macht es den Eindruck, dass Mengiste den historischen Gegebenheiten nicht die Aufmerksamkeit schenkt, die sie verdient hätten. Der Roman ist eher ein Heldengesang, in dem der abwesende Kaiser glorifiziert wird, obwohl er sein Volk in dieser schwierigen Zeit im Stich im gelassen hat. Denn es ist ein Doppelgänger Selassies, der dessen Rolle übernimmt, hoch zu Ross auf den Schlachtfeldern erscheint, als „Schattenkönig“ den Kämpfenden Mut macht und sie antreibt.

Etwas weniger Heldenverehrung, dafür konzentrierteres Schauen auf die Rolle der Frauen in diesem Krieg, hätte dem Roman sicher nicht geschadet.

Veröffentlicht am 10.12.2021

Schöner Krieg?

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Kann man einen Krieg positiv beleuchten? Nein, ein Krieg ist nie etwas Schönes, aber es gibt Passagen in diesem Roman die einem diesen Eindruck vermitteln! Solche Fragen gingen mir bei dem Lesen des Romans ...

Kann man einen Krieg positiv beleuchten? Nein, ein Krieg ist nie etwas Schönes, aber es gibt Passagen in diesem Roman die einem diesen Eindruck vermitteln! Solche Fragen gingen mir bei dem Lesen des Romans ‚Der Schattenkönig‘ durch den Kopf. Es ist der zweite Roman von Maaza Mengiste. Schattenkönig ist sogar für den Booker Prize in 2020 nominiert gewesen worüber es meine Aufmerksamkeit bekam.
Erst einmal zu Maaza Mengiste, denn aus meiner Sicht macht der Hintergrund der Autorin viel aus für den Roman. Sie ist in im heutigen Äthiopien geboren und floh mit ihren Eltern als sie 4 Jahre alt nach dem Sturz von Haile Selassie, des letzten sagenumwogenen Kaisers Abessiniens (Gebiet des heutigen Äthiopien und Eritrea). Sie verbrachte die jüngsten Jahre in Lagos, Nigeria, Kenia bis sie letztendlich in die USA ging und dort Kreatives Schreiben studierte und nun publiziert.
Dieser Roman beschäftigt sich mit dem Abessinienkrieg, eine Zeit, in der Haile Selassie in London im Exil verweile und vor Ort der Krieg tobte. Wichtig ist, dass dieser Roman in keinsterweise eine gute Quelle ist um sich über diesen Krieg zu informieren. Ganz im Gegenteil, man sollte die Fakten vorher parat haben oder sich parallel ein Bild vom historischen Abriss machen, sonst läuft man Gefahr sich zu verheddern oder Fiktion mit Realität zu verwechseln.
Im Kern geht es um eine Doppelgängerfigur. Ein Double des emigrierten Königs heizt seine Rebellen auf und sie folgen ihrem Herren um zu kämpfen. Ein zweiter Mythos, den sie aufgreift sind die Kriegerinnen, die hier eine große Rolle gespielt haben sollen. Diese Szenen wirken fast glorifizierend sobald eine Frau auf der Leinwand erscheint.
Alles in allem nicht leicht wegen der vielen komplexe Beziehung, da das Personenkabinett sehr umfangreich ist und die Strömungen vielschichtig durch diesen letzten kolonialistischen Feldzug Italiens. Der Roman zeichnet starke Bilder, die einen in den Bann ziehen können, wenn man sie lässt.

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Veröffentlicht am 03.10.2021

Äthiopiens Soldatinnen

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Maaza Mengiste beschreibt ein Thema, dass den meisten deutschen Lesern vermutlich weitgehend nicht so bekannt ist. Die Rolle der Frauen im Abessinienkrieg 1935-1936 gegen die italienischen Soldaten.
Im ...

Maaza Mengiste beschreibt ein Thema, dass den meisten deutschen Lesern vermutlich weitgehend nicht so bekannt ist. Die Rolle der Frauen im Abessinienkrieg 1935-1936 gegen die italienischen Soldaten.
Im Vordergrund stehen Frauen, die auch in die Kriegsgeschehen einwirkten.
Da ist Hirut, die als Dienstmädchen bei Kidane und dessen Frau Aster lebt.

Es ist ein anspruchsvolles Buch. Stilistisch ist der Roman ungewöhnlich, er hat einen an Klassikern orientierten hohen Erzählton und gelegentlich wird sogar ein Chor eingesetzt. Auch offenbar dokumentarisches Material findet seinen Weg in das Buch.
Es gelingt Maaza Mengiste mit ihren sprachlichen Mitteln eindrucksvolle Bilder der Geschehnisse zu vermitteln und die Leser in die Vergangenheit und die Schrecken des Krieges eintauchen zu lassen.