Gute Ideen, aber einfach too much
Viele Jahre haben sich Dessie und Sam nicht mehr gesehen. Ihre junge Liebe wurde in einer einzigen, verhängnisvollen Partynacht zerstört. Mittlerweile sind beide erwachsen. Sam, der sich ein Hotelimperium ...
Viele Jahre haben sich Dessie und Sam nicht mehr gesehen. Ihre junge Liebe wurde in einer einzigen, verhängnisvollen Partynacht zerstört. Mittlerweile sind beide erwachsen. Sam, der sich ein Hotelimperium aufgebaut hat und aufgrund seiner iranischen Herkunft rassistischen Drohungen ausgesetzt ist, entschließt sich dazu, sich an eine Sicherheitsfirma zu wenden, bei der jedoch ausgerechnet Dessie angestellt ist. Sie wird Sams Bodyguard, beide kommen sich näher und merken, dass die damalige Anziehungskraft nicht verloren gegangen ist. Doch die Vergangenheit lässt beide nicht los.
Dessie ist eine unabhängige und selbstsichere Hauptprotagonistin. Sie ist stark und hat sich selber aus einer schweren Phase ihre Lebens herausgekämpft. Sie ist oft sehr ernst, hochintelligent und würde alles tun für die Menschen, die sie liebt. Schwer hat sie jedoch mit ihrer Vergangenheit zu kämpfen und dem, was sie damals getan hat. Aufsteigende Erinnerungen lösen deshalb immer wieder heftige Panikattacken aus.
Sam ist aus dem Iran geflüchtet und in Schweden ohne Privilegien aufgewachsen. Motiviert durch seine Kindheit setzt er sich selber für eingewanderte Jugendliche, den Schutz der Umwelt und Chancengleichheit ein. Als (erfolgreicher) Mann iranischer Herkunft gerät er jedoch immer wieder in den Fokus von Rechtsextremisten und ist antiislamischem Rassismus und Ausländerfeindlichkeit ausgesetzt, was ihm sehr zu schaffen macht.
Die Autorin spricht in ihrem Buch Themen an, die mir bis jetzt selten oder gar nicht in einem Liebesroman begegnet sind. Dazu gehören Ausländerfeindlichkeit, Rechtsextremismus, Rassismus und auch Feminismus und Androzentrismus.
Der Schreibstil ist teilweise sehr ausschweifend und blumig, für mich jedoch leicht und angenehm lesbar. Manchmal ist er jedoch auch stockend und gerade in Gesprächen gibt es Sprünge, die einen aus dem Lesefluss bringen.
Die Vielfältigkeit der Themen hat mich von Beginn an begeistert; es hat mich sehr gefreut, dass so viele gesellschaftlich relevante Themen, die leider Alltag vieler Menschen sind, auch im New Adult Bereich immer mehr ankommen.
Dadurch, dass im ersten Abschnitt des Buches, sehr viele Handlungsstränge angelegt werden, hatte ich die Befürchtung, dass die Geschichte zu überladen wird. Das hat die Autorin relativ gut gelöst, indem nicht alles am Schluss aufgeklärt wird, sondern peu à peu im Lauf der Erzählung.
Schweden ist ein Land, das man gut aus Kriminalromanen kennt. Bei Simona Ahrnstedt ist das typisch schwedische Flair leider gar nicht wahrnehmbar, so dass die Geschichte auch in jedem beliebigen anderen Land hätte spielen können. Wie die schwedische Atmosphäre mich nicht erreichen konnte, so gelang es der Autorin auch nicht, mich jene Emotionen spüren zu lassen, die sie beim Leser wecken möchte. Die Gefühle und die Anziehungskraft zwischen Dessie und Sam werden so beschrieben, dass sie den Leser kaum berühren, geschweige denn ergreifen. Am Ende verliert die gesamte Story jeden Bezug zur Realität. Gerade der Höhepunkt wirkt konstruiert und an den Haaren herbeigezogen.
Die Idee der Geschichte und auch die vielen Themen haben mich sehr begeistert. Die Umsetzung ist für mich jedoch eine Enttäuschung, da es am Ende einfach too mich für ein Buch mit nicht mal 400 Seiten war.