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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.09.2021

Überraschend gut

Die andere Tochter
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Die andere Tochter ist deutlich spannender als es das Cover vermuten lässt. Obwohl das Buch mit etwas über 400 Seiten gar nicht so dick ist, passiert in der Geschichte unglaublich viel, sodass ...

Die andere Tochter ist deutlich spannender als es das Cover vermuten lässt. Obwohl das Buch mit etwas über 400 Seiten gar nicht so dick ist, passiert in der Geschichte unglaublich viel, sodass man als Leser ordentlich mithalten muss. Es wird in zwei unterschiedlichen Zeitsträngen erzählt, die irgendwann im später ansetzenden Strang zusammenlaufen.
Der Hauptcharakter ist Toni, die nach einem Unfall ihr Augenlicht verliert und auf eine Gewebespende angewiesen ist. Tonis Familienverhältnisse sind recht schwierig, deshalb zieht sie die Familie ihrer toten Spenderin quasi magisch an. Das führt allerdings für alle Beteiligten zu großen Schwierigkeiten.
Der Schreibstil lässt sich recht angenehm lesen und wirkt größtenteils authentisch. Das Buch enthält sehr viele Nebencharaktere, die man mal mehr mal weniger gut kennen lernt. Die meisten Charaktere sind aus verschiedensten Gründen ziemlich unsympathisch. Auch Toni ist nicht gerade ein leuchtender Charakter, sie hat ziemlich viele, teils sehr schwere Charakterfehler. Dennoch fiebert man mit ihr auf ihrer Reise zu sich selbst mit.
Viele spannende Wendungen machen das Buch zu einem Pageturner, der – abgesehen von ein paar recht anstrengenden Hokus-Pokus-Passagen über Schamanismus und co. – durchaus sehr empfehlenswert ist.

Veröffentlicht am 20.09.2021

Spannendes Geflecht

SCHWEIG!
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Schweig! Ist ein spannender Thriller, der aus der Sicht von Esther, ihrer Schwester Sue und ihrem Mann Martin geschrieben ist. Die drei Erzählversionen driftendabei stets auseinander, sodass man sich als ...

Schweig! Ist ein spannender Thriller, der aus der Sicht von Esther, ihrer Schwester Sue und ihrem Mann Martin geschrieben ist. Die drei Erzählversionen driftendabei stets auseinander, sodass man sich als Leser zusammenreimen muss, was wohl tatsächlich passiert ist, denn die Wahrheit liegt sicher irgendwo zwischen den Erzählungen. Dadurch bleibt es das gesamte Buch über spannend, auch wenn manches vorhersehbar ist.
Die Charaktere sind gut gestaltet und wecken irgendetwas zwischen Misstrauen, Angst, Ekel, Mitleid und Abscheu. Es ist eine interessante Darstellung, wie die Wahrnehmung verschiedener Personen auseinandergehen kann. Im Grunde werden mehrere unterschiedliche toxische Beziehungen aufgezeigt, die in der Tat eines Thrillers würdig sind. Daher bewerte ich das Buch als insgesamt sehr gut gemacht, nicht zuletzt wegen der manchmal unerwarteten Wendungen.

Veröffentlicht am 13.09.2021

Dystopisches Märchen aus der Vergangenheit

Junge mit schwarzem Hahn
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Martin ist ein ganz besonderes Kind, das einen Hahn zum besten Freund hat und stets freundlich und hilfsbereit ist, obwohl es von allen Dorfbewohnern im Stich gelassen wurde, nachdem sein eigener Vater ...

Martin ist ein ganz besonderes Kind, das einen Hahn zum besten Freund hat und stets freundlich und hilfsbereit ist, obwohl es von allen Dorfbewohnern im Stich gelassen wurde, nachdem sein eigener Vater seine gesamte Familie erschlagen hat. Leider ist Martin umzingelt von Dummheit, denn scheinbar ist er seiner Zeit weit voraus. Eines Tages verlässt er das Dorf, weil er eine Mission hat. Von da an begleitet man ihn, während er die Last der Welt auf seinen kleinen Schultern trägt.
Der Schreibstil des Buchs ist besonders, da er recht "zackig" ist. Er wirkt jedoch in der Regel nicht abgehakt, sondern sorgt lediglich für einen angenehm schnellen Lesefluss.
Martin lebt in der dystopischen Vergangenheit, in der Krieg, Hunger, Pest und Tyrannei vorherrschen. Das Kind ist die einzige Lichtgestalt seiner Zeit. Obwohl die Geschichte von vergangenen Zeiten handelt, lassen sich durchaus Bezüge zur aktuellen Zeit herstellen. Menschliche Fehler werden hier unterstrichen und lassen sich wiedererkennen.
Ein insgesamt tolles Buch, das den Leser zwischenzeitlich in Trauer und Verzweiflung stürzen kann.

Veröffentlicht am 29.08.2021

Interessant

Die Nachricht
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Ruth hat ihren Ehemann bei einem Unfall verloren und versucht nun seit einigen Jahren, mit dem Verlust zu leben. Da ihr Ehemann sie anscheinend vor seinem Tod mit einer anderen Frau betrogen hat, hegt ...

Ruth hat ihren Ehemann bei einem Unfall verloren und versucht nun seit einigen Jahren, mit dem Verlust zu leben. Da ihr Ehemann sie anscheinend vor seinem Tod mit einer anderen Frau betrogen hat, hegt sie noch immer auch einen Groll gegen ihn. Eines Tages bekommt sie eine anonyme Hassnachricht – und es bleibt nicht nur bei einer und auch nicht nur mit ihr selbst als Adressatin. Was folgt ist eine Zei, die immer wieder von der Frage geprägt ist, wer ihr diese Nachrichten schreibt und warum. Die Rolle der Frau in der heutigen Zeit ist das Leitthema des Buchs.

Ruth ist ein eher seltsamer, oft gar nicht wirklich sympathischer Charakter. Einige ihrer Familienmitglieder und Freunde sind hingegen sehr sympathisch und wahre Felsen in der Brandung. An vielen Stellen und aus vielen Sichten wird das Frausein in der heutigen Welt reflektiert. Teils sehr verständlich und authentisch, teils sehr seltsam (Beispiel: Ein Mann schaut Ruth missbilligend beim Austreten einer Zigarette an. Sie schickt ihm darauf eine Kusshand und raucht noch eine Zigarette, quasi um "es ihm zu zeigen". Eigentlich ist sie in diesem Moment auf einen ganz anderen Mann (vollkommen zurecht) sauer. Die gerechtfertigte Kritik an der ekligen Umweltverschmutzung wird in ein "Ich hasse alle Männer und benehme mich wie ein trotziges Kleinkind" gedreht.).

Es ist nicht einfach, Ruth und ihren Umgang mit den Hassnachrichten zu verstehen. Dennoch ist es äußerst interessant, die Entwicklung der Handlung zu verfolgen. Die Autorin schafft es, dass der Leser jedem misstraut und sich Ruth auf diese Weise trotz ihres schwierigen Charakters nähert. Die Sprache und der Schreibstil lassen sich leicht lesen und die eher kurzen Abschnitte empfand ich als sehr angenehm.

Insgesamt ist "Die Nachricht" ein lesenswertes Buch mit wichtigen Aussagen, die viel Reflexion erfordern.

Veröffentlicht am 17.08.2021

Geschwisterliebe

Die letzten Romantiker
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"Die letzten Romantiker" handelt von der Liebe – aber entgegen dem Eindruck, den der Titel weckt, viel weniger von der romantischen Liebe und viel mehr von der Liebe zwischen Geschwistern, zwischen Generationen ...

"Die letzten Romantiker" handelt von der Liebe – aber entgegen dem Eindruck, den der Titel weckt, viel weniger von der romantischen Liebe und viel mehr von der Liebe zwischen Geschwistern, zwischen Generationen und vom Verlust.

Das Buch spielt im Jahr 2079. Die betagte Fiona hat ihren letzten Auftritt, eine dichterische Lesung, und nutzt diese letzte Chance, um ihre Familiengeschichte zu erzählen. Somit bekommt der Leser die Geschichte von vier Geschwistern, Renee, Caroline, Joe und Fiona, zwischen den 1980ern und den 2020ern geboten. Fiona und ihre Geschwister verlieren ihren Vater sehr früh, ihre Mutter verfällt einer Depression und die Kinder müssen zusehen, wie sie allein zurechtkommen. Jeder schlägt in seinem Leben seinen eigenen Weg ein, innerlich sind die Geschwister jedoch eng verbunden. Die Wunden, die sie in ihrer Kindheit erlitten haben, werden bei jedem der Geschwister anders sichtbar und diese Wunden führen zu weiterem Verlust, an der jeder Einzelne und die gesamte Familie beinahe zerbricht.

Das Buch schafft es, die Charaktere greifbar und verständlich darzustellen. Es fällt nicht schwer, sie zu mögen, aber es fällt auch nicht schwer, zu erkennen, wie viele Probleme jeder Einzelne mit sich trägt. Die Liebe zwischen den Geschwistern und der unermessliche Schmerz, den sie zwischenzeitlich mitbringt, sind nachfühlbar. Der Schreibstil lässt sich angenehm lesen und kommt ohne hochgestochene Phrasen (und sogar fast ohne Kitsch) aus, ohne der umgangssprachlichen Langeweile zu verfallen.

Insgesamt ist das Buch ein sehr lesenswertes Werk.

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