Schönheit muss überall stattfinden
Glasgow GirlsIch mag die historischen Romane von Susanne Goga. Als ich bei der Vorschau das Cover sah und den Klappentext las, war ich sogleich Feuer und Flamme. Mir gefallen einfach Geschichten, in denen sich Personen ...
Ich mag die historischen Romane von Susanne Goga. Als ich bei der Vorschau das Cover sah und den Klappentext las, war ich sogleich Feuer und Flamme. Mir gefallen einfach Geschichten, in denen sich Personen von einfachem Stand ihren Traum erkämpfen möchten.
Olivia zeichnet für ihr Leben gern, eine Leidenschaft die sie mit ihrem verstorbenen Vater geteilt hat. Sie hat ein feines Gespür für Formen und Farben und entwirft kleine Stickmuster. Ihre Mutter teilt ihre Begeisterung nicht, hält ihre Werke eher für ein Hobby. Deshalb möchte sie, dass Oliva nach dem Schulbesuch mit knapp 14 gegen gute Bezahlung in einer Weberei anfängt. Doch diese hat ganz andere Pläne. Sie sucht sich selbst eine Anstellung im angesagten Teesalon von Miss Cranston und arbeitet sich dort mit Fleiß und Ehrgeiz empor. Als diese auf Olivias Talent aufmerksam wird, finanziert sie ihr ein Studium an der berühmten Glasgow School of Art. Dort schließt Olivia einige Freundschaften, jedoch gerät Ihr Können auch in falsche Hände und droht ihre Zukunft zu zerstören. Zu allem Übel steht noch ihre Liebe auf dem Spiel.
Der wunderbar bildhafte, teils poetisch anmutende Schreibstil der Autorin machte es mir leicht in die Geschichte einzutauchen. So hatte ich eine lebhafte Vorstellung von Glasgow, sei es in der ärmlichen Altstadt oder den neuen reichen Vierteln. Die Beschreibungen sind sehr plastisch und atmosphärisch, so dass mir meine Gedanken die jeweilige Kulisse lebhaft vor Augen führten. Beispielhaft möchte ich hier den großen Stadtfriedhof Necropolis erwähnen, der düster und bedrückend hoch oben auf dem Hügel liegt.
Ich habe von Anfang an Oliva bewundert, einmal für ihr unglaubliches Talent und des Weiteren für Ihren Mut und Ehrgeiz, mit dem sie ihre Ziele verfolgt. Im Vordergrund steht hier nicht, wie vielleicht einige vermuten werden, die Kunst der Malerei. Nein es sind vielmehr die schmückenden Künste in Form der Gestaltung von Inneneinrichtungen, Gebäudeentwürfen, Modedesign, Porzellanmalerei sowie Stickereien aller Art. Schön sind nicht nur imposante große Dinge, sondern auch die kleinen und einfachen.
In der reichen Mitstudentin de Courcy Lewthwaite Dewar findet Olivia eine ehrliche und gute Freundin, die ihr jederzeit zur Seite steht. Auch Jessie Newbery, der Frau des Schulleiters liegt Olivia sehr am Herzen. Gegen den Lehrer Mr. Robinson hatte ich von Anfang an eine Abneigung, wie sich später zeigt zu Recht. Schon bei der ersten Begegnung mit Gabriel Jones hat mich dieser Charakter fasziniert, irgendwie umgab ihn etwas Geheimnisvolles und Liebenswertes. Überhaupt sind es sehr vielschichtige Charaktere die mir im Laufe der Geschichte begegnen.
Susanne Goga hat mir mit diesem Buch einen wunderbaren Einblick in die Glasgower Kunstszene gegen Ende des 19. Jahrhunderts bereitet, als der berühmte Glasgow Style entstand. Sie hat historisch belegbaren Personen und Gegebenheiten Leben eingehaucht und sie mit fiktiven Charakteren und Ausschmückungen zu einer tollen Story verwoben. Mich würde interessieren, wie es mit Oliva weiter geht.
Vielen Dank an die Autorin und den Diana Verlag für die Bereitstellung des Buches. Von mir eine klare Leseempfehlung und 4,5 von 5 Sternen.
Mein Fazit:
Mit diesem Buch bereitete mir Susanne Goga eine wunderbare Reise in die Vergangenheit zu den Anfängen der berühmten Glasgow-Kunst. Historisches und Fiktion wurden perfekt vereint und durch viele in der seinerzeitigen Szene bekannten Charaktere untermauert. Die Idee, ein junges Mädchen der Arbeiterklasse mit Talent einen Weg gehen zu lassen, der sonst nur gut situierten Personen gewährt wurde, ist absolut gelungen.