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Veröffentlicht am 30.09.2021

Selbstbestimmtes Sterben oder Leid ohne Ende?

Das Leben nehmen
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Hervorragend recheriert, dezidiert und differenziert geschrieben, exzellent recheriert und sehr lesenswert erfährt mehr über Suizid.

Wenn ein Mensch sich infolge von Depressionen das Leben nimmt, stellt ...

Hervorragend recheriert, dezidiert und differenziert geschrieben, exzellent recheriert und sehr lesenswert erfährt mehr über Suizid.

Wenn ein Mensch sich infolge von Depressionen das Leben nimmt, stellt sich die Frage, ob dies selbstbestimmt ist im eigentlichen Sinne des Wortes, und nicht eher dem Leid der Erkrankung geschuldet. Hat sich seit Robert Enkes Tod grundlegend etwas geändert? 

Suizid ist immer noch ein großes Tabu. Selbst wenn jemand terminal irreversibel erkrankt ist und selbstbestimmt von eigener Hand sterben will, polarisiert das ohne Ende. 

In diesem hervorragend recherierten Buch von Thomas Macho behandelt er den Suizid in der Moderne, nachdem die Macht der Kirchen spürbar abnahm und viele Umwälzungen alles auf den Kopf zu stellen schien..

In 13 Kapiteln geht er auf verschiedene Aspekte ein. Wem gehört mein Leben? Suizid vor der Moderne, Werther-Effekte, Fin-de-Siècle-Suizide, Suizide in der Schule, Suizid, Krieg und Holocaust, Philosophie des Suizids in der Moderne, Suizid der Menschengattung, Praktiken des politischen Suizids, Suizidaler Terrorismus, Bilder meines Todes: Suizid in den Künsten, Orte des Suizids, Debatten um Sterbehilfe und assistierten Suizid und ein Nachwort.

Er bringt dafür zahllose Beispiele aus Literatur und Realität, aus Biographien von ( bekannten ) Menschen, die durch eigene Hand starben, der Historie, im Windschatten von geschichtlichen Katastrophen. 

Es ist eine psychosoziale Kulturhistorie des Freitodes. Er spürt ihm ebenso im popkulturellen Kontext nach. Was fasziniert auf dunkle Weise soviele Künstler daran? Warum fasziniert und stößt dieses Phänomen zugleich ab? Ruft Angst und Abwehr hervor, sowie Unverständnis aber zugleich ein Bedürfnis es verstehen zu wollen? 

Ich finde es gut, daß er ebenso auf Suizid im politischen und terroristischen Rahmen eingeht, denn da spielen Zwang, Verzweiflung und je nachdem auch Verblendung hinein. 

Orte des Suizids ist ebenso sehr interessant, weil wohl jeder von uns solche Lokalitäten nennen kann, die Menschen, die ihrem Ende ein Leben setzen wollen, "magisch" anziehen. Oder der Nachahmungseffekt, den man seit Goethe den Werther-Effekt nennt. 

Das Buch ist sehr informativ, aufschlußreich, nicht trocken, hat diverse SW-Abbildungen, Anmerkungen und ein Namensregister. Sollte man nicht verpassen! 

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Veröffentlicht am 30.09.2021

Wenn die befleckte Weste reingewaschen wird ...

Das Archiv des Teufels
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Packend, auch empörend, mit tragischer Komponente und authentisch! Klasse!

Der Schriftsteller und Journalist Martin Conrath war Personalentwickler, Musiker und Schauspieler. Seit 2006 lebt und schreibt ...

Packend, auch empörend, mit tragischer Komponente und authentisch! Klasse!

Der Schriftsteller und Journalist Martin Conrath war Personalentwickler, Musiker und Schauspieler. Seit 2006 lebt und schreibt er in der Hauptstadt NRWs. 

Hier legt er ein Buch vor, das sich nicht hinter Eric Ambler, Ken Follett, Frederick Forsyth oder John Le Carré zu verstecken braucht. 

München, 1952: Adenauer sagte, daß man eben in der Nachkriegszeit die nehmen müsse, die da seien, auf die Vorbelastung seiner Leute bezüglich des Dritten Reiches angesprochen. 

Der Amerikaner Robert Bennett ist ein kluger Kopf und empathisch, aber auch traumatisiert, denn die "Bestie Deutschland" hat seinen Bruder irreversibel gefressen. 

Robert hat schon vielen Größen der Nazis Persilscheine verpaßt und nun dachte er, daß er nach sieben Jahren endlich nach Kentucky zurückkehren könne. 

Jedoch will die Army, daß er sich noch Sigfried Heiderers annimmt und ihn weißwäscht, ein Mann, der Adenauers Mannschaft angehören soll. 

Robert ist außer sich, denn Heiderer könnte durchaus am Massaker von Lemberg beteiligt gewesen sein, was Robs Bruder das Leben kostete. 

Was soll er in der Zwickmühle nun machen? Brav den Befehl ausführen oder sich an ihm rächen? Er muß das Archiv finden, in welchem alle Schandtaten erfaßt sein sollen, auch Heiderers. 

Auf nach Lemberg! Aber Anna Münziger von der Stasi mischt ebenso mit, als sie sein Schatten wird und jemand verfolgt sie obendrein. Dieser hegt großes Interesse daran, daß deren Mission ein Mißerfolg werden soll. Es wird brand- und lebensgefährlich! 

Im letzten Abschnitt gegen Ende des Buches erläutert der Autor noch hilfreich, was Fakt und Fiktion ist. 

Das Buch steht wirklich in bester Tradition der Literatur, die den Kalten Krieg thematisieren. Es ist nervenzehrend packend und man muß des öfteren nach Luft schnappen. Sehr authentisch und hervorragend recheriert. 

Erschreckend, wie die Karrieren gewißer Leute in der blutjungen Bundesrepublik nahtlos weitergingen, nur weil man keine anderen hatte. 

Die Protagonisten wirken ebenso real und vital, mit Tiefe und dreidimensional. Robert als auch Anna habe ich sehr gern. Anna wird zwar als Frau in der damaligen Zeit untergebuttert, aber sie läßt sich nichtsdestotrotz nicht unterkriegen. 

Das Ende überzeugt. Das Buch enthält viel Verve und fängt meines Erachtens die Atmosphäre und die Stimmungslage superb ein. Klasse, diese Schilderung des Klassenkampfes! Danke, Martin Conrath!!!!! 

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Veröffentlicht am 30.09.2021

Wie? Was? Wuff! Neeeein! Wouaf! Lerne hundisch, Mensch!!

Phoebe & Layla
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Auch dieses Buch aus der Feder des werten Uwe Krauser liebe ich!

Ein hundephantastischliebevollberauschendwitzigesdramatischesbuch! Uwe Kraushaar, äh, pardon, Krauser, hat wieder ein superbes Buch veröffentlicht. 

Er, ...

Auch dieses Buch aus der Feder des werten Uwe Krauser liebe ich!

Ein hundephantastischliebevollberauschendwitzigesdramatischesbuch! Uwe Kraushaar, äh, pardon, Krauser, hat wieder ein superbes Buch veröffentlicht. 

Er, der Zweibeiner, samt, Gatte, Zweibeiner Oliver, sind Hotelmogule ( kleiner Scherz ), aber ebenso passionierte Hundeaficionados. Ist doch logisch, daß Layla und Phoebe die beiden humanen Herren fest in ihren caninen Pfoten halten sowie die heimlichen Regentinnen in deren Leben sind. 

Auch hier hat der Autor wieder Wahrheit und Fiktion gemischt. Gleich zum Auftakt wird es dramatisch. Viel Wirbel. Die zwei Hübschen sind verschwunden und die Herrchen natürlich verzweifelt. 

Wie sie wieder heimgeholt werden, wird selbstredend nicht verraten. Aber sie werden naturellement ordentlich verwöhnt. 

Mißverständnisse kommen auf und man braucht einige Zeit um alles zu klären. Renate und Karl, Olivers Eltern, müssen ebenfalls einige Dinge aus dem Weg räumen, worüber der Sohn froh ist. Uwe verträgt sich wieder mit seiner Schwester Doris. 

Phoebe kommt zu einem Casting. Hundefutter betreffend. Wird sie genommen? Und welche Rolle spielt Hector dabei? Der Mops? 

Erik, der neue Mann in Barbaras Leben ist ganz nach Angelos hundewölfischem Geschmack. Hector hat aber keine Lust, sich mit dem caninen Charly anzufreunden und schmollt. 

Ein schlimmes Ereignis und Hector lernt etwas Wichtiges. Was sagt wohl Anna dazu? Und uns Uwe? 50zigster Geburtstag! Und ordentlich feiern! (Jetzt fällt der arme Kerl Stück für Stück auseinander! Schnauze, du Witzbold aus der vorletzten Reihe: Natürlich nicht! )

Das Buch kam, ich sah und wurde gleich nicht gelesen. Nicht ich, das Buch! 

Wie ich Phoebe und Layla liebe! Die beiden sind einfach knuddelig und toll. Deren hundischen Freunde selbstverständlich auch. 

Dramatisch! Man fieberte bei ihren Abenteuern mit und ist immer froh, wenn es denn glimpflich ausgeht. 

Humor und alte Bekannte sind ebenso eminente Ingredienzen. Es ist einfach wunderschön zu lesen und ich bin restlos begeistert.

Ein ausführlicher, klasse Bildteil ist ebenso enthalten. 

Lieber Uwe! Weiter so! Einen Mann an deiner Seite zu haben wie Oliver. Glückwunsch und weitere 29 Jahre zusammen. Danke! Danke! Danke! Danke! Danke! 

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Veröffentlicht am 29.09.2021

Die oh so bedrohlichen Schatten ...

Die erste Frau
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1991 war die Wiedervereinigung Deutschlands. Diese wurde aber ohnehin in Salzburg durch den irdischen Neuankömmling Rebecca Russ überstrahlt und bereichert. :) Sie ist nicht nur Autorin, sondern ebenso ...

1991 war die Wiedervereinigung Deutschlands. Diese wurde aber ohnehin in Salzburg durch den irdischen Neuankömmling Rebecca Russ überstrahlt und bereichert. :) Sie ist nicht nur Autorin, sondern ebenso selbständige Cover-Designerin. Noch zusätzlich, quasi als Bonus, kann sie sich eines ihres Gatten erfreuen im immer noch schönen Salzburg.

Ich frage mich, ob die Schriftstellerin qua ihres Vornamens "Rebecca" von Daphne du Maurier gelesen hatte und derart inspiriert mit diesem Psychothriller der Grand Dame aus Cornwall ihre Reverenz erweisen wollte.

Hannah aus der bayrischen Metropole an der Isar lernt Thomas kennen. Girl meets Boy - heiße Liebe.

Schon bald kann und darf sie sich bei ihm am Bodensee einquartieren. In einem geräumigen Haus am Bodensee.

Allerdings ist just dort noch alles durchdrungen von Katharinas Aura und Duftspur. Sie ist Thomas' Ex-Frau. Vor mittlerweile zwei Jahren ging sie ohne Spur perdu. Ben, deren gemeinsamer Sohn, leidet seitdem an Mutismus.

Rahel, die Haushälterin und Nanny ist schroff, abweisend und kühl. Thomas ist des öfteren beruflich unterwegs. Zu einer gewissen Beklommenheit gesellt sich noch Einsamkeit.

Hannah will und muß herausfinden, was vor den circa 24 Monaten geschehen ist. Sie fängt an zu recherieren. Lebt Katharina überhaupt noch? Ein mysteriöser Brief trudelt ein. Ist er etwa von Katharina? Schwebt Hannah womöglich in großer Gefahr? Und wenn ja, warum?

Das Buch ist stringent und evoziert eine Spirale der zusehends anschwellenden Spannung.

Das Beklemmende und Hintergründige der exponentiell wachsenden Gefahr wird hervorragend in Worte umgesetzt, plastisch und unter die Dermis kriechend.

Nun soll keine und keiner bitte annehmen, daß Rebecca Russ "nur" eine Epigonin Daphne du Mauriers sei. Mitnichten!

Es gibt Parallelen, aber es ist keine Kopie, sondern eigenständig und gut durchdacht. Die Wendungen schießen Zick Zack und das Ende überrascht und macht im besten Sinne schier fassungslos.

Die Autorin ist eine raffinierte Tigerin der Plotkonstruktion, die ihre Krallen während der Lektüre immer tiefer ins Fleisch des / der Leser*in schlägt und genießerisch genüßlich die Verblüffung selbiger goutiert. Zurecht!

Hannah ist warmherzig und ihr gehört meine Zuneigung. Thomas ist undurchsichtig, aber nicht der einzige diesbezüglich. Man verschlingt das Buch regelrecht! Danke, Rebecca Russ!!!!!

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Veröffentlicht am 27.09.2021

Wer sagt, daß der Tod seiner Arbeit gerne nachgeht?

Herz des Todes
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Darf der Tod Emotionen und Verbundenheit zu Sterblichen haben? Ist es ihm gestattet zu zweifeln? Darf er auch desperat sein?

Hier ist er wahrhaftig der personifizierte Tod. Wer sagt, daß ihm seine Aufgaben ...

Darf der Tod Emotionen und Verbundenheit zu Sterblichen haben? Ist es ihm gestattet zu zweifeln? Darf er auch desperat sein?

Hier ist er wahrhaftig der personifizierte Tod. Wer sagt, daß ihm seine Aufgaben und Pflichten leichtfielen? Wer will in Abrede stellen, daß er ebenso von tiefer Melancholie heimgesucht wird?

Wir lernen das Mädchen Aru von Geburt an kennen und wie sie zur jungen Frau heranwächst sowie ebenso die Liebe entdeckt.

Jener Tod lernt sie eben kennen, als sie ganz klein ist und schließt sie tief in sein Herz.

Kann das aber gutgehen? Er liebt die knospende Magnolienblüte Aru, aber diese wird zu seinem Kummer nicht erwidert. Bringt er involuntar Unglück und dunkle Schatten über ihr Leben?

Er läßt sie nie im Stich, aber zu welchem Preis?

Aru kann mit Bäumen kommunikativ interagieren. Allerdings passieren ebenso Dinge, die nachhaltig und irreversibel die profunde Freundschaft zum Tod erschüttern könnten ...

Vorneweg: Das Buch ist divers und vielschichtig. Erstgenanntes deswegen, weil die Agierenden people of colour sind, was ich außerordentlich begrüße.

Die radikalsten Stimmen fordern, daß nur "Schwarze" über "Schwarze" schreiben sollten, "Behinderte" über "Behinderte", "Homosexuelle" über "Homosexuelle" usw.

Diese Forderung teile ich nicht, weil wir in erster Linie vor allem Menschen sind und uns erst dann nachrangig differenzieren. Wozu allerdings diese Schubladen gut sein sollen ...

Das Buch ist atmosphärisch, stimmig und Poesie in Prosa, spirituell auf angenehme Weise, ohne religiös verbrämt zu sein, philosophisch, melancholisch.

Magret Kindermann hat sich auf superbe Weise tiefgründig Gedanken gemacht und der Leser*in diffundiert das Ergebnis in ungeahnte Tiefen. Exquisit umgesetzt!

Für viele ist das Tabuthema Tod nur schwer zu digerieren. Jedoch hat die Autorin mit viel Herzblut, Wärme und Empathie ihre Protagonisten wie auch den Plot ersonnen. Beide sind mir ans Herz gewachsen und das Buch imponiert und imprägniert einen nachhaltigen Impakt bei mir. Schön, daß u. a. ebenso ein Huhn mitwirkt.

Ein stilles, aber bewegendes, berührendes Werk. Ebenso ist leiser, unterschwelliger Humor sowie Ironie präsent. Zynismus und Sarkasmus sind zum Glück absent.

Trotz der Thematik ist das Buch nicht bleischwer und belastet nicht, regt hingegen zum Reflektieren an, wie man selbst zu diesem Komplex steht. Unbedingt lesen. Vertraut mir! Ich weiß, was ich tue! Danke, Magret Kindermann!!!!!

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