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Veröffentlicht am 04.05.2017

Der schöne Ludwig

Mordkapelle
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Die Journalistin bei Tag 7 Ira Wittekind möchte auch einmal frei haben und so ist geplant, auf den Rehmer Markt zu gehen, eine kleine Kirmes im beschaulichen Bad Oeynhausen. Wie so oft kommt es jedoch ...

Die Journalistin bei Tag 7 Ira Wittekind möchte auch einmal frei haben und so ist geplant, auf den Rehmer Markt zu gehen, eine kleine Kirmes im beschaulichen Bad Oeynhausen. Wie so oft kommt es jedoch anders. Die nahegelegene Friedhofskapelle am Mooskamp brennt und natürlich begibt sich Ira wie es der Beruf verlangt an den Ort des Geschehens. Was erst ein mysteriöser Brand zu sein scheint, entpuppt sich schnell als schlimmeres Verbrechen. In der Kapelle wird eine Leiche gefunden, die offensichtlich verbrannt ist. Hierbei soll es sich um den schon älteren und beliebten Apotheker Ludwig Hahnwald handeln. Für ihre Zeitung berichtet Ira Wittekind von den Ereignissen.

Jeder Mensch hat eine Geschichte, nicht immer ist es eine schöne Geschichte, doch beginnt man nachzufragen, wird man häufig herausfinden, dass hinter einer vermeintlich normal unauffälligen Fassade doch mehr verborgen sein kann. Eine Reporterin, die nicht auf die Lösung eines Falles beschränkt ist, kann sich Zeit nehmen, einem Menschen nahe zu kommen. Und so macht sich Ira Wittekind auf, Ludwig Hahnwalds Geschichte zu entdecken. Allgemein beliebt war der ältere Herr, doch auch Schicksalsschläge musste er erleiden. So ist sein Sohn an einer Erkrankung verstorben und auch seine erste Ehefrau verstarb früh. Nun hinterlässt er eine Witwe, die um etliches jünger ist als er. Und je weiter Ira recherchiert, desto mehr Details aus dem Leben des Apothekers erfährt sie.

In ihrem dritten Fall kommt die Journalistin Ira Wittekind einem ganz erstaunlichen Geschehen auf die Spur. Denn wer soll schon einen Grund haben, ein angesehenes Mitglied der Gemeinde vom Leben in den Tod zu befördern. Erst ruhig doch mit dem Fortschreiten der Ermittlungen immer spannender entwickelt sich die Recherche. Hinter der Fassade steckt mehr als man ahnt, das Leben des Apothekers war turbulenter und einige Charakterzüge werden ans Licht gefördert, die es durchaus erschweren den schönen Ludwig sympathisch zu finden. Umso sympathischer wirken dagegen die resolute Ira Wittekind und ihr Freund Andy. Und noch einige andere liebenswerte Charaktere sind in Iras Umgebung zu entdecken. Lediglich ein Nebenstrang lenkt etwas von der fesselnden Geschichte ab, was aber sicher beabsichtigt ist. Auch im schönen und beschaulichen Bad Oeynhausen ist man vor Verbrechen nicht gefeit. Mit feinem Lokalkolorit beschreibt die Autorin die Ereignisse und dies wird durch die wunderbare Lesung von Vera Teltz noch unterstrichen, ohne dabei zu übertreiben.

Ein sehr gelungener Kriminalroman, mit dem die Lokalreporterin Ira Wittekind, die die Leser sofort für sich einnimmt, einem größeren Publikum vorgestellt wird.

Sowie ersichtlich werden wird zumindest auch der erste Band der Reihe demnächst im Heyne-Verlag veröffentlicht, der zweite Band ist bei Graufisch Medien erschienen.

Veröffentlicht am 29.04.2017

Die Römische Cousine

Die Sommer, die wir hatten
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Anfang der 1930er scheinen die Auswirkungen des ersten Weltkrieges noch nicht wirklich überwunden, aber es herrscht eine Art Normalität und das Leben wird wieder einfacher. Die Kinder Kitty und Thomas, ...

Anfang der 1930er scheinen die Auswirkungen des ersten Weltkrieges noch nicht wirklich überwunden, aber es herrscht eine Art Normalität und das Leben wird wieder einfacher. Die Kinder Kitty und Thomas, deren Vater nach dem Tod seiner Frau nicht in der Lage war, sich selbst um die Kinder zu kümmern, dürfen zum ersten Mal mit ihrer Ziehmutter Nadine nach Italien. Die Kinder sind begeistert und sie finden ihre italienischen Verwandten echt klasse. Sie beginnen Italienisch zu lernen und wollen etwas über die Lebensart erfahren. Die Züge durch das Viertel mit ihrer Cousine Nenna sind das Größte. Es könnte in jedem Sommer so sein. Doch es kommt auch die Zeit, in der Briefe die einzige Möglichkeit bieten, den Kontakt aufrecht zu halten.

Die Zeit zwischen dem ersten und dem zweiten Weltkrieg wirkt wie ein Aufatmen, eine Erholung, die jedoch immer mehr in eine wachsende Sorge und die Angst vor einem neuen Krieg übergeht. Es ist aber auch die Zeit des Aufwachsens der Kinder Tom, Kitty und Nenna. Die kindliche Unbeschwertheit, die unbelastete frühe Jugend. Doch auch die langsam einsickernde Erkenntnis, dass einige Gewohnheiten der Erwachsenen nicht so leicht nachvollziehbar sind. Im Wechsel mit den Ereignissen, die das Leben der Daheimgebliebenen beeinflussen, bietet sich ein lebhaftes Bild dieser Jahre zwischen den Kriegen.

Bevor man mit der Lektüre dieses Bandes beginnt, sollte man sich vielleicht auch die beiden Vorgängerbände „Eins wollt ich dir noch sagen“ und „Alles, worauf wir hofften“ anschauen, um die Geschichte von Peter, Riley und Nadine besser kennenzulernen. Ob es sich bei dem vorliegenden Band um einen Abschluss handelt oder ob weitere Bände folgen werden, kann nicht genau gesagt werden. Zwar ist die Lektüre wohl nicht zwingend notwendig, doch es werden so viele Hinweise auf die Vorgeschichte gegeben, dass man zumindest etwas neugierig wird. Obwohl die Ereignisse in ruhigen Worten geschildert werden, baut sich doch eine immer größere Anspannung auf. Die Erkenntnis, dass der Lauf der Welt in dieser Zeit keinen guten Weg nehmen wird, wird nach und nach immer deutlicher. Man spürt das herannahende drohende Unheil, man spürt die eigene Ohnmacht, des nichts ändern zu können, die verzweifelnden Versuche, die Bedrohung deutlich zu machen, das Unverständnis gegenüber der Entwicklung, das Kopf in den Sand stecken.

Eine ruhige aber doch fesselnde Erzählung, die die Zeit zwischen den Kriegen lebendig werden lässt, die zeigt, dass es auch in diesen Jahren schöne Zeiten gab, die aber auch sehr deutlich macht, dass die Zeichen des herannahenden Unheils sehr wohl bemerkt werden sollten und dass man sein Möglichstes versuchen sollte, das Schlimmste zu verhindern.

Veröffentlicht am 29.04.2017

Die arme Tracy Greene

Die Mädchen von Strathclyde
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Erst vor einem guten Jahr die Ausbildung abgeschlossen geht Constable Jim Daley in Glasgow auf Streife. Als Neuling bekommt er oft die Nachtschicht und während dieser schlendert er an den Schaufenstern ...

Erst vor einem guten Jahr die Ausbildung abgeschlossen geht Constable Jim Daley in Glasgow auf Streife. Als Neuling bekommt er oft die Nachtschicht und während dieser schlendert er an den Schaufenstern vorbei, in denen sich die andere Straßenseite spiegelt, so dass er einen besseren Überblick hat. Eines Abends greift er den Stadtstreicher Dandy auf, der immer mal wieder völlig abstürzt. Nichts ungewöhnliches passiert bis er zu einem Einbruch gerufen wird. Die Wohnung im 18. Stock ist aufgebrochen, ein Nachbar hat den Lärm bemerkt. Ein ungutes Gefühl beschleicht den jungen Beamten und es wird bestätigt als er in der Wohnung die junge Tracy Greene tot auffindet.

Back to the 80s, in denen ein VHS-Recorder das Neueste vom Neuen war. In diesem Kurzkrimi können wir Jim Daley auf seinen ersten Streifengängen begleiten. Eigentlich wollte er eher aufs Land, doch er ist in seiner Heimatstadt Glasgow gelandet. Man erfährt von den Machenschaften seiner Vorgesetzten, die nur an ihre eigene Karriere denken. Gleichzeitig lernt man auch aufrechte Beamte kennen, denen zum Glück auffällt, dass Daley einen Riecher hat, wenn es um das Finden von Hinweisen geht. Mit guter Kombinationsgabe erschließt er sich auch den Fall der armen Tracy Greene.

Natürlich geht in einem Kurzkrimi (ca. 70 Seiten) alles recht schnell, einige Hintergründe können nur angerissen werden und die Ermittlung wird nicht auf Abwege geführt. Ausgesprochen gut geschildert wird allerdings die Stimmung und die vorherrschende Tonlage. Rau, aber herzlich scheint der Umgang zu sein. Neugierig wird man, wie es mit Daleys Werdegang weitergeht. Dieser sympathische Constable und sein neuer Kollege bei der Kripo, welche Fälle werden sie zu lösen haben. Ein herziger kleiner Handlungsstrang um das Kennenlernen der ersten großen Liebe macht den guten Cop Jim Daley noch sympathischer. Sympathisch auch wie der Autor persönlich seinen ersten auf Deutsch erscheinenden Roman vorstellt.

Veröffentlicht am 23.04.2017

Sandberg

Der Code
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William Sandberg hält es in seinem Leben nicht mehr aus, seine Tochter ist gestorben, er ist geschieden, er versucht, sich umzubringen. Er kann gerettet werden und er verschwindet. Seine Ex-Frau Christina, ...

William Sandberg hält es in seinem Leben nicht mehr aus, seine Tochter ist gestorben, er ist geschieden, er versucht, sich umzubringen. Er kann gerettet werden und er verschwindet. Seine Ex-Frau Christina, eine Journalistin, macht sich auf die Suche nach ihm. An dem Ort, an den er gebracht wird, trifft er Janine Haynes, die bereits seit mehreren Monaten an dem verwunschenen Ort ist. Beide sind Wissenschaftler und in kleinen Einzelteilen erfahren sie, aus welchem Grund sie in diese abgelegene Anlage gebracht wurden. Es wurde eine Nachricht gefunden, die entschlüsselt werden soll. Unbekannt ist, wer die Nachricht verfasst hat und welchem Zweck sie dient.

Der eigentlich lebensmüde William Sandberg merkt in einem Moment wie sehr er doch noch am Leben hängt. Die tatsächliche Lebensgefahr bringt ihn zum Nachdenken und er beginnt, hart an der verlangten Aufgabe zu arbeiten. Die viel jüngere Janine steht ihm als Wissenschaftlerin in nichts nach und gemeinsam finden sie unglaubliche Hinweise über die Bedeutung der Nachricht. Von ihren Entführern erfahren sie weitere Zusammenhänge, die beinahe unglaublich sind. Erst als ihnen die Labore gezeigt werden, in denen frühere Wissenschaftler ihre Forschungen durchgeführt haben, wird ihnen die ganze Tragweite der Sache bewusst.

Ein fesselndes Szenario breitet Fredrik T. Olsson in seinem Roman aus. Schnelle Wechsel zwischen den verschiedenen Orten, immer unheimlichere Begebenheiten, schreckliche Bedrohungen geben der Handlung eine Geschwindigkeit, die kaum auszuhalten ist. Als Buch wäre man sicher geneigt, das Buch nach dem Aufschlagen der ersten Seite nicht mehr aus der Hand zu legen, weil man es einfach nicht abwarten kann, zu erfahren wie es weitergeht. Wahrscheinlich lag es in der Absicht des Autors, einige Fragen ungeklärt zu lassen. Doch die dargestellten Ereignisse nehmen einen so furiosen Verlauf, dass man kleine Unstimmigkeiten schnell verzeiht.

Das hier vorliegende ungekürzte Hörbuch hervorragend vorgetragen von Uve Teschner macht es schon aufgrund der Länge doch ab und zu notwendig, eine Pause einzulegen. Doch nach jedem Absetzen ist man schnell wieder in der Handlung und die Neugier und die Spannung bleiben bis zum Schluss erhalten.

Veröffentlicht am 21.04.2017

Lebenslicht

Das Verstummen der Krähe
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Es ist aus, Bens Lebenslicht ist aus. Obwohl Kristina Mahlo als analytische Nachlassverwalterin sich normalerweise nicht von so etwas leiten lässt, ist sie doch sehr erschrocken. Die Kerze gab ihren Eltern ...

Es ist aus, Bens Lebenslicht ist aus. Obwohl Kristina Mahlo als analytische Nachlassverwalterin sich normalerweise nicht von so etwas leiten lässt, ist sie doch sehr erschrocken. Die Kerze gab ihren Eltern Hoffnung, dass der damals 24jährige Ben, der seit sechs Jahren verschwunden ist, noch am Leben sein könnte. Verstohlen zündet sie die Kerze wieder an. Das kann kein Omen sein. Kurz darauf wird sie mit einem sehr eigenwilligen Testament zur Verwalterin eines nicht unbeträchtlichen Nachlasses eingesetzt. Die Erben sollen ihr Erbe nur dann antreten können, wenn Kristina nachweist, dass sie nicht der Mörder eines vor sechs Jahren umgebrachten Journalisten sind.

Welch eine ungewöhnliche letztwillige Verfügung. Kristina zögert, den Auftrag überhaupt anzunehmen. Doch dann taucht ein Hinweis auf ihren Bruder auf. Sollte die Chance bestehen, sein Schicksal endlich zu klären. Diese Möglichkeit kann Kristina einfach nicht außer acht lassen und sie beginnt, sich mit dem Nachlass zu beschäftigen. Die Erben sind dabei nicht eben hilfreich, ihnen geht es nur darum, möglichst schnell an die nicht unbeträchtliche Erbmasse zu gelangen. Doch Kristina ist eine, die ihre Aufträge erfüllt und die Sache erst freigibt, wenn alle Zweifel ausgeräumt sind. Und in diesem Fall hat sie ihr besonderes ureigenstes Interesse.

Diese erste Nachlass-Sache Kristina Mahlos, von der die Autorin Sabine Kornbichler berichtet, ist gleich eine sehr persönliche. Das ungeklärte Verschwinden ihres jüngeren Bruders hat die ganze Familie außerordentlich verändert. Die Eltern haben sich getrennt, Kristina hat ihr Jura-Studium geschmissen und ist zu ihren Eltern in das Randgebiet Münchens gezogen. Und ihrer aller Leben ist irgendwie auf Halt gestellt. Einen solchen Verlust kann man nicht einfach verwinden, schon garnicht, wenn völlig unklar ist, was geschehen ist. Und nun die Erblasserin, deren Mann zwar als Mörder des Journalisten verurteilt wurde, an dessen Unschuld sie aber nie gezweifelt hat. Zwei Sachen, die so unterschiedlich scheinen, dass ein Zusammenhang sehr unwahrscheinlich wirkt. Und dennoch, was wäre wenn und wie könnte es sein. Diese Frage packt einen. Man wird in die tragische Familiengeschichte Kristinas hineingezogen, grübelt, bangt und hofft.

Ermittlungen in einem ungewöhnlichen Rahmen mit viel Drive, überraschend und fesselnd.