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Veröffentlicht am 30.09.2021

Das 5. Gebot

Der Rabbi und der Kommissar: Du sollst nicht morden
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Rabbi Henry Silberbaum erfüllt keines der Klischees, die man gemeinhin von Rabbinern hat. Er ist witzig und unkonventionell, - ich stelle ihn mir auch als gutaussehend vor – er hat einen guten Draht zu ...

Rabbi Henry Silberbaum erfüllt keines der Klischees, die man gemeinhin von Rabbinern hat. Er ist witzig und unkonventionell, - ich stelle ihn mir auch als gutaussehend vor – er hat einen guten Draht zu seinen Schülern und immer ein offenes Ohr für die Bewohner des jüdischen Seniorenstifts. Das bringt schon mal Konflikte mit dem Gemeindevorstand mit sich. Als die betagte und vor allem begüterte Ruth Axelrath stirbt wird Silberbaum stutzig. Klar, mit 80 und Herzleiden ist der Tod nicht ungewöhnlich, aber Ruth war erst vor Kurzem bei ihm. Klagte über ihren verschwenderischen und untreuen, jüngeren Gatten, sprach über eine Testamentsänderung und eine Stiftung für die Gemeinde. Da kam der Infarkt doch grade sehr gelegen und auch einige andere Kleinigkeiten irritieren den Rabbi.

Also spricht er mit Kommissar Berking, den er erst kürzlich unter kuriosen Umständen kennengelernt hat und versucht ihn zu überzeugen. Offiziell ist die Untersuchung abgeschlossen, aber nichts hindert Rabbi Silberbaum auf eigene Faust zu ermitteln.

Michel Bergmann ist der Autor des Romans „Die Teilacher“, der mich begeisterte und so ließ ich mir seinen ersten Kriminalroman nicht entgehen. Das war auch gut so. Der Krimi mit Witz und Esprit und viel Atmosphäre hat mit überzeugt. Man kann mit dem Buch in die heutige Welt einer jüdischen Gemeinde eintauchen, ganz nebenbei sehr viel über Kultur und religiöse Bräuche erfahren und den sprichwörtlichen jüdischen Witz genießen. Dabei wirkt das nie aufgesetzt oder belehrend.

Um zu ermitteln und den Täter ausfindig zu machen, muss der Rabbi einige unkonventionelle Wege gehen und begibt sich dabei selbst in Gefahr. Der Kriminalfall – wo Geld ist, ist auch ein Motiv – ist spannend. Schließlich wird vor allem aus Gier gegen das 5. Gebot verstoßen.

Letztendlich kann Rabbi Silberbaum den Fall lösen und es scheint, er hat mit Kommissar Berking einen Verbündeten und Freund gefunden, so kann der nächste Fall – wie sich schon als Cliffhanger andeutet, in Angriff genommen werden.

Ein Krimi, der aus der Masse hervorsticht und den ich nicht nur Fans von Rabbi Kemelman empfehlen kann.

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Veröffentlicht am 27.09.2021

Temporeich, spannend und schwäbisch schräg

Tote Schwaben leben länger
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Bei Vermessungen werden im Federsee zwei Skelette entdeckt. Einschusslöcher belegen eine Mordtat, auch wenn sie wohl schon mehr als 30 Jahre zurückliegt. Lediglich ein orthopädischer Schuh, der bei einer ...

Bei Vermessungen werden im Federsee zwei Skelette entdeckt. Einschusslöcher belegen eine Mordtat, auch wenn sie wohl schon mehr als 30 Jahre zurückliegt. Lediglich ein orthopädischer Schuh, der bei einer Leiche lag, gibt der Polizei Hoffnung auf eine Identifizierung. Doch kurz danach werden zwei Obdachlose zum Mordopfer und dieser aktuelle Fall drängt sich in den Vordergrund.

Als dann noch ein vermögender Unternehmer offensichtlich dem gleichen Täter zum Opfer fällt, ist die Theorie eines Obdachlosen-Hasser hinfällig. Seltsam, auch hier taucht das Tattoo eines Kleeblatts auf.

Eugen Querlinger ist ein schwäbischer Sturkopf, wie er im Buche steht. Eigenwillig geht er seinen Weg, auch wenn er sich dafür dialekt- und schimpfwortreiche Dialoge mit seinem Team liefern muss. Aber dafür wird er ja auch von seinen Leuten geschätzt. Ich liebe dieses wunderbare Lokalkolorit, das Max Abele mit seinen schwäbischen Eigenheiten schafft. Einfallsreich ist nicht nur der Plot, einfallsreich sind die auch die Aktionen die Querlinger zum Erfolg führen.

Es ist schon Querlingers zweiter Fall, aber man kann getrost damit einsteigen. Vorkenntnisse sind überhaupt nicht nötig um sich sofort im Krimi zurechtzufinden.

Die Spannung bleibt das ganze Buch über hoch, auch wenn ich immer wieder schmunzeln oder sogar laut lachen musste, ist das beileibe kein ausgesprochener Humorkrimi. Querlinger ist hinter seiner Fassade des schrägen Schwabens ein ausgesprochen tüchtiger und intelligenter Ermittler, der schon früh Zusammenhänge sieht. Auch das übrige Team trägt viel zum Erfolg des Falls und des Buches bei. Absolut gelungen sind auch die Namen, die sich der Autor für seine Protagonisten ausgedacht hat, da stellen sich sofort Assoziationen ein.

Wieder ein gelungener Regionalkrimi aus dem Emons Verlag.

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Veröffentlicht am 03.09.2021

Preußen-Krimi

Des Kummers Nacht
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„Des Kummers Nacht“ schickt in den Leser zurück in die Mitte des 19. Jahrhunderts. In Berlin werden die beiden Studenten Wilhelm von der Heyden und Johann Schmidt Zeugen einer Explosion im Nachbarhaus. ...

„Des Kummers Nacht“ schickt in den Leser zurück in die Mitte des 19. Jahrhunderts. In Berlin werden die beiden Studenten Wilhelm von der Heyden und Johann Schmidt Zeugen einer Explosion im Nachbarhaus. Als sie zu Hilfe eilen, finden sie eine Tote, die von der Wucht der Sprengladung aus dem Fenster geschleudert wurde. Wilhelm, der über einen fotografischen Blick verfügt, fallen einige Ungereimtheiten auf.

Nachdem Wilhelm erst unter Verdacht gerät, dann später den leitenden Kriminalisten überzeugen kann, bietet der ihm eine Stelle bei der Polizei an. Die noch junge Kriminalpolizei soll personell und qualitativ aufgerüstet werden. Eine Arbeit, die Wilhelm reizt, aber von den Eltern als unter seinem Stand angesehen wird. Als Sohn eines Junkers kommt doch nur der höhere Staatsdienst in Frage.

An diesem Krimi hat mich fast alles überzeugt. Die Schilderung des historischen Hintergrunds, der Blick auf Berlin in dieser Zeit und vor allem die Einblicke in preußisches Beamtentum und Politik. Deshalb habe ich das Buch mehr als geschichtlichen Roman und weniger als Krimi gelesen. Denn bei all diesen wissenswerten und interessanten Abhandlungen kam mir der Krimi Plot fast ein wenig zu kurz.

Mir gefiel das Auftauchen der historischen Persönlichkeiten, sogar Bismarck, der noch am Anfang seiner Karriere steht, bekommt seinen Auftritt. Die Einordnung der realen Personen und Ereignisse werden durch das ausführliche Nachwort erleichtert. So habe ich aus diesem Kriminalroman viel gelernt.

Die Figuren werden in ihrem geschichtlichen Kontext gezeichnet, die verschiedenen Stände waren noch sehr ausgeprägt und es ist schon ein Unterschied, ob man zum Adel, zu den Gutsbesitzern oder zum Bürgertum gezählt wird.

Auch wenn ich „zu wenig“ Krimi anführte: der Plot war sehr stimmig entwickelt und jeder Entwicklungsschritt bis zur Auflösung sehr logisch.

Dazu hat mich der Sprachstil des Autors überzeugt, der in den Dialogen den Ton der Zeit trifft und sich immer mal auch ein Augenzwinkern erlaubt.

Der Untertitel „von der Heydens erster Fall“ lässt mich schon auf die Fortsetzung hoffen.

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Veröffentlicht am 19.08.2021

Unruhiges Sabbatical

Trüffelgold
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Zurück ins Perigord heißt es für Marie Mercier, die Pariser Kommissarin mit deutschen Wurzeln. Sie hat das Haus der geliebten Großmutter geerbt und ein Sabbatical soll ihr Klarheit über ihre Zukunft bringen.

Beinahe ...

Zurück ins Perigord heißt es für Marie Mercier, die Pariser Kommissarin mit deutschen Wurzeln. Sie hat das Haus der geliebten Großmutter geerbt und ein Sabbatical soll ihr Klarheit über ihre Zukunft bringen.

Beinahe wird Marie Zeugin, wie ein ihr flüchtig bekannter Radfahrer erschossen wird und natürlich interessiert sie der Mordfall in ihrem neuen Heimatort, dem beschaulichen Saint-André-du-Perigord.

Zwar möchte der ermittelnde Kommissar, Michel Leblanc keine Einmischung, aber Marie kann ihren Reflexen nicht immer Einhalt gebieten. Vor allem, da ihre Jugendfreundin Hélène mit dem Toten liiert war und sie sich damit auch persönlich betroffen fühlt und sie der Meinung ist, dass Leblanc in die falsche Richtung ermittelt.

Julie Dubois hat hier ihren Krimi-Erstling vorgelegt. Sie folgt damit dem Muster der beliebten und erfolgreichen Urlaubskrimis. Die Handlung wird sehr schön und farbig in die zauberhafte Landschaft des Perigord eingebettet. Kulinarische Besonderheiten, den Stellenwert der guten regionalen Küche, die Marie von ihrer Großtante erlernen will, geben dem Krimi einen gemütlichen Anstrich.

Die Figur der Marie Mercier hat mir gut gefallen, eine Großstädterin, die sich auf ihre Wurzeln besinnen will und nach hektischen Jahren im Pariser Kommissariat mit der Ruhe noch nicht so ganz zurechtkommt, das hat sicher noch viel Potential für weitere Fälle.

Die Autorin schreibt unterhaltsam und flüssig, der Fall stellt sich als verzwickt dar und bezieht daraus auch seine Spannung. Aber in erster Linie habe ich es als schönen Ausflug nach Frankreich gelesen.

Das pittoreske Titelbild hat dazu sicher beigetragen.

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Veröffentlicht am 11.08.2021

Gipfeltreffen

Letzter Knödel
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Polit-Gipfel in Altaussee! Da wird Postenkommandant Gasperlmaier schnell zum Statisten auf der eigenen Dienststelle. Überall wimmelt es von russischen Geschäftsleuten, Security, Beamten aus Wien und anderen ...

Polit-Gipfel in Altaussee! Da wird Postenkommandant Gasperlmaier schnell zum Statisten auf der eigenen Dienststelle. Überall wimmelt es von russischen Geschäftsleuten, Security, Beamten aus Wien und anderen Wichtigtuern. Aber auch im trauten Heim gibt es Aufregung: Tochter Katharina stellt ihre Lebensgefährtin vor und Gasperlmaier fällt erstmal aus allen Wolken. Freundin Stefanie will ein paar Tage bleiben und einige Storys von Prominenten für ihr Magazin schreiben.

Doch dann wird im Cateringzelt die Leiche einer jungen Hilfsköchin gefunden und Gasperlmaier ermittelt zusammen mit Frau Dr. Kohlross. Wer war die junge Frau? Hat ihr Tod etwas mit krummen Machenschaften im Gastronomiebereich zu tun oder hat sie Verbindungen zum Gipfeltreffen? Jedenfalls hat sie einen falschen Namen und gefälschte Referenzen benutzt und Gasperlmaier sieht sich wieder einmal mit einem komplizierten Fall konfrontiert.

Wer einmal von Gasperlmaier gehört hat, der wird ihn lieben. Der gestandene Beamte ist urig, manchmal ein wenig zu gemütlich und wirkt auf den ersten Blick eher von schlichtem Gemüt. Aber davon sollte man sich nicht täuschen lassen, er denkt zwar manchmal etwas langsamer, dafür gründlich. Ein in seiner Heimat verwurzelter Polizist, der menschliche Schwächen kennt und sich nichts vormachen lässt. Dafür lässt er dann auch schon mal die Behördenoberen alt aussehen.

Für mich ist der Altaussee-Krimi von Herbert Dutzler ein besonders gelungener Regionalkrimi. Er ist spannend aufgebaut mit einem verzwickten, aber sehr logischem Plot und vielen überraschenden Wendungen. Ich finde die Protagonisten lebendig gezeichnet, Gasperlmaier zum Beispiel hat Schmunzel-Potential, aber er wird nie zur Karikatur. Es gelingt dem Autor ganz aktuelle Themen in seinen Krimi einzubauen. So die Machenschaften einer neuen, rechtsnationalen Partei, deren Parolen Gasperlmaier sehr schnell entlarvt.

Natürlich darf bei einem Regionalkrimi der landschaftliche Bezug nicht fehlen und die kenntnisreiche und heimatverbundene Beschreibung der Gegend rund um den Altaussee gefiel mir genauso gut, wie der besondere österreichische Charme, den Herbert Dutzler seinen Krimis verleiht.

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