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Veröffentlicht am 31.10.2021

Spannend und spaßig

Merdyns magische Missgeschicke – Zaubern will gelernt sein!
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Mittelalter trifft auf Moderne: Merdyn der Mächtige findet sich nach einem Gerichtsprozess im Jahre 511 unversehens im 21. Jahrhundert wieder und ist auf den Beistand eines Schulmädchens angewiesen, um ...

Mittelalter trifft auf Moderne: Merdyn der Mächtige findet sich nach einem Gerichtsprozess im Jahre 511 unversehens im 21. Jahrhundert wieder und ist auf den Beistand eines Schulmädchens angewiesen, um sich zurecht zu finden. Er verspricht Rosie als Gegenleistung einen Sangeszauber, mit dem sie hofft,all ihre Probleme lösen zu können. Wie man sich denken kann, sind allerhand Missverständnisse und Missgeschicke vorprogrammiert, denn ein Zeitunterschied von mehr als tausend Jahren ist nicht so einfach zu überbrücken.
Sehr witzig und überaus spannend erzählt Simon Farnaby, wie es Merdyn bei seiner Zeitreise ergeht. Es ist köstlich, wie er Merdyns mittelalterlichen Stil der modernen Sprache gegenüberstellt und auch auf die korrekte Bedeutung von Wörtern eingeht: so etwa lernen wir auf humorvolle Weise die feinen Unterschiede der Bezeichnungen Hexenmeister, Zauberer oder Magier kennen. Vielleicht noch Unbekanntes erklärt der Autor in Fußnoten auf lockere, amüsante Art, so dass die Erläuterungen nicht „lehrerhaft“ klingen.
Die Illustratorin Claire Powell gestaltet die komischen Situationen, in die Merdyn und seine modernen Freunde geraten, bildlich. Ihre vielen schwarz-weißen Zeichnungen begleiten humoristisch den Buchtext.
Unser Fazit: Kinder, die solche lustigen Fantasiereisen lieben, werden die Geschichte des in die Gegenwart katapultierten Magiers mit viel Spaß lesen.







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Veröffentlicht am 18.10.2021

Recht auf gesundes Leben?

Wie schön wir waren
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Das Leben in dem afrikanischen Dorf Kosawa war sicher nicht immer idyllisch, aber seit die amerikanische Ölfirma Pexton bei ihren Bohrungen unweit des Ortes fündig geworden ist, haben sich die Nöte der ...

Das Leben in dem afrikanischen Dorf Kosawa war sicher nicht immer idyllisch, aber seit die amerikanische Ölfirma Pexton bei ihren Bohrungen unweit des Ortes fündig geworden ist, haben sich die Nöte der Bewohner vervielfacht. Nicht nur, dass sie nun kilometerweit laufen müssen, um Land zu bestellen, das nicht ölverseucht ist, es sterben auch immer mehr Einwohner an unerklärlichen Krankheiten, vor allem Kinder. Während sie seit Jahren darauf warten, dass die Firma ihren Sanierungs- und Wiedergutmachungsversprechungen nachkommt, löst eines Tages der „Dorfirre“ einen Aufstand aus - mit dramatischen Folgen.
Es ist eine recht intensive Erzählung, in der Imbolo Mbue unterschiedliche Stimmen zu Wort kommen lässt. Da ist Thula, gewissermaßen eine Symbolfigur des Romans, die auf ihr privates Glück verzichtet, weil sie glaubt, mit einer guten, in Amerika erworbenen Bildung mit der Firma Pexton auf Augenhöhe verhandeln zu können, zum Wohl ihres Dorfes. Ihre Großmutter Yaya hingegen dämpft allzu hohe Erwartungen aus ihrer Lebenserfahrung heraus. Sie kennt noch die Berichte ihrer Vorfahren von Sklavenhandel und Ausbeutung. Hauptsächlich aber erfährt der Leser durch die Kinder des Dorfes Details. Sie sind die in erster Linie Leidtragenden. So werden die Hoffnungen der Kinder auf eine bessere Zukunft im Verlauf des Romans immer mehr zurückgeschraubt, während sie nun selbst als besorgte Eltern einen Ausweg suchen.
Gekonnt verwickelt uns die Autorin in die Gegensätze von Anspruch auf eigenbestimmte, traditionelle Lebensweise einerseits und Ausbeutung von Bodenschätzen durch Firmen von Ländern, die nur scheinbar die Menschenrechte achten, andererseits. Sie handeln mit Unterstützung und Hilfe autoritärer Regime, die ihre Interessen rücksichtlos durchsetzen. Macht, Gier, Korruption - haben Kosawas Bewohner dagegen eine Chance?
Bei aller Dramatik des Romans fällt jedoch immer wieder die überschäumende Lebenslust der Menschen auf, die Lust und Freude am (einfachen) Dasein. „Wie schön wir waren“ - ein packendes, eindrucksvolles Buch!

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Veröffentlicht am 12.10.2021

“Nach hundert Jahren will ich gelesen werden“

Annette von Droste-Hülshoff. Dichterin zwischen den Feuern
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Annette von Droste-Hülshoffs Wunsch ist wahr geworden, noch heute, mehr als 170 Jahre nach ihrem Tod, zählt etwa ihre Novelle „Die Judenbuche“ zum Kanon der Schullektüren. Wie lebte und arbeitete die Dichterin ...

Annette von Droste-Hülshoffs Wunsch ist wahr geworden, noch heute, mehr als 170 Jahre nach ihrem Tod, zählt etwa ihre Novelle „Die Judenbuche“ zum Kanon der Schullektüren. Wie lebte und arbeitete die Dichterin aus dem Westfalenland? Ein sehr lebendiges Bild der Frau und Literatin schildert uns Regina Maria Kaiser in ihrer kürzlich erschienen Romanbiografie.
Sie lässt uns in die Zeit des ausgehenden 18. bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurückreisen und erzählt sehr anschaulich von der Lebenssituation des adeligen Fräuleins. Vom Tag ihrer Geburt im Jahr 1797 bis zu ihrem Tod im Mai 1848 verfolgen wir Annettes private Freuden und Leiden, bekommen Einblick in ihre Gedanken und Gefühle. Geprägt vom Geist ihrer adeligen Familie ist ihr Spielraum in der Öffentlichkeit zwar eng begrenzt, doch das Verfassen und sogar spätere Veröffentlichen ihrer Gedichte und Romane setzt sie dennoch durch.
Es ist spürbar, wie sehr Annettes Schicksal der Autorin Kaiser am Herzen liegt; ihr Schreibstil ist bildhaft und empathisch, reich an Details. Zusätzlich vermittelt das Nachwort einen vertiefenden Überblick über Droste-Hülshoffs Vita. Auch der sehr ausführliche Anhang mit Zeittafel, Orts- und Personenregister und Liste zu weiterführender Literatur zeugt von der detaillierten Recherche. Ein wirklich empfehlenswertes Buch!




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Veröffentlicht am 01.10.2021

Doppelleben

Trio
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Europa im Jahr 1968, einem Jahr der politischen Auseinandersetzungen und Umwälzungen: William Boyds Protagonisten sind davon nur am Rande beeindruckt, zu sehr sind sie mit ihren privaten Problemen beschäftigt. ...

Europa im Jahr 1968, einem Jahr der politischen Auseinandersetzungen und Umwälzungen: William Boyds Protagonisten sind davon nur am Rande beeindruckt, zu sehr sind sie mit ihren privaten Problemen beschäftigt. Ein wirkliches „Trio“, also eine Gruppe von Menschen, die zusammen etwas tun, ergeben Talbot Kydd, Anny Viklund und Elfrida Wing eigentlich nicht. Sie haben ein eher loses Verhältnis zueinander, kennen sich durch die Arbeit an einem mittelmäßigen Spielfilm in Brighton. Was sie vereint ist das „Doppelleben", das sie führen und zu verbergen suchen: Filmproduzent Talbot führt nach außen hin eine funktionierende Ehe, ist aber homosexuell veranlagt; der berühmte Filmstar Anny wird vom FBI verfolgt und Schriftstellerin Elfrida versucht ihre Schreibblockade in Alkohol zu ertränken.
Wie gewohnt zieht William Boyd seine Leser tief in die fast ausweglos erscheinenden Probleme und Krisen seiner Charaktere. Mit seiner Art zu schreiben - schlicht und nüchtern - spricht er Interesse und Empathie des Lesers an. Realitätsnah und ohne Pathos erzählt er von der Geschichte und der Entwicklung dreier sehr unterschiedlicher Charaktere.
Wirklich lesenswert!

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Veröffentlicht am 11.09.2021

Gut und Böse

Junge mit schwarzem Hahn
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Es ist eine schlimme Zeit, in die Martin hineingeboren wurde, Pest, Krieg und Hunger beherrschen das Land. Seit seiner Kindheit muss sich der mittlerweile 11jährige Martin allein durch das Leben schlagen; ...

Es ist eine schlimme Zeit, in die Martin hineingeboren wurde, Pest, Krieg und Hunger beherrschen das Land. Seit seiner Kindheit muss sich der mittlerweile 11jährige Martin allein durch das Leben schlagen; denn sein Vater hat in Verzweiflung seine Familie und sich selbst getötet, nur Martin und ein schwarzer Hahn sind am Leben geblieben. Seither sind Junge und Hahn unzertrennlich, suchen gemeinsam ihr Auskommen in einem kleinen Dorf, bis Martin eines Tages beschließt, mit einem Wandermaler zu ziehen. Eine abenteuerliche Reise voller Gefahren und Prüfungen beginnt ...
Der märchenhaft anmutende Roman Stefanie vor Schultes steckt voller Bilder und Gleichnisse. Ihr Schreibstil erscheint auf den ersten Blick schlicht und etwas naiv (wie bei einem Märchen); er passt sich damit der Epoche an, in die sie ihre Erzählung verlegt, und den Menschen, die sie schildert. Doch bei aller Knappheit gibt sie zwischen den Zeilen sehr viel preis; ihre unterschwellige Kritik an Mitmenschen und sozialen Gegebenheiten kommt mitunter recht sarkastisch daher. Dabei sind die Probleme, gegen die Martin zu kämpfen hat, nicht auf eine bestimmte Zeit beschränkt. Krieg, Unterdrückung, Krankheit, Armut, sowie Dummheit, Gier und Neid werden wohl nie auszurotten sein, solange es Menschen gibt. Da erscheint der nachdenkliche Martin, der gegen schlechte Eigenschaften immun zu sein scheint, als etwas Besonderes, die Personifizierung des Guten. Ob er das Böse besiegen kann?

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