Vieles kann brennen
Von Büchern aus dem Diogenes Verlag wurde ich bisher noch nie enttäuscht. Sie hielten noch immer, was sie versprachen. So auch dieser Roman "Der Brand" von Daniela Krien.
Bücher dieses Verlages erkennt ...
Von Büchern aus dem Diogenes Verlag wurde ich bisher noch nie enttäuscht. Sie hielten noch immer, was sie versprachen. So auch dieser Roman "Der Brand" von Daniela Krien.
Bücher dieses Verlages erkennt man sofort am Format und auch am Cover. Dieses Taschenformat passt in so gut wie jede Handtasche und kann somit bequem überall hin mitgenommen werden - auf Reisen mit Bahn oder Flugzeug, zum Arzt oder in die Mittagspause usw.
"Der Brand" würde ich als ein Buch für lebenserfahrene Leser bezeichnen, denn von Romantik ist es weit entfernt. Meist kommt der Roman eher nüchtern daher - vielleicht auch ernüchternd. "Ehen werden im Himmel geschlossen, aber auf Erden gelebt", besagt ein altes deutsches Sprichwort. Genau diese Lebensweisheit vermittelt die Autorin mit ihrem Buch. Trotzdem ist es anrührend zu lesen.
Vordergründig handelt dieser Roman von einem Ehepaar (Rahel und Peter) das gemeinsam älter geworden ist. Noch nicht richtig alt, aber auch nicht mehr jung. War es am Anfang die junge Liebe die alles schaffte - im Laufe der Jahre haben sie sich dann doch auseinander gelebt. Nicht so sehr, dass eine sofortige Trennung angesagt wäre, doch jeder geht seiner eigenen Wege. Das Verständnis für einander ist ihnen abhanden gekommen. Sie sind nicht unglücklich, doch richtig glücklich sind sie auch nicht mehr. Erzählt wird aus der Sicht von Rahel und sie spricht es auch laut aus - so weiter machen wie bisher geht nicht. Doch der Roman ist viel mehr als nur eine Paarbeziehung, die in die Jahre gekommen ist.
Tatsächlich packt einen dieser Roman erst dann, wenn man sich voll und ganz darauf einlässt. Erst dann entdeckt man die vielen Nebenthemen und unterschiedlichsten Lebens-Schauplätze. Wie war es, in der ehemaligen DDR aufzuwachsen, sich das Leben einzurichten und plötzlich damit konfrontiert zu werden, dass alles woran man glaubte nicht mehr wahr sein konnte? Mit der Wiedervereinigung änderte sich nicht nur was man verändert haben wollte, sondern der komplette Alltag. Niemand kann neu bei Null anfangen. Jeder nimmt sein altes Leben mit, egal wohin man geht oder wie sich die Welt gerade verändert. Auch für Rahel und Peter.
Da ist die neuere Erfahrung von Peter mit einer Studentin die ihn verbal attackiert, da er sie nach alt hergebrachter Manier mit "Frau" anspricht, obwohl sie sich geschlechtsneutral sieht und ihren Literaturprofessor für seine Anrede verhöhnt und der Lächerlichkeit an der Uni preisgibt. Die Studentin empfindet ihr Aufbegehren als ihr Recht, für Peter ist diese Reaktion Arroganz und Überheblichkeit. Dabei ist "jung sein" lediglich ein Privileg das sich automatisch mit der Zeit verflüchtigt - keine Leistung wie ein Professor dies von einer Studentin erwartet. Ein Generationenkonflikt.
Doch Rahel und Peter sind nicht nur ein älter werdendes Ehepaar, nein sie sind auch Eltern einer Tochter und eines Sohnes.
Einer der Abschnitte der mir besonders gefiel ist die Aussprache mit ihrer Tochter Selma, die aus ihrer Beziehung aussteigen will (Seite 117): "Ihr seid solche.... solche....". "Spießer?", fragt Peter schmunzelnd und fügt hinzu: "Wir sind deine Eltern , Selma, nicht deine Freunde. Unsere Aufgabe ist es nicht, dir nach dem Mund zu reden, sondern auch mal Dinge anzusprechen, die dir missfallen." Wie wahr! Mütter stellen sich gerne vor, die Freundin ihrer Tochter zu sein. Doch der Status einer Freundin ist ein ganz anderer, als der einer Mutter. Das bringt die Autorin in dieser kurzen Passage klar zum Ausdruck.
Ein weiterer Satz den ich mir notierte steht auf S. 182: ..." Die Art der Erziehung war Gegenstand heftiger Diskussionen, und manche Verbindung mit allzu lässigen Eltern und ihren schuldlos unsympathisch gewordenen Kindern ließ sich nicht aufrechterhalten". Wer kennt sie nicht, die Kinder denen vergessen wurde Grenzen zu setzen und die kein Gespür dafür haben, dass ihre eigenen Bedürfnisse nicht der Mittelpunkt der Welt sind und denen man als Außenstehender Abneigung entgegen bringt.
Wahrscheinlich stimmt es nicht in allen Fällen, aber eine gewisse Wahrheit enthält es doch ( S. 224): " Satte Zeiten bringen schwache Kinder hervor". Das Leben zu leben will auch gelernt werden.
Ein anderer Aspekt dieses Romans ist, wie es sich anfühlt nicht zu wissen, wer der eigene Vater ist, weil die Mutter sich bis zu ihrem Tod darüber ausschweigt. So ergeht es Rahel.
Dies ist ein vielschichtiger Roman, geschrieben in kurzen prägnanten Sätzen. Keine weitschweifigen Ausführungen. Und trotzdem schafft es die Autorin, ganz viel gelebtes Leben als auch Gedanken darüber in diesem Buch unter zu bringen.
Mir gefiel dieser Roman, in dem es keinerlei Längen gibt, sehr gut,