Wundervoller Roman
"Nee, echt jetzt mal, du musst dich von diesen ganzen Gedanken an französischen Käse freimachen. Das hat keine Zukunft."
Johanna denkt viel nach. Unter anderem an Boris und an die Frage, warum sie eigentlich ...
"Nee, echt jetzt mal, du musst dich von diesen ganzen Gedanken an französischen Käse freimachen. Das hat keine Zukunft."
Johanna denkt viel nach. Unter anderem an Boris und an die Frage, warum sie eigentlich nur Freunde sind. Oder daran, warum Timo sich auf diesen Deal eingelassen hat. Oder an Ana-Clara und daran, was Boris eigentlich an ihr findet. Und daran, warum Boris nach Island geflogen ist.
Jan Schomburgs Roman hat mich doch recht zwiegespalten zurückgelassen. Und dennoch bin ich eindeutig der Meinung, dass die ein unglaublich mitreißender und packender Roman war.
Die Charaktere des Romans sind sehr verwirrend und irritierend. Ich hatte große Schwierigkeiten (und habe sie immer noch) ihr Handeln und die Dinge, die sie sagen und denken, nachzuvollziehen. So war es für mich zum Beispiel im ersten Kapitel schwer verständlich, weshalb sich Johanna dazu gezwungen fühlte mit einem älteren Mann zu schlafen. Diese Verwirrung hält eigentlich den ganzen Roman über an. Für mich erzeugte sie aber eine gewisse Spannung, da ich unbedingt verstehen wollte, doch die meisten Dinge blieben für mich bis zum Ende des Romans ungeklärt. Und ich denke, genau das führt dem Leser vor Augen, dass man vielleicht nicht immer alles unbedingt verstehen muss.
Die Handlung ist recht dezimiert und setzt erst im letzten Viertel des Romans wirklich ein. So gesehen geht es in dem Roman um "nichts". Hauptsächlich werden Situationen aus Johannas Leben und ihre Gedanken dazu geschildert. So ein Inhalt kann sich sehr leicht zu einer langweiligen Anhäufung von Gedanken und Gefühlen entwickeln, doch da hat Jan Schomburg eine große Leistung vollbracht.
Sein Schreibstil war unfassbar fesselnd und man will den Roman gar nicht mehr aus der Hand legen. Er verwendet ein große Fülle an sprachlichen Mitteln, wodurch der Roman weder kahl und leer noch schlapp und seicht wirkt. Der Autor schafft es einen Abschnitt, in dem nur über ein violettes Stück Stoff gesprochen wird, interessant und ansprechend zu gestalten. Er nimmt einige Details der Geschichte schon am Anfang vorweg oder baut zwischendurch Absätze ein, die sich mit einem ganz anderen Thema beschäftigen als die vorhergegangenen. Manche Leser mag das vielleicht irritieren und verwirren, doch meiner Meinung nach baute sich dadurch die Spannung auf und brachte auch Vielfältigkeit und Abwechslung in den Roman.
Man kann wirklich behaupten, dass Jan Schomburg ein talentierter Autor ist. Es gelingt ihm dafür zu sorgen, dass man gleich am Anfang des Roman sofort in das Geschehen "hineinrutscht" und lässt die Seiten beim Lesen nur so dahinfliegen. Fantastisch!
Was mir ebenfalls sehr gefällt sind die Wendungen im Roman (an dieser Stelle will ich aber nicht zu viel verraten). Meiner Meinung nach, sind viele "überraschende" Wendungen im Roman in Wirklichkeit vorhersehbar und nehmen so dem Roman die Spannung, die der Autor sich erhofft. Doch hier haben mich diese Wendungen tatsächlich überrascht und das nicht nur einmal, was sehr positiv anzumerken ist. Der Roman bleibt dadurch bis zum Ende hin fesselnd.
Trotz aller positiver Aspekte würde ich den Roman jedoch nicht allen empfehlen. Man muss offen darauf zugehen und bereit dazu sein sich darauf einzulassen. Außerdem muss man meiner Meinung nach bereit dazu sein, dass man vieles nicht verstehen wird und am Ende leicht verwirrt zurückgelassen wird. Aber wer bereit dazu ist, darüber hinwegzusehen, wird eine wundervolle (wenn auch leider zu kurze) Zeit mit diesem Roman genießen.