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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.10.2021

ruhig und nachdenklich

Die Enkelin
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Bernhard Schlinks Roman Die Enkelin ist ruhig und nachdenklich gehalten. Das liegt größtenteils an der Erzählform, die aus einem autobiografischen Bericht einer Frau besteht und deren Leben abbildet. Das ...

Bernhard Schlinks Roman Die Enkelin ist ruhig und nachdenklich gehalten. Das liegt größtenteils an der Erzählform, die aus einem autobiografischen Bericht einer Frau besteht und deren Leben abbildet. Das beinhaltet eine Jugend in der DDR, jung bekommt sie ein Baby, das sie aber nicht behält. Später wird sie erst Goldschmiedin, Köchin, dann Autorin.
Dann steht für Birgit die Suche nach Paula, der Tochter, im Mittelpunkt.
Der ganze Bericht wird von Kaspar, ihrem Mann nach ihrem Tod gelesen. Das prägt den Text deutlich mit.
Im zweiten Teil übernimmt der Mann die Erzählstimme. Er reflektiert sein Leben mit der verstorbenen und macht sich jetzt selbst auf die Suche nach Birgits Tochter und findet dabei auf die Enkelin. Schockierenderweise trifft er dabei aber auch auf rechte Kreise. Einmal mehr thematisiert Bernhard Schlink politische Themen, die sich aus der deutschen Vergangenheit ergeben.

Bernhard Schlink ermöglicht es den Lesern, an den Gedanken und Emotionen der Figuren teilzunehmen und dadurch dicht an sie heranzukommen.

Veröffentlicht am 19.10.2021

Kindheit

Hast du uns endlich gefunden
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Die Erinnerungen des Schauspielers Edgar Selge beginnen1958, als er 10 Jahre alt war.
Er erzählt von seiner Kindheit. Ganz zentral im Blickpunkt stehen dabei seine Eltern, vor allen sein charismatischer ...

Die Erinnerungen des Schauspielers Edgar Selge beginnen1958, als er 10 Jahre alt war.
Er erzählt von seiner Kindheit. Ganz zentral im Blickpunkt stehen dabei seine Eltern, vor allen sein charismatischer Vater, ein Direktor eines Jugendgefängnisses, der sich sehr um seine jugendlichen Insassen kümmert.

Edgar Selge liest den Text selber ein und dadurch wird umso mehr die Sympathie spürbar, die er für seine Familie empfand, aber auch für das nicht immer brave Kind, das er war.

Klassische Musik ist in der Familie wichtig, auch für Edgar, aber mehr noch lebt er für das Schauspiel und er schildert viele Passagen als kleine Dramen und fast immer voller Witz.
Manchmal sind aber auch ernste Themen dabei, z.B. Edgars schwierige Beziehung zum Vater. Er wurde als Kind häufig vom Vater geschlagen wurde oder immer wieder die schwierige Vergangenheitsbewältigung.
Die sechziger Jahre werden spürbar.

Als Zuhörer ist man stark von den Episoden gefangengenommen.
Es sind Erinnerungen von Ausmaßen eines Marcel Proust, aber mit Tempo und sehr unterhaltsam. Die 8,5 Stunden Spieldauer des Hörbuchs vergehen wie im Flug.

Veröffentlicht am 08.10.2021

Ein kluges und vielschichtiges Buch

Hoffnung
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Das Buch Hoffnung der Wiener Journalistin und Autorin Nermin Ismail erscheint als Teil der Reihe übermorgen-Essays das Verlags Kreymayr&Scheriau, die ich für einen guten Ansatz halte, niveauvolle Essays ...

Das Buch Hoffnung der Wiener Journalistin und Autorin Nermin Ismail erscheint als Teil der Reihe übermorgen-Essays das Verlags Kreymayr&Scheriau, die ich für einen guten Ansatz halte, niveauvolle Essays zu präsentieren.
Interessant ist der zielführende Einsatz von treffenden Zitaten.
Schon das Cover mit der Brücke überzeugt, da die Brücke die Hoffnung symbolisieren kann. Hoffnung als Begriff ist etwas abstraktes.
Die Autorin untersucht den Begriff Hoffnung daher mit verschiedenen Aspekten: Hoffnung als Privileg, Hoffnung als Chance …, aber auch enttäuschte Hoffnung.
Die Tatsache, dass Nermin Ismail das Thema ernsthaft, übergreifend und ohne Pathos angeht, macht den wohltuenden Unterschied zu den ganzen esoterisch angehauchten Autoren aus.

Veröffentlicht am 07.10.2021

Driften über den Strahl der Zeit

Charly Hübner über Motörhead oder Warum ich James Last dankbar sein sollte
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Keine Ahnung, auf was für einen Trip der Schauspieler Carly Hübner war, als er dieses Buch schrieb, aber es wirkt wie auf einen Drogenrausch, in dem man zwischen Motörhead-Klassikern und Schlagern hin ...

Keine Ahnung, auf was für einen Trip der Schauspieler Carly Hübner war, als er dieses Buch schrieb, aber es wirkt wie auf einen Drogenrausch, in dem man zwischen Motörhead-Klassikern und Schlagern hin und her schwankt. Dabei auch noch im steten Dialog mit dem Teufel!

Charly Hübner zeigt viele seiner Jugenderfahrung mit der Musik, die prägte:
AC/DC, Black Sabbath, Deep Purple. Das alles mündete in Motörhead.

Immer wieder werden Motörhead-Songzeilen geqoutet und ich staune, wie großartig, sogar poetisch sie sind. Sie zeigen das pure Leben. Das hat echte Größe!

Und es werden nicht unbedingt nur die bekanntesten Motorhead-Songs erwähnt sondern auch ein paar spezielle wie Emergency, Back at the Funny Farm, I Dont believe a word, Love me Forever, Till the end, Love me like a reptile usw.

Das Buch ist Fun pur und ein großer Spaß für Motörköpfe und Snaggletooth, aber es zeigt auch einen Freiheitsdrang einer ostdeutschen Jugend und das hat mich beeindruckt.

Veröffentlicht am 03.10.2021

Die inneren Monologe

Das Archiv der Gefühle
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Ein neuer Roman des Schweizer Schriftsteller Peter Stamm weckte natürlich mein Interesse. Peter Stamms ruhiger Stil, sein lakonischer Tonfall und sein Erzählgeschick lassen Das Archiv der Gefühle zu einem ...

Ein neuer Roman des Schweizer Schriftsteller Peter Stamm weckte natürlich mein Interesse. Peter Stamms ruhiger Stil, sein lakonischer Tonfall und sein Erzählgeschick lassen Das Archiv der Gefühle zu einem besonderen, wenn auch ungewöhnlichen Roman werden. Eigentlich ist es wie ein Ein-Mann-Stück.
Der Archivar ist halbfreiwillig ein Einsiedler, der sich in der Stille seines einsamen Hauses dem Sammeln und Ordnen widmet und sich seinen Erinnerungen hingibt. Dabei ist die melancholische Stimmung, die vom Protagonisten ausgeht, spürbar.
Diese Erinnerungen umfassen schließlich auch sein Kindheit und Jugend und vor allen seine Liebe zur Jugendfreundin Franziska.
Mit ihr, die ein bekannte Sängerin wurde, steht er fast durchgängig im inneren Monolog, obwohl sie sich seit mehr als 30 Jahren nicht mehr gesehen haben.
Es gibt einige bemerkenswert ausformulierte Sätze im Roman, die Peter Stamm gut gestaltet hat. Es wird ein Roman, den man nicht so schnell vergessen wird. Vielleicht sein bestes Buch!