Aufbruch in ein neues Leben
OMBRAWas macht man und wie ist einem zumute, wenn man dem Tod noch einmal von der Schippe gesprungen ist? Hier erfahren wir, wie es dem Autor erging, der nach einer schweren Herz-OP mit nachfolgenden Komplikationen ...
Was macht man und wie ist einem zumute, wenn man dem Tod noch einmal von der Schippe gesprungen ist? Hier erfahren wir, wie es dem Autor erging, der nach einer schweren Herz-OP mit nachfolgenden Komplikationen noch tagelang im Koma lag und nach dem Aufwachen alles, selbst die elementarsten Dinge, noch einmal lernen musste. Dass ich als Leserin mehr darüber berichte, würde zu weit führen – das sollten wir dem Autor selbst überlassen und sein Buch lesen.
Darüber erzählen kann er, wenn zunächst auch etwas widerwillig. Ortheil nimmt den Leser mit, erzählt, schweift ab, erzählt etwas anderes, um dann den Faden wieder aufzunehmen und mit dem ursprünglich Erzählten fortzufahren – einfach großartig. Wir sind mit ihm in der Reha, erleben mit, wie er sich anfangs dagegen sträubt und freuen uns mit ihm über die ersten Fortschritte. Wir erfahren auch von seinem „ersten, seinem vorigen“ Leben und sind dabei, wie er sich dieses Schritt für Schritt zurück erobert. Dass er dabei nicht immer voller Begeisterung ist, liegt wohl in der Natur des Menschen. Dass man dabei auch Verstorbene, wie z.B. die Eltern oder Siegmund Freud, zu Hilfe ruft und mit ihnen spricht, empfand ich ganz natürlich.
Zur Vita des Autors: Hanns-Josef Ortheil wurde 1951 in Köln als fünfter Sohn seiner Eltern geboren. Während des Zweiten Weltkriegs und in den ersten Nachkriegsjahren starben vier der zuvor geborenen Söhne, wodurch Ortheils Mutter verstummte und auch er selbst erst im Alter von sieben Jahren zu sprechen begann. Er bekam eine pianistische Ausbildung, studierte Kunstgeschichte, Germanistik und Philosophie in Göttingen, Paris und Rom und promovierte 1976 an der Universität in Mainz. Nach verschiedenen Anstellungen an deutschen Universitäten wurde er 2009 zum Direktor des neu gegründeten Instituts für Literarisches Schreiben in Hildesheim berufen. Ortheil gehört seit vielen Jahren zu den meistgelesenen deutschen Autoren der Gegenwart. Sein umfangreiches Werk wurde mit vielen Preisen ausgezeichnet, seine Romane wurden in über zwanzig Sprachen übersetzt. In seinem Buch Ombra – Roman einer Wiedergeburt, das im Oktober 2021 erschienen ist, verarbeitet der Autor seine Empfindungen nach der Herz-OP mit anschließenden Komplikationen und seine Erlebnisse als ambulanter Patient einer Reha-Klinik.
Ich bin bei diesem Buch vielleicht etwas zu enthusiastisch, da mein Vater vor seinem Tod einen ähnlichen Prozess durchmachte, letztendlich aber nicht so viel Glück hatte wie der Autor. Deshalb freue ich mich umso mehr, dass für Hanns-Josef Ortheil bisher alles gut verlief und wir hoffentlich noch einige interessante Bücher und Romane von ihm erwarten dürfen.
Fazit: Interessantes, lesenswertes Buch – zu kritisieren wäre allenfalls, dass der Autor seiner Literatur und seinem Können bisweilen etwas zu viel Bedeutung beimisst.