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Veröffentlicht am 04.10.2021

"Weit ist der Weg vom Ohr zum Herzen, aber noch weiter ist der Weg zu den helfenden Händen." (Josephine Baker)

Josephine Baker und der Tanz des Lebens (Ikonen ihrer Zeit 3)
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1925 New York. Unter schwierigsten Bedingungen in einem Schwarzenviertel in East St. Louis aufgewachsen und einen Brandanschlag nur knapp überlebt, arbeitet die 19-jährige Josephine in einem Nachtclub ...

1925 New York. Unter schwierigsten Bedingungen in einem Schwarzenviertel in East St. Louis aufgewachsen und einen Brandanschlag nur knapp überlebt, arbeitet die 19-jährige Josephine in einem Nachtclub als Background-Tänzerin. Sie hofft auf die große Karriere und die Chancen stehen nicht schlecht, als sie von der Französin Caroline Regen entdeckt und für eine Show in Paris engagiert wird, wo sie schon bald ein gefeierter Tanzstar in der „Revue Nègre“ ist. Je mehr Erfolg Josephine hat, umso exzentrischer ist ihr Lebensstil und vor allem ihr Lebenswandel. Während sie in den Hauptstädten Europas auf der Bühne umjubelt wird, gibt es auch laute Stimmen über den Moral- und Sittenverfall. Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs stellt Josephine vor neue Herausforderungen, denn sie lässt sich nicht nur von der Résistance anwerben, um die Deutschen zu bespitzeln, sondern tritt vor Soldaten in Marokko auf, um diese zu unterstützen. Doch egal, wo sie auftritt oder lebt, sie muss immer wieder gegen den Rassismus kämpfen, der ihr tagtäglich entgegenschlägt, vor allem in ihrem Heimatland USA…
Juliana Weinberg hat mit Romanen von starken Frauen schon mehrmals bewiesen, dass sie ihr Handwerk versteht. So ist es auch diesmal bei ihrem Buch „Josephine Baker und der Tanz des Lebens“, der sich mit dem Leben und Wirken der schillernden Tänzerin beschäftigt und dem Leser ganz tiefe Einblicke gewährt. Der flüssige, bildhafte und einfühlsame Erzählstil erlaubt dem Leser, sich von frühester Jugend an Josephine zu nähern und ihren Werdegang hautnah mitzuerleben. Schnell springt das Kopfkino an, lässt den Brand im Armenviertel ebenso vor dem inneren Auge vorbeiziehen wie Josephines Auftritte in dem kleinen Club in New York oder ihren sagenumworbenen Tanz an vorderster Front in der Pariser Revue. Während der Leser all dies aufsaugt, wird er auch immer wieder damit konfrontiert, was Josephine aufgrund ihrer Hautfarbe aushalten muss. Im der eigenen Heimat hat sie als farbige Frau große Probleme, ein Hotel zu betreten, obwohl sie bereits ein Weltstar ist. Der Kampf gegen die ständigen Ausgrenzungen und gegen den Rassismus ist das wirkliche Lebensziel von Josephine, bei dem sie immer wieder ihren Mut unter Beweis stellt und sich selbst in Gefahr bringt, vor allem während des Zweiten Weltkrieges. Als Tänzerin umschwärmt, als Privatperson aufgrund ihres exzentrischen Lebensstils misstrauisch beäugt und vor allem vorverurteilt, schafft sie sich ihre eigene Familie mit vielen Adoptivkindern und jeder Menge Tiere. Je mehr man über diese faszinierende Frau erfährt, umso mehr wünscht man sich, ihr einmal persönlich begegnen zu dürfen, um ihre Hingabe und ihren vehementen Kampf sowie ihr Tanztalent selbst in Augenschein zu nehmen. Die Autorin hat eine akribische Recherche betrieben und den historischen Hintergrund wunderbar mit ihrer Geschichte verknüpft, in der Fiktion und Realität geschickt eine Symbiose eingehen und den Eindruck vermitteln, genauso ist es gewesen!
Josephine war eine Frau, die sich in jungen Jahren gerade so über Wasser hielt. Als sich der erträumte Erfolg einstellt, wird sie zum ersten Mal richtig wahrgenommen und verdient viel Geld. Ruhm steigt manchem zu Kopf, so wird auch sie als exzentrisch und egoistisch bezeichnet, doch eigentlich lebt sie nur ihren Traum, wobei sie Abstriche in punkto Anerkennung machen muss. Doch die ist ihr wesentlich wichtiger, sie will akzeptiert werden, so wie sie ist. Ihre Kämpfe ficht sie offen aus, dabei beweist sie nicht nur eine scharfe Zunge, sondern auch ein Herz für all jene, die unter Repressalien, Verfolgung und Ausgrenzung leiden und reiht sich ein in die Liste derjenigen, die für Rechte und Freiheit kämpften.
„Josephine Baker und der Tanz des Lebens“ ist ein ausgezeichnetes biografisches Portrait einer faszinierenden Frau, die nicht nur als Künstlerin herausragend war. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 03.10.2021

"Das Wort Familienbande hat einen Beigeschmack von Wahrheit." (Karl Kraus)

Die Blankenburgs
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1929 Frankfurt. Die Blankenburgs stehen für eine alteingesessene Porzellandynastie, die mit ihrem weißen Gold viel Geld verdient. Doch der Börsencrash am schwarzen Freitag bringt das Imperium kräftig ins ...

1929 Frankfurt. Die Blankenburgs stehen für eine alteingesessene Porzellandynastie, die mit ihrem weißen Gold viel Geld verdient. Doch der Börsencrash am schwarzen Freitag bringt das Imperium kräftig ins Wanken, erst bringt sich Elises Ehemann Richard um, weil er das Vermögen der Familie verspekuliert hat. Als sich auch noch das Familienoberhaupt, der Patriarch Aldamar aus dem Leben stiehlt, bleibt die Verantwortung über das Schicksal des Unternehmens an den Schwestern Elise und Ophelié hängen, die schon seit Kindertagen erbitterte Gegnerinnen sind und nun auch noch wegen dem Erbe im Clinch liegen. Elise hat keinerlei Geschäftssinn, und Ophelié ist mit einem französischen Lebemann verheiratet, der zwar wohlhabend ist, aber Frankreich nie wieder betreten darf. Plötzlich steht auch noch Tante Arabella auf der Türschwelle und gibt sich die Klinke in die Hand mit dem unehelichen Sohn von Otto Blankenburg, Tankred Schamitzke, der ebenfalls seinen Teil vom Erbe beansprucht. Ausgerechnet Arabella hat die zündende Idee, eine Fusion mit dem bisher verfeindeten Unternehmen von Isaac Löwenkind einzugehen. Allerdings erhalten gerade die Nazis in Deutschland genügend Auftrieb, so dass es nicht nur für Löwenkind brenzlig wird…
Eric Berg hat mit „Die Blankenburgs“ ein historisches Familienepos vorgelegt, das mit Intrigen und Streitigkeiten vor dem Hintergrund des erstarkenden Nationalsozialismus in Deutschland gut zu unterhalten weiß. Mit flüssigen, farbenfrohen und humorigen Erzählstil lässt der Autor, der normalerweise eher durch seine Kriminalromane bekannt ist, den Leser ins 19. Jahrhundert reisen, um dort in die Residenz der Blankenburgs einzuziehen und sich den Befindlichkeiten der einzelnen Familienmitglieder zu stellen. Dort gibt es nicht nur genügend Aufregung durch die Fehlspekulationen, die das Porzellanimperium monetär zum Kippen bringen, auch die beiden feigen Freitode setzen den Rest der Familie gehörig unter Druck, den Status Quo wegen des Rufs nach außen aufrecht zu erhalten, während man unter sich die Messer wetzt. Sowohl Elise als auch Ophelié haben aufgrund ihrer eigenen Fehde keinen klaren Kopf, da ist es geradezu ein Glücksfall, dass die umtriebige und forsche Arabella die Zügel in die Hand nimmt, um die Geschicke wieder in normale Bahnen zu bringen. Doch gerade das politische Klima und der undurchsichtige Neuverwandte Tankred mit seinen anrüchigen Freunden bringen die Familie, vor allem aber den neuen Geschäftspartner schon bald in neue, unvorhersehbare Schwierigkeiten, weil sie sich dem braunen Sumpf der Nazis anschließen. Der Autor hat den historischen Hintergrund sehr gut recherchiert und diesen mit seiner Handlung wunderbar verwebt, so dass der Leser sich in der damaligen Realität wiederfindet. Ergänzt wird dieser opulente Schmöker eingangs zudem mit einer Familientafel, so dass man alle Verbindungen untereinander sehr gut nachvollziehen kann und deren Geheimnisse peu-à-peu ans Tageslicht fördert.
Die Charaktere sind facettenreich und lebendig gezeichnet, sie wirken durchweg authentisch und realitätsnah. Es wird dem Leser leicht gemacht, sich seinen Favoriten herauszupicken, während er die Geschicke der einzelnen Protagonisten verfolgt. Elise wirkt wie ein ängstliches Häschen, das sich nie entscheiden kann und immer geführt werden will, während ihre Schwester Ophelié eher Haare auf den Zähnen hat und partout ihren Willen durchsetzen will. Arabella ist durchsetzungstark, clever und behält die Contenance. Tankred ist ein schmieriger Typ, der sich anbiedert und die Hand aufhält. Isaac Löwenstein ist ein zurückhaltender Mann mit Geschäftssinn. Aldamar war ein lauter, unbarmherziger Klotz, dem niemand eine Träne nachweint.
„Die Blankenburgs“ ist ein wunderbarer Schmöker voller Intrigen, Familienfehden, Liebe und Verlust vor der Kulisse des Nationalsozialismus. Sehr unterhaltsam und mit Kopfkinogarantie! Absolute Leseempfehlung!!!

Veröffentlicht am 03.10.2021

„Ich liebe den Verrat, aber ich hasse Verräter.“ (Gaius Julius Caesar)

Verrat in Colonia
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260 n. Chr. Die Sklavin Invita begleitet ihre Herrin Marcella, Tochter des römischen Statthalters von Trier, nach Colonia. Zu ihrer kleinen Reisegruppe gehören auch der alemannische Sklave Flavus und der ...

260 n. Chr. Die Sklavin Invita begleitet ihre Herrin Marcella, Tochter des römischen Statthalters von Trier, nach Colonia. Zu ihrer kleinen Reisegruppe gehören auch der alemannische Sklave Flavus und der Finanzprokurator. Unterwegs werden sie überfallen und ausgeraubt, können jedoch gerade noch rechtzeitig von römischen Truppen unter der Leitung von Centurio Mucius Longinus gerettet werden, die sie nach Colonia bringen. Bei einem heimlichen Treffen zwischen Invita und Flavus im Badehaus findet Flavus einen hohen Beamten schwer verletzt, der bald darauf seinen Verletzungen erliegt. Flavus rückt als Verdächtiger in den Fokus des mit den Ermittlungen betrauten Centurio Mucius Longinus und wird verhaftet. Invita setzt alles daran, die Unschuld ihres Geliebten zu beweisen, um ihn vor dem Tod zu bewahren. Dabei sticht sie mit ihren eigenen Nachforschungen schon bald in ein Wespennest…
Maria W. Peter hat mit „Verrat in Colonia“ den vierten historischen Kriminalfall um ihre Sklavin Invita vorgelegt, in dem diese wieder auf eigene Faust ermittelt. Mit flüssigem und bildhaftem Erzählstil lädt die Autorin den Leser zu einer sehr unterhaltsamen und spannenden Zeitreise ein, um sich im 3. Jahrhundert n. Chr. zur Zeit der Römer in Germanien an der Seite der Sklavin Invita wiederzufinden und diese bei ihrer abenteuerlichen Ermittlungsarbeit zu unterstützen. Die farbenprächtige Erzählkunst von Peter hat Sogwirkung, so dass während der Lektüre automatisch das Kopfkino anspringt und man vor dem inneren Auge alles wie einen Film ablaufen sieht. Der akribisch recherchierte historische Hintergrund ist wunderbar mit der Handlung verwoben und beschert dem Leser nicht nur einen spannenden und gut durchdachten Kriminalfall, sondern gibt auch einen anschaulichen Einblick in die damaligen politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse. Das riesige römische Reich bekommt Risse, immer öfter setzen sich Aufständische und Barbaren durch, die mit ihren Überfällen für Unruhe sorgen. Intrigen und Verrat innerhalb der höchsten Stellen machen Invitas Recherche schwierig und bringen sie selbst in Gefahr, niemandem ist mehr zu trauen. Stück für Stück sammelt der Leser gemeinsam mit der Sklavin die Puzzlesteine zusammen, um den Mord aufzuklären und so Flavus‘ zurück in die Arme von Invita zu bringen. Spannend und unvorhersehbar bis zum Ende hält die Autorin den Leser in Atem und zieht die Schlinge langsam zu.
Die Charaktere sind liebevoll und detailliert ausgestaltet, bestechen mit glaubwürdigen menschlichen Eigenheiten und lassen den Leser ganz nah an sich heran, der sich ihnen sofort an die Fersen heftet. Invita ist eine eigenwillige, intelligente, gebildete und dickköpfige Frau, die sich für andere einsetzt und hartnäckig ihre Ziele verfolgt. Mit ihrer Herrin Marcella verbindet sie eher ein freundschaftliches und vertrauensvolles Verhältnis. Mucius Longinus ist ein umsichtiger und empathischer Mann, der den Dingen auf den Grund geht und seinem Gespür folgt. Flavus ist ein warmherziger junger Mann, der diesmal einfach ziemliches Pech hat. Und Figuren wie Licinus Salonius oder Silvanus sollte man genauer unter die Lupe nehmen, sie sind nicht gerade das, was sie zu sein vorgeben.
„Verrat in Colonia“ ist wieder ein sehr gelungener, spannender historischer Kriminalfall, den es gemeinsam mit Invita zu ermitteln gilt. Eine wunderbare Hintergrundrecherche sowie eine fesselnde Geschichte machen diesen Roman wieder einmal zu einem Hochgenuss! Absolute Leseempfehlung – diese Serie ist unvergleichlich!!!

Veröffentlicht am 02.10.2021

Liebesknistern unter mallorquinischer Sonne

Inselliebe und Meer
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Liz muss sich schweren Herzens eingestehen, dass ihr kleiner Feinkostladen in Berlin vor dem Ruin steht. Sie weiß noch nicht, wie es weitergehen soll, da kommt ihr Großonkel mit einer Bitte auf sie zu, ...

Liz muss sich schweren Herzens eingestehen, dass ihr kleiner Feinkostladen in Berlin vor dem Ruin steht. Sie weiß noch nicht, wie es weitergehen soll, da kommt ihr Großonkel mit einer Bitte auf sie zu, sich um die alte Familienfinca auf Mallorca zu kümmern. Liz hat noch nie von der Finca gehört und da sie gerade nichts Besseres zu tun hat, siegt ihre Neugier und lässt sie die Reise antreten. Die spanische Insel mit ihrer wunderschönen Vegetation sowie ihre Bewohner nehmen Liz sofort für sich ein. Die anfänglich eher ernüchternde Begegnung mit dem Olivenbauern Cristian schlägt bei Liz schon bald ins Gegenteil um, denn Cristian ist trotz seiner Zurückhaltung ein hilfsbereiter Mann, der andere mit Kräften unterstützt. Recht bald fühlt Liz bei Cristians Anblick Schmetterlinge im Bauch, doch irgendwas liegt dem Mann auf der Seele…
Anja Saskia Beyer hat mit „Inselglück und Meer“ einen unterhaltsamen Liebesroman vor der malerischen Kulisse der spanischen Sonneninsel Mallorca und damit gleichzeitig den Auftakt für ihre neue Reihe vorgelegt. Der eingängige, farbenfrohe und gefühlsbetonte Erzählstil lädt den Leser zu einem Kurztrip der romantischen Art ein. Gemeinsam mit Hauptprotagonistin Liz geht es vom lauten Berlin Richtung Mallorca, wo das südländische Flair einen rasch einfängt. Während man sowohl Einlass in Liz‘ als auch in Cristians Gedanken- und Gefühlswelt erhält und sich daran macht, das Geheimnis der Familienfinca zu lüften, fühlt man sich gleichzeitig wie auf einer Urlaubsreise aufgrund der schönen Landschaftsbeschreibungen und der warmherzigen spanischen Lebensart. Wunderschöne Olivenhaine, blühende Strelitzien, salziger Meereswind und der Duft von Kräutern lassen das Herz höher schlagen, wenn man mit Liz über die Insel stromert. Die eingebundene Romanze ist das Salz in der Suppe und verwandelt die Geschichte in einen Wohlfühlroman der besonderen Art, dem es auch nicht an Spannungs- und Überraschungsmomenten fehlt, für die nicht nur Cristian mit seiner geheimnisvollen Art sorgt. Und ganz nebenbei darf der Leser auch noch so manch kulinarisches Highlight entdecken, dessen Rezept am Ende des Buches zum Nachahmen geradezu herausfordert.
Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet und lebendig in Szene gesetzt. Menschliche Ecken und Kanten lassen sie glaubwürdig und authentisch wirken, so dass der Leser sich schnell in ihrer Mitte wiederfindet und ihnen auf Schritt und Tritt folgt, um alles hautnah mitzuerleben. Liz ist eine sympathische Frau, warm- und gutherzig, freundlich und fast schon zu hilfsbereit. Cristian dagegen wirkt erst abweisend und kühl, doch wenn man erst einmal hinter seine Fassade geblickt und sein Geheimnis ergründet hat, versteht man ihn viel besser. Er besitzt Charme und hat ein großes Herz, das erobert werden will, wenn die Hürden beseitigt sind. Aber auch so einige Inselbewohner nisten sich im Herz des Lesers ein, einer davon ist ein Esel namens Picasso.
„Inselglück und Meer“ versprüht nicht nur Wohlgefühl, Romantik und Urlaubsfeeling, sondern weiß auch mit Geheimnissen und ernsten Themen wie Freundschaft und Familienbande gut zu unterhalten. Also ab auf die Couch und „bitte nicht stören“-Schild aufstellen, denn diese Bücherseiten kleben nur so an den Leserhänden. Absolute Leseempfehlung für eine Kurzurlaub der besonderen Art!

Veröffentlicht am 26.09.2021

Überlebenskampf zweier Schwestern in der Nachkriegszeit

Der schwarze Winter
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1946. Der Zweite Weltkrieg ist endlich beendet, doch nun beginnt die eigentliche Herausforderung für die besiegte Bevölkerung Deutschlands, denn der Mangel an allem Lebensnotwendigen, Hunger und erbarmungslose ...

1946. Der Zweite Weltkrieg ist endlich beendet, doch nun beginnt die eigentliche Herausforderung für die besiegte Bevölkerung Deutschlands, denn der Mangel an allem Lebensnotwendigen, Hunger und erbarmungslose Kälte fegt durch das Land. Die Schwestern Silke und Rosemarie Bensdorf sind auf einem Bauernhof untergebracht, wo sie von morgens bis abends den Repressalien des Eigentümerehepaars unterwerfen müssen. Als der Bauer dann Rosemarie auch noch an die Wäsche will, flüchten die beiden Schwestern nach Hamburg, um sich dort auf Arbeitssuche zu begeben und sich irgendwie durchzuschlagen, vor allem aber ihre kleine Schwester wiederzufinden. Doch die Hansestadt ist völlig ausgebombt, und die britischen Besatzer erlauben niemandem mehr den Zugang zur Stadt. So sind die zwei gezwungen, sich über den Schwarzmarkt mit dem Nötigsten zu versorgen, obwohl auch das ein Glücksspiel ist. Ein einigermaßen sicherer Schlafplatz, die Begegnung mit dem Schwarzmarkthändler Egon Tönnes und Hans Meiser sowie ihr unermüdlicher Überlebenswille lässt sie bald Erfolg haben auf dem Schwarzmarkt, der es ihnen ermöglicht, schon bald eine Bar zu führen. Aber der Ärger ist schon vorprogrammiert…
Clara Lindemann hat mit „Der schwarze Winter“ einen sehr unterhaltsamen, aber auch berührenden historischen Roman vorgelegt, der sich intensiv mit den ersten Nachkriegsjahren und dem Leben der damaligen Bevölkerung beschäftigt. Der flüssige, bildgewaltige und gefühlvolle Erzählstil schleust den Leser sofort ins vergangene Jahrhundert, wo er sich mit den Schwestern Rosemarie und Silke vor großen Herausforderungen sieht, die es zu bewältigen gilt. Lindemann bedient sich einer bildreichen, aber auch spannenden Schilderung der damaligen Lebensumstände, denen sich die Menschen nach dem Krieg gegenüber sahen. Einer der härtesten Winter muss durchgestanden werden, während die Lebensmittel sehr knapp sind, alles in Trümmern liegt und kaum Heizmaterial zu kriegen ist. Unterkünfte sind schwer zu bekommen, zudem ist die Bevölkerung der Willkür der Besatzer ausgesetzt, sie müssen sich selbst helfen, und dabei ist sich jeder selbst der nächste. Der Schwarzmarkt ist zwar verboten, treibt aber weitreichende Blüten und nicht wenige vertauschen hier ihr letztes Hab und Gut für einen alten Kanten Brot. Die Not der Menschen spaltet sie auch in zwei Lager: in die, die geschäftstüchtig und hart genug sind und diejenigen, die sich kaum zu wehren wissen und am Leben verzweifeln. Wunderbar fügt Lindemann ihre Protagonisten in diese sehr düstere Kulisse ein und jagt den Leser dabei durch ein wahres Gefühlsbarometer, denn auch die beiden Schwestern haben ihre ganz eigenen Päckchen zu tragen, während sie sich in Hamburg durchschlagen und das Elend mit jeder Pore spürbar ist.
Die Charaktere sind lebendig inszeniert, bestechen durch glaubwürdige Ecken und Kanten, wodurch sie den Leser schnell an sich binden, der ihnen nicht von der Seite weicht, bis die letzte Seite gelesen ist. Silke und Rosemarie sind so gegensätzlich wie Feuer und Wasser. Silke handelt eher pragmatisch und überlegt, wägt alles ab, zeigt Willensstärke und Durchsetzungskraft. Sie hadert damit, sich dem NS-Regime zugewandt zu haben und muss mit sich erst einmal ins Reine kommen. Rosemarie dagegen ist den Nazis nie auf den Leim gegangen, sie wirkt unbeschwerter und vorlaut, vor allem aber sehr stur und rechthaberisch. Friseur Hans Meiser ist ein gewieftes Schlitzohr, er hortet alles, was sich verkaufen lässt. Ebenso können Schwarzhändler Egon Tönnes und Gustav überzeugen.
„Der schwarze Winter“ überzeugt mit farbenfrohem Schreibstil und einer unterhaltsamen Geschichte vor historischem Hintergrund, in deren Mittelpunkt zwei starke Frauen ums Überleben kämpfen. Absolute Leseempfehlung!