So lange sie tanzen
Ada Friedberg ist eine alte Dame, die sich von nichts und niemandem unterkriegen lässt, nicht einmal vom plötzlichen Tod ihres über alles geliebten Mannes Hans. Sie vermisst ihn schmerzlich, aber sie muss ...
Ada Friedberg ist eine alte Dame, die sich von nichts und niemandem unterkriegen lässt, nicht einmal vom plötzlichen Tod ihres über alles geliebten Mannes Hans. Sie vermisst ihn schmerzlich, aber sie muss sich schließlich um ihren Boxer Hemingway kümmern. Der Hund verleiht ihrem Alltag nicht nur Freude, sondern auch Struktur und Orientierung, was dringend nötig ist, denn Ada wird allmählich vergesslich und bringt immer mehr durcheinander.
Doch dann findet sie einen neuen Zeitvertreib, für den sie lediglich ein Fernglas und ihren gemütlichen Platz am Fenster ihres Wohnzimmers benötigt. Von dort aus beobachtet sie die Leute in ihrer Nachbarschaft. Als sie eines Tages beim abendlichen »Fernsehen« in einem alten Haus ein tanzendes Paar entdeckt, erinnert sie dieser Anblick an die erste Zeit ihrer großen Liebe zu Hans. Abend für Abend kehrt sie nun zu den beiden Tänzern zurück. Während die Vergangenheit erwacht, verschwimmt die Gegenwart mehr und mehr, doch das tanzende Paar gibt Ada Halt. Solange sie tanzen …
„Solange wir tanzen“ durfte ich vor der Veröffentlichung lesen, dafür ein ganz großes Dankeschön an Barbara Leciejewski. Meine Meinung zum Buch hat dies natürlich nicht beeinflusst.
Was soll ich sagen? Ich kann nicht annähernd beschreiben, welche Gefühlsachterbahn ich mit dieser Geschichte erlebt habe! Es ist eine sehr, sehr emotionale Kost.
Der Schreibstil hat alle Facetten in sich vereint: fesselnd von der ersten Seite an, humorvoll, bildhaft, spannend, gefühlvoll.
Wir haben es hier mit der über achtzigjährigen Ada zu tun, die ihr Leben ohne ihren geliebten Hans bewerkstelligen muss, doch Ada hat schon immer mit beiden Beinen im Leben gestanden und wird dies auch weiterhin tun. Wenn sie auf einmal nur nicht so vergesslich würde. Es fängt mit banalen Sachen an, nach und nach werden die Lücken immer größer und Panik breitet sich in ihr aus. Ruhe und Gelassenheit findet sie abends daheim, wenn sie von ihrem Wohnzimmerfenster die Nachbarn beobachtet, vor allem jenes neue Paar, welches in „ihr altes Haus“ gezogen ist und jeden Abend tanzt. Tanzen hat für Ada eine symbolische Bedeutung und alles ist gut, solange sie tanzen…
Barbara Leciejewski ist mit Ada eine so wundervolle, authentische Hauptprotagonistin gelungen. Ich habe sie von Anfang an in mein Herz geschlossen. Habe mit ihr gelacht und geweint. In zwei Zeitebenen lernen wir die junge Ada kennen und ihren geliebten Hans, wie sie Ende der Fünfziger Jahre um ihre Liebe kämpfen, ihr weiteres Leben, bei dem nicht nur die Sonne schien. Des Weiteren erleben wir Ada im hier und jetzt, als ihre Vergesslichkeit ungeahnte Ausmaße annimmt. Der Handlungsverlauf ist aber auch nicht durchgehend traurig und deprimierend, sondern auch voller Hochgefühl und vielen humorvollen Szenen. Ada hat einen herrlichen trockenen Humor und der Umgang und Zusammenhalt mit der Familie, mit ihren Kindern hat mir sehr gefallen, man muss nicht immer einer Meinung sein, um sich trotzdem zu verstehen.
Ada’s plötzliche Krankheit bzw. deren Symptome hat Barbara Leciejewski hier sensibel einfließen lassen. Es war sehr gekonnt beschrieben, wie diese Krankheit sich eingeschlichen hat, wie es ist aus Sicht des Betroffenen. Ada’s Gedankengänge konnte ich absolut nachvollziehen, wie sie sich dagegen wehrt und um ihre Selbständigkeit kämpft. Und was hier sehr gut rübergekommen ist, Ada war nicht alleine, ihre Kinder und deren Familien haben es geschafft, trotz eigenem Leben, Beruf etc., Ada zu unterstützen und für sie da zu sein.
„Solange sie tanzen“ ist ein wunderbarer Roman, der von mir inkl. Fünf Sternen eine klare Kaufempfehlung bekommt.