Wenn man an Geschichten denkt, die in Waisenhäusern oder Kinderheimen spielen, dann hat man als Erstes doch irgendwie immer ein ganz anderes Jahrhundert und eher grausige Zustände im Sinn. Genau deshalb hatte ich eine solche Geschichte auch in "Der Himmel über Appleton" erwartet.
Doch schon auf den ersten Seiten wurde ich eines Besseren belehrt und positiv überrascht, denn die Geschichte spielt in den 1980er Jahren in London.
Ira, die eigentlich Miracle heißt, aber nicht gerne so genannt wird, weil sie mit ihren 10 Jahren schon lange nicht mehr an Wunder glaubt, und ihr Bruder Zac sind es gewohnt von einer Pflegefamilie zur Nächsten zu ziehen.
Als die aktuellen Pflegeeltern sich nicht mehr kümmern können, kommen sie ins "Skilly House". Ein Londoner Kinderheim.
Dort ist es aber wider Erwarten gar nicht so schrecklich, wie man als Leser im Vorfeld vielleicht befürchtet hat.
Die Kinder leben sich recht schnell ein, erfahren durch die Betreuerin Hortense und den Hausmeister Silas so etwas wie Familie und Liebe, sie schließen eine eigentümliche Art von Freundschaft mit den anderen Kindern.
Eigentümlich deshalb, weil man sein Herz besser nicht an Kinder hängt, die das Skilly House irgendwann sowieso wieder verlassen.
Und das tun sie. Scharenweise. Ira und Zac müssen lange Zeit zusehen, wie Kinder Kommen, aber vor allem Gehen, neue Familien, ein Heim und Geborgenheit erfahren.
Das tut weh, besonders Ira, denn auch sie wünscht sich einen Ort den sie ihr Zuhause nennen kann. Doch Geschwister zu vermitteln ist schwierig und Ira und Zac sind sich einig, das sie sich niemals voneinander trennen werden.
Als sie die Nachricht bekommen, das sie in die Ferien fahren dürfen und dort bei einer Frau namens Martha in einem Haus namens Appleton House wohnen, sind sie begeistert, aber auch ängstlich. Besonders Ira. Was geschieht, wenn sie sich nicht benehmen ? Wenn sie etwas versehentlich kaputtmachen ?
Zunächst läuft alles prima, doch dann leistet sich Zac einen fatalen Schnitzer, der ihr Glück gefährden könnte...
"Der Himmel über Appleton House" ist wie all seine königlichen Brüder und Schwestern ein ganz besonderer Schatz.
Es ist eine Geschichte über Hoffnung und Träume und über den Wunsch von Zugehörigkeit, aus dem Blickwinkel eines Kindes, das sich nichts sehnlicher wünscht als glücklich zu sein, sich geborgen zu fühlen und ein richtiges Zuhause zu haben.
Erzählt wird die Geschichte komplett aus Iras Sicht. Sie beginnt mit einem kurzen Vorwort das sie als erwachsene Frau verfasst hat, die auf die Zeit in Skilly House zurückblickt und wird dann zum Tagebuch einer 10-jährigen, die uns an ihrem Alltag im Kinderheim teilhaben lässt.
Die Kapitel sind recht kurz und der Schreibstil ist sehr kindlich gehalten, es wird nichts unnötig ausgeschmückt, was das Ganze noch authentischer für mich machte.
Mit Ira fühlte ich mich sehr verbunden, ich konnte mich gut in sie hineinfühlen und ihre Emotionen nachvollziehen. Sie ist ein tolles Mädchen, hat Talent zum Schreiben und Malen. Zacs Glück steht für sie immer im Vordergrund, wodurch sie für ihr Alter schon viel zu erwachsen und reif erscheint. Das sollte kein Kind sein.
Zac ist weniger ernst als Ira, aber die macht sich ja auch so viele Sorgen, das er sich eigentlich keine mehr zu machen braucht. Er ist ein absoluter Wildfang und sobald er nach draußen kommt, nicht mehr zu bremsen. Reden allerdings ist nicht so seine Stärke. Da wirkt er eher scheu und zurückhaltend.
Und dann ist da noch Martha. Martha ist einfach nur großartig, aber das solltet ihr beim Lesen selbst erleben :)
Bevor ich zum Fazit komme, möchte ich noch kurz vom Cover schwärmen.
Es ist so wunderbar stimmig und passt perfekt zur Geschichte. Eine besondere Überraschung erlebe ich bei den Königskindern außerdem immer dann, wenn ich sie aus ihren bezaubernden Schutzumschlägen befreie, denn darunter kommt immer ein ganz toll bedrucktes Buch zum Vorschein.
Im Fall von "Der Himmel über Appleton House" ist es der Blick in die Baumkrone durch die die Sonne blinzelt. Wunderschön.
Fazit:
"Der Himmel über Appleton House" von S.E.Durrant ist ein wundervolles, harmonisches Königskind. Eine wunderbar authentisch erzählte Geschichte, voller Hoffnung und dem Wunsch nach Glück und Zugehörigkeit.