Cover-Bild Wer die Nachtigall stört ...
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inkl. MwSt
  • Verlag: ROWOHLT Taschenbuch
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: Klassisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 464
  • Ersterscheinung: 22.07.2016
  • ISBN: 9783499271571
  • Empfohlenes Alter: ab 14 Jahren
Harper Lee

Wer die Nachtigall stört ...

Claire Malignon (Übersetzer)

Amerika in den 30er Jahren .  Die Geschwister Scout und Jem Finch wachsen in einer äußerlich idyllischen Welt heran: im Örtchen Maycomb, Alabama, inmitten weißer Villen und tropischer Bäume. Erzogen von ihrem Vater Atticus, einem menschenfreundlichen Anwalt. Doch die Idylle trügt, durch die alte Gesellschaft des Südens ziehen sich tiefe Risse: zwischen Schwarz und Weiß, zwischen Arm und Reich. Als Scouts Vater die Verteidigung eines schwarzen Landarbeiters übernimmt, der angeblich ein weißes Mädchen vergewaltigt hat, erfährt die Achtjährige staunend, dass die Welt viel komplizierter ist, als sie angenommen hat. Tapfer versucht sie, die demokratischen Gerechtigkeitsideale ihres Vaters gegen alle Anfechtungen hochzuhalten, und gerät selbst in Gefahr …

Unvermindert aktuell: ein Plädoyer für die Gleichheit aller Menschen. Der zeitlose Klassiker über Rassismus und Heldenmut.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2016

Tiefgründige Kindheitserinnerungen

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Das Erscheinen des Vorgängers (oder der Fortsetzung - je nach Definition) „Gehe hin, stelle einen Wächter“ habe ich zum Anlass genommen, dieses Buch endlich mal zu lesen.

Die Handlung ist in den 1930er-Jahren ...

Das Erscheinen des Vorgängers (oder der Fortsetzung - je nach Definition) „Gehe hin, stelle einen Wächter“ habe ich zum Anlass genommen, dieses Buch endlich mal zu lesen.

Die Handlung ist in den 1930er-Jahren in dem amerikanischem Südstaat Alabama angesiedelt. Als Ich-Erzählerin fungiert die zu Beginn 6-jährige Jean-Louise, genannt Scout, die zusammen mit ihrem vier Jahre älteren Bruder Jem eine unbeschwerte Kindheit in der Kleinstadt Maycomb verbringt. Das einzige, worüber sie sich wirklich den Kopf zerbrechen, ist ihr Nachbar Boo Radley, der sein Haus schon seit Jahren nicht mehr verlassen hat.
Doch die Idylle wird jäh getrübt, als Scouts Vater Atticus als Anwalt die Verteidigung des jungen Schwarzen Thomas Robinson übernimmt, dem vorgeworfen wird, ein weißes Mädchen vergewaltigt zu haben. Atticus und seine Kinder sehen sich deswegen diversen Anfeindungen ausgesetzt, die eines Tages beinahe in eine Katastrophe münden.

Dieser Roman lässt das ländliche Alabama zur Zeit der Wirtschaftskrise wiederauferstehen. Dazu trägt bei, dass sämtliche Protagonisten, auch die „Nebendarsteller“ lebendig gezeichnet und authentisch wirken.

Ich konnte mich gut in Scouts eingeschränkten und teilweise naiven Blickwinkel hineinversetzen. Dass hier schwierige Themen wie Gerechtigkeit und Rassendiskriminierung von der Warte eines Kindes aus betrachtet werden, finde ich sehr gelungen.

Obwohl Atticus Tätigkeit als Anwalt und deren Folgen sicher das Hauptthema des Buches sind und die Schilderung des Prozesses gegen Robinson einschließlich der Wirkung, die dieser auf die jungen Zuschauer ausübt, ein Highlight darstellt, enthält die Handlung doch auch viele weitere Facetten.

Natürlich muss man während der Lektüre im Hinterkopf behalten, dass dieses Buch 1960 erschienen ist und in den 1930er Jahren spielt, sodass manche Ansichten, die damals wohl als fortschrittlich galten, heute eher altmodisch anmuten. Nichtsdestotrotz ein lesenswerter Roman, der ein brisantes Thema auf spannende und oft auch amüsante Weise näherbringt.

Veröffentlicht am 16.11.2019

Eine facettenreiche Geschichte mit Herz, Verstand und einer wichtigen Botschaft!

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Wenn man mit echten Klassikern seinen Horizont erweitern will, kommt man an Harper Lees "Wer die Nachtigall stört" nicht vorbei. Die facettenreiche Geschichte, die zugleich Fallbeispiel, Entwicklungsroman ...

Wenn man mit echten Klassikern seinen Horizont erweitern will, kommt man an Harper Lees "Wer die Nachtigall stört" nicht vorbei. Die facettenreiche Geschichte, die zugleich Fallbeispiel, Entwicklungsroman und Beschreibung Amerikas Süden in den 30ern ist, zeichnet ein lebendiges Bild einer Kindheit voller Höhen und Tiefen im Herzen Alabamas und gibt dem Leser einige Lebensweisheiten mit. Den Roman, der der bereits verstorbenen Autorin den Pulitzer Preis bescherte, gibt es mittlerweile in etlichen Editionen, Übersetzungen, in filmischer Umsetzung und als Comic. Doch egal wie man sich die Geschichte zu Gemüte führen will - es lohnt sich!


„Man kann einen anderen nur richtig verstehen, wenn man in seine Haut steigt und darin umherläuft“.


Das Cover meiner neuen Ausgabe aus dem Jahr 2018 zeigt eine bunte Nachtigall mit gespreizten Flügeln und zum Singen geöffneten Schnabel. Durch den grauen Grund mit den weißen Schlieren, die an Äste und Wolken erinnern, kommen die bunten Federn des Vogels besonders gut zur Geltung. Mir gefällt diese Gestaltung sehr gut, da sie gleichzeitig schlicht und aufsehenerregend erscheint und mit dem großen Vogel eines der zentralen Motive der Geschichte wählt: die Nachtigall. Im Kontext der Verhandlung eines Vergewaltigungsfalles und eines scheuen Nachbarsjungen wird die Nachtigall als Symbol der Unschuld verwendet.


Erster Satz: "Das Unglück mit dem Arm passierte kurz vor Jems dreizehntem Geburtstag."


Mit diesem Satz greifen wir bis fast zum Ende der Geschichte vor und bekommen schon den Eindruck, dass etwas passieren wird, bevor wir uns langsam an die Geschehnisse jenes schicksalshaften Sommers annähern. Die junge Ich-Erzählerin Scout, eigentlich Jean Louise Finch, erzählt aus kindlicher Perspektive von Jahren aus Abenteuer, Lernen und Streichen im kleinen Dorf Maycomb bis sich die brutale Wirklichkeit aus Vorurteilen und Rassismus durch eine Gerichtsverhandlung in ihre idyllische Kindheit drängt. Episodenhaft beschreibt sie erste Schultage, das Forschen nach dem Verbleib des Nachbarjungen Boo Radley zusammen mit ihrem Freund Dill und ihrem großen Bruder Jem und gemütliche Abende mit Atticus, ihrem Vater, der mit ihr zusammen Zeitung und Bücher liest. Ohne feste Szenen zerfließt die Zeit vor unseren Augen zu einem einzigen Moment aus Erinnerungen und wir erhalten einen umfassenden Eindruck vom typischen Kleinstadtleben in den Südstaaten der 30er Jahre. Durch die Augen eines jungen Mädchens blicken wir tief in die Seele des kleinen Dörfchens und erkennen dabei mehr, als die Perspektive eines Erwachsenen vermocht hätte. Nur Kinder können zum einen so naiv und unwissend sein, zum anderen aber ein so umfassendes Verständnis der Welt mit all ihren Schönheiten und Unzulänglichkeiten besitzen und uns somit eine neue Sichtweise auf die Dinge vermitteln.



"Mut heißt: von vornherein zu wissen, dass man geschlagen ist, und trotzdem den Kampf - ganz gleich um was es geht - aufnehmen und ihn durchstehen. Man gewinnt selten, aber zuweilen gelingt es."



Die ersten 200 Seiten verlaufen dabei zwar reichlich unspektakulär, man wird aber trotzdem von der ganz eigenen Atmosphäre der Geschichte gepackt. Wir erhalten keine spannenden Wendungen, keine Actionszenen, keine herzzerreißende Emotionen - Harper Lee erzählt sehr ruhig, einfühlsam und verzichtet auf unnötigen Epos oder stark umrissene Dramaturgie. Und doch liest sich die Geschichte so intensiv, sodass der große Spannungsbogen um die Ereignisse des einen Sommers und das Geheimnis um Boo Radley ausreichen, uns den Rest der Geschichte spannend zu machen. Dazu trägt vor allem Harper Lees klarer und doch eindrücklicher Stil bei. Sie vereint Witz, Tiefgang und viele sprachliche Bilder wie die der Nachtigall oder des tollwütigen Hundes und lässt etliche Lebensweisheiten unaufdringlich mit einfließen. Durch die Abenteuer und Streiche der Kinder, die ein ums andere Mal an die Geschichten von Tom Sawyer und Huckleberry Finn erinnern und durch Scouts sonniges Gemüt, wird ein heiterer Unterton geschaffen, der über die vielen ernsten Themen hinwegtäuscht. Nichtdestotrotz schwingt gerade in den letzten Seiten eine nachdenkliche Härte mit, die die Autorin nutzt um ihre Message zu übermitteln.



"Es gibt eine Institution, die aus dem Armen den Gleichberechtigten eines Rockefellers, aus dem Dummen den Gleichberechtigten eines Einsteins und aus dem Unwissenden den Gleichberechtigten eines Universitätsprofessors macht. Diese Institution, meine Herren, ist das Gericht."



So facettenreich und bunt wie ihr Schreibstil sind auch die verschiedenen Themen, die auf verschiedenen Bedeutungsebenen in der Geschichte dargelegt sind. Auf der untersten Ebene geht es um Scout, ihre Entwicklung, ihr Erwachsenwerden, ihr Nicht-Einpassen in die Gesellschaft der vornehmen Ladys, ihre sich verändernde Beziehung zu ihrem älteren Bruder Jem und ihr sich wandelndes Verständnis von Gerechtigkeit. Da wir sie über mehrere Jahre hinweg begleiten kann man die Geschichte durchaus als Entwicklungsroman verstehen. Es gibt jedoch noch zwei weitere Lesarten, die man entdecken kann. Es geht nämlich nicht nur um Scouts Entwicklung sondern auch um das Dorf Maycomb als Repräsentant der Südstaaten in den 30ern. Neue Erziehungsmethoden, politischer Aufbruch der aus Europa übers Meer schwappt, die sich wandelnden Gesellschaftsstrukturen und der harte Griff der Wirtschaftskrise sind ebenfalls Aspekte, die den Verlauf der Geschichte prägen.


"Atticus, werden wir gewinnen?"
"Nein, Liebling."
"Aber warum...?"
"Dass wir schon hundert Jahre vor Prozessbeginn besiegt wurden, ist noch lange kein Grund, untätig zu bleiben."


Im Kern geht es meiner Meinung nach aber vor allem um Rassismus, Vorurteile, Gerechtigkeit und Toleranz. Schon immer mit einer schwarzen Haushaltshilfe und einem menschenfreundlichen Anwalt als Vater aufgewachsen, ist Scout weitdenkend und offenherzig erzogen worden, ist sich aber der grundlegenden Problematik, die in ihrer Umgebung schwelt nicht bewusst. Wirklich mit den Vorurteilen ihres Dorfes befassen muss sie sich erst, als ihr Vater die Pflichtverteidigung eines schwarzen Landarbeiters übernimmt, der angeblich ein weißes Mädchen vergewaltigt haben soll. Atticus wird plötzlich überall als "Negerfreund" verschrien und auch Scout und Jem werden angefeindet. Trotz dass nur Indizien vorliegen und Atticus fest an Toms Unschuld glaubt, steht der Ausgang des Prozesses eigentlich schon von Vornherein fest - einfach durch die unterschiedliche Hautpigmentierung von Kläger und Angeklagtem. Dass da etwas nicht stimmen kann bemerkt Scout sehr bald und unterstützt ihren Vater in seinem Kampf so gut sie kann. Dennoch kommt es zu einem Todesfall, der so unnötig ist, wie "einen Singvogel zu erschießen" und Scout an der Welt zweifeln lässt. Auch dem Leser geht dieser Prozess sehr nahe da er sehr authentisch geschildert ist und mit erhobenem Zeigefinger Ungerechtigkeit und Rassismus anmahnt. Dass wir über das letzte Drittel hinweg den Prozess detailliert verfolgen können liegt vor allem daran, dass Harper Lee hier einen echten Vergewaltigungsfall verarbeitet hat.


"Atticus, du musst dich irren."
"Wieso?"
"Weil die meisten Leute denken, dass du dich irrst."
"Sie sind durchaus berechtigt, so zu denken, und sie können auch verlangen, dass wir ihre Meinung respektieren. Aber bevor ich mit anderen leben kann, muss ich mit mir selbst leben. Das Einzige, was sich keinem Mehrheitsbeschluss beugen darf, ist das menschliche Gewissen."


Auch viele ihrer Figuren haben echte Vorbilder in ihrem Leben. Während Scout als Harper Lees alter Ego gilt, ist Atticus Finch nach dem Vorbild ihres eigenen Vaters entstanden. Genau wie die Nachtigall hier die Unschuld beschreibt, tritt Atticus hier als personifizierte Gerechtigkeit auf. Als moralisches Vorbild hat er wichtige Prinzipien, die er seinen Kindern auf strenge aber liebevolle Art und Weise erklärt und für die er einsteht. Und auch wenn Scout zum Beginn der Geschichte dachte, ihr Vater sei alt, langweilig und spießig, wird ihr im Verlauf des Prozesses klar, dass er in Wahrheit viel mutiger und stärker ist als gedacht und er wird zum heimlichen Held der Protagonistin und des Lesers. Auch ihr großer Bruder Jem ist in Scouts Augen ein großes Vorbild und nur eine der vielen markanten Figuren, die hier auftauchen um Maycomb lebendig zu machen. Sei es der exzentrische Mr. Raymond, der immer so tut, als sei er betrunken um den Menschen eine Erklärung für seine Liebe zu einer dunkelhäutigen Frau zu geben. Sei es die immer gut gelaunte Nachbarin Miss Maudie, die selbst noch Witze reißen kann, wenn ihr Haus brennt und immer einen Kuchen für Jem und Scout bereitstehen hat. Oder sei es das scheue Rätsel Boo Radley, der nur einen sehr kurzen Auftritt in der Geschichte hat, der aber die Wichtigkeit von Mut und der Überwindung, auf andere zuzugehen verdeutlicht. Sie alle, schwarz wie weiß, arm wie reich, alt wie jung tragen dazu bei, diese Geschichte zu etwas ganz Besonderem zu machen!


"Wie konnten sie das tun? Wie konnten sie nur?"
"Das weiß ich nicht, aber sie haben´s getan. Sie haben es vorher getan, sie haben es heute getan und sie werden es wieder tun. Und wenn sie´s tun, weinen anscheinend nur Kinder."



Leider sind die Themen immer noch so aktuell wie eh und je. Es ist eine Tragödie, dass nach all den Jahren das Thema "Rassismus" nicht endlich abgeschlossen ist. Dabei spreche ich nicht nur von den USA, wo es im Moment sogar eher wieder bergab geht, sondern auch von uns in Europa/Deutschland. Vorurteile, Ungerechtigkeit, Ignoranz und Hass werden wohl nie zu überwinden sein - wir können es aber immer wieder versuchen. Umso wichtiger ist es, zu solch einem Klassiker zu greifen, der voller spannender Gedanken zum Nachdenken und viel Liebe, Ungerechtigkeit und Melancholie zum Nachfühlen steckt. Ich habe mir lange überlegt, was uns die Autorin im Endeffekt sagen möchte und mich für folgenden Satz entschieden, der den Kern des Romans meiner Meinung nach ganz gut zusammenfasst:


"Nein, Jem, ich glaube, es gibt nur eine Art von Menschen. Einfach Menschen."




Fazit:

Zugleich Fallbeispiel, Entwicklungsroman und Beschreibung Amerikas Süden in den 30ern - eine facettenreiche Geschichte mit Herz, Verstand und einer wichtigen Botschaft!
Mit markanten Figuren, stilsicheren Beschreibungen, und interessanten Denkanstößen zeichnet ein lebendiges Bild einer Kindheit voller Höhen und Tiefen im Herzen Alabamas und gibt dem Leser einige Lebensweisheiten mit.

Den halben Stern Abzug gibt´s für die zwischenzeitlichen Längen.

Veröffentlicht am 29.06.2022

Klassiker voller Lebensweisheiten

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Scout und ihr Bruder Jem wachsen in den dreißiger Jahren in einer Kleinstadt im US-Bundesstaat Alabama auf. Ihr verwitweter Vater Atticus erzieht die Kinder mit liebevollem Verständnis, so dass Scout ihr ...

Scout und ihr Bruder Jem wachsen in den dreißiger Jahren in einer Kleinstadt im US-Bundesstaat Alabama auf. Ihr verwitweter Vater Atticus erzieht die Kinder mit liebevollem Verständnis, so dass Scout ihr Leben zunächst als recht idyllisch empfindet. Als Atticus zum Pflichtverteidiger eines schwarzen Arbeiters berufen wird, zeigt sich Scout nach und nach immer mehr die rassistische Bigotterie ihres Umfelds , im Lauf des Prozesses lernt die Achtjährige viel über die Welt, in der sie lebt.

"Wer die Nachtigall stört ..." von Harper Lee ist ein Klassiker, dessen Zauber sich für mich erst nach und nach entfaltet hat. Nicht dass der Einstieg in die Geschichte direkt langweilig gewesen wäre, die Autorin ergeht sich allerdings zunächst in ziemlich intensiver Darstellung von Scouts kleiner Welt, das Städtchen, die Schule, die Nachbarn und alles was die Kinder beschäftigt, wird detailliert beschrieben. Was zwar den Vorteil bringt, dass der Leser ein sehr deutliches Bild vom Hintergrund der Geschichte erhält, mir jedoch zwischenzeitlich die Neugier auf den Fortgang der Handlung genommen hat. Später hat sich die Spannung dafür mit solcher Wucht ausgebreitet, dass ich das Buch an einem Abend zu Ende gelesen habe - zu Lasten meines Nachtschlafs.

Scout, aus deren Sichtweise die Handlung erzählt wird, betrachtet die Welt mit unschuldigem, kindlichen Gemüt - wodurch mir beim Lesen die Missstände, wie der alltägliche Rassismus und die von Vorurteilen behaftete Engstirnigkeit, umso deutlicher vor Augen geführt wurden. Unaufdringlich vermittelt die Geschichte ihre Lebensweisheiten, immer wieder gab es Stellen im Buch, die mich während des Lesens zum Innehalten und Nachdenken gebracht haben - ein wenig klingt es in mir immer noch nach. Die enthaltene Thematik ist meiner Meinung nach heute noch genau so relevant sind, wie zum Erscheinungstermin vor über sechzig Jahren, weshalb ich dieses besondere Leseerlebnis unbedingt weiter empfehlen möchte.

Fazit: Diesem Buch wohnt ein Zauber inne, der sich mir erst langsam erschlossen hat, für diese einzigartige Lektüre spreche ich gern eine Leseempfehlung aus.

Veröffentlicht am 09.10.2021

Durch die Augen eines Kindes

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Meinung:
Wer die Nachtigall stört, wird hauptsächlich als ein klassisches Werk über den Rassismus zwischen den Hautfarben beworben. Dies ist sicherlich auch kein zu unterschätzender Teil des Buches, doch ...

Meinung:
Wer die Nachtigall stört, wird hauptsächlich als ein klassisches Werk über den Rassismus zwischen den Hautfarben beworben. Dies ist sicherlich auch kein zu unterschätzender Teil des Buches, doch ich empfand das Buch vor allem als Gesellschaftsporträt im Gesamten durch die Augen eines Kindes.
Dabei geht es nicht nur um Schwarz und Weiß, vielmehr ist die Geschichte ein Muster für so viele Dörfer und Städte mit Armen und Reichen, Alteingesessenen und Zugezogenen. Standesunterschiede spielen genauso eine Rolle wie unterschiedliche Religionszugehörigkeiten.
Diese Differenzen werden gerade durch die Unschuld Scouts wunderbar deutlich gemacht.

Sie ist ein Mädchen, das geprägt ist durch eine Stadt/Zeit voller Vorurteile, aber bei einem Vater lebt, der versucht, sie und ihren Bruder zu anständigen Erwachsenen zu erziehen.
Teilweise kommt ihre Prägung durch die Umwelt deutlich durch und sie wirft mit Vorurteilen um sich ohne wirklich zu wissen, was sie sagt. Gleichzeitig hinterfragt sie aber auch eine Menge und lernt schnell dazu.
Doch sie ist nicht der einzige Charakter der bei mir Punkten konnte. Allgemein wirkten die Figuren sehr authentisch. Ich empfand die Beschreibung der Einwohner und ihre Sicht auf die Mitmenschen leider als sehr realistisch, auch wenn es sich um ein fiktives Dorf handelt. Für mich kann man sich den Schauplatz genau so auf jeder Landkarte vorstellen.

Das eigentliche Kernthema des Buches, nämlich der Prozess, kommt erst nach vielen Seiten und ist dann im Endeffekt auch unspektakulärer, als man ihn sich vielleicht vorab vorgestellt hat.
Das ganze Buch lebt sowieso mehr von der Behäbigkeit, die Glaubwürdigkeit schafft als vom großen Drama. Es ist ein leises, aber eindringliches Werk, was zu Recht Fans auf der ganzen Welt hat.


Fazit:
Ich bin froh, das ich nun endlich mal zu diesem Buch gegriffen haben und mir nun selbst ein Urteil erlauben kann. Mich hat diese leise Geschichte berührt.

Veröffentlicht am 29.08.2020

Rassismus aus einer kindlichen Perspektive

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Diese Geschichte handelt von zwei Geschwistern, Scout und Jem, die in der Kleinstadt Maycomb County der 1930er Jahre aufwachsen. Wir begleiten die Kinder aus Scouts Perspektive durch die Abenteuer ihrer ...

Diese Geschichte handelt von zwei Geschwistern, Scout und Jem, die in der Kleinstadt Maycomb County der 1930er Jahre aufwachsen. Wir begleiten die Kinder aus Scouts Perspektive durch die Abenteuer ihrer Kindheit. Zunächst wirkt alles sehr idyllisch, doch schnell wird klar, Rassismus und Fremdenhass sind in dieser Nachbarschaft Alltag. Der Vater der beiden, Atticus Finch, ist Rechtsanwalt und übernimmt den Fall des angeklagten schwarzen Farmarbeiters, Tom Robinson, und wird dann ebenfalls das Ziel von Anfeindungen der Nachbarschaft.

Zuerst habe ich mich schwergetan, in die Geschichte reinzufinden. Ich wusste mit den Informationen auf den ersten Seiten einfach nichts anzufangen. Aber irgendwann war ich in die Welt der kleinen Scout eingetaucht und bin auch hin und weg von dieser erstaunlichen Persönlichkeit.

Das Herzstück des Buches ist die Gerichtsverhandlung.
Atticus hat für die Zeit, in der er lebt, sehr fortschrittliche Ansichten und vertritt einen schwarzen Mann gegen zwei Weiße, deren Aussagen grundsätzlich mehr Gewicht bekommen, als die eines Schwarzen. Seine Verteidigung und sein abschließendes Plädoyer sind beeindruckend, wenn man die Zeit der Szenerie berücksichtigt. Aber bisher hat noch kein Richter zugunsten eines Schwarzen entschieden, wenn ein Weißer der Gegenpart war... Man hofft, dass es dieses Mal anders ist.
Es wird Gleichheit und Gerechtigkeit gefordert mit Worten und Aussagen, die (andere) Ungleichheiten direkt wieder reproduzieren. Dieses Buch zeigt eindrucksvoll, in welchen gesellschaftlich genormten Strukturen wir auch mit den besten Absichten, Gerechtigkeit und Gleichheit zu erreichen, verfangen sind.

Gegen gesellschaftliche Normen zu verstoßen, in diesem Fall gegen gelebten und vollkommen anerkannten Rassismus anzugehen, wird niemals ohne Folgen bleiben und so müssen wir mit Scout wüste Beschimpfungen und Bedrohungen aushalten. Kein Vergleich zu dem, was von Rassismus Betroffene auszuhalten haben...

Ganz nebenbei werden noch andere Normen gebrochen, wie die, das Mädchen sich damenhaft zu verhalten haben und das zeigen sie unter anderem im Tragen von Kleidern. Scout sieht das ganz anders. Sie findet Kleider unpraktisch und außerdem prügelt sie sich gerne, wenn Argumente sie nicht mehr weiterbringen. Ihr Vater, Atticus, ermutigt sie darin, sie selbst zu sein, aber doch innerhalb dem, was sich gehört. Der Balanceakt zwischen dem, was sich gehört und fortschrittlichem Denken finde ich gut gelungen.

Hier wird sehr viel scheinbar Selbstverständliches hinterfragt und Kritik daran geübt. An Rassismus, an Gesetzen, am Rechtssystem, an unhinterfragten Werten und Normen. Bei der Thematik Sexismus und Geschlechteridealen ist aus heutige Sicht noch Luft nach oben ^^ aber man darf auch nicht zu streng sein. Scheint mir schon sehr fortschrittlichen zu sein für die Zeit.

Manchmal fand ich es schwer zu lesen, nicht weil die Sprache zu anspruchsvoll wäre, sondern weil die Autorin sich der Sprache der damaligen Zeit bedient und die findet noch nichts Schlimmes an den unangemessenen Ausdrücken, die heute als eindeutig rassistisch und unterdrückend erkannt werden. Aber das unangenehme Gefühl, das damit erzeugt wird, zumindest bei mir, finde ich wichtig und richtig und sorgt auch für Authentizität.

Hat mir gut gefallen, kann verstehen, dass das Buch so beliebt ist

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