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Veröffentlicht am 22.01.2022

Ein solider historischer Roman, der im 12. Jahrhundert in Jerusalem spielt

Die Mission des Kreuzritters
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In „Die Mission des Kreuzritters“ entführt uns Ulf Schiewe ins 12. Jahrhundert und lässt uns an einer fiktiven Geiselnahme Melisendes teilhaben. Erschienen ist der Roman im November 2021 bei Bastei Lübbe. ...

In „Die Mission des Kreuzritters“ entführt uns Ulf Schiewe ins 12. Jahrhundert und lässt uns an einer fiktiven Geiselnahme Melisendes teilhaben. Erschienen ist der Roman im November 2021 bei Bastei Lübbe.

Jerusalem, 1129: Melisende ist die älteste Tochter des Königs von Jerusalem. Da König Balduin nur Töchter hat, hat er sie zu seiner Thronerbin bestimmt. Dennoch braucht sie einen starken Gemahl, der das Land regieren und auf Kriegszügen verteidigen kann. Foulques d’Anjou wird hierzu auserwählt. Melisende kann nicht viel mit ihm anfangen und beschließt der Ehe durch eine Flucht zu entgehen. Auf dem Weg zu ihrer Schwester in Antiochia wird sie jedoch gefangen genommen. Raol de Montalban, ein erfahrener Krieger und Tempelritter, wird ausgeschickt, um sie zurückzuholen.

Die Aufmachung dieses historischen Romanes gefällt mir sehr. Das Cover wirkt nicht zu kitschig, das rote große Kreuz macht bereits deutlich, dass es sich hier wohl um einen Roman handelt, in dem Tempelritter vorkommen. Wir sehen eine Burg im Hintergrund und zwei Personen auf Pferden. Diese wirken tatsächlich etwas komisch auf mich, aber da diese nicht so im Vordergrund sind, ist ein ignorieren gut möglich. Insgesamt hat Lübbe hier einen guten Job gemacht. Es gibt tolle Buchklappen, eine Karte der Kreuzfahrerstaaten und der fiktiven Reise Melisendes. Der Buchrücken hält einiges aus und hat trotz weiten aufklappen des Buches keine Leserillen bekommen.
Ulf Schiewe bleibt seiner Linie treu und nutzt das Präsens als Zeitform. Ich komme gut mit dem Schreibstil zurecht, aber diesmal empfand ich das Präsens nicht ganz so passend für die Geschichte. Die örtlichen Begebenheiten konnte ich mir dennoch jederzeit gut vorstellen und war fasziniert von der Vielfältigkeit Jerusalems, einer Stadt in der Juden, Christen und Muslime friedlich zusammenleben.
Auch typisch für den Autor ist es, viele Informationen in den Text einzubauen. Insgesamt fand ich es interessant viel über die Eroberung des Heiligen Landes und die schwierige politische Lage zu erfahren, so manches Mal schweifte es allerdings auch zu sehr von der Hauptgeschichte ab. Der Autor war darum bemüht, weder Christen noch Muslime in ein allzu gutes Licht zu rücken. Das fand ich einerseits gut, weil so für keine Religion Partei ergriffen wurde, ohne typische Klischees kommt er dabei allerdings nicht aus. Einige Szenen in diesem Buch haben mich echt abgestoßen und hätten nicht sein müssen.
Ulf Schiewe nimmt sich Zeit um seine Geschichte in Gang kommen zu lassen. Im ersten Viertel erfahren wir viel über Jerusalem, König Balduin, seine Töchter, den unliebsamen Bräutigam und die Vorbereitungen für die Flucht. Im restlichen Buch geht es dann um die Entführung und die Erlebnisse auf der Reise zurück nach Jerusalem. Im letzten Viertel hätte einiges gekürzt werden können. Es gab da eine Entwicklung, die meiner Meinung nach nicht hätte sein müssen und die ich absolut unnötig fand. Mir hat sich das wieso und warum nicht erschlossen und ich fand die Erklärung für diese Entwicklung eher fadenscheinig.
Das Buch wird aus Melisendes und Raol de Montalbans Sicht erzählt. Mit beiden bin ich nicht so wirklich warm geworden, aber Melisende fand ich zwischendrin einfach nur dumm. Das kann man auch schon nicht mehr als jung und naiv abtun. Zu dem Zeitpunkt der Geschichte wurde sie bereits seit Jahren von ihrem Vater in Regierungsgeschäften ausgebildet, dass ich mir einfach nicht vorstellen kann, dass sie sich so benehmen würde. Hier setzt Ulf Schiewe für mich leider zu viel auf Klischees. Melisende hat für mich in diesem Buch nichts von einer starken Frau, auch wenn sie später auf der Flucht viel durchstehen muss und das mit Hilfe Raol de Montalbans gut meistert. Ihre ganze Art ging mir teilweise so auf die Nerven. Sie mag geradeheraus ihre Meinung sagen, sie hat aber kein Gefühl dafür, wann das angebracht ist und wann nicht, sie gibt sich zickig ohne Ende und im nächsten Augenblick ist sie kurz vorm Heulen. Sie möchte ernst genommen und respektiert werden, hat aber keine Durchsetzungskraft und ist so begriffsstutzig, dass es schon weh tut.
Zu Raol de Montalban kann ich ehrlich gesagt nicht so viel sagen. Er ist ein Kreuzritter, hat viel durchleben müssen, gibt sich nach außen hin unnahbar, ist vorausschauend und geht bei der Flucht gemeinsam mit Melisende klug vor. Das hat mir durchaus gefallen, andererseits glaube ich, dass er mir nicht wirklich lange im Gedächtnis bleiben wird.
Am Ende des Buches gibt es noch ein kurzes Nachwort des Autors, dass Aufschluss darüber gibt, dass es nie eine Entführung Melisendes gab und es sich bei diesem Roman also zum größten Teil um eine fiktive Geschichte handelt. Das eh vieles bei so einer Entführung fiktiv gewesen wäre, geschenkt, aber der Autor schreibt selbst, dass es so viele echte spannende Begebenheiten zwischen dem ersten und zweiten Kreuzzug gab, hätte man nicht davon eine nehmen können und darum eine spannende Geschichte weben können? Mir persönlich hätte das besser gefallen. Historische Informationen wurden in diesem Roman fast ausschließlich als Infodump eingebracht.

Fazit: Ein solider historischer Roman, der sich gut lesen lässt, aber auch einige Entwicklungen hatte, die mir gar nicht gefallen haben. Melisende konnte mich überhaupt nicht für sich einnehmen und hat mich zeitweise sehr genervt. Wichtig zu wissen, Melisende gab es wirklich, die Geschichte in diesem Roman ist allerdings fiktiv. Wen das nicht stört, den sei dieser Roman ans Herz gelegt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.10.2021

Ein durchschnittlicher Thriller mit sehr aktuellem Thema

Dürre
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„Dürre“ ist der neueste Roman von Uwe Laub, in dem es diesmal um den Klimawandel und staatliche Überwachung des CO2-Abdruckes aller Bürger geht. Erschienen ist der Roman im September 2021 bei Heyne.

Der ...

„Dürre“ ist der neueste Roman von Uwe Laub, in dem es diesmal um den Klimawandel und staatliche Überwachung des CO2-Abdruckes aller Bürger geht. Erschienen ist der Roman im September 2021 bei Heyne.

Der Klimawandel beschleunigt sich immer deutlicher und Ereignisse wie Dürren und Hungersnöte häufen sich. Die EU sieht sich gezwungen massiv einzugreifen. Dabei helfen soll ihnen die App Aequitas der jungen Programmierer Tom Valcke und Alexander Baumgart. Diese berechnet den CO2-Fußabdruck eines jeden Bürgers genau. Trotz massiver Widerstände wird an der Einführung festgehalten und schon bald wird jeder Bürger genau überwacht. Es gibt Gewinner und Verlierer des Systems und Betrug wird gnadenlos bestraft.

Aktueller können die Themen eines Buches kaum sein und so war ich sofort neugierig als ich von dem Buch erfahren habe. Wie sieht eine Welt aus, in der der CO2-Abdruck jedes Menschen genau gemessen wird? Wie fühlt sich das Leben an in einem Deutschland, das deutlich wärmer geworden ist und in dem die Ernten deutlich geringer ausfallen? Dies waren so die ersten Fragen, die mir in den Sinn kamen.
In die Geschichte bin ich schnell reingekommen, auch wenn ich mir einen etwas spektakuläreren Start gewünscht hätte. Der Schreibstil des Autors lässt sich gut lesen. Die Kapitel sind alle recht kurz gehalten und die Szenen wechseln immer wieder mal. Gerade zum Schluss wird die Geschichte richtig schnell und ein Ereignis reiht sich an das nächste.
Es werden immer wieder Informationen dazu eingestreut, wie sich das Leben durch den beschleunigten Klimawandel geändert hat, aber ich muss gestehen, die Eindringlichkeit, die diese Geschichte eventuell transportieren wollte, ist bei mir nicht angekommen. Das Buch sieht diese drastischen Veränderungen schon für die nächsten 15 Jahre vor und das war für mich gefühlt zu unrealistisch und dieser Eindruck wurde durch das Nachwort nicht entkräftet. Der Fokus war außerdem auf die beiden Extreme arm und reich gerichtet. Wie es einem Durchschnittsbürger mit diesen Neuerungen ergeht, erfährt man hingegen nicht.
Insgesamt wirkte die ganze Geschichte zu konstruiert auf mich. Es gab für meinen Geschmack zu viele Zufälle und es ist zu sehr auf „Es muss jetzt was Heftiges passieren“ getrimmt. Das Wissenschaftliche stand weniger im Vordergrund, dafür viel Action und dramatische Entwicklungen. Für mich persönlich ist es ein Thriller, ohne Umwelt oder Science davor. Dafür hätten diese Themen für meinen Geschmack mehr im Fokus stehen müssen.
Ob mir von den Personen jemand lange im Gedächtnis bleiben wird, kann ich nicht wirklich sagen. Ich habe mit niemanden extrem mitgefiebert. Julian und seine Schwester Leni werden es wohl eher nicht sein. Mit den beiden hat es der Klimawandel nicht gut gemeint. Sie haben einen Bauernhof, der die beiden mehr schlecht als recht ernährt und die ungewollt in die ganze Geschichte hineingezogen werden. Die beiden bleiben dennoch seltsam blass. Ihr Onkel Hektor hingegen ist auf der Gewinnerseite des Klimawandels gelandet. Er ist reich und ein Alkoholiker mit Gewaltproblem und einer gestörten Selbstwahrnehmung. Seine Darstellung war mir irgendwie zu einseitig. Die ACON-Inspektorin war für mich noch am auffälligsten, weil sie keinerlei Skrupel kennt und an sich kein Mensch ist, der sich groß in die Gesellschaft einfügt. Sie ist nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht. Die beiden App Erfinder Tom Valcke und Alex Baumgart habe ich schon fast wieder vergessen, obwohl diese für das Konstrukt der Geschichte nicht unerheblich sind.
Die Personenanzahl im Roman ist so überschaubar, dass es keines Personenverzeichnisses bedarf. Im Nachwort greift der Autor nochmals die Themen aus dem Buch auf und liefert dazu noch einige Fakten und den Hinweis, dass man auf seiner Webseite noch weiterführende Informationen findet. Im Nachwort kam für mich fast mehr die Dringlichkeit dieser Themen zum Ausdruck als in der eigentlichen Geschichte.

Fazit: Für mich ein durchschnittlicher Thriller, der das Interesse durch die sehr aktuellen Themen wecken konnte, diesen aber für meinen persönlichen Geschmack nicht gerecht wurde. Wer gerne Thriller mit viel Action und dramatischen Entwicklungen liest und auch einer etwas konstruierten Geschichte nicht abgeneigt ist, ist bei diesem Roman an der richtigen Adresse.

Veröffentlicht am 12.09.2021

Ein historischer Roman abseits der üblichen Schauplätze

Der verlorene Sohn
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Olga Grjasnowa erzählt in ihrem Roman „Der verlorene Sohn“ die Geschichte von Jamalludin, der als Sohn des Imams im Krieg der Awaren gegen die Russen als Geisel ausgetauscht wird.

1839, Akhulgo, Nordkaukasus: ...

Olga Grjasnowa erzählt in ihrem Roman „Der verlorene Sohn“ die Geschichte von Jamalludin, der als Sohn des Imams im Krieg der Awaren gegen die Russen als Geisel ausgetauscht wird.

1839, Akhulgo, Nordkaukasus: Jamalludin ist der Sohn des mächtigen Imams Schamil und als dieser ist er ein wichtiger Pfand im Kaukasischen Krieg , der schon seit Jahrzehnten tobt und viele Opfer fordert. Als Schamil immer mehr bedrängt wird, muss er seinen Sohn als Geisel an die russische Armee übergeben. Was eigentlich nur als Lösung für wenige Tage und Wochen gedacht ist, wird zu Monaten und Jahren, in denen Jamalludin beim Feind aufwächst. Er wird nach St. Petersburg gebracht, genießt dort die beste Bildung und ist bald schon hin- und hergerissen zwischen den glanzvollen Leben im Zarenreich und seinem alten Leben in den kargen Bergen des Nordkaukasus. Was macht es mit einem Kind, wenn es aus seinem gewohnten Umfeld gerissen wird? Und wie findet man seine eigene Identität, wenn dies passiert?

Dieses Buch ist eine Leseempfehlung von Nadine/Histolicious, dass ich mir dieses Jahr zum Geburtstag habe schenken lassen. Der Klappentext klang interessant und Russland und der Kaukasus sind nicht die typischen Handlungsorte in historischen Romanen.
Der Schreibstil konnte mich sofort in seinen Bann ziehen. Wir sind ganz nah an Jamalludin dran, dennoch wird die Geschichte nicht von ihm direkt erzählt, sondern wir haben einen allwissenden Erzähler, der uns auch Hintergrundinfos zu seiner Familie und dem Krieg im Kaukasus liefert. Die Geschichte wird sehr ruhig erzählt, ohne große Spannungsmomente und wir sind Zeugen der Ereignisse, bekommen aber zusätzlich etwas von seinen Gedanken und Gefühlen mit.
Es ist viel Wissen in diesen Roman eingeflossen. Wir erfahren etwas zu den politischen Verhältnissen und Konflikten jener Zeit, sind am Hof des Zaren, in russischen Akademien, in unterschiedlichen Provinzen des Zarenreiches oder auch in Ländern des russischen Protektorats. Immer an der Seite von Jamalludin, dem als Gefangener im russischen Reich eine umfassende Bildung zuteil wird, die auch vor militärischem Wissen nicht Halt macht. Er wird im Zarenreich zum Erwachsenen, findet dort Freunde, nimmt an Militärparaden und Bällen des Zaren teil, erlebt den Glanz von St. Petersburg und lernt eine vollkommen neue Kultur kennen, die ihm anfangs zwar fremd ist, die aber auch viel zu bieten hat. Das Leben im russischen Zarenreich hat einen deutlich größeren Anteil als das karge Leben in den Bergen des Kaukasus, aber auch hier bekommen wir zumindest einen kleinen Einblick. Der Kontrast zwischen diesen beiden Welten könnte nicht stärker sein, gerade auch in Hinsicht auf die Religion, den Islam, der bei den Awaren eine zentrale Rolle spielt und das Denken und Handeln deutlich beeinflusst.
Jamalludin ist die zentrale Figur in diesem Roman. Wir erleben die Geschichte zwar nicht aus seiner Sicht, aber mit ihm und haben Einblick in seinen Zwiespalt, der über die Jahre unterschiedlich ausgeprägt ist. Das hat mir insgesamt gut gefallen und war gut dargestellt, dennoch hat mir irgendwas gefehlt, um komplett mit ihm mitzufühlen. Ich hatte eine gewisse Distanz, so dass ich die Ereignisse und seine Gefühle recht nüchtern betrachten konnte.
Sehr interessant gelöst, fand ich die Darstellung von Antisemitismus in diesem Roman. Antisemitismus war im russischen Zarenreich ein recht präsentes Thema und es war eine vollkommen neue Perspektive für mich, das von außen betrachtet aus der Sicht einer Geisel, die selber komplett aus seinem ursprünglichen Umfeld gerissen wurde, zu betrachten.
Ein Nachwort sucht man in diesem Roman vergeblich, am Anfang des Buches gibt es den Hinweis, dass dieser Roman auf historischen Fakten beruht, einiges allerdings auch erfunden wurde, wenn es der Struktur des Romanes diente. Ein Literaturverzeichnis am Ende des Buches gibt einen Überblick über das Recherchematerial zu den unterschiedlichen Themen im Buch. Zu Jamalludin selber konnte ich nichts im Internet finden, sondern nur zu seinem Vater, daher glaube ich das hier auch recht viel frei erzählt werden konnte, dennoch sind hier sicher viele Informationen eingeflossen, wie Geiseln im Zarenreich behandelt worden sind und so wirkt die Geschichte insgesamt schlüssig auf mich.

Fazit: Ein Roman abseits der üblichen Schauplätze des historischen Romanes, der mit seiner Perspektive überzeugen kann, aber in gewisser Weise dennoch distanziert bleibt. Das Prunk des russischen Zarenreichs trifft hier auf die karge Welt des kaukasischen Gebirge und zeigt die Geschichte eines Jungen, der in beiden Kulturen aufwächst und seinen Weg finden muss. Empfehlenswert für Menschen, die ruhige Geschichten mögen und neue Perspektiven entdecken möchten.

Veröffentlicht am 19.06.2021

Eine fiktive Geschichte zur Himmelsscheibe von Nebra

Die Kinder von Nebra
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„Die Kinder von Nebra“ von Ulf Schiewe wurde Anfang Mai 2021 mit dem goldenen Homer ausgezeichnet und ist fast zeitgleich bei Bastei Lübbe als Taschenbuch erschienen. Das Buch spielt 4.000 Jahre vor unserer ...

„Die Kinder von Nebra“ von Ulf Schiewe wurde Anfang Mai 2021 mit dem goldenen Homer ausgezeichnet und ist fast zeitgleich bei Bastei Lübbe als Taschenbuch erschienen. Das Buch spielt 4.000 Jahre vor unserer Zeit und erzählt eine fiktive Geschichte zur Himmelsscheibe von Nebra, die es wirklich gibt.

Nebra vor 4.000 Jahren: Es herrscht Aufruhr im Land der Ruotinger. Seit langer Zeit herrscht ein grausamer Fürst über das Volk und opfert Menschen im Namen Hadors. Als der Sohn des Fürsten es zu weit treibt, beginnt sich Widerstand zu regen. Die junge Priesterin Rana träumt von einer friedlichen Welt, in der alle glücklich zusammenleben und sich gegenseitig achten. In der Arbeit ihres Vaters erkennt sie ein Zeichen, um die Menschen zusammenzubringen. Die Göttin des Lichts soll dem Gott der Unterwelt entgegen treten und das geheime Wissen der Bronzescheibe ist der Schlüssel hierzu. Ein gefährlicher Weg steht ihr bevor, den sie nur mit Hilfe mächtiger Verbündeter bestehen kann.

Überraschenderweise habe ich den Roman als Rezensionsexemplar zur Erscheinung der Taschenbuchausgabe von Lübbe zugeschickt bekommen. Ich war schon letztes Jahr neugierig auf das Buch, insbesondere weil es mal zu einer vollkommen anderen Zeit spielt als andere historische Romane, war mir aber auch unsicher, ob es mir nicht zu sehr Abenteuergeschichte sein wird.
Im Schreibstil Ulf Schiewes war ich schnell wieder drin, habe ich doch schon einige Bücher des Autors gelesen. Was ich dabei immer wieder verdränge ist die Tatsache, dass der Autor seine Romane im Präsens schreibt. Das erzeugt für mich mehr Nähe und hat zu dieser Art Geschichte meiner Meinung nach besonders gut gepasst. Wie die Welt vor 4.000 Jahren genau war, darüber können wir nur spekulieren und so mochte ich sehr das Gefühl beim Lesen, dass das Geschehen im Buch quasi in diesem Moment stattfindet. Die Orte und Wälder konnte ich mir sehr gut vorstellen und hatte die meiste Zeit über Bilder in meinem Kopf.
Der Spannungsbogen hat mir insgesamt gefallen, auch wenn die Geschichte etwas in die Länge gezogen wirkt. Es dauert das halbe Buch bis die Geschichte so weit aufgebaut ist, wie es im Klappentext beschrieben wird. Für mich sollte ein Klappentext höchstens das erste Drittel oder Viertel eines Buches beschreiben, denn im Prinzip konnte ich mir so schon herleiten, was im gesamten Buch passieren wird. Das empfinde ich als suboptimal, weil es so etwas die Spannung aus dem gesamten Buch nimmt.
Es wurde wahnsinnig viel Wissen ins Buch eingebracht. Das ist etwas was ich in der Regel sehr mag und ich bewundere den Autor dafür, dass er hier so viel Einbringen konnte, über eine Zeit, die schon so lange her ist. Das Einbinden in die Geschichte ist dem Autor mal besser und mal schlechter gelungen: Zeitweise wurden viele Fakten aneinandergereiht und ich habe mich etwas erschlagen gefühlt, an anderen Stellen wiederum war alles wunderbar mit der Geschichte verbunden und wirkte harmonisch auf mich.
Diesmal sehr aufgefallen sind mir einige Klischees, die mich teilweise sehr gestört haben und mit den Augen rollen lassen haben und sie haben mir zeitweise auch das Zeitgefühl für die Geschichte genommen. Ich will nicht zu genau auf diesen Punkt eingehen, um nicht zu sehr zu spoilern. Das es vor 4.000 Jahren klarere Rollenbilder gab, möchte ich auch gar nicht abstreiten, aber ich glaube schon, dass diese sich doch etwas differenzierter dargestellt haben als es in dem Buch der Fall ist. Wir haben den abgrundtief bösen Fürstensohn, der wirklich nur Arschloch ist und keinerlei positive Eigenschaften hat, wir haben die Heldin, die natürlich anders als andere Mädchen/Frauen ihrer Zeit ist. Es gab teilweise diverse Ansätze im Buch, diese wurden aber einfach nur erwähnt und nicht weiter verfolgt oder wiederum mit einem anderen Klischee verbunden, was mich hierbei etwas zwiegespalten zurücklässt.
Ich habe die Geschichte und das Schicksal der Personen im Buch gerne verfolgt, aber ich kann nicht sagen, dass ich mich einer Person im Buch extrem verbunden gefühlt habe. Gerade bei den Frauenfiguren, empfand ich einige in ihrem Verhalten einfach nur unlogisch. Wahrscheinlich sollte suggeriert werden, dass es sich um komplexe Charaktere handelt, aber dies ist dem Autor meiner Meinung nach nicht so gut gelungen. Insgesamt sind alle Charaktere etwas klischeehaft geraten, an der einen Stelle fällt das mehr ins Gewicht und an anderer Stelle wirkt es hingegen passend.
Es geht in diesem Buch, um die Himmelsscheibe von Nebra, die wirklich existiert und in diesem Buch werden die neuesten Erkenntnisse zu dieser Bronzescheibe in einer fiktiven Geschichte verarbeitet. Diese Verknüpfung ist dem Autor gut gelungen, finde ich. In einem ausführlichen Nachwort gibt Ulf Schiewe ausführlich Auskunft darüber. Das hat mir sehr gut gefallen. Ich konnte das Buch nochmals Revue passieren lassen und so für mich die Geschichte besser einordnen. Einige Fakten wurden sehr gut und glaubhaft ins Buch eingearbeitet.
Weiteres Zusatzmaterial gibt es in Form einer Karte im Buchumschlag auf denen wichtige Ortsnamen vermerkt sind. Darüber hinaus findet sich noch ein Glossar, eine Übersicht über die Klans und Götter im Buch und ein Personenverzeichnis ganz zum Schluss. Die Vorstellung der Götter ist auch innerhalb des Buches gut gelungen. Jedes Kapitel ist einem anderen Gott gewidmet. Wichtig zu wissen, die Namen sind ausgedacht und an spätere uns bekannte Gottheiten angelehnt. Diese Spekulation halte ich durchaus für realistisch.

Fazit: Ein historischer Roman, der für mich Höhen und Tiefen hatte. Die Einbindung der Fakten rund um die Himmelsscheibe von Nebra in eine fiktive Geschichte finde ich gelungen, auch wenn mich das viele allgemeine Wissen manchmal etwas erschlagen hat. Die vielen Klischees haben mich zeitweise genervt und mir ein bisschen das Gefühl für die Zeit genommen, in der der Roman spielt. Empfehlenswert für Personen, die Klischees nicht groß stören und die etwas über das Leben vor 4.000 Jahren und die Bronzescheibe von Nebra erfahren wollen.

Veröffentlicht am 15.05.2021

Gute Unterhaltung für zwischendurch

Transport
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„Transport“ von Phillip P. Peterson ist der Beginn einer 7-teiligen Hard Science-Fiction-Reihe, in der es um einen Transporter geht, der einen zu verschiedenen Orten im Universum bringen kann. Erschienen ...

„Transport“ von Phillip P. Peterson ist der Beginn einer 7-teiligen Hard Science-Fiction-Reihe, in der es um einen Transporter geht, der einen zu verschiedenen Orten im Universum bringen kann. Erschienen ist der Roman erstmals im Juni 2014 im Selfpublishing bei books on demand.

Ungewöhnliche Projekte erfordern ungewöhnliche Maßnahmen. Als ein außerirdisches Artefakt aus dem Ozean geborgen wird, bekommen zehn Todeskandidaten die Chance ihr Leben zu retten. Das Artefakt ermöglicht das teleportieren zu anderen Sternensystemen. Der Haken dabei: Die Wissenschaftler wissen vorher nicht, ob man an einem Ort rauskommt, an dem man überleben kann oder eben nicht. Die Gefangenen sind Versuchskaninchen und um ihr Leben zu retten, müssen sie schnell an neue Erkenntnisse gelangen.

Mit „Vakuum“ konnte mich Phillip P. Peterson letztes Jahr begeistern und so bin ich natürlich auch auf seine anderen Werke neugierig. Das gesamte Universum bereisen zu können ist ein großer Traum der Menschheit und so war ich neugierig, was mich in diesem Buch erwartet.
Der Schreibstil war gut zu lesen. Ich hatte keine Probleme den Ereignissen zu folgen und konnte mir alles gut vorstellen. Es geht in dem Buch auch nicht extrem wissenschaftlich zu. Es kommen im Verlaufe der Geschichte wissenschaftliche Begriffe vor. Diese werden alle gut erklärt, so dass man eine gute Vorstellung von allen Vorgängen im Buch hat.
Die Spannung war für mich sehr unterschiedlich verteilt in diesem Buch. Der Anfang war für mich eher langweilig und der Wow-Effekt fehlte für mich. Man lernt die Protagonisten kennen, begleitet deren Vorbereitung, hat aber noch keine konkreten Infos zum Projekt. Richtig spannend wird das Buch als die Missionen losgehen. Man ist gespannt, wo die Personen ankommen und ob sie ihre Mission überleben und wenn nicht, in welchem Zustand sie zurückkehren und was man daraus nun schließen kann. Es war auch sehr spannend mitzuverfolgen, was dieses Glücksspiel bei den Missionen in den Menschen auslöst, die in den Transporter steigen müssen. Zum Ende hin überschlagen sich die Ereignisse dann und mir war vieles zu abrupt. Einige Dinge hätte ich gerne noch mehr erkundet, bevor die Geschichte voranschreitet. Andererseits macht das diesen Roman sehr kurzweilig, so dass man das Buch ingesamt schnell weggelesen hat.
Die Zusammensetzung der Personen in diesem Roman war sehr durchmischt. Das hat mir insgesamt gut gefallen. Russell ist die zentrale Person in diesem Roman. Über ihn lernt man die anderen Kandidaten kennen und wie sie mit der Situation umgehen. Man bekommt aber auch einen Einblick in die Wissenschaftler und Militärs, die die Todeskandidaten auf ihre ungewissen Missionen schicken. Da gibt es jemanden, der vor seinem Einsatz in Panik gerät oder jemanden, der ganz ruhig und besonnen mit allem umgeht. Es gibt Wissenschaftler, die total fasziniert vom Transporter und seinen Möglichkeiten sind.
Die Idee des Transporters und alles drumherum fand ich mega spannend. Alleine die Möglichkeit, an viele Orte im Universum zu gelangen, womöglich andere Spezies kennenzulernen, ist gleichzeitig faszinierend und gruselig. Ich bin kein jahrelanger Science-Fiction Leser und Hardcore Genre Fans lachen mich jetzt wahrscheinlich aus: Für mich haben die Erkenntnisse rund um den Transporter mit der Zeit einen gewissen Fantasy-Touch bekommen. Zusatzmaterial gibt es in diesem Buch keines. Das finde ich in diesem Fall nicht schlimm, da alles Wichtige schon im Buch erklärt wird und die Personenanzahl überschaubar ist.

Fazit: Ein Science-Fiction Roman mit Höhen und Tiefen, der mich insgesamt gut unterhalten hat und kurzweilig war. Empfehlenswert für alle, die eher kürzere Bücher mögen oder die gerne mal ins Genre Science-Fiction reinschnuppern wollen. Die Erklärungen im Buch waren für mich gut verständlich und nicht überfordernd.