Grace – Vom Preisträger des Booker Prize 2023 ("Prophet Song")
Christa Schuenke (Übersetzer)
Eine Irland-Odyssee
Es begann damals 1845. Aber Grace, die einzigartige Heldin des Iren Paul Lynch, ist vollkommene Gegenwart in diesem bildreich-poetischen Roman, der mit ihren Sinnen und Gefühlen die grausame Wirklichkeit der großen Hungersnot erleben lässt. Grace, vierzehn, wird in Männerkleidern von zu Hause fortgeschickt, um irgendwo Arbeit, irgendwie Nahrung zu finden in einem Land, wo jeder danach sucht. Ihr zur Seite: der jüngere Bruder Colly. Seine muntere Stimme in ihrem Kopf. Und verschiedene andere merkwürdige Begleiter. Wer wird sie sein, wenn sie diese Wanderschaft durchsteht?
Für seinen Roman ›Prophet Song‹ wurde Paul Lynch mit dem Booker Prize 2023 ausgezeichnet.
Die Geschichte beginnt 1845 und Irland leidet unter einer Hungersnot. Wie groß muss die Not sein, wenn man nicht mehr alle seine Kinder ernähren kann? Sarah reißt eines Morgens ihre 14 jährige Tochter ...
Die Geschichte beginnt 1845 und Irland leidet unter einer Hungersnot. Wie groß muss die Not sein, wenn man nicht mehr alle seine Kinder ernähren kann? Sarah reißt eines Morgens ihre 14 jährige Tochter Grace aus dem Schlaf und schickt diese in Männerkleidung aus dem Haus. Sie muss selbst für sich sorgen und als Junge ist es einfacher Arbeit zu finden. In Irland sucht aber jeder danach um Arbeit und Nahrung zu finden. Grace muss jetzt stark sein, sie versteht nicht, dass man ihr Leben einfach wie einen Stein wegwirft. Sie verlässt Donegal. Ihr kleiner Bruder hat sich ihr heimlich angeschlossen.
Das Leben auf der Straße lässt Grace wachsen, sie befindet sich dennoch auf der Flucht. Das Pfeife rauchen ist ihr einziges Mittel sich zu beruhigen. Sie erlebt schreckliches, die versuchte Vergewaltigung im finsteren Wald wird noch von ihrem kleinen Bruder blutig beendet. Er ist es, der die Geschichte mit seiner unbestechlichen Art mitbestimmt und seiner Schwester den Weg weist. Oder ist es am Ende nur seine Stimme die Grace hilft ihren Weg zu gehen.
Es wird erschreckend viel furchtbares dokumentiert, dass man erst einmal selbst verarbeiten muss. Eine richtig unheimliche Beschreibung der toten Familie in der Ladentür. Ich konnte mich gut in Grace hineinversetzen. Hunger und Elend und immer dem Tod sehr nahe. Ich lese gerne historische Romane, der Autor hat eine Intensität in seinem Schreibstil, er portraitiert die junge Protagonistin auf eine nahezu poetische Weise. Die Charaktere denen sie auf ihrem Weg begleitet sind gut beschrieben.
Die Erläuterung der irischen Wörter am Ende des Buches fand ich sehr interessant. Von mir gibt es eine Empfehlung, ein Buch, welches sich lohnt zu lesen. Ein wenig Nervenstärke sollte man allerdings haben.
Das Thema ist schwer und düster, es geht um die Hungersnot in im Jahre 1845. Grace, die älteste Tochter wird von der Mutter aus ihrem sehr ärmlichen ...
„Grace“ von Paul Lynch ist keine leichte Kost.
Das Thema ist schwer und düster, es geht um die Hungersnot in im Jahre 1845. Grace, die älteste Tochter wird von der Mutter aus ihrem sehr ärmlichen Zuhause fortgejagt, da der Lehnsherr, der die Mutter regelmäßig schwängert, auch anfängt die Tochter zu begehren.
Um sie zu schützen, schneidet sie auf sehr marciavellistische Weise Grace Haare kurz und jagt sie als Jungen aus dem Haus.
Auf dieser dunklen, gefährlichen Reise begleiten wir Grace.
Nicht nur die Handlung des Romans ist schwer und düster, auch die Sprache ist keine leichte Kost.
Der Roman ist mitunter sehr poetisch, Grace Ausdruckweise eher schlicht und grob.
Ich fand dieses Buch ziemlich anstrengend. Einmal beim Lesen an sich und auch beim Erleben der Geschichte, aber trotzdem absolut lesenswert.
Allerdings glaube ich, dass die Schönheit der Sprache im Original herausragender ist, ich habe das Gefühl, die Übersetzung hat den Ausdruck eher abgeflacht.
"Grace" von Paul Lynch erschien (HC, gebunden) 2021 im Verlag Freies Geistesleben/Oktaven und umfasst 550 Seiten.
Irland, 1845 zur Zeit der großén Hungersnot
Grace, die Hauptprotagonistin dieses Romans, ...
"Grace" von Paul Lynch erschien (HC, gebunden) 2021 im Verlag Freies Geistesleben/Oktaven und umfasst 550 Seiten.
Irland, 1845 zur Zeit der großén Hungersnot
Grace, die Hauptprotagonistin dieses Romans, wird von Sarah, ihrer Mutter, die ihr 5. Kind erwartet, aber längst nicht mehr weiß, wie sie ihre Kinder sattbekommen soll, in Jungenkleidung als 14jähriges Mädchen weggeschickt, um selbst für ihr Essen und ihren Unterhalt zu sorgen.
Die Ernte wurde vernichtet durch sehr viel Regen und die Zeit der Hungersnot, die viele Iren z.B. nach Amerika auswandern ließ und auch eine Million an Hunger starben zwischen 1845 und 1849. Dies ist der zeitliche Rahmen, in der dieser Roman spielt, der sehr lesenswert, aber auch keine leichte Kost ist:
Colly, der 2 Jahre jüngere Bruder von Grace, wollte sich ihr unbedingt anschließen und später sollte Grace immer wieder Zwiegespräche mit ihrem Bruder halten. Der Leser beginnt also mit Grace seine Reise von Blackmountain an, wo Grace im Norden Irlands aufwuchs, um Richtung Süden zu wandern. Wir begegnen vielen Menschen, die sich hungernd durch die Straßen schleppen und versuchen, woanders ein Auskommen zu finden. Zerlumpte und ausgemergelte Gestalten, die oftmals nichts Gutes im Schilde führen, um zu überleben.
So lernt man an Grace's Seite einen Mr. Soundpost und Clackton sowie andere kennen, die durch eine Verwechslung Grace für Tim halten. Ein Glück für sie, da sie nun für Mr. Soundpost vierzig Kühe zu einem Ort bringen soll und abends Milch und Mehlfladen für ihre Arbeit bekommt. In Gedanken ist ihr Bruder Colly immer dabei; er ist oftmals ihre innere Stimme und die Zwiegespräche sind wie die zweier Kinder oder Halbwüchsiger zu lesen. Der Autor verzichtet komplett auf die direkte Rede, was das Lesen jedoch zuweilen etwas mühsam macht.
Allerdings ist der Schreibstil von Paul Lynch auch poetisch, bildhaft und sehr atmosphärisch: Immer wieder werden irische Landschaften wunderschön beschrieben, so dass man sich einem gewissen Sog, mit Grace auf Wanderschaft zu sein - mitsamt ihren Gefahren, aber auch ihren Beschützern und Weggefährten - nicht entziehen kann.
Grace selbst ist ein kluges, intelligentes Mädchen, das während ihrer Wanderschaft zur Frau reift und ein John Bart, der später ihr Beschützer sein sollte, gerade zur rechten Zeit kommt: Er ist an ihrer Seite, zeigt ihr, wie man mit dem Messer richtig umgeht und auch ein alter Mr. Blister, mit dem sie sich eine Scheune teilt, erteilt ihr wertvolle Ratschläge und Tipps zum Überleben.
Grace fühlt sich wie jemand, der "aus seinem alten Leben rausgerutscht ist - und die, die sie einmal war, verloren hat" (Zitat S. 104). Als Leser ist die Begleitung von Grace auf ihrer Wanderschaft durch das verarmte, hungernde Irland eine Herausforderung; einzig ihr Überlebenswille und auch Hoffnung sowie ihre Klugheit bewahren sie davor, zugrunde zu gehen wie so viele andere Menschen um sie herum. Lynch entwirft eine gespenstisch anmutende Landkarte dieser Hungersnot mit all ihren Schrecken, die man sich (so man Hunger noch nicht erleben musste) heute schwerlich vorstellen kann. Er beschreibt die Folgen der Ernteausfälle und die schrecklichen Auswirkungen auf die Menschen in unbeschönigenden Bildern bis hin zu Andeutungen des Kannibalismus, der vom Überlebenswillen des Menschen gefördert wird.
Geister der Toten stehlen sich immer wieder in Grace's Leben, z.B. Mary Bresher, die beim Überfall auf ihre Kutsche gemeinsam mit ihrem Mann umkam. Das tägliche Sterben wird fast schon ironisch folgendermaßen beschrieben:
"Der Teufel hat hier rumgetrödelt auf den Straßen, die nach Westen führen, und hat in jeder Ortschaft seinen Hut gelüpft". (Zitat S. 379)
Gegen Ende des Romans gibt es ein sehr forderndes, verstörendes Kapitel, in der die Realität im Hungerwahn verschwimmt, es endet mit zwei schwarzen Seiten - vor dem Licht. Wieder bekommt Grace einen anderen Namen und durchschaut trotz aller Schwäche, sie ist dem Tod gerade nochmal von der Schippe gesprungen bzw. wurde von einem Father gerettet, dessen Hintergründe. Menschlichkeit taucht auch hier und da in helfender Form auf, über die man sich mit Grace sehr freut: Dr. John Allender meint es gut mit ihr und versorgt sie mit Münzen, Stiefeln und einem Cape, da über weite Strecken im Buch die Kälte ein Geselle des ständigen Hungers ist.
Ihr Weg führt Grace zurück zu ihrem Heimatort, den sie anders vorfindet, als sie es sich mit Sicherheit erträumte; sie ist inzwischen fast 19 Jahre alt und ein sanfter Mann taucht auf, der einer verstummten jungen Frau ein Haus am Fluss baut, die mit ihrer Vergangenheit ringt, bei der sich Traum und Wirklichkeit noch immer verwischen bis sie loslässt - um im Hier und Jetzt mit Mann und Kind zu leben, dem Licht entgegen.
Fazit:
Ein verstörender, aber auch sehr poetischer Roman über eine junge Frau während der großen irischen Hungersnot (1845-1849), die viele Menschenleben forderte. Lynch beschreibt diese Zeit durch die Augen von Grace mit großer Sensibilität, sprachlicher Versiertheit und Klugheit, die aus vielen Sätzen spricht. Elend, Armut und Hunger bekommen ein grausiges Bild, das vor dem Auge des Lesers entsteht; die Handlung bezieht sich (ohne direkte Rede) immer auf die Perspektive der Hauptprotagonistin Grace. Einerseits gefiel mir der Roman gut, andererseits war er mir persönlich zuweilen zu langatmig und ausschweifend. Meine Bewertung liegt daher bei 3,5 Sternen.
Eine bemerkenswerte Schrift, die die Autorin hier nutzt. Die poetische, lyrische Sprache erzählt uns die erschütternde Geschichte eines jungen Mädchens, das in den düstersten Tagen der Kartoffelhungersnot ...
Eine bemerkenswerte Schrift, die die Autorin hier nutzt. Die poetische, lyrische Sprache erzählt uns die erschütternde Geschichte eines jungen Mädchens, das in den düstersten Tagen der Kartoffelhungersnot Irlands alleine überleben muss. Unsere Heldin, Grace, zieht noch als Kind, von ihrer Mutter wegen Nahrungsmittelknappheit aus ihrem Haus verbannt, ihren eigenen Weg durch ein verarmtes Land um zu sich selbst zu finden und mit dem Überleben zu kämpfen.
Lynchs Schreiben bietet einen Grund, uns Graces tückischer und gefährlicher Reise zu unterwerfen, wenn sie gegen die härtesten Umstände erwachsen wird.
Das Buch ist sehr deprimierend aber dies wird schon vom Klappentext klar gemacht.
Alles in allem ein lesenwerter Roman mit einigen Schwächen. Der Dialog ohne Anführungszeichen machte es manchmal schwierig ihm zu folgen. Eine überzeugende Lektüre über eine sehr schwierige Zeit in Irland.
Paul Lynch hat bereits im Oktober seinen Roman 'Grace' rausgebracht, welcher betitelt wird als eine eindringliche und unvergessliche Irland-Odyssee zur Zeit der großen Hungersnot im Jahr 1845. Grace ist ...
Paul Lynch hat bereits im Oktober seinen Roman 'Grace' rausgebracht, welcher betitelt wird als eine eindringliche und unvergessliche Irland-Odyssee zur Zeit der großen Hungersnot im Jahr 1845. Grace ist zu dieser Zeit 14 Jahre jung und plötzlich ganz auf sich allein gestellt. Denn sie wird Zuhause rausgeschmissen, sodass sie sich fortan selbst ernähren muss, aber nicht nur sich, sondern auch ihren jüngeren Bruder der ihr heimlich gefolgt ist. Es wird eine Geschichte über die Suche auf Nahrung, dem Überleben und dem Weg des Erwachsenwerden sein. Eher unpassend gewählt ist das Buchcover, denn es sagt rein gar nichts über das Buch und deren Inhalt aus. Das Buch ist interessant aber nicht sehr leicht zu lesen, also eher schwere Kost. Zumal es wirklich auch sehr traurig und dunkel ist, nichts für schwache Nerven.