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Veröffentlicht am 25.11.2021

Frauen in den 1920ern

Die Ullsteinfrauen und das Haus der Bücher
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Elegant und weltgewandt tritt Rosalie Gräfenberg auf. Als erfolgreiche Journalistin bereist sie ferne Länder, schreibt Reiseberichte und politische Abhandlungen. Ihr schillerndes Leben zwischen bekannten ...

Elegant und weltgewandt tritt Rosalie Gräfenberg auf. Als erfolgreiche Journalistin bereist sie ferne Länder, schreibt Reiseberichte und politische Abhandlungen. Ihr schillerndes Leben zwischen bekannten Persönlichkeiten führt sie abwechselnd in Berlin und Paris. Nun trifft sie auf den wesentlich älteren Dr. Franz Ullstein, Generaldirektor des gleichnamigen Verlages. Ein Antrag und eine Hochzeit folgen, die Familie des Dr. Franz bleibt jedoch distanziert zu seiner neuen Frau. Unrechtmäßige Erbanteile und Einmischung in wichtige Entscheidungen im Verlag werden befürchtet.

Wortgewand und bildreich zeichnet Beate Rygiert ein Berlin der 1920er. Bei ihrem lockeren Schreibstil taucht der Leser rasch ein in die Welt des Verlages und der ehrgeizigen Ullsteinbrüder. Deren Frauen sind oftmals schmuckes Beiwerk, aber zu dem lässt sich Rosalie nicht reduzieren. Gemeinsam mit Autorenfreundin Vicky Baum und deren Tippfräulein Lilli Blume tritt sie der Männerherrschaft entgegen und trifft ebenso Vorkehrungen wegen der immer judenfeindlicheren Stimmung in Berlin.

Spannend und abwechslungsreich gestaltet sich die Geschichte rund um Rosalie Ullstein, geb. Goldschmidt, geschiedene Gräfenberg. Viele historische Persönlichkeiten kreuzen hier unseren Weg, wodurch der Roman sehr realistisch und glaubwürdig ankommt beim Leser. Besonders gut sind auch die einzelnen Charaktere gelungen, welche Rygiert gekonnt und eindrucksvoll entwirft.

Alles in allem ein interessanter und unterhaltsamer Roman aus dem Hause Ullstein, den ich nur wärmstens empfehlen kann.





Titel Die Ullsteinfrauen und das Haus der Bücher

Autor Beate Rygiert

ISBN 978-3-548-06421-5

Sprache Deutsch

Ausgabe Flexibler Einband, 496 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook

Erscheinungsdatum 1. November 2021

Verlag Ullstein

Veröffentlicht am 19.10.2021

In der Schweiz - damals wie heute

Die Magnolienfrauen
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Felicia, meist Fee genannt, ist nach der Ermordung ihrer besten Freundin in eine Lebenskrise geschlittert. Nach dem Überfall auf den Juwelierladen ihres Vaters beendet sie ihre Tätigkeit als Schmuckdesignerin ...

Felicia, meist Fee genannt, ist nach der Ermordung ihrer besten Freundin in eine Lebenskrise geschlittert. Nach dem Überfall auf den Juwelierladen ihres Vaters beendet sie ihre Tätigkeit als Schmuckdesignerin und arbeitet nach einem Studium in der Finanzabteilung der Firma. Auch acht Jahre später geht es noch nicht wirklich gut, da prallen neue Probleme auf sie ein: sie wird zu einem Täter-Opfer-Gespräch eingeladen, ihre geliebte Oma stirbt und ihr Verlobter schaut nur noch auf seine Polit-Karriere.

Fee reist von Zürich nach Brissago, um das Erbe zu regeln und betritt zum ersten Mal die Magnolienvilla, aus der dereinst ihre Großmutter geflohen ist. Nach und nach kommen mit einzelnen Erinnerungsstücken ungeahnte Dinge ans Tageslicht, viel mehr als Oma Violetta angedeutet hat. Während Fee in der Villa eher auf Ablehnung stößt, bietet der freundliche Nachbar jedoch seine Unterstützung an.

Die Geschichte der Magnolienfrauen umspannt die Zeit von 1936 bis 2019 und führt den Leser vor allem in den wunderschönen Schweizer Kanton Tessin, der mit Palmen, Magnolien, wilden Tälern und alten Steinhäuschen liebevoll dargestellt wird. Geschickt verknüpft Christine Jaeggi das Leben von Alice im Zweiten Weltkrieg mit der aktuellen Situation deren Urenkelin Felicia. Viele reale Situationen liegen diesem Roman zugrunde, wenngleich die Handlung selbst erdacht ist. Nichtsdestotrotz spürt man beim Lesen immer wieder die genaue und akribische Recherche, die einzelne Szenen auf ein historisches Fundament stellen, so die Abschnitte rund um die Schmuggler, das Kinderheim, die Macht der Nationalsozialisten und vieles mehr. Nicht nur werden all diese Elemente in eine wunderbare und berührende Erzählung eingeflochten, nein, es sind die Gefühle und Emotionen, welche die Autorin so oft wachruft und einen mitfiebern lässt. Jaeggis Schreibweise ist zwar sehr klar und schnörkellos, dennoch trifft sie genau ins Schwarze und lässt den Leser eintauchen in zwei ganz unterschiedliche Welten, vermittelt Verständnis und Empathie ebenso wie Ablehnung oder gar Grauen den einzelnen Figuren gegenüber. Doch nicht immer ist alles so, wie zu sein scheint und es ist nie verkehrt, auch die andere Seite zu Wort kommen zu lassen. Zuhören, Vertrauen und gegebenenfalls auch Verzeihen stehen im Mittelpunkt und bilden einen roten Faden in diesem Roman. Aber keineswegs spricht Jaeggi mit erhobenem Zeigefinger, vielmehr schafft sie mit ihrer warmherzigen Art zu schreiben eine tolle Atmosphäre zwischen Gefühlen, Geheimnissen und Liebe.

Historie, Leidenschaft und Dramatik werden wunderbar vereint und verbinden Damals mit Heute zu einer phantastisch erzählten Familiengeschichte.

Wer Christine Jaeggi kennt, wird wieder einmal begeistert sein, wer noch kein Buch von ihr gelesen hat, sollte zugreifen!



Titel Die Magnolienfrauen

Autor Christine Jaeggi

ISBN 978-3-548-06318-8

Sprache Deutsch

Ausgabe Flexibler Einband, 432 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook

Erscheinungsdatum 18. Oktober 2021

Verlag Ullstein

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.10.2021

Suchtverdächtig -wie Schokolade

Die Schokoladenfabrik - Die Tochter des Apothekers
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Nach dem frühen Tod der Mutter übernimmt Anna Sophia schon bald Verantwortung für ihre jüngeren Geschwister und interessiert sich für die Arbeit ihres Vaters in der Apotheke. Allerdings kommt es bald zum ...

Nach dem frühen Tod der Mutter übernimmt Anna Sophia schon bald Verantwortung für ihre jüngeren Geschwister und interessiert sich für die Arbeit ihres Vaters in der Apotheke. Allerdings kommt es bald zum Bruch mit der Familie, da sich Anna Sophia nicht dem Willen ihres Vaters und dessen einschmeichlerischem Apothekergesellen beugen will.

Das Köln Mitte des 19. Jahrhunderts bildet eine wunderbare Kulisse für diesen Roman, in dessen Fiktion viel Reales einfließt. Neben dem Beginn der Firma Stollwerck geht es auch um politische Betrachtungen, die krassen Standesunterschiede, die miserablen Zustände für Arbeiter und natürlich die Rolle der Frau bei Kind und Herd. In Anna Sophias Geschichte werden geschickt noch weitere interessante Themen eingeflochten, nämlich die der Kräuterkunde und Heilwissen, das von Frau zu Frau weitergegeben wurde, mysteriöse Träume und eine Ahnung von Dingen, die in der Ferne passieren. Tatsächlich war man im damaligen Köln sehr abergläubisch und es wird von übernatürlichen Erscheinungen berichtet. Dazu gibt es auch noch nähere Erläuterungen von Rebekka Eder im Nachwort.

Von der ersten Seite weg zieht die Autorin den Leser in ihren Bann. Mit vielfältigen Bildern und Szenen aus dem Leben der damaligen Zeit taucht man sofort in diese wunderbare Geschichte ein, begegnet wie im echten Leben Freunden und Feinden, muss Schicksalsschläge überwinden und immer wieder neu die Zukunft gestalten. Bald hat man so manche Figur sehr lieb gewonnen und bangt mit ihr. In unterschiedlichen Erzählsträngen nehmen Anna Sophia, ihre Schwester Wilhelmine und der aus seinem Leben gerissene Kaspar den jeweiligen Mittelpunkt ein, sodass verschiedene Blickwinkel beleuchtet und Standesunterschiede dargestellt werden können. Kaum glaubt man, dass eine Situation endlich aufgelöst wird, kommt eine neue Wende und trotz der 600 Seiten ist das Buch viel zu schnell zu Ende – und dann noch mit einer zündenden Idee, die aber erst in Teil 2 verraten und vielleicht in die Tat umgesetzt wird, falls nicht wieder irgendetwas dazwischen kommt …

Mit viel Freude und Spannung habe ich diese Geschichte bis hierher verfolgt und mitgefiebert. Jetzt kann ich nur hoffen, dass es bald mit Teil 2 weitergeht.

Für Freunde von „Bonbons, Liebe und Revolution“ spreche ich jedenfalls eine klare Leseempfehlung aus!



Titel Die Schokoladenfabrik - Die Tochter des Apothekers

Autor Rebekka Eder

ISBN 978-3-7466-1488-5

Sprache Deutsch

Ausgabe Flexibler Einband, 614 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook und Hörbuch

Erscheinungsdatum 20. September 2021

Verlag Aufbau TB

Reihe Die Stollwerck-Saga

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 03.10.2021

Zu Ende?

Stadt des Zorns
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Das Spiel für Hannah ist noch nicht zu Ende. Sie ist dem Escape-Room Eins (Raum der Angst) entkommen und Janus schenkt ihr Pflanzensamen, die Blume soll sie ins Fenster stellen. Und tatsächlich – Janus ...

Das Spiel für Hannah ist noch nicht zu Ende. Sie ist dem Escape-Room Eins (Raum der Angst) entkommen und Janus schenkt ihr Pflanzensamen, die Blume soll sie ins Fenster stellen. Und tatsächlich – Janus kehrt zurück. Erst wird der Straßenverkehr in Köln lahmgelegt, dann geraten die Schleusen der Kanalisation außer Kontrolle. Was erst wie die Aktion von verrückten Umweltaktivisten aussieht, entpuppt sich als spannende Inszenierung von Janus‘ Plan. Trotz größter Vorsicht befindet sich Hannah wieder in den Fängen des zweiköpfigen Gottes, des Gottes für Anfang und Ende. Für Hauptkommissar Kappler beginnt ein neuerlicher Wettlauf gegen die Zeit.

Während Hannah zwanglose Tage bei ihrer Schwester Valerie verbringen möchte, bricht Chaos aus in Köln. Und schon beginnt die Fortsetzung des Escape-Room-Horrors, dem sie bereits einmal entkommen konnte. Bestärkt durch zahlreiche Gespräche mit Kappler ist sie überzeugt, dass auch diesmal ihr Tod nicht das Ziel ist und gemeinsam mit einer Gruppe von entschlossenen Weltverbesserern sucht sie nach einem Ausweg.

Spannend, kurzweilig und abwechslungsreich präsentiert Marc Meller die einzelnen Szenen mit seinem flotten Schreibstil, wodurch die Seiten nur so dahinfliegen. Einige Hinweise auf die Vorgeschichte sind zwar eingestreut, dennoch ist die Handlung ohne Lesen des Vorgängerbandes bestimmt nicht halb so eindrücklich als wenn man Hannahs Schicksal bereits kennt. Abwechselnd begleitet der Leser Hannah und ihre unfreiwilligen Weggefährten durch ein stinkendes Kanalnetz und andere gefährliche Örtlichkeiten und Hauptkommissar Kappler, der bei der wilden Verfolgungsjagd doch immer mindestens einen Schritt hinterherhinkt. Durch die kurzen, stets im Blickwinkel wechselnden Kapitel bleibt die Spannung hoch: welche Aufgabe kommt als nächstes, wer wird es bis zur folgenden Station schaffen? Längst geht es nicht mehr nur um Hannah, auch Kappler wird in das Rätsel mit einbezogen.

Endlich nähert sich die Auflösung, der Leser kann aufatmen und wird mit einem stimmigen Finale bedacht. Das Spiel des Zweiköpfigen, das mit dem Raum der Angst begonnen hat, scheint nun mit Teil Zwei zu Ende zu sein. Oder doch nicht?

Fazit: ein gelungener An- und Abschluss (?) des ersten Escape-Room-Thrillers von Marc Meller, die nacheinander gelesen eine tolle Einheit bilden.



Titel Stadt des Zorns

Autor Marc Meller

ISBN 978-3-548-06382-9

Sprache Deutsch

Ausgabe Flexibler Einband, 416 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook

Erscheinungsdatum 27. September 2021

Verlag Ullstein

Reihe Escape Room

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Veröffentlicht am 26.09.2021

Was glaubt man noch?

Sharing – Willst du wirklich alles teilen?
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Kern & Kern – Carsharing prangt auf der großen Leuchtreklametafel des Unternehmens von Bettina und Markus. Dazu betreiben sie noch ein Wohnhaus mit Wohnungen, die geteilt genutzt werden. Das moderne Ehepaar ...

Kern & Kern – Carsharing prangt auf der großen Leuchtreklametafel des Unternehmens von Bettina und Markus. Dazu betreiben sie noch ein Wohnhaus mit Wohnungen, die geteilt genutzt werden. Das moderne Ehepaar steht für Effizienz und Nachhaltigkeit. Allerdings wird dieses System in Frage gestellt, als Bettina eines Nachts nicht nach Hause kommt. Ein Alptraum für Markus und die gemeinsame Tochter Leonie beginnt.

Flott und mitreißend im Schreibstil packt Arno Strobel den Leser von Beginn an, fesselt mit eindrücklichen Bildern und kurzen, prägnant verfassten Kapiteln. Stets auf den Punkt gebracht wechseln die Blickwinkel, steigt die Spannung, bis selbst der Leser verwirrt ist und nicht mehr weiß, was er nun glauben soll. Tempo und Inhalt sind perfekt aufeinander abgestimmt, Strobels neuer Psychothriller lässt kaum eine Pause zu.

Mit wenigen Figuren kommt der Autor aus, sodass Markus‘ Dilemma ohne Ablenkung den Mittelpunkt der Handlung darstellt. Die Vorteile des Teilens von Gebrauchsgegenständen werden in Kontrast gesetzt zu persönlicher Bereicherung und Profitgier. Spannend wird dieses Thema mit einem persönlichen Horrortrip des Familienvaters verquickt, sodass man dem Geschehen nur atemlos folgen kann und bald selbst nicht mehr weiß, auf welche Seite man sich im Falle des Falles stellen würde.

Mit „Sharing“ ist Arno Strobel eine weitere Glanzleistung gelungen, ein Buch, das man kaum aus der Hand legen will, das sowohl inhaltlich als auch stilistisch überzeugt. Von mir gibt es daher ganz klar fünf Sterne und eine Leseempfehlung.



Titel Sharing - Willst du wirklich alles teilen?

Autor Arno Strobel

ISBN 978-3-548-06406-2

Sprache Deutsch

Ausgabe Flexibler Einband, 368 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook und Hörbuch

Erscheinungsdatum 29. September 2021

Verlag Fischer TB

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