Die sechzehnjährige Waise Clara darf dank eines Stipendiums ab dem neuen Schuljahr das Eliteinternat Rotensand auf Rügen besuchen. Als „Die Neue“ ohne Markenklamotten und stets in schwarz gekleidet schlägt ihr von Beginn an Argwohn entgegen. Am ersten Abend findet sie einen toten Spatz in ihrem Bett – ein schlechter Scherz? Clara beschließt, den Vorfall nicht zu melden. Kurz darauf wird eine Schülerin ermordet aufgefunden, an ihre Schultern wurden Krähenfedern genäht. Clara beginnt, Nachforschungen anzustellen. Bald wird klar, dass dies nicht das letzte Opfer des Krähenmanns war…
Von der Autorin des Buches, Corina Bomann, habe ich schon einige Jugend- und Erwachsenenbücher gelesen, bei denen mich ihr Schreibstil begeistern konnte. Nun war ich neugierig, wie sich die Autorin im Thrillergenre schlägt. Mit seinem blutroten Schnitt ist das Buch definitiv ein Eyecatcher, bei dem ich mir die Frage stellte, was es wohl mit dem geheimnisvollen Krähenmann auf sich hat.
Die Spannung ist von Beginn an hoch, denn noch bevor der Leser Clara kennenlernt, wird er Zeuge des ersten Mordes des Krähenmanns. Wer ist das Opfer, und vor allem – wer ist der Täter? Danach wechselt die Perspektive zu Clara, die gerade im Internat angekommen ist. Ihre Mitbewohnerin Susanne ist nur wenig begeistert über die Neue in ihrem Zimmer, hat sie doch bisher mit Camilla zusammengewohnt. Doch Clara ist eine starke und schlagfertige Persönlichkeit, die sich so schnell nicht unterkriegen lässt. Der Zicke Melanie, die sie offenbar als ihr neues Opfer auserkoren hat, bietet sie ordentlich Paroli. Zum Glück findet Clara bald in Susanne und dem süßen Alex Freunde, die ihr zur Seite stehen.
Recht schnell findet Clara den unheimlichen Spatz in ihrem Bett, und bald darauf wird Camilla tot aufgefunden. Beides lässt Clara keine Ruhe, sodass sie mit den Nachforschungen beginnt. Als ein weiteres Mädchen verschwindet und ein anonymer Ratgeber ihr Tipps zuschickt, ist ihr Ermittlungseifer erst recht geweckt. Claras Antrieb, den Mörder zu finden, fand ich nachvollziehbar geschildert. Bei ihren Ermittlungen verhält sich Clara allerdings zahlreiche Male unglaublich leichtsinnig und setzt ihr Leben aufs Spiel. Auch dass sie der Polizei nichts von den Tipps verrät stieß bei mir auf Unverständnis, und die laschen Sicherheitsmaßnahmen selbst nach der zweiten Entführung fand ich unrealistisch.
Trotz dieser Kritikpunkte und weiterer Ungereimtheiten übte das Buch durch kurze Kapitel und zahlreiche Spannungsmomente einen Sog aus, der mich zum Weiterlesen motivierte. Nachdem es lange Zeit keine richtigen Verdächtigen gab, kommt man dem Motiv in der zweiten Buchhälfte näher und Clara nimmt erste Verdächtigungen vor. Die Handlung ist recht einfach konstruiert und spricht damit eher Jugendliche an, die sich für die sehr kurzen, aber dennoch nervenaufreibenden Mordszenen gewappnet fühlen.
„Krähenmann“ bietet eine starke Protagonistin, die Suche nach einem Serienmörder und einen geheimnisvollen Ratgeber, der Clara bei ihren Ermittlungen die Richtung weist. Leider bin ich beim Lesen über zahlreiche Ungereimtheiten gestolpert. Nichtsdestotrotz habe ich das Buch als spannend empfunden und vergebe daher drei Sterne. Jugendliche Thrillerfans sollten es sich auf jeden Fall einmal genauer anschauen.