Profilbild von Krimine

Krimine

Lesejury Star
offline

Krimine ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Krimine über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 06.11.2021

Ein erfahrener Kriminalist auf Spurensuche in der Vergangenheit

Im Auftrag der Toten
0

35 Jahre war Axel Petermann als Mordermittler und Fallanalytiker auf der Suche nach der Wahrheit, nach Recht und Gerechtigkeit. Das änderte sich auch mit seiner Pensionierung nicht. Denn noch immer beschäftigt ...

35 Jahre war Axel Petermann als Mordermittler und Fallanalytiker auf der Suche nach der Wahrheit, nach Recht und Gerechtigkeit. Das änderte sich auch mit seiner Pensionierung nicht. Denn noch immer beschäftigt er sich mit der Aufklärung von ungelösten Todesfällen. Nur, dass inzwischen seine Auftraggeber Angehörige der Opfer oder Anwälte sind. Wie im Fall einer sechsundzwanzigjährigen Sängerin aus Berlin, die in der Athener Wohnung ihres Ex-Freundes erhängt aufgefunden worden ist. Weder ihre Eltern noch nahe Freunde glauben daran, dass sich die junge Frau selbst das Leben nahm. Oder beim Mord an zwei jungen Mädchen in der Schweiz, der auch 40 Jahre nach der Tat nicht geklärt werden konnte. Zwar ist der Mordfall dort längst verjährt. Doch eine Antwort für die Angehörigen, was an dem verhängnisvollen Samstag geschehen ist, gibt es bis heute nicht.

„Im Auftrag der Toten“ ist nach „Auf der Spur des Bösen“, „Im Angesicht des Bösen“ sowie „Der Profiler“ das vierte Sachbuch von Axel Petermann, das sich mit ungelösten Mordfällen beschäftigt. In ihnen geht der erfahrene Kriminalist auf Spurensuche, lernt die Opfer und ihre Lebensumstände kennen und beleuchtet die an ihnen verübte Tat. Allerdings nur in dem Umfang, wie er an aussagekräftige Informationen kommt und sie mit Hilfe der Methoden des Profilings einordnen kann. Dadurch ergeben sich Rückschlüsse auf die Täterpersönlichkeit und das Motiv der Tat. Eine mühselige und mit einem enormen Aufwand vonstattengehende Kleinarbeit, die mit vielen Recherchen und Tatortbegehungen verbunden ist.

In einer Rückschau auf drei interessante Fälle, die auf Kreta, in der Schweiz und in München verübt worden sind, nimmt Axel Petermann seine Leser zu den von ihm getätigten Nachforschungen mit und erläutert, wie er auf seine fundierten und nicht immer mit Begeisterung aufgenommenen Schlussfolgerungen kommt. Dazu gibt er ausführliche Einblicke in seine wenig spektakulären Tätigkeiten, die aus akribischen Aktenstudien, sorgfältig durchgeführten Rekonstruktionen, Befragungen von Zeugen und Angehörigen, der Suche nach neuen Spuren und umfangreichen Analysetätigkeiten besteht. Mit viel Sensibilität gegenüber den Hinterbliebenen der Opfer und ohne Schuldzuweisungen und Effekthascherei legt er Fakten und Vermutungen dar und zeigt auf, dass es auch viele Jahre nach den verübten Taten eine Aufklärung geben kann.

Fazit und Bewertung:
„Im Auftrag der Toten“ ist eine klare Leseempfehlung für alle, die sich für True Crime und Cold Cases interessieren und einen guten Einblick in die Arbeit eines Fallanalytikers gewinnen wollen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.10.2021

Ein alptraumhafter Thriller, der in die tiefsten Abgründe einer kranken Seele blicken lässt.

Der Eisjunge
0

Nils Trojan war nach seinem letzten Fall völlig ausgebrannt. Ein Kollege starb im Einsatz und ihm selbst fehlte die Kraft, seinen Job fortzusetzen. Nun aber, nach einer dreimonatigen Auszeit kehrt er mit ...

Nils Trojan war nach seinem letzten Fall völlig ausgebrannt. Ein Kollege starb im Einsatz und ihm selbst fehlte die Kraft, seinen Job fortzusetzen. Nun aber, nach einer dreimonatigen Auszeit kehrt er mit guten Vorsätzen zurück. Und prompt wartet schon ein neuer Fall auf ihn, der ihn an die Grenzen des Erträglichen bringt. Eine junge Frau wurde in ihrer Neuköllner Wohnung bestialisch ermordet. Ihre Mundwinkel wurden zu einem Lächeln vernäht und an ihrer linken Körperhälfte hat der Täter das Fell eines Rehes angebracht. Dazu prangt eine seltsame Botschaft über ihrem Bett und erneut haben Nils Trojan und das Team der 5. Mordkommission alle Hände voll zu tun, einem psychopathischen Mörder das Handwerk zu legen.

„Der Eisjunge“ ist ein spannend erzählter Psychothriller mit interessant inszenierten Morden und einem Tempo, das den Leser nur so über die Seiten treibt. Immer wieder gibt es neue Wendungen, ein Opfer nach dem anderen wird in die Handlung eingeführt und der viel zu lange unbekannte Täter ist den Ermittlern stets einen Schritt voraus. Ein Ermittlungsmarathon, der allen Beteiligten viel abverlangt und wenig Raum für ein Privatleben lässt. Und während die Ermittler fleißig Indizien sammeln, Zeugen befragen und Vermutungen anstellen, rennt ihnen die Zeit davon und der im Dunklen agierende Mörder lebt seine makabren Fantasien in vollen Zügen aus.

Als 9. Band der Reihe um Nils Trojan überzeugt „Der Eisjunge“ erneut mit einem sympathischen Ermittlerteam und gut ausgearbeiteten Figuren. Wie die Filmemacherin Elisabeth, die einen Horrorstreifen drehen will und damit ihr Kindheitstrauma zu verarbeiten hofft oder die Bibliotheksmitarbeiterin Karen, die zunehmend Mitleid mit einem Jungen hat, der, um nicht nach Hause zu müssen, jeden Nachmittag im Lesesaal verbringt. Aber auch der Mörder selbst kommt zu Wort und lässt tief in sein Seelenleben schauen. Hinzu kommen eine düstere Atmosphäre, abwechslungsreiche Kapitel und überraschende Wendungen und sorgen dafür, dass der Leser Trojans neuen Fall nicht so schnell wieder vergessen kann.

Fazit und Bewertung:
Ein alptraumhafter Thriller, der in die tiefsten Abgründe einer kranken Seele blicken lässt und von Ermittlern und Lesern gleichermaßen starke Nerven verlangt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.10.2021

Ein subtiler Thriller, der menschliche Verhaltensweisen an den Pranger stellt.

Liebe deine Nachbarn wie dich selbst
0

Gepflegte Grundstücke, verständnisvolle Nachbarn und Kinder, die auf der Straße spielen. Das alles findet man in dem englischen Vorort Lowland Way, deren Bewohner ein kleines Paradies erschaffen haben. ...

Gepflegte Grundstücke, verständnisvolle Nachbarn und Kinder, die auf der Straße spielen. Das alles findet man in dem englischen Vorort Lowland Way, deren Bewohner ein kleines Paradies erschaffen haben. Doch als nach dem Tod der alten Jane das Haus Nr. 1 neu bezogen wird, ändert sich alles. Denn der neue Besitzer Darren Both und seine Lebensgefährtin Jodie betreiben einen Autohandel und lieben laute Metal Musik. Deshalb nun an gibt es nur noch Streit, ein Junge wird von Darren angefahren und ein schreckliches Verbrechen geschieht. Daran ist natürlich Darren Schuld, wenn es nach der Meinung der Nachbarn geht. Nur die Polizei sieht das anders und so nimmt ein verhängnisvoller Kampf, die neuen Nachbarn loszuwerden, seinen Lauf.

„Liebe deine Nachbarn wie dich selbst“ ist ein fein gesponnener Psychothriller, der von vielen gut gehüteten Geheimnissen und wenig sichtbaren Verstrickungen der überschaubaren Bewohner von Lowland Way lebt. Da ist zum einen die eine Website betreibende Naomi Morgan, die das Zepter in der Hand hält und durch eine kinderfreundliche Kampagne bekannt geworden ist. Zum anderen lernt der Leser Sissy Watkins kennen, die in ihrem Haus einen Bed and Breakfast betreibt und durch die Pöbeleien der neuen Nachbarn ihre Kunden verliert. Und dann gibt es noch ein junges Ehepaar, dessen Kind aufgrund des Lärms nicht mehr schlafen kann und eine Handvoll weitere Bewohner, denen die plötzliche Unordnung auf der Straße so gar nicht gefällt.

Beginnend mit dem tödlichen Unfall werden die Ereignisse zunächst als Rückblick ab dem Zeitpunkt des Einzugs der neuen Nachbarn acht Woche zuvor erzählt, um danach chronologisch bis zur Klärung der Vorfälle nach dem Unfall fortgesetzt zu werden. So erhält der Leser einen guten Einblick in das sich immer weiter zuspitzende Geschehen, während er gleichzeitig die Nachbarn und in ihre Gefühle und Beweggründe besser kennenlernt. Dazu werden einzelnen Kapiteln Befragungsprotokolle der Polizei vorangestellt und um Vernehmungsniederschriften, Facebookposts und Artikel in der örtlichen Presse ergänzt. Ein Sammersurium an Informationen, die letztendlich zum Täter führen und ein Leseerlebnis, das wendungsreich und spannend ist.

Fazit und Bewertung:
„Liebe deine Nachbarn wie dich selbst“ ist ein subtiler Thriller, der menschliche Verhaltensweisen an den Pranger stellt und einen interessanten Blick hinter die Kulissen einer Vorstadtidylle gewährt, in der es lange Zeit brodelt und zu guter Letzt überkocht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.09.2021

Ein spannender und bitterböser Thriller

SCHWEIG!
0

Am Tag vor Heiligabend fährt Esther zu ihrer Schwester Sue, die nach der Trennung von ihrem Mann, alleine in einem großen Haus im Wald wohnt. Viel zu sagen haben sich die beiden Frauen nicht. Denn während ...

Am Tag vor Heiligabend fährt Esther zu ihrer Schwester Sue, die nach der Trennung von ihrem Mann, alleine in einem großen Haus im Wald wohnt. Viel zu sagen haben sich die beiden Frauen nicht. Denn während Esther dominant und übergriffig ist und die Menschen in ihrer Umgebung ständig zu kontrollieren und beherrschen versucht, lehnt Sue die Manipulationen ihrer großen Schwester rigoros ab. Zu tief sitzen die Verletzungen aus der Kindheit, die ihr zugefügt wurden und die sie nur mit trickreichen Vergeltungsschlägen ertragen hat. Nun aber, nachdem Esther in ihrer Küche sitzt, sprechen sich aus. Und plötzlich kommen Dinge ans Tageslicht, die lieber im Verborgenen geblieben wären und eine tödliche Kurzschlusshandlung nach sich ziehen.

„Schweig!“ ist ein spannender und bitterböser Thriller um zwei Schwestern, die von einer verhängnisvollen Kindheit geprägt, schwer gezeichnet sind. Esther, die stets perfekt sein will und damit ihre Beziehung vergiftet und Sue, die ihre Ruhe liebt und wenig mit der überehrgeizigen Schwester anfangen kann. Doch am Vorweihnachtsabend wendet sich das Blatt. Als Esther ihre kleine Schwester mit ihren Forderungen in die Enge treibt, greift diese zum ersten Mal an und offenbart nicht nur ihre tiefsten Gefühle, sondern auch eine Wahrheit die Esther schwer trifft. Dabei ist Sue nicht die Einzige, die unter der Kontrollsucht ihrer Schwester zu leiden hat. Auch deren Mann Martin bleibt davon nicht verschont und hofft, eines Tages von ihr loszukommen.

Judith Merchant hat eine Geschichte voller finsterer Gedanken und Vergeltungsschläge erdacht, deren Tragweite erst allmählich durchschaut werden kann. Denn zunächst einmal sieht alles nach einer dem Weihnachtsfest entgegenfiebernden Familienidylle aus, in der die abtrünnige kleine Schwester einen gebührenden Platz erhalten soll. Dass sie das nicht will, ist nur schwer zu verstehen, wie auch die Tatsache, dass sie ein von ihrer Nichte liebevoll verpacktes Geschenk ablehnt. Von da an dauert es noch ein wenig, bis Rückblicke in die Vergangenheit abgrundtiefe Hintergründe offenbaren und aus der angestrebten Harmonie eine gefahrvolle Lügengeschichte wird.

Fazit:
Mit einem guten Gefühl für zwischenmenschliche Beziehungen und subtile Spannungen hat Judith Merchant einen bitterbösen Thriller geschrieben, der berührt und fesselt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.09.2021

Ein zwielichtiger und bewegender Thriller

Nur ein Schritt
0

Die Sozialarbeiterin Morgan steht in einer U-Bahnstation am Gleis, als eine fremde Frau sie bittet, ihr Baby zu nehmen. „Liebe sie an meiner Stelle“, fleht sie Morgen an und stürzt sich nur Sekunden später ...

Die Sozialarbeiterin Morgan steht in einer U-Bahnstation am Gleis, als eine fremde Frau sie bittet, ihr Baby zu nehmen. „Liebe sie an meiner Stelle“, fleht sie Morgen an und stürzt sich nur Sekunden später vor den einfahrenden Zug. Morgan, die sich sicher ist, dass die Fremde ihren Namen genannt hat, ist hilflos und geschockt. Was ist da gerade passiert und hätte sie es verhindern können? Mit wirren Gedanken im Kopf folgt sie einem Officer auf die Wache, wo sie auf Detective Karina Martinez stößt, die sie seit dem Selbstmord ihres Mannes Ryan kennt. Schon damals glaubte sie Morgan nicht und auch diesmal scheint sie in ihren Augen nicht schuldlos am Tod eines Menschen zu sein.

„Nur ein Schritt“ ist ein spannender Psychothriller, der sich um das Schicksal zweier Frauen rankt und um einem Geheimnis aus der Vergangenheit, das mit seinen zerstörerischen Schatten um sich greift. Nur ganz langsam und mit einer Reihe an nicht zu erklärenden Begebenheiten dringt es in ihr Leben ein und stellt diese auf den Kopf. So ist lange Zeit nicht klar, was der Leser von den sich zuspitzenden Ereignissen halten soll und wer von den beteiligten Personen glaubhaft ist und wer gnadenlos lügt. Auch ist nur schwer zu erkennen, welche Bedrohung über allem schwebt, bis es mitten im Feierabendverkehr an einer gut gefüllten U-Bahnstation zum Äußersten kommt.

Von der Sozialarbeiterin Morgan und der erfolgreichen Unternehmerin Nicole abwechselnd erzählt, nehmen die verhängnisvollen Geschehnisse ihren Lauf. Dabei gewähren beide Frauen einen tiefen Einblick in ihr Leben, berichten offen über das, was vor und nach dem tragischen Vorfall geschehen ist und scheuen sich nicht, grundlos ehrlich zu sein. Ein Sammelsurium an Gefühlen und Emotionen, in die erst Ordnung gebracht muss. Und dann, von einem Moment auf den anderen kristallisiert sich die Ursache des Übels heraus und mit ihr eine noch immer bestehende Gefahr, die gebannt werden muss.

Fazit und Bewertung:
Ein bewegender Thriller, der bis zum Schluss in Atem hält und durch viele eingebaute Täuschungsmanöver und Stolpersteine zwielichtig und wendungsreich in Erscheinung tritt.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere