Anregender Nahe-Zukunft-Thriller um eine Spionin im globalen Epizentrum der Überwachung
EveryDieser Nachfolgeroman zu „The Circle“ ist eigenständig lesbar. Man schlüpft in die Perspektive der jungen Erwachsenen Delaney, die versucht, den monopolhaften Internet-Giganten „Every“, der aus Zusammenschlüssen ...
Dieser Nachfolgeroman zu „The Circle“ ist eigenständig lesbar. Man schlüpft in die Perspektive der jungen Erwachsenen Delaney, die versucht, den monopolhaften Internet-Giganten „Every“, der aus Zusammenschlüssen von Konzernen wie Google, Facebook und Amazon entstand, von innen heraus zu zerschlagen. Sie erwartet, dass von ihr mitentwickelte Apps, die Tagesablauf, Kommunikation, Wohnen, Mobilität und Konsumverhalten prägen, die Freundschaft, Schönheit usw. algorithmisch messen, einen Aufschrei hervorrufen. Doch stattdessen schätzen viele Menschen die Bequemlichkeit und den Beitrag zum Klimaschutz und zur Verbrechensbekämpfung.
Das im Vergleich zur eBook-Ausgabe leicht gekürzte Hörbuch ist 15 Stunden und 13 Minuten lang. Tempo und Aussprache des Sprechers Torben Kessler wirken angenehm und gut verständlich. Ich konnte der Handlung während der Hausarbeit und dem Arbeitsweg gut folgen und kam immer schnell wieder hinein. Der ironische Unterton passt zu vielen Szenen, wirkt aber manchmal auch deplatziert und überhandnehmend. Die Pausen zwischen Sinnabschnitten sind gut, nur in ganz seltenen Fällen etwas zu kurz, sodass ich irritiert war, mich in einer neuen Szene zu befinden. Positiverweise werden die Kapitelüberschriften mitgesprochen.
Die Hauptfigur gefiel mir mittelgut. Ich störte mich ein bisschen daran, dass Delaney ihre Bemühungen mit eigenen Ideen konterkariert und wenig aus Fehlern lernt. Wes und Kiki erlebte ich als individuelle, interessante Nebenfiguren mit spannender Entwicklung.
Die Handlung empfand ich als eingängig, anschaulich und unterhaltsam, oft amüsant, gespickt mit zahlreichen kreativen Ideen. Im Mittelteil hätte gestrafft und fokussierter erzählt werden können. Es kommt klar heraus, dass der Autor Dave Eggers kein Fan von E-Commerce-Giganten ist. Der erhobene, moralisierende Zeigefinger wirkt nicht zuletzt durch den sprachlichen Ausdruck omnipräsent, was auch zu einer gewissen Vorhersehbarkeit führt. So einseitig und überspitzt wie einiges dargestellt wird, kann ich mir nur schwer vorstellen, dass es in der Realität so reibungslos ablaufen würde. Im Ergebnis werte ich den gesellschaftskritischen Thriller für einen breiten Adressatenkreis als wertvollen Beitrag zur Sensibilisierung und als Denkanstoß für anregende Diskussionen. Lese-/Hörempfehlung.