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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.05.2017

Der sympathischste arrogante Fatzke, der mir seit langem untergekommen ist

Schwesterherz
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Dieser Roman polarisiert offenbar – zumindest gibt es sehr weit auseinandergehende Meinungen. Was mir dabei auffiel: wer andere Bücher von Kristina Ohlsson kennt, ist meist enttäuscht. Wer dieses Buch ...

Dieser Roman polarisiert offenbar – zumindest gibt es sehr weit auseinandergehende Meinungen. Was mir dabei auffiel: wer andere Bücher von Kristina Ohlsson kennt, ist meist enttäuscht. Wer dieses Buch als Erstes von ihr gelesen hat, war in der Regel zufrieden damit. Ich gehöre zur zweiten Kategorie, und auch ich muss sagen: es hat mich mitgerissen und ich fand es wirklich gut.

Ich kann – wie gesagt – nicht schreiben, was diesen Roman von Ohlssons anderen Büchern unterscheidet. Aber ich kann sagen, was mir daran gefallen hat (und was nicht). Zunächst mal: Martin Benner ist eine super Hauptfigur. Er ist nicht aalglatt, er hat Macken… sogar ziemlich viele. Er ist – um es auf den Punkt zu bringen – aber der sympathischste arrogante Fatzke (das treffendere Wort darf ich hier wohl eher nicht schreiben), der mir seit langem in einem Roman untergekommen ist. Manchmal hätte ich ihn schütteln wollen, manchmal hab ich die Augen verleiert… und manchmal war er mir irgendwie ganz nah. Ich finde, schon allein für Martin hat die Autorin Beifall verdient.
Auch die Konstruktion des Thrillers ist erstaunlich, denn die Handlung wirkt wie ein Sog. Genauso, wie Martin aus heiterem Himmel in eine riesige, perfide Geschichte hineingezogen wird, so wird auch der Leser in diesen Strudel aus Geheimnissen, Korruption, mafiaähnlichen Strukturen hineingezogen. Ich hatte das Gefühl, gut nachvollziehen zu können, wie Martin an seine persönlichen Grenzen kommt und irgendwann kaum noch einen Ausweg sieht.

Und nun komme ich zu dem Grund, weshalb ich doch einen Stern abgezogen habe: das Ende. Leider ist der Thriller nämlich nicht in sich abgeschlossen. Man hat das Gefühl, es wird einfach zwischendrin abgebrochen. Klar, der Leser soll natürlich auch den nächsten Band kaufen, der clevererweise schon angekündigt ist für Mitte Juni 2017. Hat die Autorin das Ende bewusst so gewählt? Oder ist das ein Schachzug des Verlags, um die Verkäufe der neuen Reihe in die Höhe zu treiben? Mir hätte es besser gefallen, zumindest auf einige offene Fragen bereits im ersten Teil Antworten zu lesen. Denn so hatte ich leider das Empfinden, dass ich mitten im Buch aufhören musste. Und das bleibt leider als negativer Eindruck hängen.

Aber auch ich kann natürlich nicht anders: Band 2 ist schon auf der Wunschliste vorgemerkt. Die Story ist einfach zu gut.

Veröffentlicht am 07.05.2017

Eine Liebeserklärung an menschliches und tierisches Leben aller Art

Weil sie das Leben liebten
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Was ich an Charlotte Roth so mag ist, dass sie sich immer wieder an tolle historische Themen wagt, die so noch von niemandem aufgearbeitet worden sind. In ihrem ersten Roman war das beispielsweise die ...

Was ich an Charlotte Roth so mag ist, dass sie sich immer wieder an tolle historische Themen wagt, die so noch von niemandem aufgearbeitet worden sind. In ihrem ersten Roman war das beispielsweise die Zeit der Wende im geteilten Deutschland und die Emanzipationsbewegung, im zweiten Buch waren es die Olympiade 1936 und das Thema Sportler im dritten Reich. In diesem Buch ist es die Geschichte der Sinti während des Nationalsozialismus und die wechselhafte, oft auch traurige, Geschichte des Berliner Zoos in dieser Zeit.

Und mit diesen wirklich gut recherchierten Themen sticht sie aus der Masse der Romane um das frühe 20. Jahrhundert heraus. Ich habe Frau Roth mittlerweile als Garantin für spannende historische Unterhaltung kennengelernt und so wurde ich auch diesmal nicht enttäuscht.

Die Personen des Romans haben es mir allerdings diesmal etwas schwerer gemacht. Franka und Carl sind für mich aufgrund ihrer Traumata, die sie durch ihr Leben begleiten, mitunter nicht so greifbar gewesen. Frankas Scheu im Umgang mit Menschen konnte ich teilweise nur schwer nachvollziehen, auch wenn die Autorin wirklich versucht hat klarzumachen, wieso Franka so ist, wie sie eben ist. Carl, der ein ebenso schwieriger Fall war, konnte mich auch nicht so ganz „mitnehmen“. Und auch Adam, die dritte Hauptperson, ein junger Mann mit Sinti-Abstammung, war in mancher Situation für mich etwas schwer nachvollziehbar. Sein Stolz, seine Worte Franka gegenüber… ich empfand es nicht immer als passend, auch wenn die Verbundenheit zwischen den beiden nachvollziehbar geschildert war.

Ein besonderes Highlight des Buches waren aber für mich die Tiere des Berliner Zoos. Man lernte ein paar ganz besondere Exemplare als Begleiter von Franka, Carl und Adam sehr nah kennen. So zum Beispiel das Flusspferd Waltraud, das Zebra Arpad und den Kaiman Heinz-Peter. Im Nachwort erfährt man, dass diesen Tieren tatsächlich zur damaligen Zeit lebende Tiere aus dem Berliner Zoo Pate gestanden haben. Frau Roth hat auch hier wieder gut recherchiert und die Tiere noch einmal lebendig werden lassen und ihnen mit diesem Buch wohl auch ein kleines Denkmal gesetzt.

Jeder, der sich für die Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland interessiert und Tiere mag, sollte dieses Buch lesen. Denn es ist nicht vordergründig eine Liebesgeschichte. Oder vielleicht doch: es ist eine Liebeserklärung an menschliches und tierisches Leben in jeglicher Form.

Veröffentlicht am 27.04.2017

Dunkle Familiengeheimisse im australischen Queensland – spannend!

Das Rosenholzzimmer
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Von dem titelgebenden „Rosenholzzimmer“ sollte man sich nicht in die Irre führen lassen. In dem Zimmer passiert nämlich nichts Außergewöhnliches, außer dass Audrey dort alte Fotos findet, die sie auf die ...

Von dem titelgebenden „Rosenholzzimmer“ sollte man sich nicht in die Irre führen lassen. In dem Zimmer passiert nämlich nichts Außergewöhnliches, außer dass Audrey dort alte Fotos findet, die sie auf die Spur des Familiengeheimnisses führen, welches das alte Landhaus „Thornwood House“ umgeben. Audrey hat es von ihrem verstorbenen früheren Partner Tony geerbt und sich entschieden, mit ihrer 11jährigen Tochter Bronwyn (ein Name, den ich noch nie vorher gehört habe) aus der Metropole Melbourne ins ländliche Queensland zu ziehen. Im Original heißt das Buch im Übrigen „Thornewood House“ – ein Titel, der meines Erachtens viel besser zu dem Buch passt. Warum muss denn der Titel eingedeutscht werden, wenn er so treffend ist? In anderen Bereichen wird ver-englischt, was das Zeug hält – hier ist es aus unerfindlichen Gründen anders herum.

Wie auch immer, das Buch hat mich auf jeden Fall gut unterhalten. Es ist nicht nur eine spannende Familiengeschichte, sondern fast schon ein Kriminalroman und besitzt auch durchaus Thrillerelemente. Das tut der Geschichte gut und hebt sie von den vielen, vielen Büchern ab, die sich um ähnliche Familiengeheimnisse drehen. Am Schluss wurde es sogar richtig dramatisch!

Ich habe das Buch als Hörbuch gehört und fand die Aufteilung auf drei Sprecher gut und abwechslungsreich. Der Teil, der in der Gegenwart spielt, hebt sich dadurch ab von dem historischen Teil und die Hauptpersonen (Audrey in der Gegenwart, Aylish und Samuel in den 30er und 40er Jahren) bekommen jeweils eine eigene Stimme. Sehr schön umgesetzt!

Ein paar Kleinigkeiten haben mich gestört, so z. B. dass Audrey quasi im Handumdrehen Gebärdensprache gelernt hat, um sich mit einem der neuen Nachbarn (und Vater einer Klassenkameradin von Bronwyn) verständigen zu können. Unrealistisch… Aber sei’s drum – die Geschichte hält einen über die gesamte Länge von 12 Stunden bei der Stange und damit hat sie auf jeden Fall vier Sterne verdient!

Veröffentlicht am 20.04.2017

Ein sympathischer Ermittler und ein neues Urlaubsziel :-)

Cyrus Doyle und der herzlose Tod
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Endlich mal wieder ein ganz normaler Ermittler! Ohne Ticks, ohne traumatische Vorgeschichte, ohne polarisierendes Wesen - einfach nur ein sympathischer Typ, der sich gerade von seiner Freundin getrennt ...

Endlich mal wieder ein ganz normaler Ermittler! Ohne Ticks, ohne traumatische Vorgeschichte, ohne polarisierendes Wesen - einfach nur ein sympathischer Typ, der sich gerade von seiner Freundin getrennt hat. Na gut, ein Laster scheint er doch zu haben und das sind attraktive Frauen – denn besonders in der zweiten Hälfte des Buches fand er irgendwie alle Frauen, mit denen er zu tun hatte, ganz toll. Und das, obwohl er gerade erst eine neue Freundin gefunden hatte…

Jedenfalls war es im Großen und Ganzen sehr angenehm, mit Cyrus Doyle auf Mörderjagd zu gehen. Der Fall war anfangs gut konstruiert und hat mich zunächst gut durchdacht auf die falsche Fährte gelockt. Allerdings habe ich nach ca. 2/3 des Buches dann doch ahnen können, wer für die Morde verantwortlich ist (ich kann aber nicht sagen, wieso, denn eigentlich deutete nicht wirklich etwas darauf hin – es war wohl nur die berühmt-berüchtigte weibliche Intuition). Dass die Spannung damit für mich nicht ganz bis zum Schluss gehalten werden konnte, ist für mich ein kleines Manko.

Das wird aber durch einen anderen Punkt wieder wettgemacht: die wunderbaren Beschreibungen Guernseys. Bisher war ich weder mit der Insel selbst noch ihren Sehenswürdigkeiten oder ihrer Geschichte vertraut, aber alles wurde in das Buch eingeflochten. Teilweise, das muss ich schon sagen, war es fast ein Reiseführer. Aber das ist ja der neue Trend bei Kriminalromanen – ermitteln, wo andere Urlaub machen Bei mir steht nun auf jeden Fall ein neues Urlaubsziel auf der To-visit-Liste. Und damit hat der Autor doch schon mal viel erreicht. Aus seinen Beschreibungen spricht jedenfalls die Liebe zu dieser Insel, die für deutsche Urlauber wohl noch so etwas wie ein Geheimtipp ist.

Deshalb würde ich den Roman auch nicht nur Krimifreunden empfehlen, sondern vor allem auch Lesern mit Fernweh.

Veröffentlicht am 03.04.2017

5 Kriminalfälle in einem Buch – da muss man mitdenken!

Selfies
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Es ist diesmal irgendwie eine ganz andere Art von Krimi geworden, den Jussi Adler-Olsen in seinem neuesten Roman erzählt. Diesmal steht nicht ein ganz besonders spektakulärer Cold Case im Vordergrund, ...

Es ist diesmal irgendwie eine ganz andere Art von Krimi geworden, den Jussi Adler-Olsen in seinem neuesten Roman erzählt. Diesmal steht nicht ein ganz besonders spektakulärer Cold Case im Vordergrund, sondern das Buch erzählt das, was grundsätzlich eher wahrscheinlich ist: wie Polizeikommissare fast daran verzweifeln, mehrere Fälle gleichzeitig auf dem Tisch zu haben und mit jedem irgendwie vorankommen zu müssen. Ich kann mir gut vorstellen, dass das die tatsächliche Polizeiarbeit eher wiedergibt, als die sonst immer beschriebenen „großen“ Einzelfälle. Aber vom Leser wird dabei auch gefordert mitzudenken – die vielen Handlungsstränge geraten einem im Kopf sonst recht schnell durcheinander.

Alle bekannten Charaktere aus der Sonderdezernat Q –Reihe sind wieder mit dabei: neben Carl Morck sind Assad, Gordon, Morton, Hardy und Rose wieder mit dabei. Letzterer kommt in diesem Buch eine tragische Rolle zu – denn erstmals wird das Geheimnis um ihre psychische Labilität gelüftet und die Ursache ihrer Krankheit kommt ans Licht. Man leidet richtig mit, wenn man liest, wie verzweifelt Carl, Assad und Gordon versuchen, neben ihren anderen Verpflichtungen auch dem Rätsel um Rose auf die Spur zu kommen. Obwohl das ja eher privaten Interessen als den aktuellen Ermittlungen dient. Denkt man zumindest… denn am Ende sind doch irgendwie alle Fälle miteinander verknüpft.

Obwohl man als Leser mehr weiß als die Kommissare (der Autor schreibt auch aus der Perspektive eines bzw. mehrerer Täter), bleibt erstaunlicherweise die Spannung erhalten. Woran das liegt, ist mir nicht richtig plausibel geworden – aber es spricht für den Autor, dass er das hinbekommen hat.

Im Großen und Ganzen wieder ein gutes, interessantes und insbesondere psychologisch spannendes Buch von Jussi Adler-Olsen. Obwohl es mit meinem Favoriten „Verachtung“ (Band 4 der Reihe) nicht mithalten kann.