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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.09.2016

ein raffiniertes Verwirrspiel

Böse Absichten
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„Böse Absichten“ von Keigo Higashio ist ein Krimi der besonderen Art, hier steckt die Tücke quasi im Detail. Aufgrund des reduzierten Schauplätze und dem Stil der Geschichte, erinnert es in vielem an ein ...

„Böse Absichten“ von Keigo Higashio ist ein Krimi der besonderen Art, hier steckt die Tücke quasi im Detail. Aufgrund des reduzierten Schauplätze und dem Stil der Geschichte, erinnert es in vielem an ein Kammerspiel.
Der Krimi spielt in Japan, die übertrieben höfliche und zurückhaltende Art, in der die Protagonisten miteinander umgehen, schafft beim Leser eine gewisse Distanz, lässt die Geschichte sehr fremdartig erscheinen. In Westeuropa würde man beispielsweise nicht von Herrn Nonoguchi und Herrn Hidaka sprechen.
Der Mordfall, um den es sich in der Geschichte dreht, geschieht bereits am Anfang des Buches und erscheint unspektakulär. Der Schriftsteller Kunihiko Hidaki wird in seinem Haus erdrosselt und erschlagen aufgefunden, einen Tag bevor er gemeinsam mit seiner Frau nach Kanada auswandern will. Entdeckt wird der Tote von seiner Frau sowie von seinem Freund und Schriftsteller-Kollegen Nonoguchi. Nonoguchi ist es auch, aus dessen Sicht das Auffinden der Leiche sowie die Ereignisse am Tag der Tat geschildert werden.
Seine Aufzeichnungen zu den Tatumständen dienen auch der Polizei als Ermittlungsgrundlage. Der ermittelnde Kommissar Kaga, der Nonoguchi von früher kennt, als beide als gleichzeitig als Lehrer an einer Schule tätig waren, stößt sich jedoch bald an Details und kann den Täter schnell entlarven.
Im weiteren Verlauf geht es dann in erster Linie darum, nicht nur den Tathergang zu rekonstruieren, sondern vor allem dem Motiv auf die Spur zu kommen. Es wechseln Abschnitte mit Nonoguchis Aufzeichnungen sowie Kagas Ermittlungsprotokollen und seinen Schlüssen dazu.
Spannend ist weniger die Handlung, der Leser wird dadurch bei der Stange gehalten, dass er gedanklich mitermittelt und mehrfach in die Irre geführt wird. Die Sprache wirkt genau gewählt, der Leser muss genau lesen, um alle Feinheiten aufzunehmen.
Das Buch hat mich sehr gefesselt und manchmal zum Schmunzeln gebracht, gegen Ende kamen dann jedoch Längen auf, weil zu viele Details von zu vielen Seiten beleuchtet wurden. Zudem erscheint mir die Auflösung am Ende nicht wirklich schlüssig, das Motiv erklärt in meinen Augen nicht die Komplexität, mit der die Tat geplant und begangen wurde.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Unterhaltsamer Krimi mit kleinen Schwächen

Von Herzen
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Der Leser wird ohne einführende Worte mitten ins Geschehen geschubst. Gleich im ersten Kapitel geschieht ein Mord, eine abgewiesene Geliebte ermordet im Affekt ihren Exfreund.
Damit scheint der Fall klar ...

Der Leser wird ohne einführende Worte mitten ins Geschehen geschubst. Gleich im ersten Kapitel geschieht ein Mord, eine abgewiesene Geliebte ermordet im Affekt ihren Exfreund.
Damit scheint der Fall klar zu sein, doch es stellt sich schnell heraus, dass der ermordete Arzt Andreas Wilkens es mit der Treue nicht sehr genau genommen hat, und die Täterin nur schwer zu entlarven. Die Berliner Polizei muss tiefer in der Vergangenheit des Opfers graben, um der Täterin auf die Spur zu kommen. Natalie Sperling als verantwortliche Ermittlerin hat dabei nicht nur Unterstützung von ihren Kollegen, denn da gibt es noch ihr Maskottchen, den weißen Stoffhasen Harvey, der in kritischen Situationen ihre Gedanken ordnet und als ihre innere Stimme fungiert.
Mir haben der Stil und der Ton des Krimis sehr gut gefallen. Die Geschichte ist locker erzählt, Natalies kleine „Macke“ mit Harvey lockert die Handlung auf, die Charaktere wirken lebensnah und auch dadurch sympathisch, dass sie sich selbst nicht zu ernst nehmen. Die Geschichte ist komplex und verzwickt, es gibt immer wieder Rückschläge, auch weil in der Zusammenarbeit unter den Kollegen nicht immer alles glatt läuft. Das macht die Geschichte glaubhaft und spannend, andererseits liegt in der zu großen Komplexität auch eine Schwäche der Geschichte. Es gibt einige Handlungsstränge, die nicht zuende gedacht erscheinen, die Motivation der Täterin bleibt im Dunkeln, die Geschichte endet sehr abrupt, ohne eine wirklich zufriedenstellende Auflösung.
Insgesamt war der Krimi unterhaltsam, etwas weniger Komplexität in der Geschichte hätte aber auch gereicht und in einigen Punkten mehr Raum für Tiefe gegeben.

Veröffentlicht am 15.09.2016

ein vielschichtiger Krimi mit Einblicken in die skandinavische Geschichte

Der letzte Pilger
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Der Krimi „Der letzte Pilger“ des norwegischen Autors Gard Sveen wird damit beworben, als bester Krimi Skandinaviens prämiert worden zu sein. Das finde ich zwar etwas hoch gegriffen, beeindruckend ist ...

Der Krimi „Der letzte Pilger“ des norwegischen Autors Gard Sveen wird damit beworben, als bester Krimi Skandinaviens prämiert worden zu sein. Das finde ich zwar etwas hoch gegriffen, beeindruckend ist dieses Debüt mit seiner spannenden und komplexen Geschichte aber allemal.
Eigentlich sind es sogar zwei Geschichten und Kriminalfälle, die hier erzählt und auf sehr geschickte Weise miteinander verwoben werden. Im Jahr 2003 wird nördlich von Oslo ein Grab aufgefunden mit den Leichen dreier im 2. Weltkrieg als vermisst gemeldeten Personen, darunter ein 8-jährigesMädchen. Als wenige Tage später der bekannte frühere Politiker und Oskar Krogh in seinem Haus in Oslo grausam ermordet wird, der unter anderem eine tragende Person des norwegischen Widerstands im 2. Weltkrieg darstellte, vermutet Kommissar Tommy Bergmann einen Zusammenhang.
Und hier setzt die auch die Verbindung an zum zweiten Handlungsstrang. Dieser beginnt mit der Ermordung eines norwegischen Offiziers kurz nach Ende des Krieges, und geht dann noch weiter zurück bis ins Jahr 1939. Dort lernt der Leser Agnes Gerner kennen, die zu Beginn des Krieges aus England in ihr Heimatland Norwegen zurück kehrt, um dort für den Widerstand zu arbeiten und über den persönlichen Kontakt zu Nazigrößen aus Deutschland und Norwegen an wichtige Informationen zu kommen.
Agnes Gerner ist eine der vermissten Personen, deren Geschichte Tommy Bergmann nach dem Leichenfund keine Ruhe lässt. Auf der Suche nach einem Motiv für den Mord an Oskar Krogh geht Tommy Spuren nach, die in die Vergangenheit führen und zu den Personen, deren tatsächliche Geschichte in den Rückblenden nach und nach dargelegt wird. Im Zusammenhang mit Tommys Erkenntnissen entsteht so ein eindrucksvolles Bild von der Arbeit des Widerstandes und deren schwierigen Umständen sowie der inneren Zerrissenheit der Beteiligten.
Der Autor geht behutsam mit dem Thema um und überlässt an vielen Stellen dem Leser die Wertung der Ereignisse. Der Spannungsbogen ist hoch und trotz des Umfangs von über 500 Seiten habe ich beim Lesen die Geschichte nie als langatmig empfunden.
Tommy Bergmann als Hauptperson dieser neuen Krimireihe ist für mich eine der schwächsten Charaktere des Buches. Wie viele Kommissare in der Literatur besitzt Tommy eine problematische Vergangenheit und hadert mit seiner Persönlichkeit. Tommy hat seine große Liebe verloren, weil er seinen Hang zu Gewalt gegen Frauen nicht in den Griff bekommen kann und hat jetzt Schwierigkeiten, eine neue Beziehung einzugehen. Mir als weiblicher Leserin ist Tommy trotz seiner intelligenten Ermittlungsweise dadurch äußerst unsympathisch, zumal er zu sehr als Opfer dieser Veranlagung dar gestellt wird.
Abgesehen davon kann ich dieses Buch jedem Fan tiefgründiger Krimis jedoch sehr empfehlen.

Veröffentlicht am 15.09.2016

ein hochbrisanter, komplexer Politthriller

Todesdeal
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“Todesdeal“ von Veit Etzold ist keine leichte Kost, sondern ein sehr komplexer politischer Thriller, den man mit Konzentration lesen sollte, um keine Details und Zusammenhänge zu übersehen.
Das Buch beleuchtet ...

“Todesdeal“ von Veit Etzold ist keine leichte Kost, sondern ein sehr komplexer politischer Thriller, den man mit Konzentration lesen sollte, um keine Details und Zusammenhänge zu übersehen.
Das Buch beleuchtet die Hintergründe und internationalen Intrigen um den Handel mit Coltan und den sogenannten „seltenen Erden“ im krisengebeutelten Grenzgebiet zwischen Ruanda und dem Kongo.
Eine der Hauptfiguren der Rahmenhandlung ist der Berliner Journalist Martin Fischer. Er wird gemeinsam mit seinem Kollegen Bernd von seinem Arbeitgeber, der Zeitung Global News, in dieses Gebiet geschickt, um anlässlich des 25. Todestages von Dian Fossey einen Artikel über sie und ihr Engagement für die Berggorillas zu schreiben. Sehr schnell wird Martins eher naive und verklärte Sicht Afrikas von der Wirklichkeit eingeholt, und er gerät als Spielball zwischen die Fronten des internationalen Rohstoffhandels.
Eine der Stärken des Buches ist allerdings gleichzeitig seine Schwäche. Das Buch vermittelt dem Leser sehr viel Hintergrundwissen über die Historie von Ruanda und dem Kongo sowie dem Vorgehen der internationalen Konsortien und Staaten im Zusammenhang mit dem Coltanhandel. Dieses Wissen ist notwendig, um die Brisanz der Geschichte zu verstehen, und die beeindruckende Vita des Autors belegt, das er weiß, wovon er spricht. Diese Informationsflut nimmt dem Thriller leider auf längeren Passagen die Spannung.
Das Buch beginnt mit einigen dramatischen Szenen, dann wird die Geschichte jedoch ausgebremst, um die zahlreichen Charaktere einzuführen und ihre Beziehungen zueinander dar zu legen. Im weiteren Verlauf wird die Vermittlung der Hintergrundinformationen zwar geschickt in die Geschichte eingebunden, meist in Form von Gesprächen zwischen den Protagonisten, dies nimmt dem Buch jedoch einiges an Tempo. Erst im letzten Viertel spitzen sich die Ereignisse zu und es kommt Spannung auf.
Die Geschichte ist komplex und verknüpft mehrere Handlungsstränge mit zahlreichen Charakteren, aufgrund der eher kurzen Kapitel und der Ortsangaben in deren Überschrift hatte ich jedoch nie den Eindruck den Überblick zu verlieren. Die Charaktere wirken ebenso wie die Handlung glaubhaft wenn auch manchmal etwas klischeehaft. Lediglich die eingeflochtene Liebesgeschichte erscheint sehr aufgesetzt, das ist offenbar nicht das bevorzugte Metier des Autors.
Aufgrund seiner Brisanz und seinem fundierten Plot ist dieser Thriller auf jeden Fall eine Empfehlung Wert.

Veröffentlicht am 09.03.2023

stimmungsvoll aber kein Thriller

Brandmal
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Elina Backman wird mit ihrem Debüt „Brandmal“ als neue Skandinavische Krimikönigin gehypt, das weckt Erwartungen, die die Geschichte nicht erfüllen kann, eine Thriller-Sensation habe ich nicht gefunden.
Im ...

Elina Backman wird mit ihrem Debüt „Brandmal“ als neue Skandinavische Krimikönigin gehypt, das weckt Erwartungen, die die Geschichte nicht erfüllen kann, eine Thriller-Sensation habe ich nicht gefunden.
Im Jahr 1989 wird die 15-Jähre Helena in Hartola ertrunken im Fluss aufgefunden, 30 Jahre später führt eine Serie grausamer Morde die Ermittler aus Helsinki in die kleine Gemeinde, die sich selbst als „Finnlands einziges Königreich“ bezeichnet.
Nach ihrer Kündigung verbringt die Journalistin Saana Havas den Sommer wie in ihrer Kindheit bei ihrer Tante in Hartola. Dort hört sie von der Geschichte Helenas, deren Tod nie vollständig aufgeklärt wurde. Nicht alle glauben an einen Unfall oder einen Selbstmord, Saana beginnt über den Fall zu recherchieren und weckt damit den Unmut einiger Bewohner.
Kurz darauf wird in Hartola die Leiche eines Mannes entdeckt, der mit dem selben Brandmal gezeichnet ist, das bereits ein paar Tage zuvor bei einer Leiche in Helsinki aufgetaucht ist. Diese Parallele führt Kommissar Jan Leino nach Hartola, und die Suche nach Zusammenhängen zwischen den Fällen bringt auch Verbindungen zu Helena zu Tage.
Die Geschichte wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt, insbesondere den Privatleben von Saana, Jan und dessen Kollegin Heidi wird viel Raum gegeben. In diesem ersten Band einer geplanten Reihe ist es sinnvoll, die Hauptfiguren näher kennenzulernen, doch kommt dadurch wenig Spannung auf, ich hatte eher den Eindruck einen Roman zu lesen, aber keinen Thriller.
Insbesondere die Rückblenden aus Helenas Sicht sind stimmungsvoll und vermitteln gut ihre wechselnden Gefühle und zeitweises Unbehagen, in der Gegenwart habe ich die mystischen Elemente als zu gewollt und aufgesetzt empfunden.
insgesamt wirkt die Geschichte auf mich zu konstruiert, es gibt ein paar Zufälle zu viel, darunter leidet die Glaubwürdigkeit.
Für mich ist „Brandmal“ ein netter und stimmungsvoller Krimi aber nicht mehr. Die Charaktere sind interessant, so wirklich warm werden konnte ich mit keinem von ihnen, Jan Leino ist sehr verschlossen, Saana wirkt eher selbstsüchtig und naiv, Heidi ertränkt ihren Frust in Alkohol.
Kann daraus eine reizvolle Krimireihe werden? Potential ist da, wenn die Charaktere den negativen privaten Ballast abwerfen und freier agieren können.

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