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Veröffentlicht am 15.09.2016

Der Tod im Lieferwagen

Baumgartner kann nicht vergessen
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Baumgartner kann nicht vergessen ist der dritte Band um den Kommissar. Aber keine Angst, auch ohne Vorkenntnisse findet man schnell ins Buch.
Baumgartner wurde nach seinem letzten Fall suspendiert, er ...

Baumgartner kann nicht vergessen ist der dritte Band um den Kommissar. Aber keine Angst, auch ohne Vorkenntnisse findet man schnell ins Buch.
Baumgartner wurde nach seinem letzten Fall suspendiert, er hat sich nie regelkonform verhalten, aber der letzte Fall und sein Alkoholismus liefen vollends aus dem Ruder. Da rettete ihn nicht mal seine sensationelle Aufklärungsquote vor der Suspendierung.
Als nun in einer gefluteten Schottergrube ein Lieferwagen geborgen wird, in dessen Laderaum Tote gefunden wurden, wird dem Morddezernat schnell klar, wie wichtig jetzt ein Baumgartner wäre. Die Inspektorin Meier, eine sympathische Ermittlerin, hat es nicht leicht. Staatsanwalt Sonnleitner möchte ihr gern die Befugnisse beschneiden – er vertraut mehr auf alte männliche Seilschaften – und fordert eine politisch genehme schnelle Lösung.
Es liegt nahe, dass die Toten im Lieferwagen Flüchtlinge waren und von Schleppern abgeladen wurden, aber warum so spektakulär und was hat ein Einbruch in der Pathologie mit dem Fall zu tun?
Dieser Krimi ist nicht nur unglaublich spannend, er hat auch ein Thema, das aktueller und brisanter nicht sein könnte. Was passiert mit unserer Gesellschaft, wenn uns Not und Elend so nahe kommen und die breite Masse um ihren Wohlstand fürchtet. Schon längst hat der Zulauf zu den Rattenfänger-Parteien auch Auswirkungen auf den Staatsorgane. Wer auf seine Karriere oder Beförderung bedacht ist, wird seine Handlungen mehrmals überdenken. Es ist der gesellschaftspolitische Hintergrund, der diesen Krimi so besonders macht. Aber, und das ist wichtig, ohne erhobenen Zeigefinger und moralinsaure Einlassungen.
Die Gratwanderung einen spannenden Krimi zu schreiben und die Realität ungeschminkt darzustellen ist dem Autor Reinhard Kleindl bestens gelungen. Ich habe in letzter Zeit selten einen Krimi gelesen, dessen Plot mich so beeindruckt hat. Gelungene Charakterisierungen der Personen, treffende Dialoge und ein toller Schreibstil haben mir gefallen. Ich freue mich jedenfalls auf weitere Bücher des Autors mit den mir ans Herz gewachsenen Protagonisten und kann nur jedem Krimileser das Buch empfehlen.
Mit dem Cover und der angenehmen Haptik des Buches mit abgerundeten Buchecken rundet der Haymon Verlag den Gesamteindruck noch ab

Veröffentlicht am 15.09.2016

Ein trauriges Schicksal

Rabenfrauen
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In den 6oiger Jahren verlieben sich Christa und Ruth in den gleichen Mann: Erich lernen sie bei einer Ferienfreizeit einer Freikirche kennen. Beide sind fasziniert von diesem charismatischen Typ und Christa ...

In den 6oiger Jahren verlieben sich Christa und Ruth in den gleichen Mann: Erich lernen sie bei einer Ferienfreizeit einer Freikirche kennen. Beide sind fasziniert von diesem charismatischen Typ und Christa engagiert sich immer mehr in der Missionsarbeit der Gruppe und verlässt letztendlich Deutschland um mit Erich, Onkel Paul und Gleichgesinnten in Chile eine Gemeinde aufzubauen.
Viele Jahre später versucht Anna, Ruths Tochter, nach dem Tod ihres Lebenspartners wieder Halt zu finden und lernt zufällig Menschen kennen, die zur „Colonia Dignidad“ gehörten und das weckt in Ruth die Erinnerung an ihre Freundin Christa und die Ereignisse des Sommers. Es ist unausweichlich, dass sie sich der Vergangenheit stellen muss.
Erst in den letzten Jahren sind die schlimmen Vorgänge der Colonia Dignidad in Chile an die Öffentlichkeit gekommen. Viel zu lange stand diese „Mustersiedlung“ der deutschen Freikirchler unter dem Schutz beider Regierungen und deren Politikern. Man wollte nicht zu genau hinschauen, obwohl es schon lange Gerüchte über Missbrauch und Gewalt gab und Paul Schäfer, der Leiter der Sekte schon lange im Verdacht stand, die Gemeinde wie eine Strafkolonie zu leiten. Aber die Bilder von fröhlichen jungen Menschen in Dirndl und Lederhosen, die Volkslieder sangen, bestimmten in der Öffentlichkeit lange das Bild dieser Sekte.
Die drei Hauptfiguren Ruth, Christa und Anna erzählen aus ihrer Sicht die Geschehnisse und das hat mich sofort in Bann gezogen. Es ist der Autorin gelungen, mit einem fast schon dokumentarischen Roman die Geschehnisse ans Licht zu holen. Wobei mir Christas Erinnerungen am stärksten unter die Haut gingen. Die Abhängigkeit an den charismatischen „Onkel Paul“ machte diese Sektenstruktur überhaupt erst möglich und nun kann ich verstehen, wie schwer es ist, sich daraus zu lösen.
Mit der Beschreibung von Christa und Ruth, aber auch Anna, sind der Autorin wunderbare Frauenportraits gelungen, die lange im Gedächtnis bleiben und mich lange über die Lektüre hinaus beschäftigt haben. Dadurch war ich viel tiefer und emotionaler berührt, als es bei den sachlichen Berichte und Reportagen über die Colonia der Fall war, die zwar Entsetzen hervorriefen, aber so fern schienen. Die Mischung aus emotionaler Geschichte und dokumentarischen Einschüben hat mir gut gefallen. Ich konnte das Buch nicht aus der Hand legen und meine Gefühle mein Lesen nicht verbergen: Trauer, Rührung, Entsetzen – es ist mir unter die Haut gegangen.
Dieses Buch wird noch lange in mir nachwirken und ich möchte es uneingeschränkt empfehlen.
Nur noch ein Wort zum Titelbild, es fängt wunderbar die Stimmung des Sommers 1959 ein, in dem Alles seinen Anfang nahm.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Wunderbares Sommerbuch - unbedingt lesen

Glück ist, wenn man trotzdem liebt
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Isa hat ihr Leben im Griff, sie hat es durchgetaktet und auf Jahre hinaus geplant. Kleinigkeiten können sie da schon mal komplett aus der Bahn werfen, wie die Tatsache dass ihr geliebter Vietnamimbiss ...

Isa hat ihr Leben im Griff, sie hat es durchgetaktet und auf Jahre hinaus geplant. Kleinigkeiten können sie da schon mal komplett aus der Bahn werfen, wie die Tatsache dass ihr geliebter Vietnamimbiss mit der täglich servierten Nudelsuppe geschlossen hat. Statt dessen gibt es da jetzt so was ambitioniertes mit Mangoldschaumsüppchen. Das gibt schon mal ein heißes Wortgefecht mit Jens Thiel, dem Chefkoch und Inhaber.
Als kurz darauf Isa noch einen renitenten Teenager beim Klauen in ihrem Blumenladen erwischt und sich das Mädchen als Halbschwester von Jens herausstellt, kann Isa ihren Triumph so richtig auskosten - oder doch nicht?
Mit Isa und Jens gibt es in dieser Geschichte zwei Hauptfiguren, die ich sofort ins Herz geschlossen habe. Dass sie sich streiten und fetzen und kabbeln, hat überhaupt nichts zu bedeuten, jeder weiß doch, was sich liebt, das neckt sich. Wie das bei den Beiden vor sich geht, ist wunderbar leicht und liebenswert geschrieben. Das Buch zaubert ein Dauerlächeln auf die Gesichter der Leser, wenn sie sich nicht grade die Lippen lecken, wenn Jens mit einer Dessertkreation seine Gäste oder Isa verwöhnt.
Es ist ein sonniges Hamburg, das die prächtige Kulisse für den Roman abgibt, voller liebenswerten Typen und Situationen. Man möchte hinfahren, sofort - das "Thiel's" suchen, sich einen der Tische draußen schnappen und ein Schokoladenmalheur bestellen.
So stelle ich mir eine gelungene Urlaub-und Sommerlektüre vor, heiter, aber nie albern, liebenswert und voller Charme und genau das hat die Autorin mit diesem Buch geschafft.
Die gelungene Ausstattung, Klappenbroschur mit einen sehr schönen Cover unterstreicht das noch.

Veröffentlicht am 05.11.2021

78°

78° tödliche Breite
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Trond Lie ist ein seit wenigen Monaten pensionierter Kommissar aus Bergen. Er möchte mehr Zeit mit seinem Enkel verbringen und seiner Tochter ein wenig zu helfen, die in Spitzbergen hoch im Norden arbeitet.

Kurz ...

Trond Lie ist ein seit wenigen Monaten pensionierter Kommissar aus Bergen. Er möchte mehr Zeit mit seinem Enkel verbringen und seiner Tochter ein wenig zu helfen, die in Spitzbergen hoch im Norden arbeitet.

Kurz nach seiner Ankunft geschieht ein Mord. Ein Mitglied einer internationalen Forschungsgruppe wird erschossen aufgefunden. Die erste Gewalttat seit mehr als 80 Jahren in Svalbard, der nördlichsten norwegischen Provinz mit der bekannten Insel Spitzbergen. Die Gouverneurin bittet Trond um Ermittlungen, den bei den Wetteraussichten wird ein offizieller Beamter erst in einigen Tagen eintreffen.

Zusammen mit der Niederländerin Frida van Namen, die schon seit Jahren mit ihren Huskys als Musherin in Spitzbergen lebt und die auch den Toten gefunden hat, beginnt er mit den Ermittlungen. Schon bald fallen ihnen seltsame Ungereimtheiten bei der internationalen Geologengruppe auf und es scheint sehr viel mehr hinter dem Mord zu stecken. Klar wird das auch, als Arvid Kristoffersen vom Festland eintrifft und offensichtlich ein ganz spezielles Interesse an der Aufklärung in seinem Sinn hat.

Trond Lie ist zum ersten Mal mit der Polarnacht konfrontiert und die ewige, undurchdringliche Dunkelheit macht ihm sehr zu schaffen, trotzdem fühlt er sich von den Ermittlungen herausgefordert.

Der Klimawandel hat aber viele Auswirkungen, die spürbar werden. Die Eisdecke wird dünner, Bodenschätze erreichbar und die Schifffahrtspassagen durch das Eismeer möglich und plötzlich findet sich Svalbard in Mittelpunkt von vielen geopolitischen Interessen.

Schon der Schauplatz dieses Kriminalromans ist außergewöhnlich und hat mir ausnehmend gut gefallen und ebenso gut fand ich den Hintergrund, der den Plot des Krimis so aktuell macht. Die Autorin bringt die Atmosphäre des Polarkreises sehr gut in ihrem Buch rüber und ihre Beschreibung der Polarlichter macht mich sehnsüchtig. Wie gern würde ich das farbige Leuchten einmal sehen.

Wer in dieser extremen Umgebung leben mag, ist oft auch eine besondere Persönlichkeit, das spürt man in den Beschreibungen der Protagonisten.

Der Krimi hat mir sehr gut gefallen. die Spannung ist durchgehend hoch und die Autorin bringt viel geschichtlichen und wissenschaftlichen Hintergrund in der Handlung unter.

Sehr gelungen!

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Veröffentlicht am 18.10.2021

Ermittlungszentrale Campingplatz

Der war schon tot
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Seit Lukas Born nicht mehr Kriminalbeamter ist, schlägt er sich als Privatermittler mehr schlecht als recht durchs Leben. Jetzt muss er sich schon um eine verschwundene Schwarzbunte namens Heike kümmern ...

Seit Lukas Born nicht mehr Kriminalbeamter ist, schlägt er sich als Privatermittler mehr schlecht als recht durchs Leben. Jetzt muss er sich schon um eine verschwundene Schwarzbunte namens Heike kümmern weil spektakuläre Fälle ausbleiben. Und seine Freundin ist das Leben auf einem Dauercampingplatz leid und hat eine Doppelhaushälfte im Auge, was für Lukas ein absolutes No-Go ist. Außerdem gibt es Ärger mit Sohn Bastian, aber private Probleme bringen leider nicht das Konto ins Plus.

Da schlittert er unverhofft in einen mysteriösen Fall. Der junge Lenni liegt splitternackt auf der Straße bei Sonsbeck. Wie kam er dorthin, kilometerweit von seinem Auto entfernt?

Gut, dass Lukas auf seine private Soko zurückgreifen kann. Für Computerprobleme und mal eine nicht ganz legale Recherche ist Eddy unverzichtbar und auch die anderen Mitstreiter der Soko Happy Eiland darf man nicht unterschätzen.

Wer denkt der Niederrhein ist nur flach und langweilig hat sich getäuscht. Erwin Kohl kann dem gemütlichen Setting mit Dauercamper und Landschaft eine ganze Menge Spannung abgewinnen. Sein Protagonist Lukas ist ein wenig retro und vielleicht auch deswegen sehr sympathisch. Seine Fähigkeiten als ehemaliger Kriminaler, ohne die Fesseln die das Beamtentum ihm anlegten, kommen als Privatermittler erst so richtig zur Geltung. So entwickelt sich ein spannender Fall, der vielschichtiger ist, als auf den ersten Blick erscheint.

Mit den unterhaltsamen Nebensträngen, wie der Suche nach der Kuh Heike, den Reibereien mit Ex-Frau Julia, die jetzt als leitende Kriminalbeamtin Lukas immer in die Schranken verweisen möchte und nicht zuletzt den Zukunftsplänen von Freundin Linda, gibt es immer wieder witzige Szenen und ironisch-schlagfertige Dialoge, die mir sehr großen Spaß machten.

Einmal angefangen, mochte ich das Buch kaum aus der Hand legen. Dieser Niederrhein-Krimi hat mir sehr gut gefallen.

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