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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 20.02.2022

Eine Liebeserklärung an die Musik

Der Storyteller
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Wenn mich jemand fragen sollte, mit welchem Star ich gerne mal einen Kaffee trinken möchte, dann wäre meine Antwort zu 99,9 %-iger Wahrscheinlichkeit: Dave Grohl von den Foo Fighters. Der Kerl ist einfach ...

Wenn mich jemand fragen sollte, mit welchem Star ich gerne mal einen Kaffee trinken möchte, dann wäre meine Antwort zu 99,9 %-iger Wahrscheinlichkeit: Dave Grohl von den Foo Fighters. Der Kerl ist einfach eine coole Socke, scheint wahnsinnig sympathisch zu sein, ich liebe die Musik und ich denke, der Mann hat eine Menge verdammt interessanter Storys zu erzählen. Und da es zu diesem „Rendezvous“ wahrscheinlich nie kommen wird, freue ich sehr, dass der Frontman der Foos einen Teil seiner verrückten Geschichten zu Papier gebracht hat.

Und was soll ich sagen? Das Buch lohnt sich! Jede der 460 Seiten spiegelt seine Liebe und Verbundenheit zur Musik wider, ist eine Hommage an seine musikalischen Idole, von denen viele zu seinen engen Freunden geworden sind, zeigt neben einer ehrgeizigen, wagemutigen und verrückten Seite vor allem auch eine verletzliche, sehr empfindsame Seite von dem Musiker, der neben einem aufregenden Tourleben noch viel mehr sein Familienleben in vollen Zügen auskostet. Was mich aber besonders berührt hat, ist seine tiefe Liebe und Dankbarkeit zu den Menschen, die ihn in seinem Leben begleiten oder begleitet haben. Beides ist in jeder Zeile seiner vielen Geschichten spürbar und geht echt unter die Haut. Begeistert hat mich, mit welcher kindlichen Freude er immer noch durchs Leben geht, dass er nichts für selbstverständlich hält und nie seine Wurzeln vergessen hat.

Also Dave, gerne mehr davon. Ich wäre wieder dabei. 😉 Denn er schreibt ja selbst, dass die Geschichten im Buch höchstens ein Zehntel des bisher Erlebten sind. Und das wiederum merkt man beim Lesen auch. Nicht nur, dass manche Punkte seiner Karriere gar nicht zur Sprache kommen, vielmehr springt er in seinen Erzählungen auch wild hin und her, sodass es nicht immer ganz einfach ist zu folgen. Aber das macht das Buch auch irgendwie menschlicher, persönlicher und passt einfach zu diesem abgedrehten Kerl.

Eine Liebeserklärung an die Musik und das Leben!

Von mir ganz klar eine Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 20.02.2022

Ein großes Vergnügen

Kleine Freuden
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Dieses Buchcover! Es hat mich magisch angezogen und leise geflüstert: Lies mich! Und was soll ich sagen? Der Kauf hat sich gelohnt! Es waren wunderschöne Lesestunden. Das Buch ist perfekt für lange und ...

Dieses Buchcover! Es hat mich magisch angezogen und leise geflüstert: Lies mich! Und was soll ich sagen? Der Kauf hat sich gelohnt! Es waren wunderschöne Lesestunden. Das Buch ist perfekt für lange und gemütliche Lesemomente bei trübem November- bzw. Dezemberwetter.

Sofort taucht man in die ungewöhnliche Story dieses Buches ein, unternimmt eine Zeitreise in das London der 1950er-Jahre und verliebt sich in die vielschichtigen Charaktere mit all ihren Verschrobenheiten, kleinen Fehlern, Sehnsüchten und Bürden, die sie von dem Leben fernhalten, das sie doch so gerne führen möchten. Die innere Zerrissenheit zwischen Pflichtgefühl und dem Herzen folgen ist herausragend ausgearbeitet – bei jeder Figur auf eine ganz eigene, besondere Art und Weise. Dabei wirkt die Story aber nicht schwer oder entmutigend – ganz im Gegenteil. Sie ist herrlich leicht, humorvoll und warmherzig geschrieben.

Zeitweise war mir die Handlung aber zu vorhersagbar. Und das Ende! Was soll ich dazu nur sagen? 😊 Mehr wird hier dazu nicht verraten. Versprochen!
Und so gibt es von mir ⭐⭐⭐⭐,5 (4,5 von 5 Sterne).

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Veröffentlicht am 19.10.2021

Die Willkür des Lebens

Die Nickel Boys
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Das schwarze Ghetto von Tallahassee in der 1960er-Jahren: Der sechzehnjährige Elwood Curtis ist intelligent, fleißig und sehr ehrgeizig. Sein größter Wunsch ist es, am College angenommen zu werden. Diesem ...

Das schwarze Ghetto von Tallahassee in der 1960er-Jahren: Der sechzehnjährige Elwood Curtis ist intelligent, fleißig und sehr ehrgeizig. Sein größter Wunsch ist es, am College angenommen zu werden. Diesem Traum scheint er tatsächlich einen großen Schritt näherzurücken, als er die Erlaubnis bekommt, an College-Kursen teilnehmen zu dürfen. Doch bereits an seinem ersten Tag gerät er unverschuldet in ein gestohlenes Auto und landet in der Jugendbesserungsanstalt Nickel Academy. Alle Zukunftsträume zerplatzen wie eine Seifenblase und der Alltag im Nickel könnte nicht härter sein.
Missbrauch, Folter, Mord, Unterdrückung, Rassismus und Korruption - verpackt im harten, erbarmungslosen Alltag einer Jugendbesserungsanstalt. Dabei trifft Colson Whitehead genau den richtigen Ton. Er bauscht nichts auf, er verschweigt nichts. Das Geschilderte spricht für sich und hallt nach. Besonders getroffen hat mich die ständige Ambivalenz, die in fast jeder Zeile spürbar ist: Denn trotz der schrecklichen Erlebnisse und der ständigen Angst, schaffen es die Kinder, sich ein Hauch Selbstachtung und wichtige Elemente wie Freundschaft, Lachen, Hoffnung und kindlichen Trotz zu bewahren. Ihre Stärke und unbändiger Lebenswille sind spürbar. Ich denke, mich hat am meisten schockiert, dass es Menschen gab und gibt, die glauben, sie hätten das Recht, andere Menschen zu brechen, über deren Daseinsberechtigung zu entscheiden und ein Leben über das andere zu stellen. Und alles ohne Skrupel bis zum Äußersten zu gehen. Allein nur, um ihre Macht und angebliche Überlegenheit zu demonstrieren. Ohne, dass sich ihr Gewissen bei ihnen meldet.
Was für ein unglaublich gutes Buch. Einen kleinen Abzug muss ich lediglich machen, weil mir der Schreibstil an einigen Stellen zu sprunghaft und durcheinander ist, sodass es manchmal nicht ganz leicht viel, das gerade Gelesene schnell ins große Ganze einzufügen.

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Veröffentlicht am 13.09.2021

Lesenswert!

Die letzten Romantiker
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„Was ich dem Mann eigentlich sagen wollte, war, dass die größte Poesie und das, was jeden von uns zum Poeten macht, die Geschichten sind, die wir über uns selbst erzählen. Sie basieren auf unseren Familien ...

„Was ich dem Mann eigentlich sagen wollte, war, dass die größte Poesie und das, was jeden von uns zum Poeten macht, die Geschichten sind, die wir über uns selbst erzählen. Sie basieren auf unseren Familien und Blutsbanden, auf Freunden und Geliebten, auf Hass und dem, was wir gelesen, beobachtet und miterlebt haben. Auf Sehnsüchten und Reue, Krankheit, gebrochenen Knochen und Herzen, Leistungen, Geldgewinn und -verlust, Handlesungen und Visionen. Wir erzählen diese Geschichten, bis wir sie selbst und bis wir an uns selbst glauben, und das ist das Mächtigste, was es gibt.“

Es gibt Bücher, die ziehen einen gleich von der ersten Seite an in ihren Bann. Genau so erging es mir mit „Die letzten Romantiker“ von Tara Conklin, das vor allem im ersten Teil wahnsinnig atmosphärisch, kraftvoll und gefühlvoll ist. Ich wollte es kaum aus der Hand legen. Konnte die Erlebnisse, Gefühle und Ängste der Skinner-Geschwister mitfühlen. Ihre starke Liebe und Verbindung zueinander in jeder Zeile spüren, den Beschützerinstinkt und das Pflichtgefühl.

Leider hielt das nicht bis zum Ende des Buches an. Gerade im Mittelteil verliert sich die Erzählung meiner Meinung nach immer mehr, verliert an Atmosphäre, einiges erscheint sogar irrelevant. Es bleibt zwar immer noch ein sehr gutes Buch, muss aber insgesamt dadurch etwas an Strahlkraft einbüßen. Gegen Ende des Buches konnte mich die Geschichte wieder deutlich mehr überzeugen, das hohe Niveau vom Beginn erreichte es aber nicht mehr. Dennoch gibt es von mir eine Leseempfehlung. Das Buch ist perfekt für lange Leseabende oder -wochenenden in der kommenden Herbstzeit. Es ist gefühlvoll, ohne rührselig zu sein, zeigt, wie unvorhergesehene Ereignisse ein ganzes Leben prägen könne, wie wichtig Beziehungen jeglicher Art sind und wie schnell es passieren kann, dass wir im Wahnsinn des Alltags den Fokus auf uns selbst und unsere Bedürfnisse verlieren.

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Veröffentlicht am 18.07.2021

Leise und gleichzeitig sehr intensiv

In diesen Sommern
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„Ich merke manchmal, wie ich Momente gegeneinander abwäge. Und mich frage, ob man das überhaupt tun darf. Ob man Szenen ausstreichen kann, die nicht ins Bild passen und für Unruhe sorgen.“

Mit diesem ...

„Ich merke manchmal, wie ich Momente gegeneinander abwäge. Und mich frage, ob man das überhaupt tun darf. Ob man Szenen ausstreichen kann, die nicht ins Bild passen und für Unruhe sorgen.“

Mit diesem Debütroman ist Janina Hecht ein ganz außergewöhnlicher Roman gelungen, der unter die Haut geht, obwohl oder gerade weil er das Thema Alkoholsucht und wie diese den Familienalltag beeinflusst auf so rationale, nüchterne Weise schildert. Stakkatohaft erzählt Protagonistin Teresa in kurzen, nur wenige Seiten langen Momentaufnahmen, von ihrem meist ungewöhnlichen Familienleben. Gibt es aus ihrer Kindheit vereinzelt noch schöne Erinnerungen, werden diese im Laufe der nächsten 20 Jahre immer seltener. Über allen Zusammentreffen mit ihrem Vater schweben die Fragen: Hat er wieder zu viel getrunken? Wie ist er heute drauf? Wird es wieder Streit oder sogar Gewalt geben? Der Vater wird zum Fixpunkt der Familie – nicht, weil er seinen Lieben den nötigen Halt gibt, sondern weil sich deren Verhalten Tag und Nacht nach seinem Befinden richtet und sie hoffnungslos versuchen, trotzdem eine Art Familienleben rundherum aufzubauen.

Die Hilflosigkeit der Kinder und der Mutter ist deutlich zu spüren, aber auch deren Zusammenhalt und Stärke. Obwohl es der Familie nach vielen Jahren gelingt, sich ein Leben ohne den Vater zu erschaffen, schweben die dunklen Schatten der vergangenen Jahre immer über ihnen. Sie können die Erinnerungen und Gefühle der Kindheit nicht abstreifen. Auch Jahre später kommen die Gefühle vom Anderssein, von Schuld, von Hilflosigkeit, Angst und Heimlichkeit in ihnen hoch.

Mich hat besonders die außergewöhnliche Beobachtungsgabe beeindruckt, die sich durch den ganzen Roman zieht. Und vor allem, dass er gerade durch seine leisen Töne seine besondere Intensität erlangt. Lesenswert!

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