Absolutes Wohlfühlbuch mit spannender Thematik
When We DreamDer Einstieg in die Geschichte bereitete keinerlei Schwierigkeiten. Das Kennenlernen mit der Protagonistin Ella gestaltet sich als sehr angenehm und es fiel mir überhaupt nicht schwer, einen Draht zu ihr ...
Der Einstieg in die Geschichte bereitete keinerlei Schwierigkeiten. Das Kennenlernen mit der Protagonistin Ella gestaltet sich als sehr angenehm und es fiel mir überhaupt nicht schwer, einen Draht zu ihr zu finden. Ich konnte mich gut in sie hineinversetzen und mich allgemein auch gut mit ihr identifizieren. Es bereitete mir sogar wirklich großen Spaß, an ihrer Seite durch die Geschichte zu rauschen. Ella ist für ihre 19 Jahre sehr erwachsen und reif, was sicher mit dem herben Verlust der Eltern zu tun hat. Aber egal wie schlimm es auch für Ella gewesen sein muss, Mutter und Vater zu verlieren; sie hat ihre Lebensfreude nicht verloren – oder im Laufe der Zeit wieder gefunden; man weiß es nicht. Jedenfalls fand ich besonders ihre Eigenheiten sehr sympathisch. So erkannte ich mich in einigen Situationen in ihr wieder und musste öfters mal kurz schmunzeln, wie herrlich bodenständig und alltäglich sie dargestelllt und ausgearbeitet wurde. Besonders ihre Liebe zu Disney-Filmen war herzallerliebst und spielte ihr bereits so gut wie alle Sympathiepunkte ein, die es zu sammeln gab. Doch auch in Bereich Handlung und Gedankengänge war ich in den meisten Fällen komplett bei ihr und konnte sie bedingungslos nachvollziehen. Sie wirkte einfach enorm echt und greifbar; wie eine Person aus dem echten Leben – eine Person, die ich mir wunderbar als Freundin vorstellen könnte. Eine richtige Entwicklung fand zwar nicht statt, war in meinen Augen aber auch überhaupt nicht nötig. Wohin hätte sie sich auch entwickeln sollen? Sie war von Anfang an herrlich unperfekt perfekt und ich hab sie wirklich schnell lieb gewonnen.
Wer mir aber noch eine Spur besser gefiel, war Jae-yong. Ich hatte etwas Angst davor, einen Kpop-Star zu begleiten, weil ich mit der Thematik einfach nichts anfangen kann. Doch Anne Pätzold hat ihm so gar keine Star-Allüren verpasst und noch weniger Abgehobenheit. Er zeigte zwar, dass er durchaus wusste, was er hatte, aber das auf absolut glaubhafter Ebene und sehr „auf dem Boden geblieben“. Er war also, trotz seines Status, sehr bodenständig und besaß eine Menge Humor, der mich komplett catchte und öfters mal zum Lachen brachte. Man muss aber auch sagen, dass sich die Autorin viele Gedanken gemacht hat und den Figuren ganz niedliche Eigenschaften verpasst hat. So wie Ella Disney liebte, hatte Jae eine Schwäche für Harry Potter – und jetzt erklär mir mal einer, wie man jemanden nicht mögen kann, der Harry Potter liebte? Ein Ding der Unmöglichkeit. Aber auch sonst überzeugte mich der Sänger auf ganzer Linie mit viel Liebenswürdigkeit, einem großen Herz, einiges an Tiefgang, Loyalität und einem doch sehr attraktiven Äußeren.
Die anderen Figuren, die mehr oder weniger nur Nebenrollen einnehmen, waren mehr als ausreichend gut ausgearbeitet. Jeder von ihnen hat eine eigene Geschichte zu erzählen und wird im Laufe der Zeit auch kurz behandelt, bevor wir wieder zu den Protagonisten switchen. Ich mochte durchweg alle und fand die Interaktionen untereinander total gelungen und einnehmend. Ella’s Schwestern zum Beispiel sind grundverschieden, aber trotzdem gleichermaßen authentisch und sehr harmonisch zusammen. Dass aber nicht immer auf Harmonie abgezielt wird, wird ebenfalls schnell klar. Hier fliegen auch mal die Fetzen und es wird niemals auch nur eine Sekunde langweilig mit Ella, Jae, Liv und Co. Was mir vielleicht ein wenig fehlte, war der Blickwinkel auf die Band. NXT war zwar immer wieder Thema, doch bis auf einen, lernen wir keinen anderen der Jungs näher kennen. Ich bin gespannt, ob das in Band 2 und/oder 3 noch passieren wird.
Der Klappentext klingt, wie schon erwähnt, nach keiner Revolution. Und deshalb bin ich auch eher vorsichtig an die Geschichte ran gegangen. Ein weiterer Faktor, warum ich nicht sofort beim Erscheinungstermin Feuer und Flamme war, war der Kpop-Einschlag. So leid es mir tut; aber ich kann damit einfach gar nichts anfangen. Kein Wunder also, dass ich erstmal Abstand hielt und abwarten wollte, was der Großteil der Community dazu sagt. Tja – was die sagen, dürfte spätestens beim Erscheinen dieser Rezension klar sein. Ich wagte den Vorstoß und versuchte mein Glück.
Die Idee, die sich schon nach kurzer Zeit heraus kristallisierte, überzeugte mich aber ziemlich schnell. Der Einstieg gelang mir problemlos und die eigentliche Handlung lässt nach dem kurzen Kennenlernen nicht lange auf sich warten. Es war spannend; auf eine ganz unterschwellige Art und gerade der Kpop-Aspekt machte es erst so richtig interessant. Ich fand es extrem neuartig und gewährte Einblicke in eine Welt, die mir zuvor komplett fremd war. Anne Pätzold hat sich ganz offensichtlich sehr viel Mühe damit gegeben, die Gegegebenheiten einer koreanischen Band darzustellen und das ist ihr meiner Meinung nach 100% perfekt geglückt. Aber auch außerhalb dieser Thematik überzeugte die Geschichte durch abwechslungsreiche Geschehnisse, emotionale Passagen und gute Unterhaltung. Lediglich im Mittelteil hätte ich mir vielleicht ein bisschen mehr gewünscht; denn der war ein klein wenig zu ruhig, für mein Empfinden. Trotzdem gab’s auch währenddessen immer was zu erleben und es werden andere Seiten beleuchtet wie zum Beispiel das Verhältnis der Schwestern, oder humorvolle Gespräche mit der besten Freundin. Dennoch fehlte mir eine Winzigkeit; etwas, das die Geschichte voranbringt.
Die Lovestory zwischen Ella und Jae war ebenso abwechslungsreich und vielfältig. Neben ganz klassischen Dates gibt es auch einige Chat-Passagen, die herrlich amüsant waren und vor Humor nur so strotzten. Langweilig wurde es also wirklich nie; nur eben etwas ruhiger. Immerhin fiebert man mit den Protagonisten mit; verfolgt ihre Liebesgeschichte ganz gespannt und durch die Intensität der Emotionen, spürt man das Kribbeln im Bauch beinah am eigenen Leib. Die beiden agierten so locker und ungezwungen miteinander; konnten lachen und Blödsinn machen; aber eben auch tiefe Gespräche führen und sich öffnen. Es ist einfach schön – nicht zuletzt auch weil die Atmosphäre während des Lesens sehr ergreifend und einnehmend ausfällt und man sich dem Sog, den Ella und Jae ausüben, nur schwer entziehen kann.
Und dann kam das Ende. Ein Ende, das es in sich hatte. Es war dramatisch, trubulent und mehr als nur überraschend. Ich hätte bis zuletzt nicht damit gerechnet, dass die Autorin diesen ersten Band so enden lassen würde und als sie es doch tat, war der Schock entsprechend ausgeprägt. Wie kann man nuuur? Der Cliffhanger ist unglaublich fies, zwingt einen regelrecht dazu, sofort nach Band 2 zu greifen und lässt den Leser so ziemlich sprachlos und verloren zurück. Wie geht’s jetzt weiter? Was passiert jetzt? Ella und Jae gehören einfach zusammen?! Gib mir sofort den Folgeband! Das sind nur ein paar wenige Gedanken, die ich nach dem Beenden hatte und selbst jetzt, nachdem einige Tage vergangen sind, hängen meine Gedanken noch immer abwechselnd in Chicago und Korea.
Der Schreibstil von Anne Pätzold bedarf nicht nicht mehr allzu vielen Worten. Sie schreibt sehr locker und leicht, trotzdem sehr einnehmend und intensiv. Sie erzeugt mit ihren Worten ganz unterschiedliche Atmosphären und beweist, dass sie die unterschiedlichsten Emotionen allesamt gleich stark transportieren kann. Ich hing, im übertragenden Sinne, regelrecht an ihren Lippen und tat mir schwer, mich aus dem Sog, den die Geschichte ausübt, zu befreien. Mir gefiel sowohl die Ausarbeitung der Figuren, als auch die des Settings und der einzelnen Szenen. Die Bildhaftigkeit der Story war durchweg da und ich konnte mir alles kinderleicht vor Augen führen.Dazu hat sie einen wirklich angenehm süßen Humor und hat sich ganz offensichtlich viele Gedanken darum gemacht, wie Charaktere und Geschichte allgemein, am besten rüberkommen und am eindringlichsten ergreifen und berühren. Es gibt, egal wie ich es drehe, und wende, nichts, was ich am Erzählstil kritisieren könnte. Ich war durch und durch begeistert, nicht zuletzt auch, weil sie trotz der recht ruhigen Storyline so viele interessante Elemente einbaute und dazu auch noch Tiefgang erzeugte, der beeindruckte. Wirklich ganz ganz ganz toll gemacht und ein phänomenal geschriebenes Debüt.
FAZIT:
„When we dream“ von Anne Pätzold ist ein durch und durch schöner, tiefgründiger Roman über eine Liebe, die nicht sein dürfte. Mittels eines sehr angenehmen, flüssigen Stils werden wir als Leser ins Geschehen eingebunden und können mit den überaus sympathischen wie liebenswerten Figuren problemlos mitfiebern und mitfühlen. Besonders gut gefiel mir, wie eingehend sich mit der Thematik Kpop beschäftigt wurde. Für mich war das eine vollkommen fremde Welt und darin einzutauchen war nicht nur interessant, sondern auch innovativ und spannend. Abwechslungsreiche und vielfältige Plots bereiten größten Spaß und können fast komplett über den „zu ruhigen“ Mittelteil hinwegtrösten. Und liebe Autorin – was ist das für ein fieser Schluss? Wer hätte gedacht, dass Cliffhanger in New Adult Romanen so schockierend ausfallen können? Bei mir hat das Prinzip jedenfalls funktioniert: ich hab sofort Band 2 bestellt.