Spannend, actionreich, rasant und zum Teil erschreckend brutal
Der Einstieg fiel mir, wie schon zuvor, recht schwer. Und obwohl es dafür keine wirklichen Gründe gibt, dauerte es seine Zeit, bis ich mich so richtig zurecht fand. Allerdings ist es Sabaa Tahir sehr gut ...
Der Einstieg fiel mir, wie schon zuvor, recht schwer. Und obwohl es dafür keine wirklichen Gründe gibt, dauerte es seine Zeit, bis ich mich so richtig zurecht fand. Allerdings ist es Sabaa Tahir sehr gut gelungen, die Informationen nebenbei einfließen zu lassen. Es geht also sehr zügig los und die Szene, für die sich die Autorin hier für den Start aussuchte, hat es in sich. Sie lässt auch bereits darauf schließen, womit man als Leser noch alles zu rechnen hat: nämlich mit Brutalität und erschreckender Gewalt. Und dabei wird kein Blatt vor den Mund genommen. Es wird genau so erzählt, wie es sich ereignet hat, ohne etwas schön zu reden. Allgemein ist der Schreibstil, auf den man hier trifft, sehr unverblümt und auf den Punkt; sehr düster und bildhaft. Sabaa Tahir erzeugt mit ihren Worten eine völlig neue Welt und lässt die Unterschiede zwischen Ober,- und Unterschicht wahnsinnig deutlich hervortreten. Sie erzählt von Sklaverei und Unterdrückung, von Fabelwesen und dunklen Gestalten mit Masken. Von Freunden, die plötzlich zu Gegnern werden; von Mord und Todschlag, von Blut, Angriffen und Misshandlungen. Dabei entstehen einnehmende, packende Stimmungen, die von mitfühlen bis zu mitfiebern reichen und die Realität für eine geraume Weile verblassen lassen. Diese Geschichte verschlingt einen regelrecht und entführt in die Welt von Elias und Laia.
Gegliedert ist dieses Buch in zwei verschiedene Perspektiven, logischer Weise in Form der Sichten der Hauptfiguren. Und der Kontrast zwischen diesen beiden Blickwinkeln hätte nicht größer sein können. Sie leben in grundverschiedenen Welten, haben absolut nichts gemeinsam. Und gerade das macht die Geschichte endlos abwechslungsreich. Wir switchen zwischen zwei Leben, die sich auf schreckliche Weise begegnen und durchleben die Grausamkeit, mit der Sklaven in dieser Welt behandelt werden; ebenso wie die lebensbedrohliche Prüfungen, die man als Maske bestehen muss.
Als letzten Pluspunkt in Sachen Wiedergabe muss ich auch die beiden Sprecher loben. Ich kannte sowohl die weibliche, als auch die männliche Stimme bereits und kann nur in höchsten Tönen von ihnen schwärmen. Maximilian Artajo und Marie Bierstedt machen einen tollen Job, indem sie die Geschichte verständlich, abwechslungsreich und authentisch erzählen. Beide haben ein breites Spektrum an Betonungen und Stimmlagen und hauchen jeder Szene die perfekte Atmosphäre ein. Großartig gemacht – wie immer.
Man merkt also schon, dass hier zwei absolut unterschiedliche Persönlichkeiten aufeinander treffen. Elias, der als angehende Maske an der Akademie unterrichtet wird. Elias, der diesem Militär-Regime eventuell gar nicht so ergeben ist, wie es eigentlich seine Pflicht wäre. Elias, der ein durch und durch interessanter Charakter ist; nicht nur weil er ist, wie er ist; sondern auch, weil seine Geschichte so viel mehr zu bieten hat, als man anfangs noch annehmen könnte. Hinter der Maske verbirgt sich ein durch und durch sympathischer, authentischer und charakterstarker, junger Mann, den man einfach gern haben muss. Er ist pflichtbewusst, mutig, kompromisslos und kämpferisch, aber auch sensibel, einfühlsam und empathisch. Die Mischung aus den beiden Facetten standen zwar in krassen Kontrast; doch Elias wirkte zu keiner Sekunde flatterhaft, unrealistisch oder unglaubwürdig. Er verkörperte einfach alles, was man sich von einem guten Protagonisten wünscht. Denn neben seinen Eigenschaften überzeugen auch seine Handlungen und Gedankengänge beinah auf ganzer Linie und hauchen ihm zusätzliches Leben ein.
Genau so verhielt es sich mit Laia, obwohl sie ganz andere Wesenszüge aufweist als Elias. Sie ist von niedriger Herkunft, sehr still – aber hinter der Unscheinbarkeit verbirgt sich ein wahres Kämpferherz und so viel Loyalität, dass es schon beinah weh tut. Laia ist durchweg sympathisch und durchlebt so viel grausames, so viel schmerzhaftes, dass man unweigerlich mit ihr mitfiebern muss. Aber gebrochen, das wird sie nie. Sie ist mutig, auf ihre eigene Weise kämpferisch und handelt stets glaubhaft. Es sind Charaktereigenschaften, die man auch bei Elias vorfindet, doch sie sind so unterschiedlich herausgearbeitet, dass sich die beiden auf den ersten Blick – und auch auf den zweiten Blick – überhaupt nicht ähneln. Aber eben das macht sowohl Laia, als auch Elias zu etwas Besonderem. Sie ergänzen die Handlung; tun ihr in so vierlei Hinsichten gut und bringen weitere Facetten mit sich.
Die Charaktergestaltung von Sabaa Tahir ist also großartig, weil sie es schafft, neben all dem Kampf, der Grausamkeit und der Brutalität auch noch Tiefgang ins Spiel zu bringen. Die verleiht den Figuren eine Vergangenheit, und eine eigene Geschichte, die sie in Laufe des Buches erzählen. Und selbst die Nebenfiguren sind erstaunlich detailliert dargestellt, sehr tiefgründig und greifbar. Es gab für jeden Geschmack den passenden Charakter – ob nun der Bösewicht, der heimliche Verbündete, der undurchsichtige Außenseiter, die loyale beste Freundin, die rücksichtslosen Kollegen – einfach alles. Und gerade weil sich viele davon nicht so recht in die Karten schauen ließen, war es noch einmal spannender, dem Geschehen zu folgen.
Von der Handlung habe ich bereits schon einiges erzählt – oder besser gesagt, ich habe einiges dazu verlauten lassen. Und als genau so positiv, wie sich das alles angehört hat, empfinde ich es auch. Schon der Einstieg ist enorm mitreißend, äußerst spannend und wahnsinnig rasant. Und dieses Tempo hält die Autorin über all die 500 Seiten. Sie konzentriert sich hauptsächlich auf die Action, vergisst dabei aber nicht, auch sinnvolle, glaubwürdige Gespräche einzubinden und selbst den Gefühlen gibt sie ausreichend viel Raum. Dabei die Waage zu halten, empfinde ich als sehr schwierig, doch Sabaa Tahir hat es meisterhaft umgesetzt.
Der Verlauf der Handlung kommt gut voran, die Plots sich zahlreich und reihen sich quasi nahtlos aneinander. Die unterschiedlichsten Wendungen kommen überraschend und schupsen die Geschichte in immer wieder wechselnde Richtungen, sodass es duchgängig undurchsichtig bleibt. Und das wiederum teibt die Spannung nach oben. Denn das war es, spannend – von der ersten, bis zur letzten Seite. Es wird, wie es auch sein sollte, immer wieder kurzzeitig ruhiger, um dem Leser die Möglichkeit zu geben, mal durchzuatmen und sich alles in Ruhe zu überlegen. Es animiert, eigene Ideen zu entwickeln, sich eigene Gedanken zu machen und einfach mitzufiebern und mitzurätseln, ehe es in die nächste Achterbahnfahrt geht.
Gemeinsam mit Elias und Laia erleben wir die schlimmsten Seiten der Menschheit, meistern Prüfungen oder scheitern daran. Wir kämpfen mit ihnen, hoffen und bangen und sind durchweg eins mit ihnen. An ihrer Seite müssen wir Schmerz, Kämpfe, Verluste und Misshandlungen einstecken, aber geben niemals auf. Der Einfluss in Form des Widerstands fand ich auch sehr passend und fügt eine weitere Facette zur Geschichte hinzu. Es wird niemals langweilig, niemals zäh und zu keiner Sekunde ahnt man, worauf alles hinauslaufen wird.
Das große Finale des ersten Bandes ist, wie nicht anders zu erwarten, nach all den Lobeshymnen, einfach phänomenal. Ein regelrechtes Feuerwerk, das sich über mehrere Minuten lang hell und vielschichtig erstreckt. Während man anfangs noch dachte, die Kämpfe sowie die Prüfungen könnten nicht zu toppen sein, beweist uns das Finale, dass das sehr wohl möglich war. Und die Auflösung war schockierend. Die Autorin hat mit diesen Twist nochmal alles bisher Geschehene in Frage gestellt und damit eindeutig Mut bewiesen. Ich persönlich hätte es mir zwar anders gewünscht, doch das Potential, das Band 2 nun bietet, ist immens. Und ich freu mich drauf, die Fortsetzung bald zu lesen/hören.
FAZIT:
„Elias und Laia 01: Die Herrschaft der Masken“ von Sabaa Tahir hat mich noch einmal ganz neu begeistern können. Ich hab so viele Kleinigkeiten wahrgenommen, so viel bemerkt, die mir beim ersten Lesen komplett entgangen waren. Es war wieder eine absolut mitreißende, hochgradig spannende und stellenweise auch sehr brutale Geschichte, die mit dem Wüsten-Setting und der Akademie, die ans Militär erinnert, einfach überzeugt. Durch den angenehmen, bildhaften Schreibstil und die entsprechend passende Wortwahl kommt man unheimlich gut voran und die beiden Portagonisten, die grundverschieden sind, sich aber doch irgendwie ähneln, runden diesen Auftakt schließlich ab. Fürs absolute Highlight hat mir noch eine Brise gefehlt, aber ich kann mir gut vorstellen, dass das im nächsten Band passieren wird.