In Starters entführt die Autorin Lissa Price ihre Leser in eine post-apokalyptische Welt, die interessant und erschreckend zugleich ist. Der Umstand, dass in ihr nur noch sehr junge und extrem alte Menschen existieren, wäre für sich allein genommen noch gar nicht so schlimm, das Verhalten der meisten Enders ist es dagegen schon. Sie regieren das Land und missbrauchen die jungen Leute für ihre Zwecke. Teilweise versklaven sie sie regelrecht, wenn sie keine älteren Verwandten mehr haben, die sich für sie interessieren. Es ist eine wirklich grausame Vorstellung, dass die Enders sich den Starters gegenüber so rücksichtslos benehmen anstatt sich um sie zu kümmern, nachdem erstere ihre Kinder und letztere ihre Eltern verloren haben.
Viele Waisen sind ganz auf sich allein gestellt und auf der Flucht vor den Marshals, die sie in Heime stecken würden oder schlimmeres. Die Starters dürfen weder wählen noch arbeiten, wodurch ihnen jede Chance genommen wird auf legalem Weg für sich selbst und gegebenenfalls ihre Geschwister zu sorgen. Außerdem werden sie nicht nur all ihrer Rechte, sondern durch Enteignungen sogar ihrer eigenen Elternhäuser beraubt.
Umso erstaunlicher ist es, wie tapfer Callie in dieser brutalen Welt durchhält nachdem sie und ihr Bruder so behütet aufgewachsen sind. Sie ist eine tolle, aber vor allem auch sehr starke Hauptfigur, die sich wegen ihres ausgeprägten Verantwortungsgefühls aufopferungsvoll um ihren kleinen Bruder Tyler kümmert. Die Liebe zu ihrem Bruder lässt sie nicht nur alles überstehen, sondern macht sie auch sehr sympathisch und sorgt dafür, dass man die ganze Zeit mit ihr mitfiebert.
Michael ist ebenfalls ein sehr toller Charakter, vor allem weil er sich während Callies Abwesenheit genauso hingebungsvoll um Tyler kümmert, obwohl er gar nicht mit ihnen verwandt ist. Trotz der Sympathie für Michael kann man aber auch nachempfinden, warum sich Callie später dann so zu Blake hingezogen fühlt.
Von den Enders lernt man leider nur Helena Winterhill, Callies Mieterin, etwas genauer kennen, dafür ist sie aber eine sehr interessante Figur. Trotz ihrer Pläne, mit denen sie Callie in große Schwierigkeiten bringt, ist sie bei weitem nicht so unsympathisch wie fast alle anderen Enders, die keinerlei Respekt vor der Jugend haben. Ganz im Gegenteil, für die Liebe zu ihrer Enkelin und die Gefahren, die sie für sie auf sich nimmt, kann man sie nur bewundern.
Nach der kurzen Einführung in die Zukunftsvision der Autorin ist der Handlungsverlauf sehr spannend gestaltet. Insbesondere nach den Blackouts, also den Phasen, in denen die Mieterin Callies Körper gesteuert hat, wenn Callie nicht weiß, was sie während dieser Zeit getan hat, wird Callie immer wieder vor neue Herausforderungen und noch mehr Fragen gestellt, deren Beantwortung über Leben und Tod vieler Menschen entscheiden könnten. Neben dem Schutz ihres Bruders geht es nämlich vor allem um die Frage, ob das Verfahren der Body Bank wirklich so harmlos ist, wie sie es den Spendern weismachen will oder ob die Anschuldigungen von Mrs. Winterhill der Wahrheit entsprechen und sie verantwortlich für den Tod bzw. das spurlose Verschwinden vieler Spender ist.
Die Idee, alten Menschen wieder zu jungen Körpern zu verhelfen, ist zwar nicht einzigartig, aber dennoch etwas besonderes. Der Wunsch nach erneuter Jugend und Vitalität ist sogar durchaus verständlich. Junge Menschen bzw. Körper wie Autos zu mieten und auch nur wie solche zu behandeln, ist dagegen schon irgendwie pervers. Umso verwerflicher ist es, dass die Body Bank die größtenteils ausweglosen Situationen vieler Starters so schamlos für ihre Gier nach Geld ausnutzt, obwohl die Enders selbst auch mal jung waren und vielleicht sogar Kinder hatten.
Der Schluss des Romans ist zwar nicht direkt offen gehalten, macht aber in jedem Fall deutlich, dass die Geschichte an dieser Stelle noch nicht zu Ende ist. Die kleinen Anspielungen auf den weiteren Verlauf sorgen zusätzlich dafür, dass man sich die Fortsetzung auf keinen Fall entgehen lassen wird.
FAZIT
Starters erzählt eine sehr fesselnde post-apokalyptische Geschichte, die man ab einem gewissen Punkt nicht mehr aus der Hand legen kann und die einen auch nach der letzten Seite noch beschäftigt. Die schreckliche Zukunftsvision von Lissa Price ist nicht nur interessant gestaltet, sondern regt zum Nachdenken an und bietet auch für Fans des Genres noch neue Facetten.