Das Geheimnis der zwölf Raben
Vor 50 Jahren erschien die Erstausgabe von Otfried Preußlers bekanntem Roman ›Krabat‹. Die Sage, auf der dieser basiert, ist jedoch einige Jahrzehnte älter. Trotzdem hat die Geschichte bis heute nichts ...
Vor 50 Jahren erschien die Erstausgabe von Otfried Preußlers bekanntem Roman ›Krabat‹. Die Sage, auf der dieser basiert, ist jedoch einige Jahrzehnte älter. Trotzdem hat die Geschichte bis heute nichts von ihrer Atmosphäre und ihrem Charme verloren.
Im Mittelpunkt steht der namengebende Waisenjunge Krabat, der eines Tages eine Stimme hört, die ihn magisch anzieht.
Ohne sich zu verabschieden, folgt er dem Ruf und gelangt zu einer Mühle. Krabat beginnt dort eine Lehre, gemeinsam mit den anderen Mühlknappen, die unter der Schicht aus Mehl wie Geister aussehen.
Doch schon bald mehren sich die Anzeichen, dass irgendetwas in der Mühle nicht mit rechten Dingen zugeht. Die Arbeit scheint an einem Tag nicht enden zu wollen, an einem anderen Tag erledigt sie sich in einem Wimpernschlag. Und dann beginnt das Verschwinden. Jahr für Jahr verschwindet einer der Knappen und ein neuer tritt seinen Dienst an. Und niemand reicht an die Stärke des Meisters heran.
»Elf Raben saßen auf einer Stange und blickten ihn an. Er sah, dass ein Platz auf der Stange frei war, am linken Ende. Dann hörte er eine Stimme.«
Preußlers ›Krabat‹ besticht durch wundervolle, facettenreiche Charaktere, die voller Leben sind. Tonda und Juro wachsen den Leser:innen ans Herz. Die Mühle ist ein düsterer, atmosphärischer Ort, der Geheimnisse und Rätsel birgt. Nach und nach dringt Krabat zu diesen und zu Vorgängen vor, die ebenso schaurig wie magisch sind.
Die Atmosphäre von ›Krabat‹ ist einmalig und zeitlos schaurig. Die Geheimnisse sind klug mit der Handlung und den Ereignissen verwoben und die Bände zwischen den Mühlenknappen besonders. Mit Spannung können die Leser:innen verfolgen, wie sich der junge Krabat in dieser Welt zurechtfinden muss. Und versucht, nicht selbst der nächste zu sein, der in der Mühle verschwindet.
»In dem Augenblick, da sie den Handschlag vollzogen, erhob sich ein dumpfes Rumoren und Tosen im Haus. Es schien aus der Tiefe der Erde zu kommen. Der Fußboden schwankte, die Wände fingern zu zittern an, Balken und Pfosten erbebten.«
Über die Jahre wurde die Geschichte um Krabat zahlreiche Male adaptiert. Ob als Hörbuch, Hörspiel, Film oder Drama. 1972 wurde ›Krabat‹ mit dem Deutschen Jugendbuchpreis ausgezeichnet, andere Preise und Auszeichnungen folgten.
›Krabat‹ ist nicht das einzige Werk, für das Preußler (1923–2013) noch heute bekannt ist. Ob ›Die kleine Hexe‹, ›Der Räuber Hotzenplotz‹ oder ›Das kleine Gespenst‹ – seine Bücher bleiben im Gedächtnis.
»Tonda, der Altgesell, war ein stattlicher Bursche mit dichtem, eisgrauem Haar; doch schien er noch keine dreißig zu sein, dem Gesicht nach. Ein großer Ernst ging von Tonda aus, genauer: von seinen Augen. Krabat fasste vom ersten Tag an Vertrauen zu ihm; seine Gelassenheit und die freundliche Art, wie er ihn behandelte, nahmen ihn für ihn ein.«
›Krabat‹ von Otfried Preußler gehört in jedes Bücherregal. Düster, rätselhaft und atmosphärisch – die Mühle im Koselbruch geht den Leser:innen nach. Die Jubiläumsausgabe ist wunderschön und unterstreicht die Geschichte perfekt. Wer Preußlers ›Krabat‹ noch nicht kennt und eine Schwäche für das Magische und Geheimnisvolle hat, sollte definitiv einen Blick in dieses wunderbare Buch werfen.