~~~ Spätzle gibts nicht al dente ;-) ~~~
26.07.2014
Pro:
lustig, interessant, man lernt einiges über die italienische Kultur
Kontra:
teilweise waren die Geschichten sehr tragisch und machten einen nachdenklich
Fees Geschichte
Luigi ...
26.07.2014
Pro:
lustig, interessant, man lernt einiges über die italienische Kultur
Kontra:
teilweise waren die Geschichten sehr tragisch und machten einen nachdenklich
Fees Geschichte
Luigi Brogna und seine Familie wandern, als er 10 Jahre alt ist, ins Schwabenland ein. Zuerst wollen sie dort nur 2 bis 3 Jahre bleiben. Luigi und sein Bruder finden das nicht toll und sträuben sich dagegen. Seine Mutter findet das Einkaufen schrecklich, weil alles eingepackt ist oder in Dosen. Für die ganze Familie ist das Leben im schwäbischen schrecklich, bis sie in ein anderes Dorf ziehen und dort endlich „mitintegriert“ (das steht da so) werden. Inzwischen lebt Luigis Familie wieder in Italien, während er hiergeblieben ist.
Fees Meinung
Das ist das zweite Buch über die Einwanderung der sizilianischen Familie, die ins Schwabenland zog. Um es vorweg zu nehmen, ich werde sicher auch den ersten Band: Das Kind unterm Salatblatt irgendwann lesen.
Luigi Brogna schildert in Rückblenden, während er mit dem Zug unterwegs nach Messina ist. Da sein Auto in Italien nicht sicher ist, hat er sich entschlossen mit dem Zug zu fahren, doch dies ist nicht so einfach, vor allem, wenn man mit Gepäck zur einzigen, weit entfernten Toilette des Bahnhofs muss.
Der Autor hat einen sehr schönen Erzählstil. Von der ersten Seite bis zur letzten war ich gefesselt von seinen Erlebnissen, die er hier verarbeitet hat. Klar ist es kein Tagebuch, denn welcher Schwabe möchte schon lesen, wie böse er zu den Italienern war und wer sie beschimpft hat. Er hat einfach aus seinen Erlebnissen Geschichten gemacht, die den Leser mal hemmungslos lachen oder aber auch total nachdenklich und entsetzt innehalten ließen.
Mir leuchtet schon ein, dass man als Italiener, der kein Deutsch kann und trotzdem in der Schule versetzt wird, Probleme mit den anderen Schulkindern hat, die so was nicht gut finden, vor allem, wenn sie selber sitzen bleiben. Dass Schwaben andere „Nationen“ so anfeinden und es einige darunter gibt, die den Einwanderern das Leben so schwierig machen, das hat mich sehr getroffen und betrübt. Es ist einfach zu sagen, meine Familie war nicht so. Wir sahen es immer so, von anderen Nationalitäten kann man viel lernen. Vor allem, das Essen der „Ausländer“ fanden wir immer total interessant, während sie sich auf unsere „schwäbischen Spezialitäten“ stürzten. So ein kultureller Austausch ist wunderschön, finde ich zumindest. Natürlich ist es blöde, wenn man die Sprache des anderen nicht kann, aber grüßen und lächeln, das geht immer, finde ich. Klar, wenn mich jemand beleidigt oder blöd anmacht, bin ich sicher auch nicht freundlich, aber wenn mir niemand einen Grund gibt böse zu sein, warum sollte ich dann nicht nett sein?
Das Leben in Messina ist auch kein Zuckerschlecken, wie ich festgestellt habe, daher kann ich gut verstehen, dass Luigi Brogna lieber in Deutschland bleiben möchte. Problematisch fand ich allerdings, dass die Eltern von Luigi seine Schwester sofort nach Italien zurückgebracht haben, weil sie eine Nacht bei einer Freundin geschlafen hat. Sie tat immer so, als ob sie brav früh ins Bett gehen würde und kletterte dann zum Fenster heraus um mit ihren Freundinnen in die Disco zu gehen. Leider hatte sie dann mal zu viel Alkohol und schlief dann bei ihrer Freundin. Klar, dass die Eltern sich Sorgen machten, als ihre Tochter morgens nicht in ihrem Bett war und sie erst nachmittags von ihrem „Verbleib“ erfuhren. Ich finde es nicht ok (und alle im Buch auch nicht) dass sie die Tochter dann sofort nach Sizilien verfrachteten ungeachtet dessen, dass sie in Deutschland viele Freundinnen hatte und sich wohl fühlte. Wenn man hier wohnt, sollte man sich doch ein bisschen den deutschen Sitten und Gebräuchen annähern und nicht gar so streng sein.
Alles in Italien ist nicht schlecht, vor allem, dass man da frischeres Obst und Gemüse bekommt, das reif geerntet und verkauft wird. Auch sonst fand ich einiges toll dort, aber wohnen möchte ich dort auch nicht und ich kann sehr gut verstehen, warum Luigis Eltern ins Schwabenländle gezogen sind. Oft musste ich herzhaft lachen. Nach 4 (?!) Jahren in Deutschland war die Familie zur Weihnachtsfeier eingeladen, wo alle möglichen Speisen auf einem Teller landeten, was sicher sehr befremdend auf sie gewirkt hat.
Schwäbisches Essen ist lecker, aber alles auf einem Teller sieht dann doch nicht toll aus. Dass Luigis Mutter dann versucht hat, Spätzle al dente zu kochen ist wirklich lustig. Auch der erste Einkauf der Familie mit der Nachbarin, die das Huhn im Laden vorgemacht hat und alle zum Lachen brachte, fand ich sehr lustig. Wenn ihr in der S-Bahn oder beim Arzt auffallen wollt, dann müsst ihr dieses Buch lesen.
Von nachdenklich, entsetzt bis zum hemmungslosen Lachen gab es sehr viele verschiedene Nuancen in dem Buch. Ich bin wirklich begeistert davon. Manchmal hab ich wirklich mitgelitten und manchmal hätte ich heulen können, so traurig war ich. Das Buch ist wirklich authentisch und sicher war es irgendwie so, dass das alles erlebt wurde. Vor allem die Sitten und Gebräuche von Italienern und Schwaben, die teilweise himmelweite Unterschiede sind, fand ich sehr interessant und aufschlussreich. Ich habe einiges in diesem Buch gelernt. Besonders schön finde ich, dass Luigi Brogna in Deutschland geblieben ist und hier eine Heimat fand. Das zeigt doch zumindest, dass die schwäbische Bevölkerung „nicht so schlimm sein kann“ und es dort viele „Einheimische“ gibt, die aufgeschlossen und nett sind. Auch die Szene mit dem Kinderschnaps war nachdenklich und lustig zugleich. Oder die Vorstellung, wie Luigis Mutter versucht hat, Spätzle al dente zu kochen. Entsetzt war ich dagegen, wie viele böse Schimpfworte es für Italiener bzw. Ausländer gibt. Hui, das war dann doch hart! Schwaben sind ein unzufriedener Schlag Menschen, die gerne Schimpfwörter benutzen, aber meist nicht so böse, wie es hier rüberkommt. Unzufrieden und Schwaben? Also ganz Deutschland ist unzufrieden und meckertöpfisch, aber die Schwaben schimpfen und meckern oft, wo es gar nix zu monieren gibt. Vor allem wenn man daran denkt, wie „zufrieden“ Italiener zu sein scheinen, mit viel weniger Lohn, als die schwäbischen Daimler und Co. Mitarbeiter.
Fees Fazit
Das Buch hat mich sehr gut unterhalten und ich habe es gerne gelesen. Die 410 Seiten mit den Geschichten haben mir irgendwie gefallen. Es ist doch mal interessant, wie „Gastarbeiter“ von Schwaben behandelt werden. Gut zu wissen, dass es auch nette Schwaben gibt! Das Buch bekommt 4 Sterne und eine Kaufempfehlung. Warum nur 4 Sterne kann ich selber nicht genau beschreiben, es ist einfach eine Gefühlssache. Vielleicht einfach, weil vielleicht gibt’s ja für Band 1 ne Steigerung und dann wäre es ungerecht, beiden Büchern 5 Sterne zu geben.