Mörderisches Wien im Jahr 1893 - toller Auftaktkrimi!
Oliver Pötzsch ist für seine zahlreichen historischen Romane bekannt. In „Das Buch des Totengräbers“ entführt er uns in das historische Wien 1893. Schauplätze sind hier insbesondere der Prater, der Wiener ...
Oliver Pötzsch ist für seine zahlreichen historischen Romane bekannt. In „Das Buch des Totengräbers“ entführt er uns in das historische Wien 1893. Schauplätze sind hier insbesondere der Prater, der Wiener Zentralfriedhof oder der verruchte 16.Bezirk mit der dort herrschenden Prostitution, aber auch das geschäftigen Treiben auf den Straßen oder in den Wirtshäusern. Wien steht an der Schwelle zum nächsten Jahrhundert und ist doch trotz aller Weltoffenheit fremdenfeindlich und antisemitisch.
Das spürt dann auch Leopold von Herzfeldt, ein junger Untersuchungsrichter aus Graz mit jüdischen Wurzeln, der nun in Wien als junger Inspektor arbeiten will. Und gleich hat er es mit brutalen Morden an jungen Dienstmädchen zu tun. Ihnen wurden die Kehlen durchgeschnitten und sie wurden post mortem gepfählt. Leopold arbeitet aufgrund seiner Ausbildung durch Hans Gross, dem Begründer der Kriminalistik, nach den neuesten kriminalistischen Erkenntnissen und stößt bei seinem neuen Kollegen und Vorgesetzten gleich auf Misstrauen und Ablehnung. Schnell werden ihm Steine in den Weg gelegt und er wird vom Fall abgezogen. Stattdessen muss er sich einem anderen Toten zuwenden. Einem Halbbruder des berühmten Johann Strauß, der angeblich Selbstmord begangen haben soll.
An seiner Seite hilft ihm die Telefonistin Julia bei seinen Ermittlungen. Diese führen ihn zu dem skurrilen Augustin Rothmayer, der bereits 20 Jahre als Totengräber auf dem Wiener Zentralfriedhof arbeitet. Er kennt alles über die Toten und den Tod, er ist gebildet und belesen; und so schreibt er an einem Almanach des Totengräbers. Auszüge dieser fiktiven wissenschaftlichen Abhandlung stehen am Anfang jeden Kapitels. Zusammen versuchen sie die Fälle zu lösen.
Oliver Pötzsch hat hier ein wunderbares, lebendiges, aber auch düsteres Wien geschaffen. Seine Figuren sind aus Fleisch und Blut und grandios ausgearbeitet. Man fiebert hier von Seite zu Seite mit, was es mit dem Selbstmörder Strauß auf sich hat und wer die Dienstmädchen ermordet hat. Der Fall hat viele Wendungen und mehr als einmal wurde ich auf eine falsche Fährte gelockt. Die Spannung steigt stetig bis zum großen Finale. Besonders gut haben mir auch der wienerische Dialekt einiger Beteiligten gefallen sowie die Hinweise auf neue Techniken wie Fotoapparate oder Telefon oder auch erste Automobile.
Das ist ein toller Auftakt der Serie um Leopold von Herzfeld, dem ich volle 5 Sterne gebe.