Hillary Rodham Clinton/Louise Penny - State of Terror
Unerwartet hat der neue amerikanische Präsident Williams seine schärfste Kritikerin zu seiner Außenministerin gemacht. Ellen Adams hat schnell verstanden, weshalb, indem sie für den Posten ihr Medienimperium ...
Unerwartet hat der neue amerikanische Präsident Williams seine schärfste Kritikerin zu seiner Außenministerin gemacht. Ellen Adams hat schnell verstanden, weshalb, indem sie für den Posten ihr Medienimperium aufgibt und an seiner Seite arbeitet, kann er sie besser kontrollieren und geschickt Fallen stellen, um sie öffentlich zu demütigen. Als eine Serie von Bombenanschlägen Europa erschüttert, sind sie jedoch gezwungen, zusammenzuarbeiten, denn im Auswärtigen Amt ging zuvor eine Warnung ein. Ausgerechnet aus dem Iran, dem verhassten Erzfeind. Schnell erkennen Williams und Adams, dass die Bedrohung vielleicht nicht unbedingt aus dem Mittleren Osten kommt, auch wenn dort mit Bashir Shah ein gewiefter Physiker sitzt, der im Verdacht steht, eine Atombombe zu bauen und meistbietend an Schurkenstaaten oder Terrororganisationen zu verhökern. Die Zeit läuft ihnen davon und das bei einer diffusen Bedrohungslage, bei der die Grenzen zwischen Freund und Feind fließend sind.
Ebenso wie ihr Mann, der bereits zwei Politthriller auf den Markt geworfen hat, hat sich die ehemalige Außenministerin Hillary Rodham Clinton nach Ende der politischen Karriere jener der Literatur verschrieben. Dazu hat sie sich mit Louise Penny eine routinierte und erfolgreiche Autorin gesucht, mit der die Geschichte für meinen Geschmack überzeugend umgesetzt wurde. Es ist ein klassischer Thriller im Politikmilieu, der mit der Angst vor einer unbekannten Gefahr spielt und die bekannten Akteure des politischen Spiels einbindet. Dass damit auch der Mythos des einsamen amerikanischen Helden, der sich und seine Familie hinter die Interessen des Landes stellt, bedient wird, war zu erwarten und sehe ich nicht als Makel, denn die Handlung ist spannungsgeladen, wird mit hohem Tempo erzählt und schließlich schlüssig gelöst.
Ellen Adams zeichnet sich durch einen scharfen Verstand und schnelle Auffassungsgabe auf. Indem man ihren Mann zum Opfer des gesuchten Atombombenbauers macht und auch ihr Sohn bereits in den Händen islamistischer Terroristen war, hat sie auch ganz persönliche Motive, sich den Agitatoren der Krisenregion entgegenzustellen. Als Figur sicherlich in mancher Hinsicht überzeichnet – die ganze Familie einzubinden, derart hoch zu pokern und geschickt die Herrscher in ihrem Sinne zu manipulieren – andererseits sind das die meisten Helden in diesem Genre und bekanntermaßen ist auch ein James Bond halbtot in der Lage, alleine die Welt zu retten.
Die Handlung integriert geschickt die politischen Verschiebungen der letzten Jahre und wirkt dadurch glaubwürdig und durchaus real vorstellbar. Dass in geheimen Laboren Atombomben oder auch andere Waffen, egal ob atomar, biologisch oder chemisch, hergestellt werden könnten, um Rache an der westlichen Welt zu nehmen, dürfte niemand ernsthaft in Zweifel ziehen.
Der Thriller wurde vielfach harsch kritisiert. Die Argumente sind durchaus nachvollziehbar, die Abrechnung mit dem ehemaligen Präsidenten – Parallelen zu realen Personen sind vermutlich rein zufällig - erfolgt nicht gerade subtil, letztlich ist er es sogar, der entscheidend zu dem Chaos und der Bedrohung beigetragen hat. Ich fand die Seitenhiebe oftmals köstlich und amüsant, da passte jedes Wort.
General Whitehead seufzte. „Bashir Shah ist wieder auf freiem Fuß? Das ist in der Tat ein Problem.“
„Und zwar ein größeres, als Sie glauben. Angeblich haben wir dafür unseren Segen gegeben.“
„Wir?“
„Die ehemalige Regierung.“
„Das ist unmöglich. Wer wäre denn dumm genug... Ach. Vergessen Sie, dass ich gefragt haben“
Die Außenministerin ist die überragende Figur und damit wohl eher von Wunschtraum Clintons. Aber mal ehrlich: wer greift nicht auch zu Literatur, um das zu durchleben, was man im echten Leben nicht hat oder nicht ist? Warum sollte ihr es dann nicht auch als Autorin gestattet sein, die Figur, die gewisse Ähnlichkeit zu ihr aufweist, etwas aufzuhübschen? Mich hat’s nicht gestört.
Das Wissen Clintons aus dem inneren Zirkel der Macht gepaart mit Pennys Schreibtalent – eine spannende und gelungene Kombination, die gerne fortgesetzt werden darf.