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Veröffentlicht am 01.05.2017

Liebe in Zeiten des Krieges

Die Liebe meines Vaters
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Der schwäbische Student und angehende Lehrer Loris Schorb kommt 1930 in Budapest an und ist sofort begeistert von dieser Stadt und seiner Bewohner. Er lernt den Journalisten Béla kennen und freundet sich ...

Der schwäbische Student und angehende Lehrer Loris Schorb kommt 1930 in Budapest an und ist sofort begeistert von dieser Stadt und seiner Bewohner. Er lernt den Journalisten Béla kennen und freundet sich mit ihm und seinen Freunden an. Dann verliebt er sich in Evá, die in einem Hutladen arbeitet. Mit ihr verbindet ihn die Liebe zur Musik. Auch die kommenden Sommer zieht es Loris wieder nach Budapest. Aber in Deutschland verbreitet sich der Nationalsozialismus und dann kommt der Krieg.
Maria verliebt sich Ende der 1950er Jahre in den Ungarn János. Auf alten Familienfotos von Maria erkennt er seine Tante Éva. Auf dem Bild ist auch Loris zu sehen, der im Krieg verschollen ist.
Das Cover und die Buchbeschreibung suggerieren, dass es sich um eine Liebesgeschichte handelt. Doch dieses Buch ist so viel mehr. Es beschreibt ein Stück unserer Geschichte und die Gefühle von Menschen in dunkler Zeit.
Einfühlsam und eindringlich ist der Schreibstil, aber auch lebendig und packend. Budapest ist so toll beschrieben, dass für mich ein hoher Wiedererkennungseffekt da war.
Loris ist jung, lebensfroh und neugierig auf die Welt. Die Atmosphäre im Budapest der 30er ist lebendig und sie fasziniert ihn. Aber wir lernen ihn auch von einer anderen Seite kennen. Die politischen Verhältnisse halten ihn in Deutschland. Obwohl Evá seine große Liebe ist, heiratet er Elsa und wird Vater. Es kommt die Einberufung und er kämpft zuerst in Frankreich und später in Russland. Er ist verzweifelt wegen der Grausamkeiten, die er erleben muss. Aus Verzweiflung wird Wut. Trost bieten ihm die Gedanken an seine Tochter Marie.
Marie lernt ihren Vater eigentlich nicht richtig kennen. Hin und wieder taucht er in ihrem Leben auf und ist doch ein Fremder für sie. Viele Jahre später macht sie sich auf den Weg, um ihrem Vater nachzuspüren.
Alle Charaktere waren sehr gut dargestellt, so dass ich mit ihnen fühlen konnte. Elsa fühlt sich einsam und überfordert mit Marie. Loris und Elsa werden sich immer fremder.
Eine emotionale Geschichte, die noch lange nachhallt.

Veröffentlicht am 01.05.2017

Geschichte einer jüdischen Kaufmannsfamilie

Das Haus der schönen Dinge
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Jacob Hirschvogl erfüllt sich einen Lebenstraum, als das Kaufhaus „Hirschvogl“ am Münchner Rindermarkt öffnet. Sein Kaufhaus bietet etwas, das München so vorher noch nicht hatte. Das Angebot unter einem ...

Jacob Hirschvogl erfüllt sich einen Lebenstraum, als das Kaufhaus „Hirschvogl“ am Münchner Rindermarkt öffnet. Sein Kaufhaus bietet etwas, das München so vorher noch nicht hatte. Das Angebot unter einem Dach umfasst exquisite Damenbekleidung aus Paris, maßgeschneiderte Herrenbekleidung, feinste Unterwäsche, beste Stoffe, Parfum, Kaffee, Tee und Pralinen. Die Mitbewerber versuchen mitzuhalten, aber es gelingt nicht, denn Jacobs Frau Thea hat sehr kreative Ideen. Jacob wird im Jahre 1897 Königlich-Bayerischer Hoflieferant.
In den „Goldenen Zwanzigern“ übernimmt Tochter Lily die Geschäftsführung, da ihre Bruder Benno kein Interesse zeigt und auch Sepp, ihr jüngerer Bruder, nicht in Frage kommt. Aber bald schon macht sich der Einfluss der Nazis bemerkbar. Die Familie dachte immer, wie wäre ein vollwertiges Mitglied der Münchener Gesellschaft, aber nun zeigt sich, dass die Menschen sich mehr und mehr gegen die jüdische Familie stellen. Die Kunden bleiben weg und die Hirschvogls müssen um ihre Existenz bangen.
Das Buch erzählt die Familiengeschichte über drei Generationen. Das Kaufhauses Hirschvogl ist fiktiv, steht aber stellvertretend für die vielen Geschäfte in jüdischem Besitz.
Ich mag die Bücher von Heidi Rehn, die unterhaltsam sind und dennoch immer nachdenklich stimmen. Der historische Hintergrund ist sehr gut recherchiert und so erhält man einen Überblick über die Lebensumstände jener Zeit, das gesellschaftliche Leben und auch über die politischen Verhältnisse.
Alle Charaktere sind sehr vielschichtig und interessant dargestellt. Besonders Lily hat es mir angetan. Sie muss sich in einer schwierigen Zeit um das Kaufhaus kümmern.
Ich kann diese unterhaltsame, spannende und sogar zeitweise dramatische Familiengeschichte nur empfehlen.

Veröffentlicht am 01.05.2017

Neumodisches Zeug

Das Haus der schönen Dinge - Prequel
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Jacob Hirschvogl ist Sohn eines Tuchhändlers. Sein Vater ermöglichte ihm eine Ausbildung in Berlin, Frankreich und England. Er kam zurück mit einem Traum. Ein Kaufhaus wollte er in seiner Heimatstadt einrichten, ...

Jacob Hirschvogl ist Sohn eines Tuchhändlers. Sein Vater ermöglichte ihm eine Ausbildung in Berlin, Frankreich und England. Er kam zurück mit einem Traum. Ein Kaufhaus wollte er in seiner Heimatstadt einrichten, dass sich hinter den Kaufhäusern in Paris oder London nicht verstecken musste. Ein wenig will er auch Thea damit imponieren, in die er schon eine ganze Weile verliebt ist. Nun benötigt er die passenden Räumlichkeiten und hat sie auch schon gefunden, aber Medizinalrat Gustav Voggenbreiter ist ein harter Verhandlungspartner.
Dieses Prequel zum gleichnamigen Roman, ist wundervoll zu lesen und schon ist die Lust auf das Buch geweckt. Man möchte natürlich wissen, wie es mit Jacob und Thea und dem Kaufhaus weitergeht und ahnt schon, dass es nicht einfach wird für einen jüdischen Kaufmann.

Veröffentlicht am 30.04.2017

Düstere Zeiten

Der zweite Reiter
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Hunger und Not sind in Wien kurz nach dem Ersten Weltkrieg überall gegenwärtig. Der Schleichhandel blüht und Polizeiagent August Emmerich soll diesen Leuten, allen voran Kolja, ihr Handwerk legen. Aber ...

Hunger und Not sind in Wien kurz nach dem Ersten Weltkrieg überall gegenwärtig. Der Schleichhandel blüht und Polizeiagent August Emmerich soll diesen Leuten, allen voran Kolja, ihr Handwerk legen. Aber dann wird ein Toter gefunden und Emmerich ist im Gegensatz zu seinen Kollegen nicht davon überzeugt, dass es sich um Selbstmord handelt. Er macht sich mit seinen Assistenten Winter an die Ermittlungen und bald schon gibt es weitere Tote. Die Sache lässt Emmerich keine Ruhe und er gerät selbst in Gefahr.
Der Schreibstil ist sehr angenehm zu lesen. Die Autorin schafft es, die düstere Atmosphäre im damaligen Wien gut und sehr authentisch darzustellen. Es gibt wenige Menschen, die weiterhin im Luxus leben, den meisten fehlt das Nötigste zum Leben. Gute Zeiten für Schwarzhändler, welche die Gunst der Stunde nutzen und ihre Waren zu Wucherpreisen an den Mann bringen.
August Emmerich ist ein Kriegsinvalide, aber er versucht mit allen Mitteln, seine Behinderung zu verstecken, denn er möchte nicht in den Innendienst abgeschoben werden. Am liebsten würde er in der Abteilung Leib und Leben arbeiten, aber dafür müsste er erst einmal Erfolge vorweisen können. Da er aber seine Ermittlertätigkeiten im Fall Kolja vernachlässigt, sieht es mit den Aufstiegschancen nicht gut aus. Emmerich hat ganz bestimmte Vorstellungen von Recht und Gerechtigkeit und die vertritt er auch nach außen. Er geht sehr pragmatisch bei seinen Ermittlungen vor. Wenn man was erfahren will, dann muss man auch unangenehme Wege gehen. Damit hat Winter, der aus einer ganz anderen Gesellschaftsschicht stammt, anfangs so seine Probleme. Emmerich hält zunächst nicht viel von dem Frischling Winter, aber unter Emmerichs Anleitung entwickelt der sich zu einem sehr fähigen Assistenten, der seinen Vorgesetzen bereitwillig unterstützt. Es ist nicht weiter verwunderlich, dass Emmerich durch seine Eigenmächtigkeiten Ärger mit seinem Vorgesetzen Sander bekommt. Darüber hinaus gibt es noch eine ganze Reihe von Charakteren, die individuell und sehr authentisch gestaltet sind.
Zum Verlauf der Geschichte will ich nichts weiter verraten, aber es ist vom Anfang bis zum Ende spannend. Zum Schluss gibt es dann überraschende Wendungen, die ich so wirklich nicht erwartet habe.
Ich bin begeistert von diesem historischen Krimi.

Veröffentlicht am 29.04.2017

Familie

Die Farben der Sonne, die Geschichte der Steinpferde auf der Pine Pidge Indianerreservation
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Nach dem Tod seiner Mutter lebt Walter McKanzie in den Straßen Chicagos. Dort hat er sich den Namen BlueLightShadow verdient. Bei einem fürchterlichen Gewitter stellt sich ein alter Indiander mit Blue ...

Nach dem Tod seiner Mutter lebt Walter McKanzie in den Straßen Chicagos. Dort hat er sich den Namen BlueLightShadow verdient. Bei einem fürchterlichen Gewitter stellt sich ein alter Indiander mit Blue und Gabriel, einem anderen Jungen, unter und erzählt eine Geschichte und behauptet, dass Blue zur Familie gehört. Blue ist entrüstet.
Das Jugendamt macht Blues Vater Frank ausfindig, der seinen Sohn seit Jahren nicht mehr gesehen hat, und verlangt, dass dieser sich um Blue kümmert oder dass er das Sorgerecht an den Großvater abtritt. Da Frank keine Zeit hat, sich um den Jungen zu kümmern, tritt er sein Sorgerecht ab und will Blue zu seinem Großvater bringen. Aber der 12jährige will nicht. Aber als er hört, dass seine Halbschwester, die er schon eine Weile nicht gesehen hat, auch dort sein wird, macht er unverbindlich mit.
Bald schon erkennt Blue, dass er mit Bonnie nicht nur eine Schwester hat, sondern eine riesengroße Lakota-Familie gewinnt, die ihn in die Familie der Steinpferde aufnimmt und ihn so akzeptiert, wie er ist. Das Leben in der Pine Ridge Indianerreservation ist gänzlich anders als das Leben, das Blue bisher kannte und er muss viel lernen.
Blue ist ein intelligenter Junge, der einerseits stur und unabhängig ist, aber dem Fremden so offen gegenüber steht, dass er sich schnell in seine neue Situation hineinfindet. Die Großeltern sind warmherzig und lassen ihrem Enkel die üblichen Lakota-Freiheiten, damit er seinen Weg finden kann. Frank übernimmt Verantwortung für Blue, auch wenn er das Sorgerecht abgibt. Er verhält sich seinem Sohn gegenüber so, dass dieser ihn nicht nur akzeptiert, sondern als Vorbild nimmt und Anwalt werden möchte.
Die Geschichte ist wundervoll erzählt und gibt einen guten Überblick, über das Leben in der Reservation und die Lebensweise der heutigen Indianer. Auch heute noch spielen die Pferde eine große Rolle. Sie sind für die Lakota Brüder und Schwestern. Daher ist es besonders schmerzlich für die Familie, als plötzlich alle Pferde verschwunden sind.
Das Buch ist unterhaltend und informativ, bewegend und spannend. Empfehlenswert!