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Veröffentlicht am 30.10.2021

Das Los der Kindersoldaten

Die verlorene Generation
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Nach der "Verdammten Generation und der "Verratenen Generation" widmet sich Autor Christian Hardinghaus nun der verlorenen Generation - den Kindersoldaten. Der Historiker fesselt mit seinen Berichten und ...

Nach der "Verdammten Generation und der "Verratenen Generation" widmet sich Autor Christian Hardinghaus nun der verlorenen Generation - den Kindersoldaten. Der Historiker fesselt mit seinen Berichten und Analysen und bringt Geschichte wirklich jedem Leser näher. Chrisian Hardinghaus hat mit dieser Reihe die letzten Zeitzeugen des Zweiten Weltkrieges zum Interview gebeten. Für ihn ist es wichtig, diese Zeitzeugnisse für die kommenden Generationen festzuhalten und #gegendasvergessen anzukämpfen.

1945 hat Hitler mit der Einberufung von noch minderjährigen Kindern und alten Männern bis 60 Jahre das letzte Aufgebot ausgefasst und noch mehr Leid über viele Familien gebracht. Auch mein Großvater wurde als 58jähriger noch in den Volkssturm geschickt und kam nie mehr wieder.

Bevor sich der Autor wieder jeden einzelnen Schicksal widmet, berichtet er von der HJ und dem Jungmädchenbund, die sehr prägsam für die Kinder waren. Mit sportlicher Veranstaltungen und Wettkämpfen werden sie körperlich bereits zu Soldaten getrimmt. Die Kriegspropaganda griff vorzüglich. Man erkennt sehr gut, wie wohl überlegt das NS Regime ihre Arbeit geleistet hat.

Wie auch schon im letzten Buch kommen die Zeitzeugen größtenteils aus dem Norden Deutschlands und aus verschiedenen Schichten. Zwei davon sind allerdings durch den Krieg auch für einige Zeit in Österreich gelandet.
Jeder der dreizehn Zeitzeugen hat eine erschütternde Geschichte zu erzählen. Manche Erzählungen machten mich sprachlos. Fotos aus Kriegstagen oder von der Familie runden diese erschreckenden Berichte ab und bringen dem Leser die ehemaligen Kindersoldaten näher. Das Elternhaus spielt in diesem Alter noch eine große Rolle.
Die furchtbaren Ereignisse haben die meisten von ihnen schweigen lassen. Erst viel später stellen sich einige ihrer verlorenen Kindheit. Die seelischen Wunden sind bis heute nicht verheilt. Alle von ihnen geben zu, mit Feuereifer in den Krieg gezogen zu sein. Meistens wurden sie zuerst Flakhelfer, wo sie anfangs noch von den Lehrern den versäumten Schulstoff unterrichtet bekamen, später waren sie nur mehr Kanonenfutter. Einige von ihnen haben sich auch freiwillig gemeldet, um das Vaterland oder die Familie zu schützen.

Am Ende des Interviews stellt der Autor jeden der dreizehn Überlebenden die Frage, ob sie von der Vernichtung der Juden gewusst haben. Übereinstimmend haben alle freimütig erzählt, dass sie mitbekommen haben, dass Juden unerwünscht waren und umgesiedelt wurden oder verreisten. Von den Vernichtungslagern und den schrecklcihen Morden haben sie allerdings erst nach dem Krieg erfahren.

Fazit:
Mit seinem dritten Buch, "Die verlorene Generation", das über die Kindersoldaten berichtet, vollendet Christian Hardinghaus seine Reihe um die letzten Zeitzeugen des Zweiten Weltkrieges. Erschütternd und authentisch sind die Berichte der noch wenigen Überlebenden aus dieser Zeit. Wir dürfen nicht vergessen, was damals passiert ist und müssen gegen jeglichen Rassismus vorgehen.
Auch diesmal kann ich wieder nur eine klare Leseempfehlung abgeben und rate wirklich jeden, sich diese Lektüre über die letzten Zeitzeugen zu Gemüte zu führen.

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Veröffentlicht am 03.10.2021

Abschluss einer großartigen Reihe

Die Schwestern vom Ku'damm: Ein neuer Morgen
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Es war für mich eine wunderbare Überraschung, als ich entdeckte, dass Brigitte Riebe sich dafür entschieden hatte, noch einen vierten Band um die Schwestern vom Ku'damm zu veröffentlichen. Diesmal begleiten ...

Es war für mich eine wunderbare Überraschung, als ich entdeckte, dass Brigitte Riebe sich dafür entschieden hatte, noch einen vierten Band um die Schwestern vom Ku'damm zu veröffentlichen. Diesmal begleiten wir Miriam Feldmann, genannt Miri, die uneheliche Tochter des Kaufhaus-Patriarchen Friedrich Thalheim.

Obwohl es schon eine Weile her ist, dass ich den dritten Band gelesen habe, war ich sofort wieder mitten im Geschehen und hatte das Gefühl nach Hause zu kommen. Die Thalheims sind mir alle sehr ans Herz gewachsen.
Zeitlich befinden wir uns diesmal in Berlin in den Jahren 1966-1971. Eine Zeit voller Umbrüche. Die Musik und die Mode feiert gleichermaßen eine Revolte. Woodstock, Drogen, lange Haare, freie Liebe - schrille Farben und große Muster, Felljacken und Miniröcke...all das prägt das Erscheinungsbild dieser Zeit (und wird teilweise heute wieder modern). Studenten protestieren lautstarkt auf den Straßen und politisch stehen viele Zeichen auf Unruhe. Es ist die Zeit der ersten Kommunen, des Vietnamkrieges und des Prager Frühlings. Deutschland ist durch die Mauer gespalten und mögliche Besuche in Ost und West werden immer schwieriger.
In dieser Zeit ist Miri bereits fester Bestandteil der Thalheim Familie und ihr kreative Kopf. Als Chef-Designerin ist sie in die Fustapfen ihrer Mutter getreten. Auch die Schwestern springen auf den neuen Trend auf, was Friedrich Thalheim zunächst alles andere als begeistert. Der Erfolg überzeugt allerdings auch ihn.

Miri wird mit 42 Jahren erstmals schwanger, nachdem sie und Schani bis dahin kinderlos geblieben sind. Vor Jahren haben sie deswegen Jenny adoptiert, die mittlerweile zu einem Teenager herangewachsen ist. Meine Mutter wurde 1965 ebenfalls mit 42 Jahren schwanger. Allerdings war ich dann im Februar 1966 nicht ihr erstes, sondern das vierte Kind und ein richtiger Nachzügler. Diese Parallelen fand ich richtig cool und umso genauer verfolgte ich diese Zeitspanne.
Gott sei Dank waren es die einzigen Gemeinsamkeiten, denn Miri lebte in den Kriegsjahren als "Unsichtbare" (untergetauchte jüdische Menschen, die dem Naziregime zu entfliehen versuchten) in Berlin. Diese tief bewegenden Rückblenden als U-Boot, immer mit der Angst aufzufliegen und wie ihre Mutter deportiert zu werden, haben auch ihr weiteres Leben beeinträchtigt. Einzig der Koffer mit den Schnittmustern ist Miri von ihrer Mutter erhalten geblieben. Dieser bedeutet ihr sehr viel und bringt ihr auch immer wieder neue Inspirationen. Als Miri auf einem alten Bekannten aus dieser Zeit trifft, kommen alte Erinnerungen wieder hoch. Zusätzlich gibt es Probleme mit Jenny...

Lebendige Zeitgeschichte, verbunden mit dem Schicksal der Thalheims und den gesellschaftlichen Umbrüchen, wurden von Brigitte Riebe wieder fesselnd erzählt und sehr lebendig dargestellt. Ich war mitten drin und habe mitgefiebert. Danke, dass ich diese Zeit literarisch erleben durfte, als ich selbst noch zu klein war, um dies alles richtig aufzunehmen.

Am Ende befindet sich wieder eine Zeittabelle mit den wichtigsten zeitgeschichtlichen Ereignissen von 1966 - 1971.

Fazit:
Brigitte Riebe hat mir mit diesem Wiedersehen mit Rike, Silvie, Flori und Miri eine große Freude bereitet. Eine großartige Reihe, die ich allen empfehlen kann, die sich für Familiengeschichten und lebendige Zeitgeschichte interessieren.

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Veröffentlicht am 30.09.2021

I still have Faith in you

Für Glück ist es nie zu spät
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Johanna steht am Grab ihres Mannes. Ihre Ehe ist seit längerer Zeit zerrüttet, obwohl sie ihr eigenes Leben immer hinten angestellt hat. Nur die schwere Krankheit ihres Mannes hat sie kurz vor der geplanten ...

Johanna steht am Grab ihres Mannes. Ihre Ehe ist seit längerer Zeit zerrüttet, obwohl sie ihr eigenes Leben immer hinten angestellt hat. Nur die schwere Krankheit ihres Mannes hat sie kurz vor der geplanten Scheidung abgehalten. Nun ist sie plötzlich mit Anfang Fünfzig frei, aber auch total verunsichert. Wie soll ihr neuer Lebensausschnitt aussehen?
Bei der Durchsicht der Trauerpost findet sie einen sehr persönlichen Brief ihrer alten Freundin Ines. Seit der Eheschließung mit René hat Johanna den Kontakt zu ihr verloren - wie so vieles andere. Ein beigelegtes Notizbuch ihrer Freundin erinnert Johanna daran, dass sie früher Tagebuch geschrieben hat. Sie beginnt ihre Gedanken und Gefühle wieder aufzuschreiben und stellt bald fest, dass sie neu anfangen muss.
Das Erste, wovon sie sich trennen möchte, ist das durchgestylte, aber unpersönliche, Haus, das den Geschmack ihres Mannes widerspiegelt, aber keinesfalls ihren. Durch die Entrümpelungsfirma lernt sie die ausgeflippte Pauline kennen, die ihr zur Freundin wird und aus der ersten Trauierphase holt. Diese schickt ihren Onkel, einen Makler, zu Johanna, um ihr bei der Suche nach einem passenden Haus zu helfen. Johanna fällt fast aus allen Wolken, als sich dieser als ihr Exfreund Henry entpuppt. Das bringt sie auf die Idee in ihren alten Tagebüchern zu lesen, die sie bei der Entrümpelung gefunden hat. Ihre Einträge machen ihr bald klar, wie viele ihrer Träume und Ideen im Sand verlaufen sind und sie fragt sich, wohin ihr altes Ich verschwunden ist. Hat sie Ines damals nicht verstanden, ist ihr heute klar, dass diese den weitaus besseren Weg gewählt hat. Nach und nach verucht sie ihr altes ich hinter sich zu lassen. Alles Schwere fällt nach und nach von ihr ab und ihr Leben erscheint so viel leichter und abwechslungsreicher.

Heike Abidi hat die Verwandlung von Johanna wunderbar realistisch dargestellt. Man lebt und leidet, lacht und bangt mit ihrer Hauptprotagonistin. Die Autorin erzählt diese warmherzige und gefühlvolle Geschichte mit viel Herzblut, aber wie gewohnt auch mit einer Prise Humor.
Man blickt als Leser tief in die Gefühls- und Gedankenwelt von Johanna, die sehr authentisch wiedergegeben wird. Viele ihrer Empfindungen konnte ich sehr gut nachvollziehen. In kurzen Rückblenden durch die Einträge in ihre alten Tagebücher, erhalten wir ein sehr ausdrucksstarkes Bild der jungen Johanna und ihren Vorstellungen von ihrem zukünftigen Leben. Sie ist zielorinetiert und voller Lebensfreude, während die Johanna in der Gegenwart erst ihre Träume wiederfinden muss. Der Vergleich zeigt wie verschieden die junge und alte Johanna sind. Man erkennt deutlich, wie viele ihrer Träume und Ideen im Sand verlaufen sind und welches Leben sie an der Seite von René hatte bzw. was sie alles aufgegeben hat. Doch neben all den tiefgründigen und oftmals schmerzvollen Szenen hat Heike Abidi wieder ihren unverwechselbaren Humor miteingebracht. In Rückblenden lernen wir Johannas Affären von damals kennen, die die gegenwärtige Johanna ausfindig macht und trifft. Besonders der Zahnarztbesuch hat mir die Lachtränen in die Augen getrieben!
Neben den Hauptprotagonisten hat Abidi auch die Nebencharaktere ausdrucksstark in Szene gesetzt. Dabei habe ich besonders Pauline und Maxi ins Herz geschlossen.

Fazit:
Ein wundervoller Roman, der aufzeigt, dass es für einen Neustart im Leben nie zu spät ist. Warmherzig, tiefgründig und mit einer Prise Humor hat Heike Abidi wieder eine bezaubernde Geschichte geschrieben, die ich sehr gerne weiterempfehle!

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Veröffentlicht am 14.09.2021

Unterhaltsam, berührend, warmherzig

Drei Worte
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Dies ist mein erster Roman von der Autorin Franziska Erhard, aber mit Sicherheit nicht der letzte.
Mit Liebesromanen ist es so eine Sache. Ich mag keine kitschigen Geschichten. Oftmals sind diese in diesem ...

Dies ist mein erster Roman von der Autorin Franziska Erhard, aber mit Sicherheit nicht der letzte.
Mit Liebesromanen ist es so eine Sache. Ich mag keine kitschigen Geschichten. Oftmals sind diese in diesem Genre jedoch nur schwer zu finden. Zusätzlich mag ich es nicht, wenn sie zu vorhersehbar sind. Natürlich erwartet man sich als Leser ein Happy End, aber der Weg dorthin sollte nicht zu offensichtlich sein. Und natürlich kommt es darauf an, wie dieser von der Autorin dargestellt wird. Genau diese Erwartungen erfüllt die Autorin mit Bravour! Ich bin begeistert und vergebe gerne 5 Sterne für einen ausgezeichneten und vorallen realistischen Liebesroman. Doch worum gehts?

Ruby hat in ihren jungen Leben bereits einige schwere Enttäuschungen hinter sich. In London wagt sie schließlich einen Neuanfang. Sie zieht zu Maisie und Pen in eine Mädels-WG und finder bei der Parfümeriekette "Jola" ihren Traumjob. Die Regel, die Beziehungen zwischen den Mitarbeitern untersagt, ist für sie nicht wichtig. Ruby liebt ihren Job und ist auch ehrgeizig. Sie möchte in Zukunft gerne als Trainee arbeiten. Deswegen bewirbt sie sich für das Traineeprogramm und bekommt Beau Rutherford, den Juniorchef, als Mentor zugeteilt. Das stellt sich jedoch bald als Problem heraus, denn zwischen Ruby und Beau beginnt es immer mehr zu knistern. Die beiden sind grundverschieden und ergänzen sich in vielerlei Hinsicht trotzdem perfekt. Ich habe es wirklich, wie sich die beiden annähern und besser kennenlernen. Doch da gibt es die unumstößliche Regel des Unternehmens: keinerlei Beziehungen zwischen den Mitarbeitern. Traumjob oder Traummann? Wofür entscheidet sich Ruby?

Franziska Erhard hat mich mit ihrem Roman wirklich überrascht. Selten habe ich bei einem Liebesroman so mitgefiebert, mitgelacht oder die Hände vor Entsetzen über den Kopf zusammengeschlagen. Beim Lesen erlebte ich eine wahre Achterbahn der Gefühle. Zusätzlich punktet die Geschichte mit überraschenden Wendungen und einer Dynamik, die ich sehr mochte.
Der flüssige und unterhaltsame Schreibstil, sowie die spritzigen Dialoge waren genau meins. Das Knistern zwischen den beiden Protagonisten konnte ich durch die Zeilen spüren und fand ich perfekt dargestellt.

Die Charaktere haben ihre Ecken und Kanten und erscheinen deswegen umso authentischer. Ruby ist eine starke Frau, die sich Ziele setzt und die Hoffnung nicht so schnell aufgibt, selbst wenn ihr massive Felsbrocken in den Weg gelegt werden. Durch ihr Äußeres fällt sie auf und wird sofort in eine bestimmte Schublade gesteckt. Ruby muss sich deswegen immer wieder rechtfertigen bzw. zeigen, was wirklich in ihr steckt. Sie bleibt dabei immer sich selbst treu und immer authentisch...genau das mochte ich an ihr.

Beau ist ebenfalls ein sehr interessanter Mann, der nicht nur mit seinem Charme spielt, sondern hart arbeitet. Er kämpft bei seiner Mutter um sein Ansehen, die in der Firma das alleinige Sagen hat und keine Fehler akzeptiert. Sie ist der alleinige Boss und das bekommt Beau immer wieder zu spüren.

Auch das Setting hat mir gut gefallen. London oder die Cotswolds wurden von der Autorin sehr bildhaft beschrieben.
Im Großen und Ganzen endlich wieder ein Liebesroman, der mich überzeugen konnte und authentisch wirkt. Von mir gibt es eine leseempfehlung für Leserinnen, die ebenfalls lieber eine glaubwürdige Liebesgeshcichte mögen, die nicht vor Kitsch trieft.

Fazit:
Drei Worte: unterhaltsam, berührend, warmherzig...eine tolle Geschichte, die mich berührt hat und frei von Kitsch ist. Umso mehr freue ich mich, dass es der Auftakt einer Trilogie ist. Den nächsten Band werde ich auf alle Fälle lesen! Von mir gibt es eine Lesempfehlung!

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Veröffentlicht am 07.09.2021

Noch besser als Teil Eins

Die Heimkehr der Störche (Die Gutsherrin-Saga 2)
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Nachdem ich letztes Jahr den ersten Band dieser Reihe um Dora Twardy gelesen habe, durfte ich auch den zweiten Band in einer Lovelybooks Leserunde mitlesen. Darüber habe ich mich sehr gefreut, denn schon ...

Nachdem ich letztes Jahr den ersten Band dieser Reihe um Dora Twardy gelesen habe, durfte ich auch den zweiten Band in einer Lovelybooks Leserunde mitlesen. Darüber habe ich mich sehr gefreut, denn schon "Soweit die Störche ziehen" hat mir sehr gut gefallen. Band 2 toppt diesen sogar noch und hat von mir die vollen fünf Sterne bekommen.

Nach der Vertreibung der Familie Twardy aus Ostpreußen leben Dora, ihre Eltern und Geschwister auf einem Bauernhof in der Lündeburger Heide. Sie sind dort als Flüchtlinge nicht willkommen und müssen unter sehr beengten Verhältnissen leben. Um sich die Unterkunft zu verdienen, müssen alle schwer arbeiten und am Bauernhof mithelfen. Dabei verhält sich die mürrische Bäuerin alles andere als menschlich und hilfsbereit. Auch die meisten Dorfbewohner akzeptieren die Flüchtlinge aus dem eigenen Land nicht. Dora möchte endlich alles hinter sich lassen. Ihren Traum Veterinärmedizin zu studieren hat sie noch nicht ad acta gelegt und sie bewirbt sich bei mehreren Universitäten. Studierende Frauen sind allerdings auch in den 50iger Jahren noch nicht wirklich gerne gesehen. Einzig die Humboldt Universität in Ost-Berlin gibt ihr die Möglichkeit sich mittels eines Aufnahmetest zu bewerben. Dora bekommt die Zulassung und zieht mit ihrer Ziehtochter Clara, der Tochter von Curt, nach Ost-Berlin. Ein Hinweis, dass Curt sich seit Jahren im Gefängnis befindet, wird leider zur Realität.

Noch ahnt Dora nicht, dass sie auch in dieser geteilten Stadt nicht frei sein wird und nicht nur Curt mit dem System aneindergeraten ist. Dora bekommt dies ebenfalls immer mehr zu spüren, denn der Studienplatz scheint ihr nicht ohne Gegenleistung zur Verfügung gestellt worden zu sein. Außerdem erhält sie im Haus der Familie von Erichs Frau, wo Dora und Clara unterkommen, die Ideologie der neuen ostdeutschen Regierung eingeimpft. Denunziationen und Bespitzelungen sind an der Tagesordnung. Immer mehr erkennt sie, was alles falsch läuft in diesem Staat und wie die Bevölkerung darunter leidet. Mit den noch immer vorhandenen Lebensmittelmarken aus dem Krieg erhält man in den meist leeren Geschäften nichts zu kaufen. Anfangs pendeln noch viele zwischen Ost- und West- Berlin, doch dies wird vom Staat untersagt, als immer mehr Menschen in den kapitalistischen Westen flüchten.

Wow, dieser zweite Teil hat mich wirklich gefesselt. Theresia Graw verbindet das Schicksal von Dora mit wahren historischen Begebenheiten, wie den Auftsand am 17. Juni 1953. Ich muss zugeben, dass ich als Österreicherin darüber nichts wusste...nicht nur, weil ich damals noch nicht geboren war, sondern weil wir eher über den Prager Frühling oder den Aufstand in Ungarn informiert wurden. Über die Deutsche Demokratische Republik weiß ich nicht sehr viel und eigne mir nun nach und nach mehr Wissen an. Gott sei Dank erscheinen nun immer mehr Bücher, die sich mit der ehemaligen DDR befassen.
Auch das Leben der Kriegsflüchtlinge spielt im Roman eine Rolle. Doras Eltern erfahren kaum Hilfe und erhalten selbst acht Jahre nach Kriegsende noch immer keine Hilfe vom Staat. Sie spielen aber in diesem Band eine deutlich geringere Rolle, als im ersten Teil.

Der Schreibstil ist fesselnd, bildhaft und berührend. Auch in diesem Band hat die Autorin wieder einige Ereignisse aus der eigenen Familiengeschichte miteinfließen lassen. Der Zeitgeist der 1950iger Jahre ist auf jeder Seite spürbar und hat mir wunderbar gefallen. Ebenso kann man sich in die Gedanken- und Gefühlswelt der Hauptprotagonistin wunderbar einfühlen. Dora entwickelt sich weiter und wird erwachsen. Immer wieder steht sie vor neuen Herausforderungen und Schwierigkeiten, die sie überwinden muss. Dabei konnte mich die Autorin mit überraschenden Wendungen und spannenden neuen Entwicklungen vollkommen überzeugen. Ich wirklich toller zweiter Band!

Fazit:
Eine gelungene Fortsetzung, die die deutsche Zeitgeschichte widerspiegelt und dabei eine faszinierende Familiengeschichte erzählt. Band zwei hat mir sogar noch besser, als der erste gefallen. Von mir gibt es eine absolute Leseempfehlung!

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