Roman mit großem Potential, das leider nicht ganz ausgeschöpft wird
Solange wir liebenJulia ist in Berlin Apothekerin mit Leib und Seele, auch ihr Freund Konstantin lebt für die Arbeit. Die beiden führen eine Wochenendbeziehung, da Konstantin die Woche über beruflich in der ganzen Welt ...
Julia ist in Berlin Apothekerin mit Leib und Seele, auch ihr Freund Konstantin lebt für die Arbeit. Die beiden führen eine Wochenendbeziehung, da Konstantin die Woche über beruflich in der ganzen Welt unterwegs ist. Während Konstantin noch überlegt, ein äußerst lukratives Jobangebote in Singapur anzunehmen, erhält Julia einen Brief von ihrer Jugendliebe Tom. Er leidet im Endstadium an der tödlichen Krankheit ALS und möchte Julia noch einmal treffen. Bei dem einmaligen Treffen bleibt es nicht, Julia und Tom nähern sich wieder an. Schließlich begleitet sie ihn, seine Schwester Helke und Toms ehemalige Freundin Elsa noch auf eine Reise nach Florenz, den Ort, an dem Tom früher so glücklich war und den er unbedingt noch einmal sehen will.
Toms Krankheit macht Julia klar, wie zerbrechlich das Leben ist, wie wichtig gute Freunde und eine funktionierend Beziehung sind und worauf es für sie im Leben wirklich ankommt. Dabei überdenkt sie auch die Liebe zu Workaholic Konstantin.
Liv Thomas Roman behandelt hochemotionale Themen. Da geht es um Toms schlimme tödliche Krankheit und darum, wie er mit der Gewissheit umgeht, dass ihm nur noch sehr wenig Zeit bleibt. Auch Julia und Konstantins Beziehung steht im Fokus, die hauptsächlich dadurch definiert ist, das Konstantin mehr Wert auf beruflichen Erfolg und weniger auf das Zusammensein mit Julia legt.
Darf angesichts der Zerbrechlichkeit des Lebens der beruflicher Erfolg eines Partners in einer Beziehung über allem anderen stehen? Kann eine derart ungleiche Beziehung überhaupt funktionieren, ohne dass die Beteiligten leiden? Sollten sie nicht vielmehr im Hier und Jetzt leben, anstatt auf eine Zukunft zu setzen, die vielleicht niemals kommt? Wieviel Geduld ist in einer Beziehung nötig, wann ist die Grenze des Zumutbaren erreicht?
Die Fragen und Themen, um die sich die Geschichte dreht, sind existenziell und wichtig. Ihre Umsetzung im Roman ist meiner Meinung nach nicht ganz ideal gelungen.
Der Schreibstil wirkt stellenweise (auch durch den Gebrauch des Präsens) weniger locker und flüssig, sondern vielmehr hölzern und gestelzt. Auch mit den Figuren hatte ich meine Schwierigkeiten, sie werden mir oft zu klischeehaft, einseitig und eindimensional dargestellt. Julia ist zwar sympathisch, aber für mich nicht ganz nachvollziehbar, sie setzt sich und ihre Interessen für meinen Geschmack viel zu wenig durch und lässt sich zu viel gefallen. Konstantin, der getriebene Karrieretyp, ist für mich deutlich zu überzeichnet. Toms Schwester Helke und Lea, eine Freundin Julias, sind beide sehr ähnlich, haben nach außen eine harte Schale, sind aber verletzlich, während Julias guter Freund Sebastian stark an eine männliche Variante von Julia erinnert. Insgesamt hätten die Figuren wesentlich differenzierter und ausgefeilter charakterisiert werden können. So verkommen Julias eigentlich wichtige Gedanken über den Sinn des Lebens zu Plattitüden. Wenn ich „ Solange wir lieben“ z.B. mit Jojo Moyes Roman „Ein ganz halbes Jahr“ vergleiche, der sich ebenfalls mit einer tödlichen Krankheit befasst und darum, wie der Patient damit umgeht, schneidet Liz Thomas Roman deutlich schlechter ab. Moyes Geschichte hat mich gefesselt. Hier wird der Leser an das Thema herangeführt, betroffen gemacht, aber nicht richtig mitgezogen. Vielleicht, weil die Figuren zu blass bleiben und das Ende fast kitschig wirkt? Ich habe den Roman recht schnell gelesen, habe kurz darüber gegrübelt, weiter nachwirken wird er aber trotz des ernsten und schockierenden Themas wohl nicht.