Profilbild von Hyperventilea

Hyperventilea

Lesejury Star
offline

Hyperventilea ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Hyperventilea über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.04.2022

Bunte Kurzcomics mit kleiner, aber oberfieser Anti-Heldin

Die schreckliche Adele 01
0

Adele mag niemanden und was sie nicht mag, sind alle anderen. Ihr Kätzchen ist eigentlich ein Löwe und ihr bester Freund ist nicht real, dafür imaginär. Da ist es durchaus zu erwarten, dass sie ihrer gesamten ...

Adele mag niemanden und was sie nicht mag, sind alle anderen. Ihr Kätzchen ist eigentlich ein Löwe und ihr bester Freund ist nicht real, dafür imaginär. Da ist es durchaus zu erwarten, dass sie ihrer gesamten Umgebung das Leben zum Albtraum macht.
In zahlreichen, kurzen Comicstrips begleiten die Leser Adele durch ihr Leben, treffen sie in der Schule, beim Spielen, zusammen mit ihren Eltern und in vielen weiteren Alltagssituationen. Die einzelnen Geschichten umfassen meist nur ein bis acht Bilder, sie erstrecken sich dabei über eine oder zwei Seiten. Die Bilder sind klar und bunt gestaltet, alle Figuren haben übergroße Augen, sehen dadurch irgendwie niedlich aus. Die Schrift im Text der Sprechblasen ist gut zu entziffern.
Was die Zielgruppe des Buchs betrifft, bin ich unsicher. Siebenjährige können sich den Text sicher selbstständig erschließen, werden dabei zum Lesen motiviert und erleben durch die Kürze der Comics ein schnelles Lese-Erfolgserlebnis. Ob sie dabei stets den Inhalt und die Pointe genau erfassen, bezweifle ich allerdings. Manche Witze richten sich definitiv eher an Erwachsene und haben wenig mit dem Erfahrungshorizont von Kindern gemein.

Adele ist ein echtes Ekel, überheblich, fies, hinterhältig und verletzend direkt. Wer eine Adele im näheren Umfeld hat, braucht keine Feinde. Manchmal wirkt sie extrem abgeklärt, aber in anderen Momenten zeigt sie dann auch wieder die Naivität eines Kindes, schließlich ist sie ja auch eines. Adele wird gewollt völlig überspitzt und übertrieben dargestellt. Sie sollte sich ein friedliebender Mensch mit Harmoniebedürfnis sicher nicht zum Vorbild nehmen.

Absolut bitterböse mit kohlrabenschwarzen Humor sind die Geschichten des Auftaktbandes. Meine Kinder, acht und zehn Jahre alt, haben das komplette Buch in Windeseile verschlungen, haben dabei viel gelacht und die drolligen Bilder gerne angeschaut. Allerdings haben sie zugegeben, dass sie nicht alle Witze auch wirklich verstanden haben. Für mich zünden ebenso nur manche Gags, mit anderen kann ich weniger anfangen: Mal witzig, aber auch mal flach. Humor ist eben Geschmacksache.
Adele ist definitiv anders, dieses Buch auch. Wer schwarzen Humor mag, nicht alles bierernst nimmt und auch über unkorrektes, unmoralisches Verhalten lachen kann, wird Adele unterhaltsam finden. Wer nicht, eben nicht. Adele scheidet die Geister.
Unterm Strich: eine sehr spezielle, kurzweilige, bunte, originelle, aber auch durchwachsene Sammlung an Comicstrips. 3,5 von 5 Sternen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.03.2022

Vom Verschwinden einer Frau - stimmig konstruierte Geschichte zwischen Fiktion und Biographie

Mrs Agatha Christie
0

Die berühmte Krimiautorin Agatha Christie verschwindet im Dezember 1926 spurlos für ganze elf Tage. Ihr Wagen wird am Ufer eines Teichs gefunden. Die aufwendige Suchaktion hält nicht nur ihren Ehemann ...

Die berühmte Krimiautorin Agatha Christie verschwindet im Dezember 1926 spurlos für ganze elf Tage. Ihr Wagen wird am Ufer eines Teichs gefunden. Die aufwendige Suchaktion hält nicht nur ihren Ehemann und ihre Tochter, sondern auch ganz England in Atem. Schließlich taucht Agatha wieder auf - unter ähnlich mysteriösen Umständen wie sie verschwand. Nur Agatha Christie selbst weiß, was damals wirklich geschah.

Autorin Marie Benedict erzählt flüssig und klar in zwei Handlungssträngen. Zunächst schildert sie aus Agathas Sicht in der ersten Person, wie diese ihren späteren Ehemann Archibald Christie kennenlernt und wie sich ihre Ehe, ihr Alltag, ihr Leben danach entwickeln. Parallel dazu erfahren die Leser aber auch, was sich später während Agathas Verschwinden bei ihrem Ehemann und ihrer Familie abspielt. Es werden sukzessive die Gründe offenbart, die zu Agathas Verschwinden führen. Der Einstieg in die Geschichte erfolgt recht unvermittelt, erst nach und nach fügen sich die einzelnen Puzzleteile der Handlung zusammen und alles wird durchschaubarer.

Agatha Christie ist die Hauptfigur des Romans, auch wenn sie mitunter nicht selbst in Aktion tritt, sondern nur Gesprächsthema ist. Durchaus interessant, Agatha noch vor ihrer Schriftstellerkarriere als junge Frau mit Träumen und Hoffnungen zu erleben. Als Agatha ihrer Schwester Madge davon erzählt, dass sie gerne einmal eine Detektivgeschichte schreiben möchte und diese daraufhin antwortet: „Ich glaube nicht, dass du das kannst, Agatha. Das ist ein sehr schwieriges Unterfangen. Ich hatte auch schon mal selbst überlegt, es mal zu versuchen, es ist einfach zu knifflig.“, konnte ich nicht anders, als wissend schmunzeln. Mit ihrer dominanten, wichtigtuerischen Schwester Madge hat es Agatha nun wirklich nicht leicht. Für Agatha sehr befriedigend und absolut verdient, dass sie letztendlich ihrer Schwester und allen sonst beweist, was sie für ein großes Talent hat. An dieser Stelle habe ich mit Agatha mitgefiebert, wünschte ihr, dass sie groß rauskommen würde und ihre überhebliche Schwester in die Schranken weist. Solche Gefühle blieben aber leider die Ausnahme. Als großer Fan der Christie-Romane war für mich die Darstellung der Hauptfigur nicht hundertprozentig gelungen. Ich hätte mir mehr Passagen gewünscht, in denen ich Agatha inbrünstig verteidigen wollte, intensiver mit ihr gefühlt hätte. Stattdessen habe ich leider selten Bezug zu ihr gefunden, sie blieb mir zu blass, zeigte als Charakter für mich zu wenig Tiefe und Stärke, agierte zu passiv. Etwas enttäuscht hat mich zudem, dass Agathas Werk selbst keine größere Rolle in dem Roman einnimmt. Nicht nur Schwester Madge, auch ihr oft selbstsüchtiger, unsensibler Ehemann unterstützen Agatha nicht so, wie Agatha das gebraucht hätte. So nimmt Agatha dann der Tod ihrer überaus geliebten Mutter auch sehr mit.


Ob Marie Benedicts Version der Geschichte die wahre ist?
Das Buch selbst ist zwar kein klassischer Krimi, kommt es doch ohne echten Mord und Blutvergießen aus, ist aber trotzdem krimiartig aufgebaut. Es wird zunehmend enthüllt, was hinter Agathas Verschwinden steckt. Agatha, die sonst in ihren Romanen ihre Figuren verschwinden lässt, wird zur Hauptfigur in ihrer eigenen Geschichte. Die Handlung ist schlüssig, intelligent und nachvollziehbar konstruiert, vielleicht nicht ganz so genial wie Agatha Christie es selbst geschrieben hätte. Nicht nervenaufreibend spannend, anfangs eher gemächlich und ruhig, aber gegen Ende durchaus packend. Ich hätte mir dennoch gewünscht, emotional mehr eingebunden, mehr gefesselt zu werden, Agatha blieb für mich trotz der Offenbarung ihres Innersten auf Distanz. Vielleicht störte mich auch, dass am Ende die Ursachen für ihr Verschwinden zu direkt und wiederholt von ihr selbst erläutert werden. Das alles hätte man als Leser auch ohne dezidierte Erläuterungen selbst herausfinden können. Manchmal braucht eine Geschichte auch Unausgesprochenes, muss die Leser mehr fordern, nicht alles erklären. Dennoch ein stimmig aufgebauter Roman mit spannender Grundidee, einer „mit angezogener Handbremse“ zwar, den ich aber gerne gelesen habe und Fans der Autorin mit Abstrichen empfehlen kann.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.12.2021

Wenn sich Freundschaft ungesund entwickelt - solide Fortsetzung, aber kein Highlight

In ewiger Freundschaft (Ein Bodenstein-Kirchhoff-Krimi 10)
0

„Viele Freundschaften beruhten auf Unehrlichkeiten, denn würde man sich tatsächlich die Wahrheit sagen, wäre es mit den meisten Freundschaften schnell aus und vorbei.“

Die ehemalige Programmleiterin und ...

„Viele Freundschaften beruhten auf Unehrlichkeiten, denn würde man sich tatsächlich die Wahrheit sagen, wäre es mit den meisten Freundschaften schnell aus und vorbei.“

Die ehemalige Programmleiterin und Lektorin des renommierten Winterscheid-Verlags Heike Wersch wird vermisst. Kurz zuvor hatte sie den berühmten Autor Severin Velten des Plagiats bezichtigt. Aber auch andere ehemalige Kollegen hatten so ihre Probleme mit Heike. Wurde sie deshalb etwa ermordet? Und wo ist ihre Leiche? Oliver Bodenstein und Pia Sander ermitteln und bekommen es mit einem ganz speziellen Freundeskreis innerhalb des Literaturbetriebs zu tun…

Nele Neuhaus schreibt schlicht, unkompliziert und gut verständlich. Sie begleitet mal Oliver Bodenstein und Pia Sander bei der Arbeit und im Privaten, mal auch andere Figuren wie Lektorin Julia Bremora. Vor allem, wenn es direkt um die Ermittlung bei der Polizei geht, verwendet die Autorin viel wörtliche Rede, um ihre Geschichte lebendig zu gestalten.
Das Titelbild auf dem Cover - eine Katze in der Dunkelheit vor einem beleuchteten Haus- passt gut zu denen der anderen Romane aus der Reihe.

„In ewiger Freundschaft“ ist der zehnte Fall für die beiden Ermittler Pia Sander und Oliver Bodenstein. Wer sie -wie ich- von Anfang an begleitet hat, dem werden sie schon so vertraut vorkommen wie gute alte Bekannte. Pia Sander ist eine resolute, bodenständige, sympathische Ermittlerin, die stets zupackt und auch bei Schwierigkeiten nicht aufgibt. Daher ist sie in ihrem Beruf sehr erfolgreich. Dass ihr Exmann, der Rechtsmediziner Henning Kirchhoff, immer noch sehr viel für sie empfindet und sie offen bewundert, spricht für Pia. Pias Kollege Oliver von Bodenstein leistet in seinem Job ebenfalls sehr gute Arbeit. Er verhält sich sehr sozial, hat ein ausgeprägtes „Helfersyndrom“ und glaubt an Gerechtigkeit, Regeln und Werte. Nicht immer gelingt es ihm, genügend Distanz zu seinen Fällen zu halten. Bei der Wahl seiner Lebenspartnerinnen bewies er leider wiederholt kein glückliches Händchen. Oliver hat sehr unter seinen komplizierten Paar-Beziehungen zu leiden und kann einem dabei oft nur leid tun. Oliver und Pia kennen sich schon lange, sind ein perfekt eingespieltes Team.
Die beiden Ermittler werden diesmal mit einem überaus vertrackten Beziehungsgeflecht unter Freunden konfrontiert, einem ungesunden „Freundschaftssumpf“ voller Geheimnissen, Lügen und Intrigen. Wie nach und nach immer mehr aufgedeckt wird, wie die potentiell Verdächtigen wirklich zueinander stehen, das ist durchaus spannend und interessant zu lesen.


Wie starb Heike Wersch? Während der Ermittlungen kommen schlimme Verbrechen aus der Vergangenheit zutage, die noch nachwirken, und dazu ein gefährliches Abhängigkeitsverhältnis, das sich Freundschaft nennt. Was Freundschaft ausmacht, steht dabei immer wieder im Fokus, auch Oliver Bodenstein macht sich seine Gedanken: „Reichten gemeinsame Jugenderinnerungen tatsächlich als Grundlage für eine lebenslange Freundschaft aus, oder handelte es sich eher um alte Bekannte, die ihre Vergangenheit glorifizierten?“.
Raffiniert, dass hier das Thema „Buch im Buch“ auf verschiedene Weise behandelt wird.
Pias Exmann Henning Kirchhoff hat die ersten beiden Fälle von Pia und Oliver in zwei Romanen verewigt, die auch noch genauso heißen wie die ersten Bände der Nele-Neuhaus-Krimi-Reihe. Außerdem taucht plötzlich das Manuskript eines Romans auf, das sehr detailliert erzählt, was sich wirklich in der Vergangenheit des verdächtigen Freundeskreises zugetragen hat.
Anfangs war ich recht gefesselt von den privaten Ereignissen in Bodensteins Leben, auch der Fall begann spannend. Bei der Menge an involvierten Personen verlor ich zwischenzeitlich allerdings etwas den Überblick und konnte nicht mehr eindeutig zuordnen, wer wie zu wem steht und mit wem verwandt ist. Insgesamt agierten mir etwas zu viele Charaktere. Die Personenübersicht am Anfang war sehr hilfreich dabei, die vielen verschachtelten, konfliktbehafteten Verhältnisse zu erfassen. Die Spannung flachte für mich leider im Mittelteil ab, die Handlung zog sich dann etwas.
Insgesamt hätte die Geschichte durchaus etwas konzentrierter und straffer erzählt werden können. Das Ende riss mich allerdings wieder mit. Ich habe gerne gelesen, wie es für Oliver und Pia beruflich und privat weitergeht, fand es interessant, einen kleinen Einblick in die Arbeitsweise eines Verlags zu erhalten, der teilweise doch stark an eine „Schlangengrube“ erinnert. Meiner Meinung nach kein herausragender, aber ein solider Krimi, der Nele-Neuhaus-Fans sicher gefallen wird.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 31.10.2021

Die Stunde der Frauen - kurzweiliger Roman um eine junge, tatkräftige New Yorkerin während des Zweiten Weltkriegs

Die Frauen von New York - Glanz der Freiheit
0

Lily Rose, Tochter „aus gutem Haus“, arbeitet 1942 im New Yorker Restaurant Valentino‘s als Sous-Chefin, was ihrer Mutter Viictoria sehr missfällt. Als immer mehr Männer an die Front gerufen werden, bekommt ...

Lily Rose, Tochter „aus gutem Haus“, arbeitet 1942 im New Yorker Restaurant Valentino‘s als Sous-Chefin, was ihrer Mutter Viictoria sehr missfällt. Als immer mehr Männer an die Front gerufen werden, bekommt Lily sogar den Posten der Küchenchefin in Aussicht gestellt. Gemeinsam mit anderen Frauen versucht sie das Restaurant am Laufen zu halten, was durch den Mangel an manchen Lebensmitteln immer schwieriger wird. Lilys beruflicher Höhenflug wird unter anderem nur dadurch ermöglicht, dass ihr Kollege Tom, in den Lily verliebt ist, eingezogen wird. Lily hofft sehr, dass er den Krieg überlebt, doch dann trifft eine beunruhigende Nachricht ein…

Die Geschichte lässt sich dank Ella Careys klaren und angenehm leichten Schreibstils sehr unkompliziert und flüssig lesen. Es war für mich kein Problem, in die Handlung hineinzufinden. Die Autorin erzählt chronologisch in der dritten Person.

Lily ist eine nette, sympathische Figur. Sie ist ehrgeizig, gibt sich aber dabei immer rücksichtsvoll, will niemandem etwas Böses. Mitunter wirkt sie etwas naiv, wuchs sie doch gut behütet in einer wohlhabenden Familie auf. Das Leben als Nur-Ehefrau würde Lily nicht ausfüllen, sie möchte beruflich auf eigenen Beinen stehen, es aus eigener Kraft schaffen. Mit Lily fieberte ich mit, hoffte sehr für sie, dass sich ihre Wünsche erfüllen. Vor allem Lilys Mutter Victoria versucht zu verhindern, dass sich Lily beruflich entfaltet. Für sie zählt nur der äußere Schein, eine gute Partie zu machen. Dass Lily arbeitet, passt Victoria gar nicht. Victoria ist sehr von sich überzeugt, auch wenn ihre Aussagen aus heutiger Sicht mitunter seltsam weltfremd anmuten: „Ich weiß, was Patriotismus bedeutet, Lilian. Schließlich habe ich im letzten Krieg Verbandsmaterial aufgewickelt.“
Großmutter Josie ist da eine wesentlich positivere Erscheinung. Sie hat Verständnis für ihre Enkelin, unterstützt sie und hört ihr stets zu.
Männern, die Lily und den Frauen allgemein nichts zutrauen, sind im Amerika der Vierziger Jahren keine Seltenheit und Lily muss sich mit Aussagen wie diesen auseinandersetzen: „Unsere Leser wird es genauso schockieren wie mich, dass eines der renommiertesten Restaurants in New York eine Frau als Chefkoch einstellen musste.“

Wie sehr der zweite Weltkrieg das Leben der New Yorkerinnen und New Yorker verändert, stellt der Roman aus Sicht der Frauen eindrucksvoll dar. Während die jungen Männer im Krieg kämpfen, bekommen Frauen die Möglichkeit, sich zu beweisen, müssen die Arbeit der Männer übernehmen und tun dies durchaus sehr erfolgreich und effektiv. Mir hat ihre Leistung imponiert. Die „Stunde der Frauen“ schlägt unter traurigen Umständen. Lilys packende, interessante Geschichte hat mich gut unterhalten, ein leichter Roman vor dem ernsten Hintergrund des Krieges, der sich fast wie von selbst liest. Gerade gegen Ende wird für mich dann vieles allerdings etwas zu schnell aufgelöst, die Folgen des Krieges bspw. auf die Psyche bestimmter Figuren wurden mir zu oberflächlich abgehandelt, manche Entwicklungen kamen zu überhastet. Dennoch empfand ich „Glanz der Freiheit“ als gelungenen Auftakt einer neuen Reihe. Ich möchte gerne noch mehr „Frauen von New York“ kennenlernen und werde die Fortsetzung auf jeden Fall lesen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.10.2021

In der Parallelwelt der Elfen - Solider Auftakt einer neuen Serie mit Anleihen bei Harry Potter

Keeper of the Lost Cities – Der Aufbruch (Keeper of the Lost Cities 1)
0

„Die Menschen geben ihr Bestes, aber ihr Verstand kann noch nicht einmal annähernd begreifen, wie komplex die Realität in Wirklichkeit ist.“

Sophie Foster ist ein Wunderkind, sie bringt hervorragende ...

„Die Menschen geben ihr Bestes, aber ihr Verstand kann noch nicht einmal annähernd begreifen, wie komplex die Realität in Wirklichkeit ist.“

Sophie Foster ist ein Wunderkind, sie bringt hervorragende Schulleistungen und hat ein fotografisches Gedächtnis. Mit nur zwölf Jahren bietet ihr die Yale-Universität bereits ein Stipendium an. Sophie fühlt sich allerdings oft, als gehöre sie nicht dazu, was nicht zuletzt daran liegt, dass sie Gedanken anderer Menschen hören kann. Davon erzählt sie aber sicherheitshalber niemandem, um nicht für verrückt gehalten zu werden. Eines Tages lernt Sophie Fitz kennen. Der hat Unglaubliches zu berichten und eine Erklärung dafür, warum Sophie so anders ist: Sophie ist ein Elf. Fitz bringt Sophie in die Elfenwelt, wo sie ein komplett neues Leben beginnt und eine Schule mit für sie völlig neuen Fächern besucht. Das ist gar nicht so einfach, wenn man zwölf Jahre als Mensch gelebt hat. Und leider wissen auch die Elfen nicht, woher Sophie wirklich stammt und wer sie eigentlich ist…

Shannon Messenger schreibt altersgemäß und verständlich, manche speziellen Ausdrücke aus der Welt der Elfen müssen aus dem Kontext erschlossen werden. Das Cover mit zwei Figuren und blauen und gelben Lichteffekten passt sehr gut zum Genre Fantasy. Der silberne Schriftzug auf dem Buchrücken verblasst leider recht schnell. Das mit über 500 Seiten sehr umfangreiche Buch richtet sich an aufmerksame, ausdauernde Leserinnen und Leser ab elf, zwölf Jahren.

Die Charaktere sind hauptsächlich Elfen und daher natürlich ziemlich ungewöhnlich und interessant. Mit der großen Anzahl an Personen hatte ich allerdings so meine Schwierigkeiten. Es kommen so viele verschiedene Figuren vor, dass ich teilweise die Übersicht verlor und die einzelnen Charaktere schwer einschätzen konnte. Es ist erforderlich, sehr konzentriert zu lesen, um den Überblick zu behalten.
Sophie als Figur erinnert ein wenig an Harry Potter. In die Menschenwelt gehört sie nicht, fühlt sich dort unwohl. Sie hat besondere Fähigkeiten, von denen keiner wissen darf. Aber auch in der Elfenwelt ist ihre Herkunft ein Geheimnis und so manche Charaktere begegnen ihr mit Misstrauen. Während ihres Studiums an der Foxfire treten einige bisher unbekannte Talente bei ihr auf. Sophie ist ein Rätsel, das die Leser herausfordert. Gleichzeitig tat sie mir auch leid, weil sie überall fremd ist und ihren Platz noch nicht gefunden hat.
Auch andere Figuren bringen zum Grübeln, da sie sehr undurchsichtig sind. Bronte, der in Foxfire unterrichtet zum Beispiel, er scheint der „Snape“ der Foxfire zu sein und eine „wirklich harte Nuss“. Mir persönlich war Sophies Freund Dexter sehr sympathisch, er hat Humor, ist loyal, wie Ron Weasley, einfach ein netter Kerl. Bei ihm hatte ich das Gefühl, dass er es stets ehrlich meint und dass sich Sophie auf ihn verlassen kann. Auf einige andere dubiose Figuren trifft das nicht zu. Dieses Buch ist der Auftakt einer Reihe, sicherlich werden die Figuren im Laufe der Zeit noch klarer herausgearbeitet und kommen so den Leserinnen und Lesern näher.

Sophies Leben ist ein einziges Abenteuer. Sie muss sich in „Keeper of the lost cities - Der Aufbruch“ in einer neuen Umgebung zurecht finden. Sie weiß dabei nicht, wie sie sich verhalten soll, kennt die Regeln nicht und bringt sich immer wieder in die Bredouille. Gleichzeitig scheint Sophie nicht sicher, ihr droht von unbekannter Seite große Gefahr. Ziemlich spannend, was ihr alles widerfährt. Und ziemlich komplex die Handlung. In der Elfenwelt muss man sich auch als Leser erst einmal orientieren. Eigentlich ist die Gesellschaft dort berechenbar, fast erschreckend kontrolliert und gesetzestreu, doch befindet sie sich gerade im Umbruch, passt sich der Menschenwelt an. Es kommt nun auch häufiger bei den Elfen zu Verfehlungen. Wie Elfen- und Menschenwelt dargestellt und verknüpft werden, fand ich grundsätzlich sehr reizvoll und faszinierend, auch wenn mir noch nicht ganz klar war, wie genau beide parallel existieren können. Auch wenn die Elfen das anders sehen, muss da ein wenig Magie dahinter stecken.
Für meine Begriffe kann das Buch trotz vieler offensichtlicher Parallelen dem Vergleich mit Harry Potter noch nicht standhalten. Mir ist noch zu vieles unklar, es gibt für mich noch zu viele Fragezeichen. Ich habe bis jetzt noch zu wenig Bezug zu den Figuren, konnte daher noch nicht komplett in Sophies Welt „eintauchen“. Aber in den nächsten Bänden kann sich das alles noch entwickeln, die Figuren kommen vielleicht der Leserschaft näher, die komplexe Welt wird sicher klarer, einige Rätsel werden gelöst werden. Vielversprechendes Potential ist definitiv vorhanden. Für mich kein perfekter Wow-Auftakt, aber ein stellenweiser doch gelungener, der durchaus Lust auf mehr macht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere