eine amüsante bis tragische Familiengeschichte, leider etwas zu klischeehaft
Anne Gesthuysens neuer Roman „Wie sind schließlich wer“ spielt wie schon einige frühere Geschichten in ihrer Heimatregion am Niederrhein. Im Mittelpunkt steht diesmal die junge Pastorin Anna von Betteray, ...
Anne Gesthuysens neuer Roman „Wie sind schließlich wer“ spielt wie schon einige frühere Geschichten in ihrer Heimatregion am Niederrhein. Im Mittelpunkt steht diesmal die junge Pastorin Anna von Betteray, die ein privates Trauma zu verarbeiten versucht und gleichzeitig in ihrer neuen Anstellung Fuß zu fassen. Dabei stößt sie in der Gemeinde auf einige Gegenwehr und Misstrauen als junge Frau, noch dazu geschieden und von adliger Herkunft. Auch in ihrer eigenen Familie gilt Anna aufgrund ihrer ungestümen Art und ihrer Lebensweise als schwarzes Schaf, während ihre ältere Schwester Maria sehr zur Freude ihrer standesbewussten Mutter einen Grafen geheiratet und in gut situierten Verhältnissen lebt. Als Marias Ehemann jedoch Betrug vorgeworfen und er verhaftet wird, zeigen sich Risse in der Fassade und kommen einige Lebenslügen ans Licht. In Rückblicken wird deutlich, dass die Schwestern in der Vergangenheit wenig gemeinsam hatten, doch als auch noch Marias Sohn verschwindet, findet die Familie zusammen und versucht gemeinsam, den Jungen zurück zu bekommen.
Auch in diesem Roman hat mir der lebendige Erzählstil der Autorin wieder sehr gut gefallen. Man spürt ihre innige Verbindung mit der Region und deren Bewohnern in der liebevollen Charakterisierung der Personen, wobei sie gleichzeitig nicht an Kritik spart, wenn auch häufig mit einem Augenzwinkern. In der neuen Gemeinde wird Anna sehr ruppig empfangen, Vorurteile sowie ausgeprägter Klatsch und Tratsch sorgen nicht immer für eine angenehme Atmosphäre. Die Bewohner bekommen aber im Verlauf eine Chance zu zeigen, dass ihr Herz am rechten Fleck sitzt.
Der Roman liest sich flüssig, spannende Szenen wechseln sich mit unterhaltsamen ab, trotzdem konnte mich diese Geschichte nicht wirklich überzeugen. Viele der Figuren erscheinen zu klischeehaft, angefangen bei Annas und Marias Mutter, die ihren Standesdünkel über alles setzt, bis hin zu der altjüngferlichen Haushälterin des Pfarrers, die Anna abweisend und herrisch behandelt. Auch das Verhalten der Familie nach Saschas Verschwinden habe ich als seltsam und nicht nachvollziehbar empfunden. Es werden einige interessante Themen angeschnitten, insgesamt erscheint die Geschichte aber eher oberflächlich, Probleme werden nicht wirklich angegangen, sondern wandeln sich zu schnell und wie zufällig in Idylle um. Der Roman bietet gute Unterhaltung ist aber aus meiner Sicht der bisher schwächste der Autorin.