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Veröffentlicht am 05.11.2021

Intensiv, berührend und grausam real

Das Mädchen mit der lauternen Stimme
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Auch wenn es mittlerweile Gesetze dagegen gibt, passiert es immer noch in Nigeria und auch anderswo auf der Welt, dass Mädchen im Alter Adunnis, also so um die 14 einfach gegen ihren Willen verheiratet ...

Auch wenn es mittlerweile Gesetze dagegen gibt, passiert es immer noch in Nigeria und auch anderswo auf der Welt, dass Mädchen im Alter Adunnis, also so um die 14 einfach gegen ihren Willen verheiratet werden. Ihr Leben wird vorbestimmt und für die wenigsten gibt es eine Möglichkeit, etwas daran zu ändern.

Bis zu dem Tag, an dem ihr Vater ihr die Hiobsbotschaft überbringt, wünscht sich Adunni nur eins, eine lauterne Stimme. Damit ist die Schulbildung gemeint, die Stimme, die für sie spricht. Dies hat ihr ihre Mutter immer und immer wieder gesagt, da sie wollte, dass ihre Tochter eine Schulbildung erhält, um einmal ein anderes Leben als sie selbst zu führen.

Ein verständlicher Wunsch und um so tragischer ist, dass ihr Vater sich nicht an das Versprechen hält, dass er seiner Frau kurz vor ihrem Tod gegeben hat. Adunni ist bei ihrem Ehemann und mit den Bedingungen, unter denen sie als seine dritte Frau leben muss, todunglücklich. Man kann förmlich spüren, wie sie leidet und erhofft mit jeder Seite, dass es besser wird. Aber das wird es erst einmal nicht, sie kommt vom Regen in die Traufe und ihr Martyrium bekommt als Haussklavin in Lagos noch einmal eine ganz andere Qualität.

Es herrscht zusätzlich noch soviel Aberglauben in Nigeria und es gibt bedingt dadurch grausame Rituale, die surreal wirken und doch ist klar, dass es so etwas wirklich gibt und nicht erfunden ist. Auch die Korruption im Land und wie das Leben damit für einige besser und für andere sehr viel schlechter dadurch läuft, wird noch einmal klar. Nigeria ist ein an Bodenschätzen so reiches Land und doch entsteht dadurch kein Wohlstand und Gerechtigkeit für alle, es ist ein Dilemma.

„Das Mädchen mit der lauternen Stimme“ ist zum Glück ein Roman und es gibt Wendungen in dem Buch, die Fiktion sind und mich zu Tränen gerührt haben und Hoffnung schenkne. Das Erschreckende und Ergreifende an dieser Geschichte ist, dass sie jeden Tag an vielen Orten dieser Erde stattfindet, allerdings anders endet als in diesem Buch. All die jungen Mädchen, die eine hoffnungsvolle Zukunft vor sich hätten und dann dieses Leben als kindliche Ehefrau und Mutter oder als rechtlose Bedienstete leben müssen. Dies macht dieses Buch aber auch gleichzeitig so wertvoll. Es ruft in Erinnerung, wie wichtig Bildung ist und wie dankbar wir sein können, in diesem Teil der Welt zu Leben.

Es ist ein Aufruf, all diese Mädchen nicht zu vergessen und etwas gegen diese Ungerechtigkeiten zu tun. Eine herzzerreißende Geschichte, die begeistert und gleichzeitig aufruft, die Umstände zu ändern. Ich habe dieses Buch innerhalb von zwei Tagen gelesen und war darin gefangen, es berührt, wühlt auf, ab und an kann man lachen und es zeigt gleichzeitig auch die grausame Realität – es ist sehr intensiv!

Ungewöhnlich war das Nachwort der Übersetzerin. Simone Jakob erklärt, warum sie bestimmte Ausdrücke gewählt hat und vor welche Herausforderungen sie bei der Übersetzung stand. Dies hat mir ausgesprochen gut gefallen und zeigt noch einmal, wie wichtig die Arbeit der Übersetzer:innen ist.

Alles in allem ein ganz besonderes Buch!

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Veröffentlicht am 20.10.2021

Eine Familiengeschichte aus Vietnam

Der Gesang der Berge
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Das Mädchen Hu’o’ng lebt mit seiner Großmutter in Hanoi und wartet sehnsüchtig auf die Rückkehr ihrer Eltern, die sich auf den Schlachtfeldern befinden. Es ist die Zeit des Vietnamkrieges und Nguyễn Phan ...

Das Mädchen Hu’o’ng lebt mit seiner Großmutter in Hanoi und wartet sehnsüchtig auf die Rückkehr ihrer Eltern, die sich auf den Schlachtfeldern befinden. Es ist die Zeit des Vietnamkrieges und Nguyễn Phan Quế Mai nimmt die Leserinnen und Leser mit auf eine Reise in diese Epoche des vergangenen Jahrhunderts. Aber nicht nur dorthin, sondern auch in die Zeit davor.
Zum einen ist es die Familiengeschichte des Mädchens und ihrer Großmutter, die mich gefesselt hat und auch dass wirklich viel über Vietnam und seine Geschichte erzählt wurde. Natürlich wusste ich, dass es den Vietnamkrieg gegeben hatte und dass Vietnam in der Kolonialzeit eine französische Kolonie war, aber genauer habe ich mich mit der Entwicklung wie es zum Vietnamkrieg kam und was danach geschah nicht beschäftigt. Dieses Buch hat hier Nachhilfe gegeben und das Interesse geweckt, dies nachzuholen.

Es ist trotz der schrecklichen Geschehnisse kein lautes oder lärmendes Buch, das mit großem Gebrüll die Gräuel des Krieges beschreibt, sondern es geht tiefer an die Gefühle der Menschen und was es mit ihnen macht. Die innerlichen Leiden werden klar und wie sehr die Großmutter und auch Hu’o’ngs Mutter gelitten haben, welche Kämpfe die Geschwister mit sich und auch mit ihrer Familiengeschichte im Inneren austragen und wie die Großmutter es immer wieder geschafft hat, von vorne anzufangen.

Es wurde nicht zu viel versprochen, als von „einem Familienepos, das ein ganzes Jahrhundert atmet“ die Rede war. Nguyễn Phan Quế Mai ist es mit „Der Gesang der Berge“ gelungen, eine eindrucksvolle Geschichte einer vietnamesischen Familie zu erzählen. Ihre Erzählweise ist ruhig, teilweise poetisch und gibt den Leser:innen das Gefühl, den einzelnen Personen nahe zu sein und ihre inneren Konflikte mitzuerleben. Ein lesenswertes Buch!

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Veröffentlicht am 29.08.2021

Aufarbeitung eines Familientraumas

Die Überlebenden
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Das Buch beginnt am Ende. Nils, Benjamin und Pierre sind am Sommerhaus, wo sie in ihrer Kindheit die Sommer verbracht haben, um den letzten Wunsch ihrer Mutter zu erfüllen und ihre Asche dort am See zu ...

Das Buch beginnt am Ende. Nils, Benjamin und Pierre sind am Sommerhaus, wo sie in ihrer Kindheit die Sommer verbracht haben, um den letzten Wunsch ihrer Mutter zu erfüllen und ihre Asche dort am See zu verstreuen.

Bei diesem Buch einfach nur zu sagen, das es mir gefallen hat, würde diesem Buch nicht gerecht werden. Es ist eine Geschichte, die mich von Anfang an gefesselt hat, ich spürte teilweise eine unterschwellige Angst um die Kinder ob der auch unterschwellig zwischen den Sätzen liegenden Aggression und tiefen Verletzung, von der bis zum Ende nicht ganz klar war, was genau den Ausschlag gegeben hat.

Von Anfang an wurde eine ganz merkwürdige Atmosphäre geschaffen, was auch daran lag, dass Benjamins Blickwinkel genutzt wurde, der der Beobachter in der Familie war, derjenige, der die feinen zwischenmenschlichen Schwingungen lesen konnte. Es gibt eine Szene einer Autofahrt, die ganz bedrohlich wirkte und wo die Spannung immer stärker wird allein durch die intensive Beschreibung von Benjamins Beobachtungen.

In dieser Szene wird die Spannung mit jedem Wort fühlbarer und so ist es auch an anderen Stellen im Buch. Alex Schulman hat eine Art, sich ganz intensiv auszudrücken und verstärkt so die Geschichte noch. Diese Spannung, das Ungewisse wird bis zum Ende des Buchs aufrechterhalten.

Am Ende des Buchs wird es ganz intensiv und die Gefühle von mir als Leserin sind Achterbahn gefahren, so sehr hat es mich mitgenommen, was diese Familie an Seelenschmerz durchleiden musste.

Es ist immer ein Balanceakt, eine solche Geschichte, wie „Die Überlebenden“ zu erzählen ohne ins Kitschige abzudriften oder zu stark aufzutragen, obwohl die Realität ja meist härter ist, als eine Geschichte. Alex Schulman erzählt es so, dass es echt wirkt, die Eltern, die drei Jungen und die drei Männer, die sie werden. Der Schmerz und das Trauma sind greifbar.

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Veröffentlicht am 25.08.2021

Ein Finanzratgeber, der hält, was er verspricht

Grüne Finanzen
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Das Buch handelt – wie der Titel schon sagt – von sogenannten grünen Finanzen, also von nachhaltiger Geldanlage. Es richtet sich gezielt an Neulinge oder Menschen mit wenig Erfahrung in Bezug auf Geldanlagen ...

Das Buch handelt – wie der Titel schon sagt – von sogenannten grünen Finanzen, also von nachhaltiger Geldanlage. Es richtet sich gezielt an Neulinge oder Menschen mit wenig Erfahrung in Bezug auf Geldanlagen und hierbei an diejenigen, die ihr Geld nachhaltig anlegen möchten.

Es startet mit einem einführenden Kapitel, in dem erklärt wird, warum Nachhaltigkeit oft als Frauenthema gesehen wird. Danach ist das Buch so aufgebaut, dass es sich an einer Wanderung orientiert.

Jennifer Brockerhoff erfüllt mit „Grüne Finanzen“ den Anspruch, den der Untertitel „Von Altersvorsorge bis Geldanlage – der Ratgeber für Einsteiger*innen“ erweckt. Sie wählt eine leicht verständliche Sprache, nutzt das Bild der Wanderung, um sich den einzelnen Stufen der Geldanlage anzunähern und die einzelnen Schritte in Bildern greifbar zu machen.

Sie erklärt, warum es nötig ist, über seine Finanzen genau Bescheid zu wissen und warum es auch wichtig ist, sich genau zu informieren und das für den jeweiligen Geldbeutel passende Geldanlagekonzept zu finden und sich auch hier nicht nur beraten zu lassen, sondern auch immer wieder Fragen zu stellen, wenn etwas nicht klar ist.

Sie gibt einen Überblick über die möglichen Anlagemöglichkeiten und nennt auch Gründe, warum z. B. Gold nicht unbedingt eine nachhaltige Anlage ist (woher kommt denn das Gold?) und worauf man bei den einzelnen Produkten achten sollte. Das Thema Versicherungen kommt zur Sprache und die Möglichkeiten der Altersvorsorge.

Das Buch liefert eine gute Grundlage, um sich darüber im Klaren zu werden, in welche Richtung man mit seiner Finanzplanung marschieren möchte. Die Entscheidung darüber, wie grün man sein Geld anlegen möchte, wird nach der Lektüre um einiges leichter fallen.

Die fünf Schritte der Finanzplanung bilden eine gute Grundlage, um sich Schritt für Schritt etwas aufzubauen, das dann in der Altersvorsorge endet. Erst wird Kassensturz gemacht und dann Stufe für Stufe durchgegangen, was wichtig und möglich ist. Dies ist im doppelten Sinne nachhaltig. Es wird erklärt, was genau grüne von konventionellen Geldanlagen unterscheidet.

Das Interview mit Prof. Dr. Niko Paech ist zusätzlich noch einmal ein Sahnehäubchen, denn er liefert auch gute Argumente dafür, das Geld für nachhaltige Zwecke anzulegen und hier tätig zu werden.

Besonders gut gefallen mir die Erklärungen von vermeintlich komplizierten Fachbegriffen und die lebensnahe Sprache. Die Autorin hat sich dem Thema so genähert, dass es Anfänger:innen in der Finanzanlage nicht abschreckt, sondern ermuntert, sich mit diesem Thema eingehender zu beschäftigen. Man merkt, dass viel Erfahrung dahinter steckt, denn Kompliziertes leicht verständlich zu erklären, ist eine Kunst für sich. Ich hätte mich damals während meiner Bankausbildung gefreut, wenn es eine solche Lektüre für die Ausbildung gegeben hätte.

Wer sich also mit dem Thema Geldanlage und im Speziellen grüner Geldanlage beschäftigen möchte, ist hiermit gut beraten und findet am Ende dann auch weiterführende Literaturtipps. Alles in allem ein rundes Paket!

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Veröffentlicht am 09.08.2021

Mondlicht und seine Folgen

Das Mädchen, das den Mond trank
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Jahr für Jahr wird ein Neugeborenes ausgewählt und in den Wald gebracht, um dort von der Hexe geholt zu werden. Durch dieses Opfer wird die böse Hexe gnädig gestimmt und das Protektorat ist bis zum nächsten ...

Jahr für Jahr wird ein Neugeborenes ausgewählt und in den Wald gebracht, um dort von der Hexe geholt zu werden. Durch dieses Opfer wird die böse Hexe gnädig gestimmt und das Protektorat ist bis zum nächsten Jahr sicher vor ihr.

Das ist die Erzählung, die die Bewohner und Bewohnerinnen seit vielen Generationen kennen und sie veranlasst, das Opfer und die Trauer hinzunehmen.

Jahr für Jahr rettet die Hexe Xan die schutzlos im Wald liegen gelassenen Kinder, um sie vor wilden Tieren zu beschützen und sucht Familien für diese Kinder. Jahr für Jahr wundert sie sich über dieses herzlose Verhalten und kann nicht verstehen, warum die Menschen dies tun.

Dann ist es wieder so weit und ein kleines Mädchen mit einem Muttermal in Form eines Halbmonds wird im Wald ausgesetzt. Die Hexe nimmt es mit und aus Versehen gibt sie ihm Mondlicht zu trinken und dieses Versehen hat Folgen…

„Das Mädchen, das den Mond trank“ ist ein liebevoll erzähltes Märchen voller Poesie und Fantasie, nicht nur für Kinder, sondern für alle, die solch fantastische Geschichten mögen.

Das Buch beginnt mit einer erwachsenen Person, die einem Kind über die Hexe erzählt und dies wird immer wieder zwischen den einzelnen Kapiteln eingeblendet und liefert so noch einmal Hintergrundwissen und die Verbindung zu einem Handlungsstrang.

Dazwischen wird die Geschichte aus den Blickwinkeln der einzelnen Hauptfiguren erzählt, ohne all zu sehr zu verwirren. Es ist gut möglich zu folgen und die Hauptgeschichte im Blick zu behalten. Die wichtigen Personen werden gut und ausführlich beschrieben und es hat jede Person ganz besondere Merkmale. Gleichzeitig gelingt es Kelly Barnhill Spannung aufzubauen, die einen am Ende gar nicht mehr aufhören lässt zu lesen.

Es ist irgendwann klar, wer gut und wer böse ist, allerdings wird nicht alles offensichtlich, so dass es wirklich bis zum Ende hin aufregend bleibt und es wirklich nicht nur für Kinder spannend ist. Wer verbündet sich mit wem und wie ist die Geschichte von der bösen Hexe, der die Kinder geopfert werden, entstanden? Wer profitiert davon und warum? All dies wird beleuchtet und gleichzeitig beschreibt Kelly Barnhill wunderschöne Einzelheiten wie die Farben der Magie.

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