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Veröffentlicht am 13.09.2022

Gelungene Darstellung über zwei Schriftsteller

Ingeborg Bachmann und Max Frisch – Die Poesie der Liebe
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Worum geht es in dem Buch?

Der Roman beginnt Ende der 1950er-Jahre. Die österreichische Lyrikerin Ingeborg Bachmann ist 32 Jahre alt und ein Star am Lyrikhimmel. Von der Kritik werden ihre Gedichte gelobt, ...

Worum geht es in dem Buch?

Der Roman beginnt Ende der 1950er-Jahre. Die österreichische Lyrikerin Ingeborg Bachmann ist 32 Jahre alt und ein Star am Lyrikhimmel. Von der Kritik werden ihre Gedichte gelobt, sie feiert Erfolge, verdient Geld und geht auf Lesereise.

Der Schweizer Autor Max Frisch ist auf sie aufmerksam geworden, schreibt ihr einen Brief und will sie treffen. Sie sehen sich zum ersten Mal in Paris. Er ist 15 Jahre älter als sie, gerade geschieden – und auf der Suche nach einer neuen Beziehung.

Vielversprechend beginnt ihre Liebesbeziehung. Sie wohnt mit ihm immer wieder in der Schweiz, lässt es sich aber nicht nehmen, auch nach Rom zu reisen, weil sie dort die besten Ideen für ihre Gedichte bekommt.

Bald holt sie der Alltag ein. Unterschiedlich ist die Art der beiden Schriftsteller zu arbeiten. Max Frisch hat sich eine strukturierte Arbeitsweise angewöhnt und sitzt schon früh am Morgen an der Schreibmaschine. Ingeborg Bachmann dagegen braucht eine bestimmte Umgebung, um inspiriert zu werden. Rom zum Beispiel.
Unterschiedlich ist auch die Auffassung beider Schriftsteller über die Liebe. Ingeborg pflegt einen Briefwechsel mit Schriftstellern, auch mit Paul Celan, mit dem sie zusammen war. Das weckt Max‘ Eifersucht.

Meine Meinung zu diesem Buch:

Einige Werke von Max Frisch waren Pflichtlektüre in der Schule, beispielsweise „Andorra“ und „Biedermann und die Brandstifter“. Deswegen interessierte mich dieses Buch – und ich war gespannt, mehr über ihn und Ingeborg Bachmann zu erfahren, von der ich bisher nur wenig wusste.

Die Autorin Bettina Storks schafft es, beiden Schriftstellergrößen ein Gesicht zu geben. Dieser Roman ist lebendig geschrieben mit klugen und schönen Dialogen – aber auch Episoden, die die Schwächen von Ingeborg Bachmann und Max Frisch zeigen. Man kann sich als Leser/-in gut vorstellen, bei welchen Themen es immer wieder Streitpunkte zwischen den beiden gibt.

Beide Schriftsteller sind wohlhabend. Max Frisch ist durch seine Romane und Theaterstücke zum Millionär geworden. Seine Geldausgaben hat er vorzüglich im Griff. Auch Ingeborg Bachmann verdient gut, wenn sie nicht gerade eine Schreibblockade hat.

Wer im Buch „Poesie der Liebe“ einen erotischen Liebesroman erwartet, wird enttäuscht werden. Wer aber mehr über die Menschen Ingeborg Bachmann und Max Frisch erfahren will, über ihre Stärken und Schwächen, bekommt einen gut geschriebenen Roman aus der auktorialen Erzählperspektive (kein Ich-Erzähler) in einer schönen Sprache mit einem Blick auf das Leben von Schriftstellern Ende der 1950er- und Anfang der 1960er-Jahre.

Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Ich vergebe fünf Sterne und eine Leseempfehlung.


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Veröffentlicht am 24.07.2022

Ein Lesehighlight 2022

Freundin bleibst du immer
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Worum geht es in dem Buch?

Zainab, Funmi und Enitan sind nigerianische Frauen, die sich schon seit ihrem Studium kennen und befreundet sind. Auch als Ehefrauen und Mütter halten sie ihre Freundschaft ...

Worum geht es in dem Buch?

Zainab, Funmi und Enitan sind nigerianische Frauen, die sich schon seit ihrem Studium kennen und befreundet sind. Auch als Ehefrauen und Mütter halten sie ihre Freundschaft weiter aufrecht – telefonieren und chatten -, auch wenn Enitan in die USA ausgewandert ist und sich dort ein anderes Leben aufgebaut hat.

Gelegenheit, dass sie sich alle wieder sehen, bietet die Hochzeit von Destiny, Funmis Tochter, zu der Zainab und Enitan eingeladen sind. Enitan reist mit ihrer Tochter Remi aus den USA an, Zainab kommt mit dem Bus aus einer anderen Gegend in Nigeria. Sie konnte sich von zu Hause losreißen – von einem pflegebedürftigen Mann, vier Söhnen und Enkeln. Die Ehe von Enitan und Charles ist am Ende. Nur bei Funmi scheint im Moment alles in Ordnung zu sein – Funmi, die in einem luxuriösen Haus wohnt und sich hingebungsvoll mit den Vorbereitungen der Hochzeit ihrer Tochter kümmert.

Nachdem Enitan, Remi und Zainab eine chaotische Anreise hatten, nehmen sie im Dezember 2015 mit den anderen Gästen an vor-hochzeitlichen nigerianischen Riten teil und erinnern sich an ihre Zeit an der Universität.

Meine Meinung zu diesem Buch:

Dieses Buch ist flüssig geschrieben, und ich habe es sehr gerne gelesen. Geschildert ist alles im Präteritum (Vergangenheit) aus der auktorialen Erzählperspektive (also kein Ich-Erzähler). Beim Lesen bekomme ich einen Eindruck von Nigeria und drei sympathischen Frauen, die wohlhabend sind.

Was neben dem Leben von Studenten sehr interessant für mich war, waren einige Rituale und Sitten in Nigeria. Ich habe zum Beispiel nicht gewusst, dass nigerianische Eltern ziemlich heftig reagieren können, wenn ihre Töchter heiraten wollen. Für mich ist das Buch wie eine Reise nach Nigeria mit Hauptcharakteren, die ich mochte – und ihren Zielen und Wünschen.

Das Buch bleibt mitreißend bis zum Schluss – sogar noch mit einem unerwarteten Ereignis
.
Für mich ist „Freundin bleibst du immer“ ein Lesehighlight des Jahres 2022. Ich vergebe fünf Sterne und eine Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 24.11.2021

Lesenswerter Familienroman

Wellenflug
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„Wellenflug“ – so nennt sich ein Fahrgeschäft auf einem Dresdner Rummelplatz. Ein Karussell, mit dem Marie, eine der beiden Frauen, über die Constanze Neumann erzählt, gefahren ist.
„Wellenflug“ erzählt ...

„Wellenflug“ – so nennt sich ein Fahrgeschäft auf einem Dresdner Rummelplatz. Ein Karussell, mit dem Marie, eine der beiden Frauen, über die Constanze Neumann erzählt, gefahren ist.
„Wellenflug“ erzählt die Geschichte zweier Frauen. Anna wird im 19. Jahrhundert geboren, sie heiratet in die reiche Familie der Reichenheims ein. Die Reichenheims sind Fabrikanten, und Anna kümmert sich nach ihrer Heirat um ein großes Haus in Berlin, sie gibt Dinnerpartys und Empfänge.
Als ihr ältester Sohn Heinrich der Spielsucht verfällt, verstößt sie ihn. Das ändert sich auch nicht, als er Marie kennenlernt, die als Garderobiere arbeitet. Seinetwegen verliert sie Ihren Job. Sie ist aber die Frau, die er heiraten will – und nachdem er in die USA ausgewandert ist, holt er Marie nach. Er bezahlt ihr die Schiffspassage und alles, was sie für ein Leben in den USA braucht.
Heinrich wechselt oft die Arbeitgeber, denn er hält es nicht lange im selben Job aus. Marie versucht, aus ihrem Leben in den USA das Beste zu machen und gewinnt Freunde.
In der Familie der Reichenheims bleiben Marie und Heinrich lange Zeit die Verstoßenen. Marie ist nicht standesgemäß als Frau eines Fabrikantensohns. Heinrich und auch Anna versuchen, bei den Reichenheims wieder anerkannt zu werden – auch, nachdem sie wieder nach Deutschland zurückgekehrt sind. Doch das ist nicht einfach.
Als Marie einen Zettel in der Tasche ihres Mannes findet, sieht sie ihre Chance, sich einen langgehegten Wunsch zu erfüllen – und auch Anne dazu zu bewegen, sie und Heinrich wieder in die Familie aufzunehmen.
Anna und Marie waren mir sympathisch – wobei ich Annas harte Haltung gegenüber Marie nicht verstanden habe.
„Wellenflug“ ist ein lesenswerter, spannender Familienroman über zwei Frauen, die sich über zwei Jahrhunderte spannt. Geschrieben ist er aus der auktorialen Erzählperspektive (kein Ich-Erzähler) in der Vergangenheit.
Ich habe mich sehr gut unterhalten gefühlt und auch einiges über die damalige Zeit gelernt. Beispielsweise, wie Anna und ihre Schwester Mathilde in die Berliner Gesellschaft eingeführt wurden. Auch, wie das Leben in den USA Anfang der 1920er-Jahre war. Ebenfalls die Zeit des Dritten Reichs wird beleuchtet. Es gibt Passagen im Leben von Anna und Marie, die ausführlich beleuchtet werden. Anderes wird nur gestreift – oder übersprungen. Das hat mich nicht gestört, denn so habe ich kein opulentes, dickes Werk zu lesen bekommen, sondern einen Familienroman in angenehmer Länge.
Das Cover des Romans gefällt mir gut - das Foto einer Frau aus damaliger Zeit, ein bisschen auf "alt" getrimmt. Allerdings muss ich zugeben: In einer Buchhandlung wäre ich an diesem Buch vorbeigegangen, da mich andere - buntere - Cover eher ansprechen. Ich bin eher durch Zufall auf dieses Buch gekommen und bin froh, dass ich es gelesen habe.
Ich vergebe 5 Sterne und empfehle das Buch „Wellenflug“ weiter.

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Veröffentlicht am 05.11.2021

Völlig neue Krimi-Idee, die mich überzeugt hat

Achtsam morden
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Worum geht es in dem Buch?

Die Ehe des Ich-Erzählers Björn Diemel steht kurz vor dem Aus. Eigentlich ist er ein erfolgreicher Anwalt, aber er arbeitet zu viel und vernachlässigt die Beziehung zu seiner ...

Worum geht es in dem Buch?

Die Ehe des Ich-Erzählers Björn Diemel steht kurz vor dem Aus. Eigentlich ist er ein erfolgreicher Anwalt, aber er arbeitet zu viel und vernachlässigt die Beziehung zu seiner Frau und seiner Tochter.

Als er ein Achtsamkeits-Seminar besucht, ändert sich die Situation. Er lernt einige wichtige Grundsätze, um sein Leben wieder zu ordnen und integriert einige Achtsamkeit-Grundsätze in sein Leben. Als sein zahlungskräftiger, aber unberechenbarer Mandant beginnt, Björn Probleme zu bereiten, schafft Björn es, diesen nach den Regeln der Achtsamkeit aus dem Weg zu räumen. Auch bei der Beschaffung eines Kindergartenplatzes für seine Tochter könnte Achtsamkeit hilfreich sein. Björn versucht auch hier sein Bestes….

Meine Meinung:

Dieser Krimi ist komplett anders, als die Krimis, die ich bisher gelesen habe. Vor jedes Kapitel stellt der Autor jeweils einen Achtsamkeitsgrundsatz vor, der dann im Kapitel selbst mit der Handlung zu tun hat. Nicht immer so, wie man sich das als Leser vorstellt – dennoch originell. Herausgekommen ist ein lesenswertes Buch, das Spaß macht. Es gibt makabre Szenen, die man jedoch dem Autor verzeihen kann – weil der Krimi an sich erfrischend, clever und einfach witzig ist. Der Leser triumphiert mit der Hauptperson Björn und ist gespannt, was dieser jetzt wieder ausheckt.

Man liest das Buch, weil man wissen will, ob Björn seine Vorhaben in die Tat umsetzen kann – und ob er zum Schluss gefasst wird oder nicht.

Ich vergebe 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

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Veröffentlicht am 21.08.2021

Portrait einer faszinierenden Frau

Frau Merian und die Wunder der Welt
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Worum geht es in dem Buch?
Maria Sybilla Merian lebt in Amsterdam Ende des 17. Jahrhunderts. Maria ist eine sehr talentierte Malerin. Sie fertigt detailgenaue Zeichnungen über Insekten, Früchte und Pflanzen ...

Worum geht es in dem Buch?
Maria Sybilla Merian lebt in Amsterdam Ende des 17. Jahrhunderts. Maria ist eine sehr talentierte Malerin. Sie fertigt detailgenaue Zeichnungen über Insekten, Früchte und Pflanzen an. Sie erledigt Auftragsarbeiten – zeichnet aber auch das, was sie gerade fasziniert. Weiterhin erteilt sie Zeichenunterricht. So hält sie sich und ihre Töchter finanziell über Wasser. Ihrer Tochter Dorothea hat sie diese Zeichenkunst vermittelt – so kann auch sie etwas zum Familienunterhalt beitragen.
Marias Traum ist, eines Tages nach Surinam zu reisen. Sie erhofft sich, dort viele interessante Insekten und Pflanzen zu finden, die sie malen kann. Sie fühlt sich verpflichtet, der Welt mit ihren Zeichnungen ein Stück Flora und Fauna nahezubringen. Ihre Zeichnungen veröffentlicht sie als Bücher in kleiner Auflage, die immer wieder nachgefragt werden.
Mit ihren Zeichnungen, Büchern und dem Unterrichten lässt sich allerdings eine Expedition nach Suriname nicht finanzieren. So versucht Maria, auch dem Zar, als er Amsterdam besucht, ihre Bilder und Bücher zu verkaufen.
Hingerissen ist sie von Jan de Jong, einem Mann, der auftaucht, betört und wieder verschwindet. Ein Mann, der Maria versteht – aber aus irgendwelchen Gründen nicht bei ihr bleiben kann. So sucht sie nicht nach ihm und konzentriert sich darauf, Mittel und Wege zu finden, nach Suriname zu kommen.

Meine Meinung zu dem Buch:
Das aus der auktorialen Erzählperspektive (also kein Ich-Erzähler) liest sich mitreißend. Maria ist ein liebenswerter Charakter – eine Frau, die es tatsächlich gab, von der ich bisher aber noch nie gehört hatte. Die Autorin zeichnet Maria Sybilla Merian als fleißig und zielstrebig. Eine Frau, die mit ihrer Begabung ihre Mitmenschen faszinieren kann – die aber ihr Ziel nie aus den Augen verliert, eines Tages nach Suriname reisen zu können.
Dass sie in Suriname war, erfährt man als Leser gleich zu Anfang des Buches. Ich habe das Buch gelesen, um zu erfahren, wie sie das geschafft hat. Ihre finanzielle Situation war ja nicht gerade günstig. Sie entfloh aus einer unglücklichen Ehe nach Amsterdam, nahm ihre beiden Töchter mit, fand bei der religiösen Gruppe der Labadisten eine geistliche Heimat.
Die Autorin kann mir ein gutes Bild der Stadt Amsterdam im 17. Jahrhundert vermitteln. Es ist eine Stadt, in der man leben und überleben kann, in der man abends allerdings aufpassen sollte, wenn man alleine auf den Straßen ist. Ich kann mir das Leben der Maria Sybilla Merian dort gut vorstellen, ihre Arbeit – und wie sie immer wieder fasziniert von Jan de Jong ist. Ein Mann, der ihr ab und an unerwartet helfen kann, dann wieder verschwindet.
Ja, es entspinnt sich eine Liebesgeschichte, die mir zeitweise zu ausschweifend war. Aber sie lockert das Buch auch etwas auf – macht aus der fleißig arbeitenden Maria immer wieder einen emotionalen Menschen.
Lebendig ist auch die Überfahrt mit dem Schiff nach Suriname beschrieben sowie das, was Maria und Dorothea dort erwartet.
Am Schluss des Buches gibt es ein Nachwort, in dem ich nachlesen kann, was in diesem Roman den Tatsachen entspricht, und, was dazuerfunden wurde.
Ich habe mir lange überlegt, wie ich das Buch bewerten soll. Mit Maria Sybilla Merian habe ich eine historische Figur kennenlernen dürfen, die ich vorher noch nicht kannte. Ich habe viel über ihr Leben, ihr Umfeld und ihren Traum, nach Suriname zu reisen, erfahren. Einen Traum, den sie realisieren konnte.
Die Liebesgeschichte mit Jan de Jong war mir zeitweise zu dominant – andererseits hat die Figur dieses Mannes dem Roman auch eine gewisse geheimnisvolle Note gegeben, die oft zur Handlung passte und Spannung erzeugte.
Deswegen gebe ich dem Buch fünf Sterne und empfehle es weiter.

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