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Veröffentlicht am 06.11.2021

Startschwierigkeiten

Die Enkelin
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Buchhändler Kaspar findet eines Tages beim Heimkommen seine Frau Birgit tot in der Badewanne vor, ertrunken nach zu viel Alkohol. Birgit war aus der DDR zu Kaspar in den Westen geflohen. Sie wollte nach ...

Buchhändler Kaspar findet eines Tages beim Heimkommen seine Frau Birgit tot in der Badewanne vor, ertrunken nach zu viel Alkohol. Birgit war aus der DDR zu Kaspar in den Westen geflohen. Sie wollte nach einigen Versuchen in verschiedenen Berufen Schriftstellerin werden und arbeitete an einem Roman. Kaspar durfte aber nichts von dem entstehenden Roman lesen. Nach Birgits Tod entdeckt Kaspar, warum er nie etwas lesen durfte. Birgit hatte ein Geheimnis. Vor ihrer Flucht in den Westen hatte sie eine Tochter von einem anderen Mann geboren und weggegeben. Birgit wollte sich später auf die Suche nach der Tochter machen. Aber der Plan blieb ein Plan. Birgit fürchtete sich wohl vor einem tatsächlichen Zusammentreffen.

Jetzt macht Kaspar sich auf die Suche. Er findet Birgits Tochter. Sie lebt zusammen mit ihrem rechtsradikalen Mann Björn in einer völkischen Gemeinschaft in einem kleinen Ort auf dem Land. Sie hat eine Tochter Sigrun. Mit Sigrun baut Kaspar einen näheren Kontakt auf. Sigrun verbringt mehrfach einige Zeit bei Kaspar. Kaspar ist verstört durch das rechtsradikale Gedankengut, dass Sigrun vor allem von ihrem Vater Jörg eingeimpft worden ist.

Schlink beschreibt Kaspar als einen Mann, der eigentlich deutlicher gegen das Gedankengut Jörgs und seiner Gemeinschaft vorgehen sollte aber nicht deutlich seine Haltung vertritt, weil er fürchtet, dann den Kontakt zu Sigrun zu verlieren.

Der Roman hat etwas Startschwierigkeiten. Zu Beginn beschreibt Schlink die Befindlichkeiten seiner Hauptpersonen in epischer Breite. Das hätte er etwas kürzer und stringenter gestalten können. Je weiter man im Roman voran kommt, desto kompakter und klarer wird die Handlungsführung. Das steigert sich zum Schluss darin, dass der dritte Teil des Romans ganz knapp gestaltet ist. Nur 43 Seiten von insgesamt 376 Seiten. Ich wurde jedenfalls im Laufe des Romans mit den Starschwierigkeiten im ersten Teil versöhnt und habe ihn gern zu Ende gelesen.

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Veröffentlicht am 28.09.2021

Trügerische Sicherheit

Böse
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Katharina zieht mit ihrer Tochter Fenja nach Hussfeld, weil sie nach einer gescheiterten Beziehung weitab von ihrem bisherigen Umfeld ein neues Leben beginnen will. Da ist Hussfeld der richtige Ort, meint ...

Katharina zieht mit ihrer Tochter Fenja nach Hussfeld, weil sie nach einer gescheiterten Beziehung weitab von ihrem bisherigen Umfeld ein neues Leben beginnen will. Da ist Hussfeld der richtige Ort, meint sie, weil dieser Ort einer der sichersten in Deutschland ist. Doch in diesem Ort ist auch nichts los, was Fenja schnell zu ihrem Leidwesen feststellen muss. Aber alles, was Katharina und Fenja unternehmen oder was sie kaufen wird aufmerksam beobachtet und sofort im Ort verbreitet.

Nach kurzer Zeit verschwindet Fenja zusammen mit ihrem Freund nach einem Partybesuch in der Nachbargemeinde spurlos. Für Katharina beginnt ein Albtraum, weil man ihr nicht glaubt, dass etwas Schlimmes passiert sein muss. In Hussfeld kann sowas einfach nicht passieren. Es wird immer nur unterstellt, dass die beiden Jugendlichen sich gemeinsam abgesetzt haben. Katharina steht ziemlich allein.

Jonas Wagner beschreibt zunächst sehr subtil, wie Katharina und Fenja von den anderen Bewohner argwöhnisch und misstrauisch beobachtet werden. Der ganze Ort hat offensichtlich eine vorgefasste Meinung, dass die beiden nicht dazu passen und nur Unruhe in den beschaulichen Ort bringen werden. Diese Beschaulichkeit zeigt sich dann allerdings als sehr trügerisch.

Der Roman ist sehr gut zu lesen. Die Spannungskurve steigt stetig an bis zum schlimmen Ende. Mir persönlich scheint die gesamte Situation allerdings etwas zu unwahrscheinlich zu sein, was der Spannung aber keinen Abbruch tut.

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Veröffentlicht am 14.09.2021

Sanfte Wellen

Wellenflug
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In zwei Teilen bringt uns Constanze Neumann zwei sehr unterschiedliche Frauen näher. Im ersten Teil geht es um Anna, die aus wohlhabenden Verhältnissen stammt und den jüdischen Tuchhändler Adolph Reichenbach ...

In zwei Teilen bringt uns Constanze Neumann zwei sehr unterschiedliche Frauen näher. Im ersten Teil geht es um Anna, die aus wohlhabenden Verhältnissen stammt und den jüdischen Tuchhändler Adolph Reichenbach heiratet. Nach dem plötzlichen Tod Adolphs heiratet sie seinen Bruder Julius. Anna bekommt zahlreiche Kinder, die sie alle standesgemäß verheiraten will. Aber ihr ältester Sohn Heinrich widersetzt sich allen Konventionen und führt ein ausschweifendes Leben in Clubs und als Spieler. In einem Theater lernt er die Garderobenfrau Marie kennen. Sie ist eine Frau aus einfachen Verhältnissen. Marie ist die Hauptperson im zweiten Teil des Romans. Heinrich wird von seiner Familie nach Amerika geschickt, weil man sich erhofft, dass er dort zu einer mehr angepassten Lebensweise findet. Heinrich lässt Marie nachkommen und heiratet sie. Für Heinrich ist Marie der Halt und die Orientierung in seinem Leben.

Den Höhepunkt erreicht der Roman in Dresden zum Ende des zweiten Weltkrieges. Durch die jüdische Abstammung der Reichenbachs hat die ganze Familie größte Schwierigkeiten. Einige Mitglieder versuchen den Repressalien der NSDAP durch Flucht ins Ausland zu entgehen. Marie versucht mit geringsten Mitteln die kleine Familie durchzubringen.

"Sanfte Wellen" habe ich als Überschrift über diesen Text gewählt. Wie sanfte Wellen kommt mir der Stil dieses Romans vor. Auch wenn es dramatisch wird und alles auf eine Katastrophe hinausläuft, bleibt Neumann doch seltsam distanziert. Eine gewisse Spannung ergibt sich nur in kleinen sanften Wellenbewegungen. Ich hatte den Eindruck, Neumann wird mit ihren eigenen Figuren nicht recht warm. Vielleicht wäre es an manchen Stellen gut gewesen, wenn sie den Text etwas gestrafft hätte.

Neumann hat sich bei der Recherche zu diesem Roman sehr viel Mühe gegeben. Die Beschreibung der immer wieder anderen Lebensumstände im Deutschland zum Ende des 19. Jahrhunderts und zu Beginn des nächsten Jahrhunderts bis zu den Lebensverhältnissen während des Kriegs werden sehr treffend beschrieben. Auch die amerikanische Lebensart während Heinrichs und Maries Aufenthalt in Amerika ist gut getroffen. Ein Roman für Liebhaber und Liebhaberinnen von Familiengeschichten.

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Veröffentlicht am 13.09.2021

Interessanter Plot

Die Tote mit der roten Strähne
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Detective Betty Rhyzyk ist beim Dallas Police Department Abteilung Drogen. Ihr Einstand ist nicht sehr erfolgreich, da beim ersten Einsatz gleich der Drogenboss, auf den sie es abgesehen hatte, entkommt. ...

Detective Betty Rhyzyk ist beim Dallas Police Department Abteilung Drogen. Ihr Einstand ist nicht sehr erfolgreich, da beim ersten Einsatz gleich der Drogenboss, auf den sie es abgesehen hatte, entkommt. Danach häufen sich die Leichen. Geht es um einen Drogenkrieg zwischen verfeindeten Gruppen oder stecken ganz andere Gründe hinter den Fällen?

Die Story wird gut lesbar erzählt. Der Spannungsbogen langsam gesteigert bis zum überraschenden Finale. Sehr viel Gewicht legt Kent im Roman auf die besondere Rolle von Betty Rhyzyk. Sie ist hat als einzige Frau schon einen schweren Stand bei den Kollegen. Dazu bekennt sie sich offen dazu, dass sie lesbisch ist und mit einer Frau zusammen lebt. Daraus ergeben sich viele berufliche und auch private Schwierigkeiten. Allerdings reitet Kent meiner Meinung nach etwas zu viel auf diesen Problemen herum.

Die wichtigsten Personen, zum Beispiel Bettys Kollegen, werden sehr sorgsam charakterisiert. Zeitweise ist es etwas schwierig bei der Anzahl der handelnden Personen und Namen den Überblick zu behalten. Aber alles in allem ein handwerklich solider Roman.

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Veröffentlicht am 12.09.2021

Satzakrobatik

Fanzi
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Abwechselnd werden die Geschichten von Franz und Astrid erzählt. Astrid ist die Enkelin von Franz, der in Österreich im Mühlviertel lebt. Franz hat den Hof von seinem Vater übernommen. Dabei war Franz ...

Abwechselnd werden die Geschichten von Franz und Astrid erzählt. Astrid ist die Enkelin von Franz, der in Österreich im Mühlviertel lebt. Franz hat den Hof von seinem Vater übernommen. Dabei war Franz eigentlich nur der "Notnagel". Er musste den Hof übernehmen, weil zwei ältere Brüder im Krieg gefallen waren.

Astrid ist Biologin und lebt sehr zurückgezogen ohne persönliche Kontakte. Auch als sie einen jungen Mann kennenlernt, der ein Shakespeare Fan ist, bleibt Astrid zunächst reserviert.

Der Titel Fanzi ergibt sich aus dem Roman. Franz hat eine kleine Schwester Elfi, die als Kleinkind kein "r" aussprechen kann und ihn deshalb einfach Fanzi nennt. Die Erinnerung an diese Schwester verursacht bei Franz ein schweres seelisches Trauma. Elfi istals Kind nach einer Gehirnhautentzündung behindert und kommt deshalb während der Nazizeit in ein Heim. Dort stirbt sie unter mysteriösen Umständen. Franz macht sich sein ganzes Leben lang Vorwürfe, dass er sich nicht genug um sie gekümmert hat und sie nicht hat retten können.

Erst spät öffnet er sich und erzählt von der damaligen erbarmungslosen Zeit.

Satzakrobatik habe ich über diesen Text geschrieben. Elisabeth Schmidauer ist Meisterin darin, sehr lange, verschachtelte Sätze zu bilden. Dabei sieht es oft so aus, als wären die Satzzeichen ziemlich willkürlich gesetzt. Manchmal hatte ich den Eindruck, sie reiht Gedankensplitter, die ihr gerade durch den Kopf gehen, munter hintereinander. Ich war zu Beginn versucht, das Buch wegzulegen. Aber ich gebe jedem Buch eine Chance und lese auf jeden Fall die ersten 100 Seiten. Danach hatte ich mich einigermaßen an den speziellen Stil gewöhnt. Trotzdem bin ich mehr für kürzere, überschaubarere Sätze, die sich flüssiger lesen lassen.

Wenn man sich an den eigenwilligen Stil gewöhnt hat, ist Fanzi ein angenehmer und anrührender Roman.

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