Ein Schneesturm, ein leerer Handyakku und raus kommen acht perfekte Stunden
Acht perfekte StundenNach dem grandiosen Debüt der Autorin, 'Jedes Jahr im Juni', war ich unglaublich gespannt auf ihr zweites Buch. Leider konnte mich dieses nicht hundertprozentig von sich überzeugen.
Als Noelle nach einem ...
Nach dem grandiosen Debüt der Autorin, 'Jedes Jahr im Juni', war ich unglaublich gespannt auf ihr zweites Buch. Leider konnte mich dieses nicht hundertprozentig von sich überzeugen.
Als Noelle nach einem schrecklichen Abend bei einem Schneesturm auf der Autobahn eingeschneit wird und sich noch dazu ihr Handyakku beängstigend schnell verabschiedet, scheint es als würde ihr das Schicksal eins auswischen wollen. Doch dann bietet ihr Sam an, ihr Handy in seinem Auto zu laden und die beiden verbringen miteinander acht perfekte Stunden voller Gespräche und Herzklopfen. Allerdings ist Sam nur zu Besuch hier und als die Straßen frei sind, zerplatzt die Blase dieser wunderschönen Nacht und die beiden sehen sich nie wieder ... oder doch?
Lia Louis' Geschichten leben von schicksalshafter Liebe, was ich eigentlich sehr liebe. Bei 'Jedes Jahr im Juni' hat mich ihr Schreibstil und die Geschichte, die sie gewoben hat, absolut verzaubert. Genauso muss ein Liebesroman sein. Nur hat mich die Sache mit der Liebe anfangs in ihrem zweiten Buch nicht ganz überzeugt. Noelle ist nach der ersten Begegnung direkt schockverliebt in Sam und da man als Leser nur einen Bruchteil der gemeinsamen Zeit während des Schneesturm mitbekommt, konnte ich diese plötzliche, starke Verliebtheit nicht direkt nachempfinden. Man hinkt gefühlstechnisch quasi von Beginn an etwas hinterher. Generell hätte ich mir innerhalb der ersten Hälfte des Buchs mehr Szenen zwischen den beiden Protagonisten gewünscht. Man erfährt nur wenig über Sam und zum Teil auch kaum Hinweise dafür, dass er sich auch zu Noelle hingezogen fühlt, sogar auch mal eher das Gegenteil. Meiner Meinung nach hätte dem Buch eine männliche Perspektive gut getan, sodass man auch Sam etwas besser kennenlernt und emotional mehr eingebunden ist. Allerdings soll vielleicht auch genau der Reiz darin bestehen, dass man nicht so richtig weiß, woran man bei ihm ist.
Ich hatte vor allem am Anfang das Gefühl, dass sich Noelle in die Seelenverwandschaft, diese "perfekte Liebe", hineinsteigert bzw. war es für mich eben sehr einseitig. Dieses Gefühl, das mich beim Lesen dann auch ein wenig gestört hat, nahm aber immer mehr ab als es auch zu mehr Interaktion zwischen den Protagonisten kam. Es wurde besser, aber mir hat fast bist zum Ende dieses "Kribbeln im Bauch" gefehlt.
Neben der Verbindung zwischen den beiden, die mir am Anfang fehlte, wurde ich auch mit Noelle nicht ganz warm. Noelle ist eine unperfekte Protagonistin (was tendenziell ja sehr gut ist), die schon einige Schicksalschläge überstehen musste, sich selbst immer hinten an stellt und irgendwie etwas verloren in ihrem aktuellen Leben ist. Sie möchte die Welt sehen, selbstständig bzw. unabhängig werden oder auch mal loslassen können - gleichzeitig möchte sie aber nichts an ihrem momentanen Leben ändern. Ich verstand theoretisch ihre Problematik, aber es hat mich auch genervt, dass sie sich nicht helfen hat lassen oder selbst mal was ändern wollte. Dieses Hin und Her oder das Feststecken generell hat meine Sympathie zu ihr etwas gehemmt.
Die Plotidee gefiel mir gut. Wie schon oben erwähnt, mag ich Zufälle oder Ereignisse, die man auch dem Schicksal zuordnen kann total gerne und davon bekommt man wieder einiges geboten, vor allem am Ende sorgte das sogar bei mir für Gänsehaut. Auch auf einige coole Überraschungen und Wendungen kann sich der Leser gefasst machen. Es gab einige wunderschöne Szenen, bzw. auf einer Hochzeit, die für mich einiges wieder raus reißen konnten. Aber ich brauchte lange um ins Buch hineinzufinden und es fesselte mich die meiste Zeit über auch nicht so, dass ich unbedingt hätte weiter lesen müssen. Das Buch findet einen schönen, harmonischen Abschluss, sodass man das Buch mit einem guten Gefühl aus der Hand legen kann.
Fazit: Nach dem starken Debüt ein für mich schwacher Nachfolger, mit dem ich vor allem in der ersten Häfte so meine Probleme hatte. Zum Ende hin wird das Buch immer besser und wer Schicksal sucht, wird hier bestimmt auf seine Kosten kommen.