Cover-Bild Die Enkelin
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11,99
inkl. MwSt
  • Verlag: Diogenes
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Ersterscheinung: 27.10.2021
  • ISBN: 9783257612370
Bernhard Schlink

Die Enkelin

Birgit ist zu Kaspar in den Westen geflohen, für die Liebe und die Freiheit. Erst nach ihrem Tod entdeckt er, welchen Preis sie dafür bezahlt hat. Er spürt ihrem Geheimnis nach, begegnet im Osten den Menschen, die für sie zählten, erlebt ihre Bedrückung und ihren Eigensinn. Seine Suche führt ihn zu einer völkischen Gemeinschaft auf dem Land – und zu einem jungen Mädchen, das in ihm den Großvater und in dem er die Enkelin sieht. Ihre Welten könnten nicht fremder sein. Er ringt um sie.

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.10.2021

Ost- und Westdeutschland, dazwischen ein bedrücktes, junges Leben in zwei extremen, fremden Welten – sehr lesenswert.

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Die junge Frau Birgit flieht von Ostberlin zu Kaspar in den Westsektor. Jedoch lässt sie ein Neugeborenes zurück, von dem Kaspar nichts weiß, ebenso wenig von anderen Geheimnissen. Diese entdeckt Kaspar ...

Die junge Frau Birgit flieht von Ostberlin zu Kaspar in den Westsektor. Jedoch lässt sie ein Neugeborenes zurück, von dem Kaspar nichts weiß, ebenso wenig von anderen Geheimnissen. Diese entdeckt Kaspar erst nach ihrem Tod aus einem angefangenen Buch auf ihrem Computer. Er spürt im Osten Birgits Tochter in einer völkischen Gemeinschaft auf, verheiratet und mit einer Tochter. Diese Enkelin sieht in ihm den liebenswerten, geduldigen Großvater, bei dem sie mehrere im Jahr verteilte Ferienwochen besonders mit Klavierspielen verbringt – nur bis zu ihrem 16. Geburtstag. Nach ihrem 18. Geburtstag hilft Kaspar ihr aus einer heiklen strafrechtlichen Situation heraus. Daraufhin verschwindet sie kurz darauf wieder und taucht in Brisbane, Australien laut seinem Scheckkartenauszug wieder auf.
Die Parolen aus Hitlers Zeiten und dessen Weltanschauungen, deren Hass und die Verachtung allem Nicht-Deutschen gegenüber steht hier in krassem Gegensatz zu liberalen, offenen Weltanschauungen, vertreten durch Kaspar. Und dazwischen laviert die Enkelin, die aus der Welt der Eltern ausbrechen will – sehr tiefgehend geschildert, ebenso die taktvollen, geduldigen und vorsichtigen Vorgehensweisen des Großvaters, der sehr um sie ringt.

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Veröffentlicht am 10.05.2022

Anspruchsvoll.

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Bernhard Schlink ist ein wirklich Bekannter Schriftsteller und hier hat er sicherlich ein Meisterwerk geschaffen, natürlich ist es eine anspruchsvolle Kost, die auch nur in Maßen genießen würde. Aber die ...

Bernhard Schlink ist ein wirklich Bekannter Schriftsteller und hier hat er sicherlich ein Meisterwerk geschaffen, natürlich ist es eine anspruchsvolle Kost, die auch nur in Maßen genießen würde. Aber die Geschmäcker sind ja genau genommen sehr unterschiedlich.

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Veröffentlicht am 08.11.2021

Wenn das Gestern und das Vorgestern sich ins Heute weben

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„Die Enkelin“ beginnt langsam. Seeeeehr langsam. Langsamer als ich es nach dem Lesen der ersten zehn Seiten erwartet hatte. Gleich eingangs entdeckt man an der Seite des 70jährigen Kaspars die Leiche seiner ...

„Die Enkelin“ beginnt langsam. Seeeeehr langsam. Langsamer als ich es nach dem Lesen der ersten zehn Seiten erwartet hatte. Gleich eingangs entdeckt man an der Seite des 70jährigen Kaspars die Leiche seiner Frau, die, man weiß es nicht genau, entweder den Freitod gewählt oder betrunken verunfallt ist, um daraufhin mit ihm herauszufinden, dass Birgit ihm doch weniger vertraut als angenommen war und Geheimnisse mit sich getragen hatte, die er nur zum Teil, und selbst das teils nur fragmentarisch, enthüllen kann. Briefe, Tagebucheinträge, Aufzeichnungen…, häufig unvollständig, lassen ihn eine ganz andere Frau erkennen als Diejenige, die einst zu ihm in den Westen geflohen ist, für ihn, seinetwegen.
Relativ weitschweifig wird hier rückblickend erzählt, wie genau Kaspar und Birgit sich dereinst kennengelernt hatten, wie ihre Flucht aus der DDR heraus verlief…, und das alles bleibt doch relativ unpersönlich. Birgit ist tot, Kaspar strahlte nun auch keine auffällige Trauer aus, die augenscheinlich doch so große Liebe wirkte eher gemütlich als von überbordenden Gefühlen geprägt; ich konnte die Beiden kaum als Paar, schon gar nicht als glückliche Eheleute, wahrnehmen, sondern sie erweckten auf mich in ihrer Darstellung eher den Eindruck einer Zweckgemeinschaft, in der sich in erster Linie Kaspar um die verloren wirkende Birgit sorgte.
Diese hatte mit der Flucht tatsächlich ihr bisheriges Leben verworfen, war in eine quasi völlig neue Umwelt, eine andere Kultur, hineingeworfen worden, aber diese Zerrissenheit hätte sie selbst wohl deutlicher machen können als Kaspar, der immer neue Facetten seiner Frau aufdeckte und oftmals auch nur mutmaßen konnte. Mir blieb das alles zu distanziert, zu unpersönlich – bis Kaspar sich dann zu den Orten aus Birgits DDR-Vergangenheit aufmacht, Plätze besucht, Menschen aufsucht und sich plötzlich mit einer Familie in einer völkischen Siedlung konfrontiert sieht, die völlig andere Werte vertritt als er.
Aber bis es zu diesem Aufeinandertreffen kommt und die titelgebende „Enkelin“ zum ersten Mal auf der Bildfläche erscheint, sind doch schon so einige Buchseiten vergangen/gelesen.

Aber hier gelingt Schlink das Kunststück, auch die Figur der Birgit plötzlich nahbarer zu machen; in ihrer früheren Umgebung spiegeln sich ihre DDR-Erfahrungen wider und auch die ihrer Kaspar bis kurz zuvor unbekannten Tochter. Erst hier wurden für mich die Unterschiede DDR/BRD richtig deutlich und Erfahrungswerte persönlicher vermittelt, wobei ich behaupten möchte, dass das nun wiederum daran liegt, dass die Menschen hier noch quicklebendig sind, während die tote Birgit zuvor eher wie eine Schattenfigur gewirkt hat.
Kaspar, der ältliche Mann, der seinen Buchladen sicherlich in den nächsten Jahren aufgeben wird, und Sigrun, die 14Jährige, die in den nächsten Jahren erst volljährig werden wird, sind an sich schon komplett gegensätzliche Menschen, die noch dazu besonders auffallen, da das Mädchen völkisch-nationalistische Ideologien vertritt, während der lang Erwachsene eine eher aufgeschlossene und interessierte Persönlichkeit hat; nicht, dass er allzu progressiv wirkt, aber er ist doch sehr reflektiert.
Ich fand es sehr spannend, wie er versucht hat, sich auf Sigrun und ihr Weltbild einzulassen, in dem sie beispielsweise Irma Grese zu einer Ikone stilisiert und Anne Franks Tagebuch als infame Fälschung ansieht, und ihr zugleich eine völlig andere Weltanschauung zu vermitteln, ohne allzu belehrend wirken zu wollen. Der beiläufige Einblick in die völkische Gemeinschaft war für mich sehr erschreckend; zugleich wurde aber auch verständlich dargestellt, wieso sich Sigruns Mutter ihr im Laufe ihres Lebens angeschlossen hat, was den Schreck doch auch noch vergrößerte, denn ihr Anschluss und ihr Verharren war eben nachvollziehbar und machte sehr deutlich, worin der Reiz dieser völkischen Gemeinden auch heute noch leicht liegen kann.
Das Ende des Buchs hat mich zugleich enttäuscht und mir gefallen; einerseits hoffte ich die ganze Zeit, Sigrun möge sich lösen und vor Allem von einer anderen Realität als der ihr eingetrichterten überzeugen lassen können , auch von dem, was sie bei ihren Besuchen in Berlin positiv und eben grundsätzlich anders erlebte. Andererseits dachte ich aber ständig, dass nicht plötzlich alles gut sein könnte und Sigrun den ganzen Nationalsozialismus sicher nicht mit einem Male verworfen haben würde. So wie er gestaltet wurde, ließ der Schluss mich voller Hoffnung traurig, zwar voll sehr viel trauriger Hoffnung, aber eben auch mit diesem klitzekleinen durch den trüben Himmel hervorblitzenden Sonnenstrahl.

Letztlich hat mir „Die Enkelin“ sehr gut gefallen; bis darauf, dass die Erzählung sehr gemächlich anlief, habe ich nichts zu bemängeln und prinzipiell zählt dies definitiv auch zu den Büchern, die mich in den letzten Jahren am Meisten zum Nachdenken angeregt haben.

Veröffentlicht am 22.12.2021

Orpheus und Eurydike

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Das Cover ist mit der jungen Frau passend für diesen Roman gestaltet.

Der Schreibstil liest sich leicht verständlich und angenehm flüssig.

Kasper liebt seine Frau Birgit. Doch sie zieht sich immer mehr ...

Das Cover ist mit der jungen Frau passend für diesen Roman gestaltet.

Der Schreibstil liest sich leicht verständlich und angenehm flüssig.

Kasper liebt seine Frau Birgit. Doch sie zieht sich immer mehr von ihm zurück und er resigniert. Als er sie eines Tages tot auffindet, ist er wie betäubt. Seine Trauerbewältigung gestaltet sich schwierig. Bei Sichtung ihres Nachlasses kommen ungeahnte Dinge über seine Frau zum Vorschein.

Dieses Buch enthält eine Liebeserklärung von Kaspar an seine tote Frau. Er reflektiert seine Ehe mit ihr und erfährt, dass sich ihrer beiden Sichtweisen in Bezug auf Ihr gemeinsames Leben nicht gleichen. Kaspar begibt sich auf Reise in Birgits Vergangenheit.

Der Roman zeigt auf, dass man nicht alles über seinen Partner wissen kann. Das macht einen schon sehr nachdenklich. Aber eine Beziehung besteht eben aus Vertrauen.

Fazit:

Anrührende Geschichte über eine sensible Beziehung!

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Veröffentlicht am 02.11.2021

Aufarbeitung

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Auch in diesem Buch beschäftigt sich Bernhard Schlink wieder mit der Aufarbeitung der Vergangenheit, wie auch schon in vielen früheren Werken.
Allerdings geht es hier um die zusammengebrochene DDR und ...

Auch in diesem Buch beschäftigt sich Bernhard Schlink wieder mit der Aufarbeitung der Vergangenheit, wie auch schon in vielen früheren Werken.
Allerdings geht es hier um die zusammengebrochene DDR und ihr nie thematisiertes faschistisches Erbe.
Kaspar hat seine Frau verloren und als er ihren Nachlass sichtet, stößt er auf ein gut gehütetes Geheimnis. Denn bevor Birgit in den Westen zu Kaspar floh, gebar sie ein Kind von einem anderen Mann und gab es direkt nach der Geburt weg. Sie hatte sich immer wieder vorgenommen nach dem Mädchen zu suchen, aber ihre Angst vor den Folgen schreckte sie immer wieder ab. Nun macht sich Kaspar auf die Suche und findet die junge Frau als Ehefrau eines Rechtsradikalen in einem "national befreiten" Dorf auf dem Land. An seine Stieftochter kommt Kaspar nicht heran, sie hat wohl auch Angst vor ihrem Mann, aber ihre Tochter möchte Kaspar mit einem anderen Leben bekannt machen und vielleicht "retten". Es gelingt ihm bei der 14jährigen Zweifel zu säen.
Das Buch ist - wie bei Schlink nicht anders zu erwarten - sehr gut und sensibel geschrieben und wie auch die anderen Bücher spielt es in einem eher großbürgerlichen Milieu. Umso größer ist der Gegensatz zum Leben der Rechten auf dem Land.
Insgesamt hat mir das Buch gut gefallen, allerdings hat mich gestört, wie nachsichtig Kaspar mit der Familie seiner Stieftochter umgeht. Er will nicht anecken, niemandem seine Meinung aufzwingen und bleibt dabei immer feige im Hintergrund. Das kann ich zwar verstehen, denn auch eine gewalttätige Reaktion kann nicht ausgeschlossen werden und Kaspar will das Mädchen nicht verlieren. Sie ist das einzige, was von seiner Frau geblieben ist. Trotzdem hätte ich mir manchmal eine deutlichere Reaktion gewünscht.
Aber trotz aller Vorbehalte ist es ein lesenswertes Buch!

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