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Veröffentlicht am 10.04.2022

Nachdenklich stimmender Spionage-Roman

Silverview
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MEINE MEINUNG
Bei dem Roman „Silverview“ aus der Feder des inzwischen verstorbenen britischen Autoren John le Carré handelt es sich um ein lange Jahre unvollendet in den Schubladen schlummerndes Manuskript, ...

MEINE MEINUNG
Bei dem Roman „Silverview“ aus der Feder des inzwischen verstorbenen britischen Autoren John le Carré handelt es sich um ein lange Jahre unvollendet in den Schubladen schlummerndes Manuskript, das von seinem Sohn Nicholas Cornwell mit einigen wenigen Ergänzungen schließlich fertiggestellt und nun veröffentlicht wurde.
Es ist somit das letzte, nach seinem Tod erscheinende Werk des großen Meisters der Spionageromane, in dem er sich nochmals auf unnachahmliche Art seinem Herzensthema – der rätselhaften Welt der Geheimdienste - widmet.
„Silverview“ ist mit etwa 250 Seiten ein eher kurzer Roman, der aber bis ins kleinste Detail kunstvoll konzipiert ist und dadurch eine enorme Wirkkraft entwickelt. Mit seinen scharfsichtigen, prägnanten Analysen, seinem genialen, ironisch distanzierten Schreibstil, wundervoll prägnanten Dialogen und seinen faszinierend angelegten Figuren konnte er mich überaus fesseln.
Stellenweise liest sich der Roman stellenweise wie eine Art persönliche Abrechnung und letzte weise Botschaft, die er als ehemaliger britischer Geheimdienstler und „einer der großen Chronisten unserer Zeit“ seiner Leserschaft mit auf den Weg geben möchte.
In „Silverview“ erzählt er die faszinierende Geschichte einer höchst ungewöhnlichen Begegnung zwischen dem jungen Julian Lawndsley, einem ausgestiegenen Trader aus der Londoner Finanzwelt, der ohne große Literaturkenntnisse in der Provinz eine Buchhandlung eröffnet und dem mysteriösen weißhaariger Gentleman Edward Avon. Gekonnt hat der Autor zwei zunächst völlig voneinander unabhängige Handlungsstränge entworfen, die jedoch geschickt miteinander verwoben sind und deren vielfältigen Zusammenhänge und Hintergründe erst allmählich zu Tage treten. Die zahlreichen Puzzlesteinchen, die immer mehr Verbindungen zueinander erkennen lassen, fügen sich schrittweise zu einem faszinierenden Gesamtbild zusammen und ergeben schließlich eine beklemmende Geheimdienst-Story. Um jedoch die subtilen Enthüllungen samt der Intrigen und Hintergründe vollends verstehen zu können, muss man bei den oftmals nur angedeuteten Details schon sehr genau aufpassen und zwischen den Zeilen lesen.
Gekonnt gibt er uns Einblicke in die äußerst undurchsichtige Welt der Geheimdienste, Politik und Diplomatie, lässt uns in schockierende Abgründe blicken und wirft darüber hinaus die bedeutungsschwere Frage auf, was wir den Menschen, die wir lieben, tatsächlich schuldig sind.
Es geht um Geheimnisse und Lügen, um Rechtschaffenheit, Moral, Loyalität und Korruption, aber auch um Liebe und Verrat. Feinfühlig und kenntnisreich beleuchtet der Autor in seiner kritischen Rückschau die Machtstrukturen innerhalb des Geheimdienstes, seine verantwortungsvolle Rolle wie auch sein fatales Versagen. Heraus kommt dabei eine Art Abgesang und eher bittere Bilanz, die sehr skrupellose, menschenverachtende und tödliche Seiten dieses ideologisch verbrämten, „pflichtbewussten und ehrenwerten“ Kampfes gegen den Kommunismus aufzeigt – stets zum vermeintlichen Wohle der Staatsräson und des Westens.
Le Carré hat seine Charaktere lebendig und realitätsnah ausgearbeitet. Sehr anschaulich hat er ihr Umfeld, ihre moralischen Prinzipien und Beweggründe ausgeleuchtet, so dass man ihre Rolle in der Geschichte immer besser nachvollziehen und verstehen kann.

FAZIT
Ein fesselnder, tiefgründiger und sehr nachdenklich stimmender Roman über die undurchsichtige Welt der Geheimdienste! Das beeindruckende, letzte Werk des unangefochtenen Meisters der Spionageromane!

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Veröffentlicht am 08.04.2022

Fesselnde Fortsetzung der historischen Hebammen-Saga

Fräulein Gold. Die Stunde der Frauen
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Mit „Hulda Gold - Die Stunde der Frauen“ liegt bereits der vierte Band der großartigen historischen Hebammen-Saga von Anne Stern vor, in deren Mittelpunkt die bemerkenswerte, charakterstarke Berliner Hebamme ...

Mit „Hulda Gold - Die Stunde der Frauen“ liegt bereits der vierte Band der großartigen historischen Hebammen-Saga von Anne Stern vor, in deren Mittelpunkt die bemerkenswerte, charakterstarke Berliner Hebamme Hulda Gold steht. Diese abwechslungsreiche Saga bietet mit ihrer stimmigen Mischung aus zarter Liebesgeschichte, mysteriösem Familiengeheimnis und faszinierendem Berliner Setting wieder beste Unterhaltung.
Dank ihres angenehm leichten und lebendigen Erzählstils gelingt es der Autorin hervorragend, uns ins atmosphärische Berlin der Goldenen 1920er Jahre abtauchen zu lassen und uns rasch ins mitreißende Geschehen rund um die interessante Protagonistin hinein zu ziehen.
An Seite der allseits beliebten „Fräulein Hulda“ wandeln wir durch das quirlige Viertel Schöneberg, begleiten sie bei ihrer Arbeit als hochengagierte Hebamme in der Klinik und bei diversen Hausbesuchen. Gewitzt und unerschrocken versucht sie trotz vieler Widrigkeiten den Frauen zu helfen, wo sie kann, denn deren Schicksal und das der Kinder liegt ihr besonders am Herzen. Doch auch im Privaten hat sie mit einigen Herausforderung zu kämpfen, denn die wohlhabende Familie ihres neuen Freunds Johann ist von ihr als höchst unkonventionelle zukünftige Schwiegertochter alles andere als angetan. Gekonnt portraitiert Stern das facettenreiche Alltagsleben der kleinen Leute, gibt uns aber auch sehr aufschlussreiche Einblicke in das Leben der alteingesessenen reichen „Herrschaften“ mit ihren eingefahrenen Konventionen, strengem Hierarchiedenken und traditionsverhafteten Einstellungen.
Die farbenprächtige Saga lebt vor allem von der detailreich und authentisch beschriebenen, zeitgeschichtlichen Kulisse und von seinen interessanten und vielschichtig angelegten Figuren. Die Autorin hat ihre verschiedenen Charaktere erneut sehr lebendig ausgearbeitet, so dass sie äußerst lebensnah wirken. Die Autorin versteht es, ihre verschiedenen Figuren zum Leben zu erwecken und die Gedankenwelt ihrer Charaktere uns näher zu bringen, so dass die Beweggründe für ihre Handlungen nachvollziehbar und glaubhaft sind. Ein besonderes Highlight ist natürlich wieder die überaus sympathische und lebensfrohe Protagonistin Hulda, die mir sehr ans Herz gewachsen ist. Sie ist eine tatkräftige, selbstbewusste und unkonventionelle Frau, die sehr mitfühlend und hilfsbereit angesichts der Missstände der damaligen Zeit ist. Fesselnd ist es mitzuerleben, wie sie oftmals eine schwierige Gradwanderung zwischen den unterschiedlichen Welten von „Licht und Schatten“ bewältigen muss und sich so manches Mal in große Schwierigkeiten bringt.
Etwas schade fand ich, dass der Charakter von Kommissar Karl North, eine faszinierende, recht rätselhafte und unnahbare Figur mit vielen Ecken und Kanten, diesmal nur eine Nebenrolle in der Geschichte hatte, und hoffe sehr, bald wieder mehr über ihn lesen zu dürfen.
Nach dem sehr überraschenden und äußerst beklemmenden Ausgang dieses Bands bin ich schon sehr auf Huldas weiteres Schicksal und die Fortsetzung der Geschichte gespannt.
Zum Hörbuch:
Die Schauspielerin Anna Thalbach ist eine großartige Hörbuchsprecherin und liest den Roman erwartungsgemäß äußerst überzeugend und abwechslungsreich. Mit ihrer unverwechselbaren, variantenreichen Stimme und facettenreichen Darbietung gelingt es ihr mühelos, der Geschichte viel Leben einzuhauchen, so dass man schnell ins Geschehen hineingezogen wird. Ihre temperamentvolle Einlesung passt perfekt zur selbstbewussten Hulda Gold, deren Charakter und Emotionen sie gefühlvoll und sehr überzeugend vermittelt.
Ein rundum gelungenes, sehr lebendiges Hörbuch, das für beste Unterhaltung und ein spannenden Hörerlebnis sorgt.
FAZIT
Eine spannungsvolle und mitreißend erzählte Fortsetzung der farbenprächtigen Hebammen-Saga rund um die äußerst sympathische, charakterstarke Berliner Hebamme Hulda Gold - mit tollem Zeitkolorit, viel historischem Berliner Flair und faszinierenden Charakteren.
Ein sehr empfehlenswertes Hörbuch mit Suchtfaktor!

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Veröffentlicht am 06.04.2022

Packende Fortsetzung der Bestseller-Reihe

Rue de Paradis
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MEINE MEINUNG
Mit seinem neuen Regional-Krimi „Rue de Paradis“ ist dem deutschen Autor und langjährigen Frankreichkorrespondenten Alexander Oetker erneut eine unglaublich packende Fortsetzung seiner fesselnden ...

MEINE MEINUNG
Mit seinem neuen Regional-Krimi „Rue de Paradis“ ist dem deutschen Autor und langjährigen Frankreichkorrespondenten Alexander Oetker erneut eine unglaublich packende Fortsetzung seiner fesselnden Bestseller-Krimireihe mit viel französischem Flair gelungen. Es ist bereits der 5. Band seiner beliebten, im schönen französischen Aquitaine angesiedelten Krimireihe rund um den charismatischen Ermittler Luc Verlain. Oetker versteht es hervorragend, neben interessanten Einblicken in das Privatleben seiner lebensechten Charaktere ebenfalls stimmungsvolle Landschaftsbeschreibungen und kulinarische Ausflüge in seine Krimihandlungen einfließen zu lassen. sehr überzeugen. Diese gelungene Mischung macht die unverwechselbare, besondere Note seiner Aquitaine-Krimis aus und sorgt für beste Unterhaltung.
Angeregt von einer wahren Begebenheit (eine fatale Sturmflut an der atlantischen Küste im Jahr 2010) hat der Autor für seinen Krimi einen hochspannenden, wendungsreichen „Who-dunit“ in klassischer Agatha Christie-Manier entworfen, der diesmal auf der Halbinsel Cap Ferret angesiedelt ist. Der recht verzwickte Fall um den verhängnisvollen Tod des allseits unbeliebten Bürgermeisters inmitten einer verhängnisvollen Sturmflut und abgeschnitten von der Außenwelt entwickelt schon bald eine faszinierende „Closed Room“-Dramatik während der immer neue Verflechtungen aus Lügen, Missgunst und wohlgehüteten Geheimnissen enthüllt werden. Da fast jeder der Anwesenden ein handfestes Mordmotiv besitzt, gibt es für uns schon bald jede Menge Stoff zum Miträtseln und Spekulieren. Kein Wunder, dass selbst Luc Verlain sich in einem Agatha Christie-Kriminalroman wähnt und Anspielungen darauf macht!
Äußerst faszinierend ist es wieder einmal diesen sympathischen und sehr lebensecht wirkenden Ermittler in dieser absoluten Ausnahmesituation und bei seiner Ermittlungsarbeit zu erleben. Mit viel Akribie und psychologischem Fingerspitzengefühl gelingt es ihm, den Anwesenden nach und nach ihre Geheimnisse zu entlocken, richtig zu kombinieren und so allmählich die wahren Hintergründen für die Tat aufzudecken, um schließlich den richtigen Täter zu stellen. Im völligen Gegensatz zu Luc, der als Polizist seinem Gegenüber stets respektvoll begegnet und professionell agiert, erleben wir seinen neuen Vorgesetzten Laurent Aubry als einen arroganten, selbstgefälligen Zeitgenossen, der sich in seiner Profilierungssucht bei den Ermittlungen vor Ort als wenig hilfreich erweist und mit seinen voreiligen Schlussfolgerungen auch noch völlig danebenliegt. Man darf gespannt sein, wie sich ihre Beziehung zueinander bei weiteren Fällen noch entwickeln wird.
Insgesamt präsentiert uns Oetker in seinem Krimi eine interessante und abwechslungsreiche Mischung aus eigenwilligen, tiefgründig angelegten Charakteren, die für so manche Überraschung gut sind und einen sehr realitätsnahen Querschnitt durch die Bevölkerung verkörpern.
Auch wenn ich einige Zusammenhänge bereits im Vorfeld erahnt hatte, blieb der Fall bis zum fesselnden Finale sehr spannend und unterhaltsam. Toll wie sich am Ende die vielen Puzzlesteinchen zu einem schlüssigen Bild zusammenfügen!
Ich freue mich schon auf die Fortsetzung dieser gelungenen Regionalkrimi-Reihe und bin schon sehr gespannt, in welchem mitreißenden Fall Luc als frischgebackener Vater ermitteln wird.
FAZIT
Ein packender neuer Fall für den sympathischen Luc Verlain! Ein faszinierender Who-dunit in traditionellem Agatha Christie-Gewand mit einer hochdramatischen Handlung, einem verzwickten Fall und vielen interessanten Charakteren!

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Veröffentlicht am 21.11.2021

Beeindruckendes Portrait von Harlem in den 1960ern

Harlem Shuffle
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MEINE MEINUNG
Mit „Harlem Shuffle“ hat der für seine Werke mehrfach ausgezeichnete US-amerikanische Schriftsteller Colson Whitehead einen beeindruckenden, sehr unterhaltsamen Roman vorgelegt, in dem er ...

MEINE MEINUNG
Mit „Harlem Shuffle“ hat der für seine Werke mehrfach ausgezeichnete US-amerikanische Schriftsteller Colson Whitehead einen beeindruckenden, sehr unterhaltsamen Roman vorgelegt, in dem er uns erneut einen faszinierenden aber schonungslosen Blick auf das Licht- und Schatten-reiche Leben der Afroamerikaner in der US-amerikanischen Geschichte werfen lässt.
Sein neuestes literarisches Meisterwerk ist eine gelungene Mischung aus bewegender Familiensaga, unterhaltsamer Ganovenkomödie und Hommage an den legendären New Yorker Stadtteil Harlem in den frühen 1960er Jahren.
Erzählt wird die rasante Gangstergeschichte aus der Perspektive des sympathischen Protagonisten jungen Ray Carney, einem Möbelhändler, liebevollen Familienvater und unfreiwilligen Ganoven, der sich zwar tagtäglich bemüht ein ehrliches Leben zu führen, aber immer wieder durch seine halbweltlichen Kontakte in kriminelle Machenschaften hineingezogen wird. Es ist höchst unterhaltsam und fesselnd Ray bei seiner Gradwanderung zwischen den beiden Welten zu begleiten und mitzuerleben, wie er immer tiefer in die Geschehnisse verstrickt wird.
Mit seinem brillanten, sprachlich eleganten Erzählstil und einem erstaunlich leichten, beschwingten „Sound“ konnte mich Whitehead auch diesmal wieder überzeugen. Trotz des ernsten, oft bedrückenden Hintergrunds der Handlung spart er nicht mit feinen humorvollen Spitzen und vergnüglichen Episoden, die mich immer wieder zum Schmunzeln gebracht haben.
Gekonnt zeichnet Whitehead ein faszinierendes und atmosphärisch dichtes Portrait von Harlem mit seinen schillernden aber auch dunklen Facetten. Er lässt uns schrittweise eintauchen in den Lebensalltag dieses berühmt-berüchtigten, quirligen Stadtviertels von New York, einer afroamerikanischen Enklave als Sinnbild der zunehmenden Segregation, und gewährt uns faszinierende und zugleich mitunter schmerzhafte Einblicke in die soziale Wirklichkeit jener Zeit -eine bizarre, kontrastreiche Mischung aus kleinem Wohlstand und Armut, Hoffnung und Angst, Legalität und Kriminalität, Normalität aber auch beständiger Willkür, Brutalität und Gewalt. Er entwirft ein vielschichtiges Panoptikum aus Kleinkriminellen, Hehlern, Huren und korrupten Cops auf der einen Seite, jenen, die sich darum bemühen ein besseres, solides und bürgerliches Leben zu führen sowie denjenigen innerhalb der afroamerikanischen Bevölkerung, denen es gelungen ist, sich auf der sozialen Leiter nach oben zu arbeiten und sich nun von den anderen als etwas Besseres abzugrenzen verstehen.
Zudem lernen wir durch die eingestreuten, gut recherchierten Details auch viel über die historische Realität, politischen Umbrüche und sozialen Zustände jener Zeit, den allgegenwärtigen Rassismus und die aufkommende Bürgerrechtsbewegung. Geschickt in die Romanhandlung eingebaute Hinweise auf den damaligen Zeitgeist, typische Marken, Filme und Verweise auf die Popkultur schaffen darüber hinaus ein ein sehr lebendiges und authentisches Flair.

Zum Hörbuch:
Das ungekürzte Hörbuch ist von dem Schauspieler und erfahrenen Hörbuchsprecher Richard Barenberg sehr überzeugend eingelesen. Mit seiner angenehmen Stimme und in einem angemessenen Tempo gelingt es ihm hervorragend, die unterschiedlichen Stimmungen und das besondere Setting dieser Geschichte glaubhaft zu transportieren und uns mühelos ins Geschehen zu ziehen. Mit geschickten Wechseln des Lesetempos, Verändern der Intonation und Lautstärke gestaltet Barenberg die Dialoge sehr lebendig und nuancenreich. Insgesamt eine rundum gelungene Lesung!

FAZIT
Eine unterhaltsame, beschwingt erzählte Gangstergeschichte und eine wundervolle Hommage an den legendären New Yorker Stadtteil Harlem in den frühen 1960er Jahren!
Sowohl der Roman als auch die von Richard Barenberg hervorragend eingelesene Hörbuchfassung sind sehr empfehlenswert.

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Veröffentlicht am 09.11.2021

Gelungene, großartig erzählte Fortsetzung

Revolution der Träume
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MEINE MEINUNG

Nach seinem grandiosen Auftakt „Schatten der Welt“ hat der deutsche Erfolgsautor Andreas Izquierdo mit „Revolution der Träume“ eine äußerst fesselnde Fortsetzung seiner lehrreichen historischen ...

MEINE MEINUNG

Nach seinem grandiosen Auftakt „Schatten der Welt“ hat der deutsche Erfolgsautor Andreas Izquierdo mit „Revolution der Träume“ eine äußerst fesselnde Fortsetzung seiner lehrreichen historischen Saga vorgelegt, die mich wieder sehr begeistern konnte. Die gelungene Mischung aus historischem Roman und berührender Geschichte über die unverbrüchliche Freundschaft zwischen den faszinierenden Protagonisten Carl, Artur und Isi hat mich wieder von Beginn an in ihren Bann gezogen.

Auch ohne den ersten Teil zu kennen, lässt sich dieser Roman gut lesen; doch ist es um einiges spannender, die Vorgeschichte der drei Jugendfreunde aus dem westpreußischen Thorn und ihre Entwicklung im Laufe der Zeiten mit zu verfolgen.

Dank des lebendigen, bildhaften und sehr mitreißenden Schreibstils fällt es nicht schwer, ins schillernd ambivalente Berlin der Goldenen 20ger Jahre einzutauchen. Mühelos entführt uns Izquierdo in die damalige Hauptstadt, die sich kurz nach Ende des 1. Weltkriegs in einer politisch höchst instabilen und krisengeschüttelten Lage befindet und nach zahlreichen blutigen Aufständen erst langsam ruhigeren Zeiten entgegensieht. Allgegenwärtig sind die Auswirkungen des verlorenen Kriegs sichtbar, Mangelversorgung, Elend und bittere Armut stehen in starken Kontrast zu dem unermesslichen Reichtum der Adligen und ihrer Vergnügungssucht.

Gekonnt vermittelt Izquierdo ein sehr stimmiges und authentisches Bild der damaligen bewegten Zeit und einer pulsierenden Metropole voller Kontraste zwischen Luxus, Reichtum, Vergnügungssucht, dekadentem Nachtleben, Existenzkampf, Kriminalität und Armut. Lebendig und atmosphärisch dicht portraitiert er das Alltagsleben in der Hauptstadt in all seinen Facetten. Izquierdo versteht es hervorragend, die sorgsam recherchierte Zeitgeschichte anschaulich und spannend mit seiner Handlung zu verweben und uns hautnah am Schicksal der Menschen teilhaben zu lassen.

Mit seinem einfühlsamen Schreibstil gelingt es ihm mühelos, uns in seine abwechslungsreiche, berührende und emotionsgeladene Geschichte rund um die drei Freunde Carl, Artur und Isi hinein zu ziehen.

Aus der rückblickenden Perspektive des jungen Protagonisten Carl erleben wir die Geschehnisse rund um das ungleiche, sehr sympathische Freundestrio und verfolgen voller Anteilnahme und Spannung ihre persönliche Entwicklung. Äußerst packend ist es, wie die so unterschiedlichen Protagonisten in dieser bewegten Zeit voller Umbrüche, Wandel und neuer Chancen jeder für sich zu bestehen versuchen und ihr Schicksal meistern.

Die Geschichte lebt neben der tollen eingefangenen, zeitgeschichtlichen Kulisse vor allem aber von seinen äußerst facettenreich angelegten Figuren. Die verschiedenen Charaktere sind allesamt detailliert ausgearbeitet, so dass sie mit ihren vielen Ecken und Kanten sehr lebensnah wirken.

Es sind so wundervolle, vielschichtige Charaktere, so dass ich sie schon im ersten Band ins Herz geschlossen und mit ihnen gebangt habe. Ob nun der sensible, immer noch etwas schüchterne Carl, der inzwischen unter Ernst Lubitsch als Kameramann arbeitet oder der clevere, vom Krieg gezeichnete Artur, der als sehr geschäftstüchtiger Boss einige Unterwelt-Etablissements leitet oder die selbstbewusste, kämpferische Isi mit ihrem etwas flatterhaften, rebellischen Wesen, die sich zunächst als Revolutionärin beim Spartakusbund engagiert – trotz all ihrer charakterlichen Unterschiede stehen sie bedingungslos füreinander ein und helfen einander in diesen schwierigen und turbulenten Zeiten.

Nach einer Fülle von fesselnden Verwicklungen, unerwarteter Wendungen und bewegender Momente endet die Geschichte mit einem recht offenen Ausklang.
Ich bin schon sehr gespannt, was das Schicksal für die drei sympathischen Freunde Carl, Artur und Isi noch alles bereithalten wird und freue mich schon sehr auf die Fortsetzung!

FAZIT
Eine fesselnde und mitreißend erzählte Fortsetzung mit tollem Berliner Lokalkolorit der 1920ger Jahre, einem fundierten zeitgeschichtlichen Hintergrund und lebendigen, sympathischen Charakteren!
Eine sehr lehrreiche Geschichtsstunde und ein ganz besonderes, sehr empfehlenswertes Leseerlebnis!!

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