Cover-Bild Die Enkelin
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11,99
inkl. MwSt
  • Verlag: Diogenes
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Ersterscheinung: 27.10.2021
  • ISBN: 9783257612370
Bernhard Schlink

Die Enkelin

Birgit ist zu Kaspar in den Westen geflohen, für die Liebe und die Freiheit. Erst nach ihrem Tod entdeckt er, welchen Preis sie dafür bezahlt hat. Er spürt ihrem Geheimnis nach, begegnet im Osten den Menschen, die für sie zählten, erlebt ihre Bedrückung und ihren Eigensinn. Seine Suche führt ihn zu einer völkischen Gemeinschaft auf dem Land – und zu einem jungen Mädchen, das in ihm den Großvater und in dem er die Enkelin sieht. Ihre Welten könnten nicht fremder sein. Er ringt um sie.

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Veröffentlicht am 27.01.2022

Die Enkelin

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Erst nach dem Tod seiner Frau Birgit erfährt Kaspar aus ihren Unterlagen, dass Birgit eine Tochter hat. Sie hatte sie weggeben und wollte eigentlich nach ihr suchen. Doch dazu ist es nie gekommen. So macht ...

Erst nach dem Tod seiner Frau Birgit erfährt Kaspar aus ihren Unterlagen, dass Birgit eine Tochter hat. Sie hatte sie weggeben und wollte eigentlich nach ihr suchen. Doch dazu ist es nie gekommen. So macht sich Kaspar auf die Suche, um den Wunsch seiner Frau zu erfüllen. Er findet die Tochter. Sie lebt in einer völkischen Gemeinschaft auf dem Land und hat auch eine Tochter. Kaspar mag das Mädchen von Anfang an und sie betrachtet ihn als Großvater. Doch ihre Welten könnten nicht unterschiedlicher sein. Aber Kaspar gibt nicht auf und versucht eine Annährung zu finden.
Mich hat die Geschichte vom ersten Moment an gepackt. Birgit hat für Kaspar einiges aufgegeben, was sie nicht thematisiert hatte und wovon Kaspar keine Ahnung hatte. Doch nach dem Tod von Birgit lernt er seine Frau erst richtig kennen. Dazu trägt natürlich die Suche bei, die ihn in ein Umfeld führt, das ihm fremd ist, welches seiner Weltanschauung nicht entspricht und dem er sich Sigruns willen doch annähern muss. Immer wieder stößt Kaspar dabei an Grenzen, doch er gibt nicht auf.
Die Charaktere wurden gut dargestellt, so dass ich mich hineinversetzen konnte. Der Schreibstil des Autors lässt sich leicht und flüssig lesen.
Es ist eine Geschichte, die zum Nachdenken anregt und dazu, sich mehr mit der Geschichte zu beschäftigen. Die Vereinigung hat für viele Brüche gesorgt und nicht jeder ist damit zurechtgekommen. Birgits Tochter hat ihren Weg bei den Rechten gesucht und ihrem Kind daher keine Wahl gelassen. Sigrun kennt es nicht anders und verteidigt ihr Leben und ihre Auffassung. Werden Kaspar und Sigrun eine gemeinsame Basis finden?
Es war für mich manchmal sehr schwer, die Aussagen von Sigrun zu ertragen. Aber Kaspar findet einen Weg, ihr Informationen zu geben, ohne das Mädchen zu bedrängen.
Es ist ein beeindruckender und intensiver Roman.

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Veröffentlicht am 04.01.2022

Jeder Mensch gehört sich selbst

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In seinem neuesten Roman erzählt Bernhard Schlink das Schicksal von drei Frauen einer Familie. Verbunden werden Grossmutter, Mutter und Tochter dabei durch Kaspar, den Ehemann der Grossmutter, welcher ...

In seinem neuesten Roman erzählt Bernhard Schlink das Schicksal von drei Frauen einer Familie. Verbunden werden Grossmutter, Mutter und Tochter dabei durch Kaspar, den Ehemann der Grossmutter, welcher sich in diesem Buch auf die Suche nach den Lebensspuren jeder einzelnen Frau begibt und dabei in das Leben in der ehemaligen DDR und das gegenwärtige bei den völkischen Siedlern eintaucht.
Als der 70jährige Buchhändler Kaspar eines Abends aus seinem Geschäft nach Hause kommt, findet er seine alkoholkranke und depressive Frau Birgit tot in der Badewanne vor. Ob es Selbstmord oder ein Unfall war, lässt sich nicht klären. Nachdem Kaspar die ersten Phasen von Schock, Trauer und Wut überwunden hat, beginnt er damit, in Birgits kleinem Zimmer aufzuräumen, in welches sie sich zuvor immer mehr zurückgezogen hatte, um an einem Roman zu schreiben. Als er auf das unvollendete Manuskript stösst, muss Kaspar bei der Lektüre feststellen, dass seine Frau viele Geheimnisse vor ihm hatte, von denen er nie etwas geahnt hätte. Kaspar aus der BRD und Birgit aus der DDR hatten sich in Ostberlin kennengelernt und von einer gemeinsamen Zukunft geträumt. Dafür wäre der junge Student auch zu ihr in die DDR gezogen. Doch Birgit wollte dem Druck der Diktatur entkommen und mit Kaspar im Westen leben und lässt sich von ihm zur Flucht verhelfen. Dass sie zuvor ein Kind von einem verheirateten Parteifunktionär auf die Welt gebracht und ihrer Freundin Paula übergeben hatte, davon ahnte Kaspar nichts und sollte es auch nie erfahren. Bis zu dem Moment, an dem er es in Birgits Aufzeichnungen las. Aus ihnen sprechen tiefe Schuldgefühle dem zurückgelassenen Neugeborenen gegenüber und die Sehnsucht nach einem Kennenlernen des mittlerweile längst erwachsenen Mädchens. Kaspar begibt sich an Birgits Stelle auf die Suche nach Svenja und findet sie schliesslich im Mecklenburgischen, wo sie zusammen mit ihrem Mann Björn und ihrer 14jährigen Tochter Sigrun in einer völkisch nationalen Siedlung lebt. Im Verlauf des Romans setzt Kaspar alles daran, seiner Enkelin eine Welt abseits von Rassismus und Holocaustleugnung zu zeigen. In den Ferien, in welchen sie ihn besuchen darf, öffnet er ihr das Herz und die Sinne für die Musik und die Schönheit der Sprache, ermöglicht ihr das Klavierspiel und zeigt ihr Menschen und Welten, die sie eigentlich nicht kennen soll. Doch die Prägung und Erziehung, die Sigrun genossen hat, lässt sich so einfach nicht abschütteln...
Bernhard Schlink behandelt in seinen Romanen gerne Phasen der deutschen Geschichte und beleuchtet die politischen Umstände, welche Menschen prägen und zu dem machen, was sie sind. Das ist auch in «Die Enkelin» so. Der Autor ist ein ruhiger und sensibler Erzähler, dessen Figuren einen noch lange nach der Lektüre beschäftigen. Die Themen, die in diesem Buch behandelt werden, sind wichtig und aktuell und laden ein, sich eingehender mit der deutsch-deutschen Geschichte zu befassen und darüber, ruhig auch kontrovers, zu diskutieren. Dabei geht es um wichtige Fragen wie diese: Wohin führen die Unfähigkeit, für sich selbst einzustehen und der Drang, es allen rechtmachen zu wollen? Wie bewahrt man sich seine Menschlichkeit in unmenschlichen Systemen? Sei es innerhalb der eigenen Familie oder innerhalb eines politischen Gefüges. Wem ist damit gedient, wenn angesichts einer erkannten Wahrheit notwendige Auseinandersetzungen und Diskussionen vermieden werden, weil man fürchtet, dadurch einen anderen möglicherweise zu verlieren?
Mit «Die Enkelin» ist Schlink einmal mehr ein wichtiger, berührender und sehr tiefgründiger Roman gelungen, den ich sehr gerne weiterempfehle.

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Veröffentlicht am 01.01.2022

Was Schuld mit einem Menschen machen kann

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„Die Enkelin“ ist ein weiterer Roman aus der Feder Bernhard Schlinks. Die Geschichte beginnt mit einer jungen Frau namens Birgit, die in der DDR lebt. Sie verliebt sich in einen westdeutschen Studenten ...

„Die Enkelin“ ist ein weiterer Roman aus der Feder Bernhard Schlinks. Die Geschichte beginnt mit einer jungen Frau namens Birgit, die in der DDR lebt. Sie verliebt sich in einen westdeutschen Studenten und flieht mit ihm aus ihrer Heimat. Beide heiraten und sind mehr oder weniger zufrieden. Welche Schuld sie mit sich herumträgt und warum sie so war, wie sie war, das erschließt sich dem Ehemann erst, als sie stirbt. Er begibt sich auf eine Reise in die Vergangenheit, um seine Zukunft lebenswerter zu machen.

Das war mein erstes Buch dieses Autors und ich bin beeindruckt. Diese bemerkenswerte Sprache und sein Wissen um Dinge, über die er schreibt, ist bestechend. Nicht nur die Reise von Birgit mit all ihrer Schuld, wühlte mich auf. Auch die Schilderung der Völkischen Gemeinschaft, erschreckend. So klar wurde mir das noch nie geschildert. Wie die Zusammenhänge sind, was dieses Netzwerk mit den Familien, und speziell ihren Kindern macht.

Es ist zwar ein Roman, aber nah an der Wirklichkeit. Wie oft lese ich in Zeitungen über Feste der „Völkischen“. Das tolle Zusammengehörigkeitsgefühl und wie stolz sie alle sind, Teil Deutschlands zu sein. Geflüchtete oder Menschen anderer Staatsangehörigkeit und/oder Religion, haben hier nichts zu lachen. Sie werden zuweilen sogar verfolgt und immer verachtet. „Die Enkelin“ sollte in meinen Augen Pflichtlektüre für junge Menschen sein.

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Veröffentlicht am 01.12.2021

feinsinnig - wie alles von Schlink

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Birgit ist tot. Unfall? Freitod? Diese Frage wird sich wohl nie abschließend beantworten lassen. Natürlich hat Kaspar schon seit Langem gespürt, dass es Birgit nicht gut geht. Ihr besorgniserregender Alkoholkonsum. ...

Birgit ist tot. Unfall? Freitod? Diese Frage wird sich wohl nie abschließend beantworten lassen. Natürlich hat Kaspar schon seit Langem gespürt, dass es Birgit nicht gut geht. Ihr besorgniserregender Alkoholkonsum. Ihre unzähligen Vorhaben, die sie letzten Endes doch irgendwann wieder aufgegeben hat. Wie ihr Romanprojekt zum Beispiel. Gab es das überhaupt? Oder war Birgits Rückzug in ihre Schreibstube nichts weiter als ein Vorwand, ungestört trinken zu können?

Als Kaspar sich in der Lage sieht, Birgits Unterlagen durchzusehen, beginnt er zu begreifen, was seine Frau ihre gesamte Ehe hindurch belastet hat: Kurz bevor sie, die ostdeutsche Studentin, zu Kaspar in den Westen floh, hat sei ein Kind bekommen. Eine Tochter, von deren weiterem Schicksal Birgit nichts wusste, eine Tochter, die Birgit nur allzu gern wiedergesehen hätte, doch dazu fehlte ihr der Mut, fehlte die Kraft.

Tatsächlich macht Kaspar die verschollene Tochter seiner Frau ausfindig, eine ehemals gewalttätige, drogenabhängige Rechtsradikale, die nunmehr mit Mann und Tochter in einer sogenannten völkischen Gemeinschaft auf dem Land lebt. Vorsichtig nähert sich Kaspar der Familie, vor allem Birgits Enkelin Sigrun, an, baut behutsam eine Beziehung zu dem jungen Mädchen auf, das in einem ihm fremden, seine Werte ablehnenden Kosmos aufwächst, lädt sie zu sich nach Berlin ein, präsentiert ihr fast beiläufig eine andere Lebenswelt. Und fragt sich, ob und wie lange das gut gehen kann …

Was soll ich sagen? Wenn es darum geht, die jüngere und jüngste deutsche Geschichte sowie die Gegenwart auf feinsinnige, intelligente und gleichzeitig unterhaltsam-fesselnde Weise zu literarisieren, dann ist Bernhard Schlink, man kann es nicht anders sagen, eine sichere Bank. Und dies gilt in besonderer Weise auch für seinen neuesten Roman „Die Enkelin“. Der besondere Reiz – ich möchte fast sagen: Zauber – von Schlinks Erzählkunst liegt in seiner Unaufgeregtheit, seiner feinen Beobachtungsgabe, seinem Blick für Details und kleine Facetten und nicht zuletzt in seiner Begabung, vielschichtige Figuren zu zeichnen. Wie in allen seinen Romanen gibt es auch in „Die Enkelin“ kein Schwarz und Weiß, kein eindeutiges Gut und Böse, keine einfachen oder gar vereinfachenden Antworten auf große Fragen, ebenso wenig gibt es ein fadenscheiniges Happyend – aber einen Schimmer von Hoffnung.

Ganz große Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 10.11.2021

Beeindruckende Geschichte

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Zum Inhalt:
Um bei Kaspar zu sein ist Birgit seinerzeit aus dem Osten in den westen geflohen und sie hat dafür einiges auf sich genommen. Was alles, wir Kaspar allerdings erst nach ihrem Tod bewusst. In ...

Zum Inhalt:
Um bei Kaspar zu sein ist Birgit seinerzeit aus dem Osten in den westen geflohen und sie hat dafür einiges auf sich genommen. Was alles, wir Kaspar allerdings erst nach ihrem Tod bewusst. In ihrer Beziehung hatte sich eine schwere Depression und Alkoholsucht bei Birgit entwickelt. Hat das alles mit Birgits Vergangenheit zu tun? Er macht sich auf die Suche.
Meine Meinung:
Ich bin immer wieder erstaunt, was für hochklassige Literatur Diogenes herausbringt. Auch dieses Werk zeichnet sich durch eine sehr vielschichtige und auch tiefgründige Geschichte aus, die zu dem auch noch gut erzählt wurde. Die Geschichte ist außerdem sehr berührend und zeigt, was Menschen alles auf sich nehmen, aber manchmal genau damit so überhaupt nicht mehr zurecht kommen. Mir hat das Buch ausgesprochen gut gefallen und auch der Schreibstil war richtig gut.
Fazit:
Beeindruckende Geschichte