Pflichtlektüre!
Bis einer stirbt - Drogenszene Internet. Die Geschichte von Leyla und JoshWenn ich ganz ehrlich bin, wusste ich anfangs gar nicht, dass es sich bei diesem Buch nicht um einen Roman (beruhend auf einer wahren Begebenheit), sondern um einen Erfahrungsbericht handelt. Die Autorin ...
Wenn ich ganz ehrlich bin, wusste ich anfangs gar nicht, dass es sich bei diesem Buch nicht um einen Roman (beruhend auf einer wahren Begebenheit), sondern um einen Erfahrungsbericht handelt. Die Autorin und Journalistin Isabell Beer erzählt die Drogengeschichten von Leyla und Josh im Zeitalter von Facebook & Co.
Der Schreibstil ist, wie bei einem Bericht üblich, nüchtern gehalten. Es gibt Aussagen der Beteiligten und Zeugen, dabei wurde die jugendliche Sprache übernommen, was das Ganze sehr authentisch macht. Wir erfahren den kompletten Alltag der beiden Jugendlichen, deren Leben sich nur um den nächsten Kick drehen. Es wird schnell klar, dass deren Bezug zu Drogen schon sehr früh stattgefunden hat und es wird erschreckend vermittelt, wie einfach es in der digitalen Welt ist, um an sämtliche Substanzen zu gelangen.
Was immer wieder auffällt in der Geschichte, ist die Tatsache, dass jeder Drogenabhängige denkt, er hätte seine Sucht unter Kontrolle. Er könnte ja aufhören, wenn er wollen würde, sieht jedoch hierzu keinen Grund und er weiß schon, was er tut und kennt sich aus, somit sind also auch schlimmere Folgen ausgeschlossen.
Doch wie sich bald zeigt, kann nicht mal eine Überdosis dazu animieren, sich von den Drogen abzuwenden. Gerade Josh testet seine Grenzen bis ins Unermessliche aus. Beide verherrlichen ihre Sucht geradezu, animieren stellenweise auch andere im Netz und manchmal habe ich mich auch schwer getan, sie sympathisch zu finden. Dabei musste ich mir aber natürlich immer vor Augen führen, dass sie eigentlich die Opfer sind und dringend Hilfe brauchen! Doch wie soll man jemandem helfen, der gar keine Hilfe möchte? Genau das stellt ein großes Problem dar, das sich in diesem Bericht in der oftmals großen Hilflosigkeit der Eltern gezeigt hat. Nicht immer kommen Drogensüchtige aus Familien, in denen sich keiner für sie interessiert. Doch meistens ist es so, dass diese selbst zu wenig informiert sind und zudem komplett mit der Situation überfordert sind. Manchmal haben mich hier Aussagen von Familienmitgliedern geradezu entsetzt, da deutlich wurde, wie sehr sie die Lage herunterspielen. Andere waren total verzweifelt und ich konnte die Angst komplett nachvollziehen, da sie gerne helfen wollten und einfach keinen Zugang zu ihrem Kind gefunden haben.
In Deutschland ist es allerdings allgemein ein großes Problem, dass es oft an der richtigen Aufklärung fehlt. Das Thema Drogen gilt als Tabu und wird weitestgehend vermieden. Wer Drogen nimmt, der ist automatisch kriminell und wird von den Menschen auch so behandelt! Mich macht diese Tatsache sehr traurig. Vor allem hat sich nichts verändert. Auch in meiner Jugend gab es in meinem Umfeld einige, die sich an Drogen versucht haben, von denen manche abgestürzt sind. Doch sie sind sofort verurteilt worden, von den Nachbarn, von sogenannten “Freunden”, ja sogar von der Polizei. Keiner hat versucht herauszufinden, warum jemand Drogen nimmt, was evtl. Zuhause los ist oder was den Jugendlichen innerlich dazu bewegt, solche Schritte zu gehen. Wie im Buch immer wieder deutlich angesprochen wird, gibt es in anderen Ländern Möglichkeiten herauszufinden, was in den jeweiligen Substanzen enthalten ist. Wer sich also Ecstasy besorgt, kann z. B. prüfen lassen, ob dieses zusätzlich mit “gefährlicheren” Substanzen gestreckt ist. Außerdem gibt es Stellen, die über eine “richtige” Dosierung informieren. Das hört sich erst mal seltsam und falsch an, doch wenn man sich genauer Gedanken macht, hat das schon seinen Sinn. Denn einen Süchtigen kann man nun mal schlecht davon überzeugen, einfach aufzuhören oder Hilfe in Anspruch zu nehmen! Und ist es nicht besser, wenigstens zu versuchen, eine Überdosierung zu vermeiden, anstatt diese Menschen komplett auszugrenzen und zu verurteilen? Es ist ein ernstes, schwieriges Thema, zu dem in unserem Land noch viel passieren muss!
Fazit
Bis einer stirbt beinhaltet einen authentischen Bericht über die Drogengeschichten von Leyla und Josh, der mir wirklich nahe ging. Beim Lesen war ich oft geschockt, traurig, aber auch wütend. Gerade in unserer Gesellschaft muss noch viel passieren, damit Jugendlichen künftig besser geholfen werden kann, denn jeden Drogensüchtigen als “Kriminellen” abzustempeln, kann und darf nicht die Lösung sein! Das Buch gibt einen guten Einblick in den Alltag von Süchtigen sowie die Auswirkungen und Folgen des Drogenkonsums und ich fände es gut, wenn dieses Werk auch an Schulen als Lektüre eingeführt würde. Ob das hilft, kann ich nicht beurteilen, doch wenn man nur eine Person zum Nachdenken anregen kann, ist schon etwas gewonnen. Von mir gibt es 5 Sterne!