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LindaRabbit

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Veröffentlicht am 26.11.2021

Von Wollretterinnen und anderen Heldinnen

Green Rebels – Frauen und ihr Traum von einer besseren Welt
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„Für ein Kilo Mischwolle bekommt ein Schäfer zwischen dreißig und achtzig Cent, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass er große Mengen liefert. Ein Schaf produziert zwischen drei und fünf Kilo Rohwolle ...

„Für ein Kilo Mischwolle bekommt ein Schäfer zwischen dreißig und achtzig Cent, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass er große Mengen liefert. Ein Schaf produziert zwischen drei und fünf Kilo Rohwolle pro Schur – doch die allein kostet zwischen zwei und fünf Euro. Kleinschäfer müssen draufzahlen, wenn sie ihre Wolle verkaufen wollen, und werfen sie deswegen weg…“ Stattdessen bezieht die Bundesrepublik Deutschland mit ihren wollverarbeitenden Unternehmen Tonnen von Wolle aus Übersee.

Dass da etwas nicht stimmt hat eine Mutter mit ihrem ersten Kind festgestellt: Sie kommt aus der Modebranche. Die 41jährige Iris Voß mit ihrem Unternehmen lyttn verarbeitet einheimische Schafswolle zu Babyschalenbezüge.

Das ist ein sogenanntes ‚start up‘ (also eine Unternehmensgründung im Mittelstand). Mit einem ‚online shop‘ macht sie auf ihre Produkte aufmerksam und kann sich dabei auch noch um ihr Kind kümmern. Das Kind schwitzt nicht in seiner Trage, gepolstert mit einheimischer Schafswolle.

„Elbwolle“, die Deichschafe wissen jetzt, dass mit ihrer Wolle etwas Sinnvolles passiert. (Ich erinnere mich daran, dass unsere Eltern und Großeltern auf Schaffellen sitzend oder liegend fotografiert wurden als Kleinkinder. Damals wusste man noch was gut ist. Ich habe auch einige Schafspullis und mein bester Überzieh – Pulli für den Winter, der riecht immer noch herrlich nach Schaf, weil ich ihn noch nie in den vielen Jahrzehnten Besitz gewaschen habe, er wärmt großartig und ist kuschelig.

In 13 Porträts stellt Andrea Juliane Bitzer Frauen vor, die kleine Unternehmensgründungen auf die Beine stellten. Davon hat mich Iris Voß am Meisten beeindruckt.

Ich habe das große Glück in einer Region (Südschwarzwald) zu leben, wo sehr viele kleine Unternehmen bestehen, die seit Jahrzehnten ökologisch orientiert produzieren. ‚Unverpackt‘ gibt es hier schon lange, Bauernhofläden wo wir einkaufen gehen (kurze Wege, regional, Bio, unverpackt)

Viele der anderen Porträtierten arbeiten ebenfalls in der Modeindustrie. Die Modeindustrie ist wohl eine der übelsten Industrien: Allein der Film, ‚der Teufel trägt Prada‘, hat von der Arroganz, Hektik und Gemeinheit dieser Branche berichtet (das Buch dazu ist von einer Frau aus der Branche geschrieben worden), auch das deutsche TV Format von ‚Germanys next Topmodel‘ geht in die gleiche Richtung, höchst brutal. Ich bin froh darüber, dass es green labels gibt, auch in meiner Stadt gibt es Designmenschen, die ihren eigenen Weg gehen. Außerdem ist mittlerweile bekannt, was für eine Unmenge von Wasser für die Modebranche verprasst wird, und wie Färbemittel und Co Flüsse zerstören. Großer Hut ab vor den Mode-Rebellinnen.

Jetzt warte ich auf das nächste Buch von Andrea Juliane Bitzer über die Öko-Oldies, die schon in den 70ern anfingen, mit ihrer Ausgabe von ‚Club of Rome‘ in der Hand, gegen den Strom zu schwimmen, der heute nun zum Glück ‚mainstream‘ geworden ist.

Das Umschlagsbild ist sehr auffallend gestaltet worden, pink (die neue 'girlie' Farbe) und einen blitzartigen grünen Zacken. Wenn das nicht auffällt auf dem Büchertisch...

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Veröffentlicht am 15.11.2021

Das Grand Hotel in den Anden

Flucht nach Patagonien
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Allein der Buchtitel ‚Flucht nach Patagonien‘ lockt. Eugenia Errazuriz ahnt was kommt, oder kann die bereits vorhandenen Anzeichen richtig deuten. Mit ihrem Vermögen hat sie bereits aufwärts strebende ...

Allein der Buchtitel ‚Flucht nach Patagonien‘ lockt. Eugenia Errazuriz ahnt was kommt, oder kann die bereits vorhandenen Anzeichen richtig deuten. Mit ihrem Vermögen hat sie bereits aufwärts strebende Talente gefördert (Coco Chanel und Pablo Picasso wird erwähnt). Mit dem jüdischen Innenarchitekten Jean-Michel Frank flieht sie nach Argentinien. Dort lässt die Kunstmäzenin das berühmte Grandhotel in den Anden von dem jungen Frank einrichten. Und er? Nicht überzeugt von sich, mit einer unsteten Todessehnsucht. Auf dem Schiff, sein Blickwinkel, 30 Grad nach links, 30 Grad nach rechts, kein gerader Horizont und keine Unterlagen, die aus Paris rechtzeitig ankamen, um das Grandhotel fertig zu stellen.

Das Buch ist der wahren Geschichte nacherzählt. Die darin vorkommenden Personen haben existiert und die Autorin erzählt auch, was mit ihnen passierte bis zu ihrem, teilweise tragischen Lebensende

Das Grandhotel existiert noch heute. Bis in die 70er Jahre ein beliebtes Hotel. Dann verfiel es. Heute ist es ein Golfressort.

Stil: Jana Revedin hat Ahnung von dem Metier, das sie beschreibt,. Sie ist selbst Architektin und hat bereits einige Bücher zu diesem Bereich, Architektur, Kunst, geschrieben. Manchmal ein bißchen holprig, doch im großen Ganzen sehr flüssig. Im Laufe der Geschichte jedoch wird zuviel von den großen Gestalten der Weltgeschichte erzählt (Kunst, Film, Flugpionierin, Politiker) und das zieht das Dröge etwas mehr in die Länge. Interessant sind die Details über Patagonien und seine Schönheiten, auch Erwähnungen der Mapuche und ihrer Sicht der Dinge (A. Earheart und das Geschenk, was Walt Disney von Mme Roosevelt überreichen soll. Vorahnung, dass Earhearts Pionierreise nicht gut ausgeht...). Leider kommt auch oft der depressive Charakter von Jean - Michel Frank zum Vorschein. Also kein heiteres Buch. L.-M. Frank ist mit Anne Frank verwandt und er versuchte auch die Familie Frank aus Amsterdam zu retten. Doch da waren sie bereits im Versteck verschwunden.

Buchumschlag: Zwei Schiffe, eines was vorbeifährt, das andere auf dem die Protagonistin steht und winkt, gekleidet im Stil der 1920 – 30. Nach dem Lesen des Buches kommt mir das Titelbild etwas apokalyptisch vor - das andere Schiff fährt vorbei, wie eine Chance im Leben, die verpasst wurde...

Interessant für diejenigen, die an Ereignisse im letzten Jahrhundert interessiert sind.

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Veröffentlicht am 15.11.2021

Vielleicht halbtot, aber doch noch sehr lebendig

halbtote schmetterlinge
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Zuerst einmal zum Titelbild - das ist unschlagbar auffällig, die krassen Farben (gelb rot und blau) können natürlich auch auf etwas Außerirdisches / Naturgewaltiges hindeuten, auf jeden Fall etwas, was ...

Zuerst einmal zum Titelbild - das ist unschlagbar auffällig, die krassen Farben (gelb rot und blau) können natürlich auch auf etwas Außerirdisches / Naturgewaltiges hindeuten, auf jeden Fall etwas, was nicht gerade um die Ecke liegt. Auch der Titel 'halbtote Schmetterlinge' ist ein ungewöhnlicher Titel.

Ambühl, Lehrer, verheiratet, erhält die Diagnose, Prostatakrebs. Vielleicht 'nur noch ein Jahr' zu leben. Das ist natürlich ein Schlag in den Kontor. Was fällt einem Mann ein, wenn er diese Nachricht erhält? Das große Aufräumen beginnt. Wie war sein Leben bis jetzt, hat er sein Leben gut gelebt, wie geht es weiter in den letzten Monaten seines Lebens?
Eigentlich eine Frage, die sich ein jeder stellen sollte. Wir sind alle sterblich und nur eine begrenzte Zeit auf diesem schönen Planeten.

Ambühl berichtet von seiner Ehe, seinen Liebschaften (die Ehe ist schwesterlich geworden, kein aufregender Sex mehr). Ambühl hatte und hat seine Liebschaften nebenbei. Nun will er neben seiner Krebsbehandlung auch den Neuschritt wagen, Trennung von seiner Gattin und Neuanfang mit Theresa.
Er denkt an Höhepunkte in seinem Leben (das Pamphlet der Schülerschaft und die heimliche Freude von Ambühl, dass er daran mitgewirkt hatte). Doch dann wird die Behandlung des Krebses immer massiver. Chemische Kastration nennt er es, er kann kein Testosteron mehr produzieren. Er denkt über den Tod nach, den von seiner Mutter (einer Frau, die weiß zu manipulieren), über den Tod allgemein und was die Kirche dazu sagt. „Ich fühle mich wie ein fremder Besucher in meinem eigenen Körper und Geist, bin Verräter und Verratener, habe gleichzeitig Ängste und Schuldgefühle“. Das ist ein wunderschöner Schlüsselsatz zu seinem Nachdenken und Fühlen über sich, aber auch zu seiner Umgebung, zu seinen Ambivalenzen. Ambühl lässt sich in die Psychiatrie einweisen. Er trifft dort Naom, eine Transfrau, und lernt von ihr.

Das Büchlein ist für gemächliches Lesen angelegt, es ist kein Buch, was sich schnell liest. Es sind nachdenkliche Worte. Manchmal holprig und sprunghaft, ohne vermeintlichen Bezug zum vorherigen Text. Manchmal eher ein wenig wie ein Poesiealbum, in das Ambühl Erinnerungen einklebt, die Bilder seiner Verflossenen, die Irrungen und Wirrungen in seinem Leben.
Eine besondere Stärke des Büchleins sind die Teile mit der Beschreibung vom Prostatakrebs, wie er behandelt wird und vor allem, was es mit einem Mann macht. Die Auseinandersetzung darüber, was es für einen Mann bedeutet kein Testosteron mehr zu produzieren. Ist er nun ein kastrierter Mann, kann er noch Sexualität erleben? Dieser Teil ist ausführlich und sensibel beschrieben. Vielleicht hilft das Buch, dass Männer, ältere Männer, alle Männer, über diese Probleme zu reden beginnen. Denn Männer mit dem Älterwerden bekommen zunehmend Probleme mit ihrer Erektion, mit ihrem Mannsein (nicht mehr so viril wie einst). Was bedeutet es ein Mann zu sein?

Es ist nicht einfach sich mit einer schweren Krankheit auseinanderzusetzen, der Autor in der Figur des Ambühls ist diesen Schritt gegangen. Es kann andere Männer anregen, über ihr Leben nachzudenken und vielleicht auch Schritte zu unternehmen, an die sie dachten, aber nie getraut haben zu vollenden.
Es ist ein Mutmacherbuch, eine Art Ratgeber.

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Veröffentlicht am 14.11.2021

Der Briefträger

Das geheime Leben des Albert Entwistle
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Der Buchtitel bringt es – allein das Wort geheim. Geheimnisse ziehen uns doch an. Und so will jeder dem Geheimnis des Briefboten auf den Grund gehen. Wer ist George? Auf was beruht Alberts Sozialphobie? ...

Der Buchtitel bringt es – allein das Wort geheim. Geheimnisse ziehen uns doch an. Und so will jeder dem Geheimnis des Briefboten auf den Grund gehen. Wer ist George? Auf was beruht Alberts Sozialphobie? Und wird die Suche nach seiner Liebe fündig? Dazu im Rahmen einer kleinen englischen Stadt (mit Charme, heißt es, denken wir da nicht an Cornwall und ähnliche, literarisch bereits gut beackerte, Regionen des britischen Königreichs?)

Stil: Leicht zu lesen, es geht ja meistens um Alltagsbeschreibungen von Albert und seinen inneren Ängsten, dass er nicht mit Leuten reden möchte. Er taut zweimal auf: Als er vor lauter Angst, den offiziellen Brief lesen zu müssen, zu seiner Beruhigung tanzte. Die Worte dazu bringen einem Albert ziemlich nahe und macht neugierig auf das schreckliche Geheimnis. Das zweite Mal, als er einen Weihnachtspullover kaufen muss und ihn die Verkäuferin ungemein geschickt um den Finger wickelt. So gut beschrieben, dass man meint daneben zu stehen. Dann ist da auch der Neuzuzug in seiner Postbotenrunde und da meint man seinem Geheimnis doch ein Stück näher gekommen zu sein.

Buchumschlag: Ein englisch roter Briefkasten, eine graue Katze, die Umrandung wie ein Luftpostbrief, Briefe, die über das Bild flattern. Sehr romantisch gemacht, anziehend!

Ich empfehle gern das Buch! Mit Albert um die Ecke ziehen. Der stille Held des Romans ist ein liebenswürdiger Mensch, den man einfach gernhaben möchte. Und wer Matt Cain kennt, mag erraten in welche Richtung Alberts Suche geht...

Matt Cain, Das geheime Leben des Albert Entwistle, Ullstein Verlag
(Dieses Buch ist das dritte von Matt Cain)

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Veröffentlicht am 12.11.2021

Fälschung!

Rochade
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Ein Attentat auf ein Bild; ein Restaurateur, der selbst Maler ist. Das Vergnügen ein großartiges Bild in Händen zu haben – es anfassen zu können. Was nur wenige dürfen. Er muss – der Restaurateur. Es ist ...

Ein Attentat auf ein Bild; ein Restaurateur, der selbst Maler ist. Das Vergnügen ein großartiges Bild in Händen zu haben – es anfassen zu können. Was nur wenige dürfen. Er muss – der Restaurateur. Es ist beschädigt. Nun strömen seine Gedanken zum Bild, zur Malerei, zum Kunstverständnis. Angesichts der Tatsache, dass gerade ein anscheinend bekannter Künstler eine ‚unsichtbare Skulptur‘ für 15.000 Dollar verkauft bekam, stellt sich die Frage nach ‚Kunst‘, was ist Kunst, wer ist Künstler und welche Kunstobjekte sind authentisch?

Die Gedanken des Restaurateurs fließen so auch zum Kunstgeschäft aufs Papier. Zu den Besitzenden und den Schauenden.

Der Roman spielt im Jahr 2022 und er erinnert an das aktuelle österreichische Geschehen. Der Kanzler will das zerstörte Bild restauriert für sich, der Restaurateur will das aber nicht.

Stil: Ich-Erzähler, der Ahnung hat vom Kunstgeschäft

Reinhard Tötschinger, 'Rochade', 2021, Picus Verlag

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