Ich sag Sie das, wie es ist – der Günter ist ein Unikat!
Wo kommen wir denn da hin (Der Offline-Opa 1)Als großer Fan von Renate Bergmann kam ich an diesem Werk selbstverständlich nicht vorbei. Sowohl Covergestaltung als auch Buchtitel sind an die legendäre Bergmann-Buchreihe von Torsten Rohde angelehnt.
Günter ...
Als großer Fan von Renate Bergmann kam ich an diesem Werk selbstverständlich nicht vorbei. Sowohl Covergestaltung als auch Buchtitel sind an die legendäre Bergmann-Buchreihe von Torsten Rohde angelehnt.
Günter Habicht macht seinem Namen alle Ehre – zunächst einmal schreibt er sich ohne h, denn bereits seine Mutter war "pragmatisch veranlagt und entschieden gegen jedes überflüssige Getüddel"; eine Eigenschaft, die der pflichtbewusste und überkorrekte Zwangsruheständler gewiss von klein auf übernommen hat. Weiterhin hat er tatsächlich so scharfe Augen wie, nun ja, ein Habicht eben; nichts entgeht seinem wachsamen Kontrollblick. Er hat das Herz am rechten Fleck, aber fragen Sie mal seine Nachbarn, die er regelmäßig beim Mülltrennen beobachtet, ob sich da auch ja kein Artikel in die falsche Tonne verirrt! Oder die, die er beim Falschparken anschwärzt. Die könnten Ihnen Geschichten erzählen, höhö! Er und seine Frau Brigitte kennen sich bereits aus der Schule, sind seit über 40 Jahren verheiratet und gehen sich nun, da plötzlich beide dauerhaft zu Hause sind, gehörig auf den Keks. – "Da muss man sich erst mal dran gewöhnen, dass […] der andere dann auch da ist und vor allem, dass er bleibt." Schon bald bemerkt Günter, dass seine Frau "wirklich anstrengend sein" kann, wobei das natürlich alles eine Frage der Perspektive ist, denn eigentlich ist es der selbsterklärte passionierte Ordnungsliebhaber, der seine Gattin (wenn auch nicht wissentlich) in den Wahnsinn treibt. Ist es da verwunderlich, dass sie in ihrer Not zum Eheratgeber greift und den Günter am liebsten für ein paar Stunden am Tag aus dem Haus schicken würde? (Egal wohin, Hauptsache, er steht ihr nicht im Weg herum!) Pah, aber nicht mit ihm, denn die Nachbarn hatten sich mittlerweile "Marotten angewöhnt, die es […] zu ahnden galt." Und wenn der Günter sich nicht darum kümmert, wer denn dann, bitte? Da zieht doch ansonsten der Schlendrian ein! Brigitte schämt sich jedenfalls in Grund und Boden und wird mittlerweile von den Nachbarn geschnitten. So kann es nicht weitergehen!
"Ich sag Sie das, wie es ist", das im Plauderton verfasste Werk voller umgangssprachlicher Formulierungen ist zwar humorvoll geschrieben, kann in meinen Augen allerdings nicht ganz mit den Bergmann-Büchern mithalten, da mir schlichtweg die Leichtigkeit fehlte. Es ist eine nette Geschichte, doch ich konnte mich nicht so entspannt zurücklehnen wie bei der sympathischen Online-Oma. Nach einer Weile wurde mir der gute Günter, so gern ich ihn ja hab‘, ein wenig zu anstrengend mit seiner Pedanterie und seinem Kontrollwahn. Die ersten paar Kapitel lasen sich noch recht angenehm, dann aber dauerte es zu lange, bis mal etwas Nennenswertes passierte und viele Gedankengänge wiederholten sich.
Der Schreibstil des Autors Torsten Rohde ist großartig, einzig der Protagonist und die etwas langatmige Erzählung waren dieses Mal nicht so genial wie gewohnt. Aber psst, das bleibt unter uns, ja? Verraten Sie das bloß nicht dem Günter, sonst kann ich mir was anhören von dem, das fehlte noch!
Fazit: Kurzweilige Unterhaltung. Meiner Meinung nach hätte es diese Erweiterung des Bergmann'schen Universums nicht zwingend gebraucht, da Renate für sich allein ein Erfolgsgarant ist. Ich freue mich auf jeden Fall schon auf ihren nächsten Roman!