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Veröffentlicht am 29.03.2022

Ein außergewöhnliches Debüt

Eine Nacht, Markowitz
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Ayelet Gundar-Goshen‘s Debüt 2012 ( übersetzt ins Deutsche 2015), ist ein Roman, der zu Gründerzeit Israels spielt. Antiheld Jakob Markowitz hat ein Allerweltsgesicht, mit dem er wunderbar zum Waffenschmuggler ...

Ayelet Gundar-Goshen‘s Debüt 2012 ( übersetzt ins Deutsche 2015), ist ein Roman, der zu Gründerzeit Israels spielt. Antiheld Jakob Markowitz hat ein Allerweltsgesicht, mit dem er wunderbar zum Waffenschmuggler taugt aber von den Frauen kaum wahrgenommen wird. Dafür hat er einen sehr auffälligen Freund, Seev Feinberg, mit einem gewaltigen Schnauzbart und einer natürlichen Autorität, der jedem Rock hinterherhechelt und sich durch seine ungestüme Triebhaftigkeit schnell in Gefahr bringt. Obwohl heftig in die leidenschaftliche Sonia verliebt, kann er den Verlockungen des Fleisches nicht widerstehen und betrügt sie permanent und ohne große Reue.

Die beiden ungleichen Freunde werden vom Irgun - Vizechef nach Europa geschickt, um dort Jüdinnen durch Heirat und Überführung nach Israel vor den Nazis zu retten. Selbstverständlich sollen die Scheinehen im Heiligen Land direkt nach der Ankunft wieder geschieden werden. Doch Jakob, dem Bella, die schönste aller Frauen zugelost wird, verweigert seiner Frischangetrauten den Scheidebrief, der in Israel für eine Scheidung zwingend notwendig ist, um eine Ehe wieder aufzulösen.



Das Buch war ganz anders als ich es erwartet hatte. Es kam mir ein bisschen wie ein israelisches Märchen vor. Die Sprache, die die Autorin in diesem Roman verwendet, ist ausgesprochen bildhaft und blumig. Wenn Frauen nach Orangen riechen, kann das einen Mann zuweilen in einen Liebestaumel versetzten. Ein kleiner Junge, der jedoch Pfirsichduft verströmt, hat ein Problem. Die Liebe und der Sex sind immer wieder Thema im Roman und gerade zu Beginn des Buches darf man ausschweifende Sexszenen lesen, die vielleicht nicht jedermanns Geschmack treffen. Ich fand es gut, dass diese mit viel Humor und Ironie geschrieben waren. Ich denke Gundar- Goshen wollte die Helden ihrer Geschichte, die immerhin Jüdinnen vor dem Nationalsozialismus gerettet haben, ( was im Übrigen auf einer wahren Begebenheit beruht), ein Stück weit von ihrem Sockel stoßen und zeigen, dass dies ganz normale Männer mit ganz normalen Schwächen waren.

Nach einigen Eingewöhnungsschwierigkeiten hat mir der Roman richtig gut gefallen. Die Autorin kann einfach ganz wunderbar fabulieren , so dass das Lesen große Freude macht. Die Übersetzung ist großartig gelungen. So manche Metapher, manch ein Wortspiel bleiben mir sicher noch länger im Gedächtnis. Als Leser erlebt man hier wirklich alle Gefühlswelten zwischen höchstem Glück und tiefster Trauer. Außerdem lernt man ganz nebenbei so Einiges über die Gründerzeit Israels.

Das Buch ist auf jeden Fall eine Empfehlung. Von mir gibt es 4.5 Sterne.

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Veröffentlicht am 26.01.2022

Eiskaltes Lesevergnügen

Das Chalet
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Schauplatz ist ein Luxus- Chalet in den französischen Alpen. Dieses Chalet kann z.B für Firmenevents oder private Feiern gemietet werden und ist voll bewirtschaftet. Auch das hippe Start-Up Unternehmen ...

Schauplatz ist ein Luxus- Chalet in den französischen Alpen. Dieses Chalet kann z.B für Firmenevents oder private Feiern gemietet werden und ist voll bewirtschaftet. Auch das hippe Start-Up Unternehmen Snoop hat sich hier mit einem ausgewählten Mitarbeiterstab eingemietet, um ein paar entspannte Tage zu verbringen. Doch nicht nur das Wetter macht der Gruppe einen Strich durch die Rechnung. Abgeschnitten von der Außenwelt entpuppt sich ein Skiunfall als Mord, und der Killer muß mitten unter ihnen sein. Weitere Morde folgen.

Das Szenario hat mich total angesprochen, auch wenn ich sofort an Bücher mit ähnlichem Setting wie Offline von Arno Strobel oder Neuschnee von Lucy Foley denken musste. Die Grundidee ist also nicht so originell und einzigartig. Egal, ich wollte wissen, wie Ruth Ware ihren Plot entwickelt und ob sie mich fesseln könnte.

Sehr gut gefallen hat mir auf jeden Fall, dass die Geschichte aus 2 Perspektiven erzählt wird. Einmal folgen wir Erin, die in dem Chalet angestellt ist und deren Aufgabe es ist, sich um das Wohl der Gäste zu kümmern. Ihr zur Seite steht der exzellente, aber manchmal etwas undiplomatische Koch Danny.

Desweiteren schlüpfen wir in die Haut von Liz. Sie ist etwas widerstrebend mitgekommen auf dieses Event, da sie aber 2% der Geschäftsanteile von Snoop besitzt, blieb ihr wohl nichts anderes übrig, auch wenn sie längst nicht mehr zum Unternehmen gehört.

Beide Erzöhlstimmen sind nicht unbedingt zuverlässig. Jede hat so ihre Geheimnisse. Das macht es spannend. Die Göste benehmen sich oft rüpelhaft und herablassend und sind alles andere als sympathisch.Die Stimmung wird zunehmend angespannter.

Motive gibt es reichlich, und so gerät auch fast jeder der Anwesenden mal in Verdacht der Täter zu sein. Ich hatte großen Spaß mit dem Buch. Zum Ende hin wird es richtig rasant. Ruth Ware erzählt so atmosphärisch, dass man die Kälte förmlich spürt und den Kamin anzünden möchte.

Wer noch Lust auf einen gut gelungenen Winterthriller hat, dem sei „Das Chalet“ wärmstes empfohlen.

4,5 Sterne

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Veröffentlicht am 17.11.2021

Die große Abrechnung - Showtime unterm Weihnachtsbaum

Reality Show
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Was für eine tolle Buchidee! Nach dem Lesen des Klappentextes war ich schon schwer begeistert.

Darum geht es:

In nicht allzu ferner Zukunft, wir schreiben das Jahr 2028, ist die Demokratie für die Menschen ...

Was für eine tolle Buchidee! Nach dem Lesen des Klappentextes war ich schon schwer begeistert.

Darum geht es:

In nicht allzu ferner Zukunft, wir schreiben das Jahr 2028, ist die Demokratie für die Menschen in Deutschland noch weniger spürbar als heute. Eine Partei mit dem sinnigen Namen "Der rechte Weg" ist an der Macht. Die Menschen haben den Eindruck, dass egal was sie wählen, entweder Pest oder Cholera für sie dabei herauskommt. Die meisten Bürger schuften tagein und tagaus ohne jemals auf einen grünen Zweig zu kommen. Eine Gruppe junger Leute will das nicht länger hinnehmen und plant über mehrere Jahre einen Coup, der die Bevölkerung wieder an der Macht beteiligen soll. Ausgerechnet an Heiligabend wird auf allen Kanälen eine Show gesendet, der sich keiner entziehen kann, die Realityshow. Dafür wurden die Persönlichkeiten, die die wahre Macht in unserem Land haben und die sich im Laufe der Jahre unfassbare Vermögen zusammengerafft haben, als Geiseln genommen und als Kandidaten präsentiert, über die das Publikum jetzt richten soll. Anne Freytag greift tief in die Trickkiste des Trash-TV. Viele ethische Fragen werden aufgeworfen. Natürlich bedient diese pompöse Fernsehshow mit der Möglichkeit zur Selbstjustiz am Couchtisch niedrigste Instinkte, auch beim Leser.Und haben die Menschen nicht ein Recht wütend zu sein? Darüber erlaubt sich die Autorin kein Urteil, gibt aber zu bedenken, dass unsere täglichen Kaufentscheidungen, unsere "Geiz ist geil" Mentalität unzweifellos täglich mit dazu beiträgt, dass z.b ein Imperium für Fast Fashion Millionengewinne verzeichnet. Können wir uns als Käufer wirklich davon freisprechen nichts gewusst zu haben? Wohl eher nicht, aber man verdrängt die Arbeitsbedingungen in den Entwicklungsländern halt gerne.

Die Geschichte ist packend und rasant und auch als Hörbuch gelesen von Matthias Koeberlin ein Genuss. Allerdings hat die Vielzahl der Personen dazu geführt, dass ich schon ab und zu den Überblick verloren habe. Deshalb habe ich manche Passagen bewusst doppelt gehört. Man muss sich ein bisschen konzentrieren, um den Faden nicht zu verlieren. Das ist aber das einzige kleine Manko, bei einem für mich fantastischen Buch. Ich mochte es sehr, fand es sprachlich ausgefeilt und unterhaltsam.

Ich gebe 4,5 Sterne. Unbedingt lesenswert!


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Veröffentlicht am 01.10.2021

Toller Spannungsroman

Wer das Feuer entfacht - Keine Tat ist je vergessen
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Mit „ Wer das Feuer entfacht“ hat Paula Hawkins nach ihrem Sensationserfolg „Girl on the train“ und dem Nachfolger „Into the water“ einen weiteren Spannungsroman geschrieben, auf den ich sehr gespannt ...

Mit „ Wer das Feuer entfacht“ hat Paula Hawkins nach ihrem Sensationserfolg „Girl on the train“ und dem Nachfolger „Into the water“ einen weiteren Spannungsroman geschrieben, auf den ich sehr gespannt war.

Im Fokus der Geschichte stehen drei Frauen, die schreckliche Dinge erlebt haben, die sie nachhaltig traumatisiert haben.

Aber die Geschichte beginnt wie so oft mit einem rätselhaften Prolog in kursiver Schrift, bei dem ich laut loslachen musste. Erst wird eine blutbesudelte Atmosphäre geschaffen und eine Frau kämpft offensichtlich um ihr Leben, dann wertet jemand das Geschriebene als Schundroman und schmeißt es in die Ecke. Das war schon mal eine köstliche Abweichung vom üblichen Thriller.

Was es mit diesem Einstieg in den Roman auf sich hat, wird natürlich nicht verraten.

Eine Leiche lässt auch nicht lange auf sich warten. Ein junger Mann wurde auf einem Boot niedergestochen, und die junge Laura, die mit ihm einen One Night Stand hatte, wird schnell der Tat verdächtigt. Interessant war, dass jede Person, die neu in die Geschichte eingeführt wurde in irgendeiner Beziehung zu einer der bisher bekannten anderen Personen stand. Das fand ich raffiniert und spannend. Außerdem hatte ich das Gefühl nach jeder Information, die die Autorin dem Leser zukommen ließ, wieder neue Theorien aufstellen zu müssen, wer der Täter oder die Töterin sein könnte. Dieses Gefühl hielt sich tatsächlich fast bis zum Buchende, und auch das gefiel mir, denn ich möchte ja zum Schluss noch überrascht werden.

Die Geschichte, die in London spielt ist schon düster,und die Charaktere in der Mehrzahl nicht sympathisch. Das Schicksal hat den Protagonistinnen Laura, Miriam und Clara wirklich übel mitgespielt und manch ein Leser mag die Anhäufung von Unglück vielleicht als übertrieben empfinden. Sie waren allesamt sehr tragische Figuren, denen ich Mitgefühl entgegenbringen konnte, auch wenn ich ihr Handeln oft nicht gutheißen konnte. Auch die Nebenfiguren waren gelungen.

Paula Hawkins fesselnden Schreibstil , keine losen Enden, die am Schluss noch übrig blieben, machten das Buch zu einem Genuss.

Ein kleiner Kritikpunkt für mich war lediglich die Polizeiarbeit, die recht lasch erschien, aber die Ermittler bleiben in der Geschichte auch total im Hintergrund.

Von mir gibt es eine begeisterte Leseempfehlung und 4,5 Sterne.

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Veröffentlicht am 02.05.2021

Seelenwärmer

Pandatage
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Danny Maloony ist restlos überfordert mit dem Leben. Viel zu früh ist er Vater geworden, und dann stirbt seine Frau Liz, mit der er alles immer irgendwie hat regeln können bei einem Autounfall. Sein Sohn ...

Danny Maloony ist restlos überfordert mit dem Leben. Viel zu früh ist er Vater geworden, und dann stirbt seine Frau Liz, mit der er alles immer irgendwie hat regeln können bei einem Autounfall. Sein Sohn Will redet seit diesem Tag kein einziges Wort mehr, und Danny verliert auch noch seinen Job auf der Baustelle. Seinem Vermieter ist er schon zwei Monatsmieten schuldig, und wie es aussieht, wird dieser nicht lange zappeln und für die Eintreibung der Mietschulden auch Gewalt anwenden. Danny sieht also keinen rosigen Zeiten entgegen und hat leider auch keinen richtigen Beruf erlernt oder Verwandte, die ihm aus der Patsche helfen könnten.

Seine Geschäftsidee scheint dann auch eher eine Verzweiflungstat zu sein, als ein gut durchdachter Buisinessplan. Die Kleinkünstlerszene im Hydepark lässt ihn denken, dass er mit einem Kostüm und etwas Herumgehopse schon zu Geld kommen könne. So erwirbt er ein Pandakostüm, dass nicht hübsch aber billig ist und versucht sein Glück. Leider kann er überhaupt nicht tanzen......

In "Pandatage" gelingt es dem Autor James Gould-Bourn , dass die Leser mitfühlen und zwar nicht nur mit dem überforderten Vater, sondern auch mit dem unglücklichen Sohn, der die engste Bezugperson verloren hat, die er hatte. Sein Vater war immer arbeiten. Er kennt ihn gar nicht so wirklich, hat das Kümmern fast immer seiner Frau Liz überlassen. Die ganze Situation, so tragisch sie ist, entbehrt nicht einer gewissen Komik. Dazu eine gute Prise englischer Humor, skurile aber meist liebenswerte Charaktere und voilà, ist ein besonderes Wohlfühlbuch entstanden, dass Herz und Seele wärmt. Der Autor spielt bewusst mit Klischees und trotzdem ist das Ende nicht so vorhersehbar wie man zunächst denkt.

Dieser Debütroman ist voller Situationskomik und macht einfach Spaß. Mich hat er wunderbar unterhalten.


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