Leise rieselt der Schnee...
Die SchneeflockenmelodieNina ist seit ihrer frühestens Kindheit beim Ballett und auf den Bühnen in der ganzen Welt unterwegs. Das ist ihr Leben, sie kennt nichts Anderes. Doch ihr Traum, eines Tages eine so gefeierte Ballerina ...
Nina ist seit ihrer frühestens Kindheit beim Ballett und auf den Bühnen in der ganzen Welt unterwegs. Das ist ihr Leben, sie kennt nichts Anderes. Doch ihr Traum, eines Tages eine so gefeierte Ballerina zu sein wie ihre berühmte Großmutter Maria, droht zu zerplatzen. Als Maria aufgrund ihrer fortschreitenden Demenz auch noch in ein Heim gebracht werden muss, scheint Ninas Kraft am Ende. Sie ist bei ihr aufgewachsen, Maria war immer eine starke Frau und nun zu sehen, wie sie die Welt um sich herum langsam vergisst, das kann Nina kaum ertragen. Eines Tages bringt ihr Marias Nachbar eine Schatulle mit einer alten Spieluhr und einem Notizbuch. Dadurch erfährt Nina von Marias Vergangenheit und einer ungewöhnlichen Liebe zwischen einer Ballerina und einem Spieluhrenmacher. Und diese Geschichte führt sie auch zu ihrem eigenen Glück.
Das Buch wäre perfekt gewesen, um es als Adventskalender zu nehmen, denn es ist in 24 Kapitel unterteilt. Leider hatte ich es aber erst Mitte Dezember. Ich weiß allerdings auch nicht, ob ich es nach jedem Kapitel bis zum nächsten Tag hätte weglegen können.
Erzählt wird einmal im Jahr 2010 Ninas Geschichte. Sie kommt kurz vor Weihnachten aus Russland nach Hause in die Wohnung ihrer Oma Maria in Wiesbaden, wo auch sie ein Zimmer hat. Mehr braucht sie nicht, da sie ständig nur in der Welt unterwegs und als Ballerina auf allen großen Bühnen der Welt zuhause ist. Seit Jahren lebt sie nur aus dem Koffer, aber so langsam denkt sie, dass ein richtiges Zuhause doch etwas Schönes wäre. Da Maria nun im Heim lebt, hätte sie die Chance die Wohnung zu übernehmen. Aber kann sie überhaupt ein "normales" Leben führen? Sie kennt nichts Anderes und kann auch nichts Anderes, als Ballett zu tanzen. Sie lebt nur für den Moment auf der Bühne, für den Applaus, den Erfolg. Es ist ein hartes Leben, das sehr viel Disziplin abverlangt.
Im Jahr 1956 wird die Geschichte von Maria erzählt, eine gefeierte Primaballerina. Sie hat gerade einen großen Verlust erlitten und das beeinflusst ihre Arbeit sehr. Maria glaubt, das Gefühl für die Musik, für den Tanz verloren zu haben. Und dann trifft sie auf Jakob, einen jungen Spieluhrenmacher, der ihr durch die schwere Zeit hilft. Aber sie leben in zwei verschiedenen Welten und es sind andere Zeiten.
Ich kann Ninas Situation sehr gut nachempfinden, denn meine Mutter ist ebenfalls vor einigen Jahren an Demenz erkrankt und "verschwand" irgendwann in ihrer eigenen kleinen Welt. Es stimmt, dass dies für die Angehörigen sehr viel schlimmer ist, als für die Betroffenen selbst und man freut sich über jeden klaren Moment.
Mit der "Schneeflockenmelodie" ist das Weihnachtslied "Leise rieselt der Schnee" gemeint, das die Spieluhr spielt, die Nina von ihrer Oma bekommt. Allein die Beschreibung dieser Spieluhr in der vorweihnachtlichen Zeit, schafft eine wohlige Atmosphäre. Auch der "Tanz der Zuckerfee" aus Tschaikowskis "Nussknacker" wird oft erwähnt. Ich gebe zu, ich bin in der Welt des Balletts nicht so bewandert, mir sagten die Namen zwar etwas, aber die Melodien konnte ich nicht zuordnen. Dann habe ich mir den "Tanz der Zuckerfee" angehört und kannte es natürlich sofort.
Die Autorin gewährt uns Einblicke in das harte Leben einer Tänzerin, damals wie heute. Disziplin, tägliches Training, Entbehrungen. Es ist nicht nur ein Job, es ist eine Lebenseinstellung. Einer von Marias Leitsätzen ist "Wer wankt, verliert". Und das nicht nur an der Ballettstange. "Gerade stehen, Haltung bewahren und immer an sich selbst arbeiten." Gut gefallen hat mir der Teil des Buches, in dem Maria dank Jakob erkennt, dass es auch noch ein anderes Leben abseits der Bühne geben kann. Besuche auf dem Weihnachtsmarkt, Zuckerwatte essen und Glühwein trinken, alles Dinge, die eine Balleria niemals darf, die aber doch so viel Spaß machen, besonders mit dem richtigen Menschen an seiner Seite.
Anna Liebig schreibt eingangs, dass für sie ein Winter ohne Schnee undenkbar ist. Und das merkt man an den Beschreibungen des vorweihnachtlichen Wiesbadens. Man ist mittendrin in der winterlichen Atmosphäre und möchte am liebsten die Schneeflockenmelodie singen.